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frivoleloungep3
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Filme aktuell / Wir waren im Kino: (3)

****e22 Mann
754 Beiträge
Gruppen-Mod 
All of Us Strangers (2023)
Ich konnte letztens in einer Preview „All of Us Strangers“ von Andrew Haigh sehen, der in Deutschland regulär am 08.02.2024 startet.

Adam (Andrew Scott) lebt allein in einem Londoner Penthouse. Nachdem sich eine Affäre mit dem ebenfalls im Haus lebenden Harry (Paul Mescal) entwickelt, erzählt er ihm von seinen verstorbenen Eltern und wie er dennoch einen Weg gefunden hat, sie zu besuchen und mit ihnen zu reden.

Die Hauptfigur reflektiert in den Gesprächen mit seinen Eltern sein jetziges Leben, was sie nicht mehr erleben können. Reflexionen sind das zentrale Motiv des Films, sowohl narrativ, als auch in optischer Hinsicht. Hier treten die Gegenwart und die Vergangenheit und die Realität mit einer Scheinwelt in einen Dialog. Auffallend sind dabei die Spiegelungen und Reflexionen des Neonlichts von den Gesichtern der Figuren. Allein auf ästhetischer Ebene, haben wir es mit einem bedachten und atmosphärisch sehr verdichteten Film zu tun.

Hinzukommt die starke Emotionalität, die der Film ausstrahlt. Wenn Adam mit seinen Eltern spricht, stellt man sich unweigerlich die Frage, was man selber noch mit seinen Eltern besprechen sollte oder (und das ist das Tragischere) nicht mehr mit ihnen besprechen kann. Der zuvor befürchtete Kitsch oder eine übertriebene Emotionalität wird durch die realen und nachvollziehbaren Reaktionen der Figuren umgangen, dargestellt von einem schmalen, aber überragenden Cast, allen voran Andrew Scott, in dessen Augen sich die emotionale Komplexität wahrer Sehnsucht widerspiegelt… ich wiederhole, Reflexion ist das zentrale Motiv des Films und das finden wir auch im Schauspiel wieder. Untermalt wird der Film mit nostalgischer 80‘s-Musik. Ich kann mir vorstellen, dass Zuschauer, die in den 80er aufgewachsen sind, sogar einen noch größeren Zugang finden können.

Sofern ich etwas Negatives sagen kann, dann sind es nur einige Fragezeichen, Ecken, Kanten und Wendungen zum Ende hin und die Tatsache, dass ich nun nie wieder das „Always on My Mind“-Cover von den „Pet Shop Boys“ hören kann, ohne dass mir die Tränen kommen.

Fazit: „All of Us Strangers“ ist gefühlvolles, atmosphärisches und ästhetisch sehr ansprechendes Kino.


****e22 Mann
754 Beiträge
Gruppen-Mod 
Only the River Flows (2023)
Mit „Only the River Flows“ startet am 22.02. ein chinesischer Krimi und Thriller von dem relativ - bzw. zumindest mir - unbekannten Regisseur Wei Shujun.

Die Handlung setzt in einer chinesischen Provinzstadt in den 90er Jahren an, die von einer Reihe von Morden erschüttert wird. Die ermittelnden Polizeibeamten müssen dabei nicht nur diesen Fall entschlüsseln, sondern auch ihre privaten Probleme bewältigen.

Und so generisch und spoilerfrei ich meine Handlungszusammenfassung gerade formuliert habe, so fühlt sich leider auch der Film an, denn gefühlt bekommt man hier einen Krimi, der sich qualitativ nicht viel von einem deutschen Sonntagskrimi abhebt. Betrachtet man andere Genre-Vertreter aus dem chinesischen Raum (begeistert hat mich hier insbesondere in jüngster Vergangenheit „Limbo“), so fehlt hier die Brutalität, die Intensität oder eine spannende Dynamik zwischen den Figuren. Ihre klischeehafte Erscheinung und stereotypischen Verhaltensweisen (in Lederjacken gekleideten Detektivs, die ständig eine Kippe im Mund haben), machen die Akteure leider sehr unnahbar.

Das ist gerade umso bedauerlich, da die Inszenierung und die Kamera der große Pluspunkt des Films sind und seine Daseinsberechtigung im Kino schaffen. Das Bild hat eine wunderbare Körnigkeit und generell wirken alle Sets so, dass mir doch ein zumindest authentisch wirkendes Bild eines Chinas der 90er Jahre gezeichnet wird. Gepaart wird dies mit einer angenehmen und nicht zu aufgesetzten Staats- und Bürokratiekritik, so dass ich diesen Film optisch schon beinahe mit einem „Das Leben der Anderen“ oder ähnlich gelagerten Filmen, die ein zeitgeistliches Stimmungskolorit vermitteln, vergleichen möchte. Das alles kann aber leider nicht über die narrativen Schwächen hinwegtäuschen.

Fazit: Optisch ansprechender China-Krimi, der leider nie über die Intensität eines „Tatort“ hinauswächst.


******ier Frau
36.352 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
The Zone of Interest (2023)
Dieser Film hat jetzt einen eigenen Thread bekommen *pfeil* Kinofreunde: The Zone of Interest (2023)
Liebe Grüße von mir. *wink* *modda*
****e22 Mann
754 Beiträge
Gruppen-Mod 
Drive Away Dolls (2024)
Ich habe heute den ersten Spielfilm von Ethan Coen gesehen, den er ohne Zusammenarbeit mit seinem Bruder Joel Coen gedreht und geschrieben hat.

Um günstig nach Florida zu ihrer Tante zu fahren, nutzt die biedere Marian (Geraldine Viswanathan) mit ihrer sexuell umtriebigen Freundin Jaime (Margarat Qualley) einen Überführungsdienst (Drive Away Service). Dummerweise erhalten sie einen Wagen, der eine versteckte prekäre Ladung enthält, nach der nun dubiose Gangster suchen.

So langsam dämmert mir, warum die Coen-Brüder, die zusammen Meisterwerke wie „Fargo“, „The Big Lebowski“ und „No Country for Old Men“ geschaffen haben, getrennte Wege gehen. Unterschiedlicher könnten ihre Einzelfilme kaum sein. Während Joel Coen bereits 2021 eine werkgetreue Adaption von „Macbeth“ in Schwarzweiß realisierte, wirkt „Drive Away Dolls“ wie aus der Zeit gefallen. Nicht umsonst ist die Handlung im Jahr 1999 angesiedelt. Dieser Roadmovie mit Elementen der Gangsterkomödie persifliert die 90er Jahre Kultfilme von Quentin Tarantino, Kevin Smith oder eben den Coen-Brüdern selbst.

Das alles spickt Ethan Coen mit soviel Skurrilität, Sexualität und sehr wenig Subtilität, dass der Film schon fast pubertär wirkt. Zum Glück treibt das Drehbuch die Handlung dann doch mit genügend Wortwitz und den sympathischen Hauptdarstellerinnen straff durch die 84-minütige Laufzeit, mit ein paar Cameos bekannter Schauspieler und einem sehr guten Soundtrack, so dass ich am Ende doch unterhalten war.

An frühere Werke kommt er jedoch nicht heran. Zwar gibt es schwarzen Humor, doch fehlen hier die wirklich fiesen Spitzen und die Boshaftigkeit, die noch „Fargo“ oder „No Country for Old Men“ ausgezeichnet haben. Vielleicht fehlt genau an diesen Stellen Joel Coen.

Fazit: „Drive Away Dolls“ ist rasante und spaßige Kinounterhaltung, die man so nur noch selten auf der großen Leinwand sieht, mich aber vor allem mit der Frage hinterlassen hat: Quo vadis Coen?



PS: Ich bin ja kein Verschwörungstheoretiker, aber ich habe Timothée Chalamet und Margaret Qualley noch nie zusammen in einem Raum gesehen… Zufall? 🤨
****59 Frau
4.770 Beiträge
Dankeschön für den Titel
Ich hatte den Trailer im Kino gesehen und mit den Titel nicht gemerkt.
Will ich unbedingt gucken.
**********ede56 Mann
6.132 Beiträge
Zitat von ****e22:
PS: Ich bin ja kein Verschwörungstheoretiker, aber ich habe Timothée Chalamet und Margaret Qualley noch nie zusammen in einem Raum gesehen… Zufall? 🤨

Gute Rezension, wie immer. Aber den Zusammenhang zum Film kann ich bei obigem Zitat nicht erkennen. Auch der Inhalt erscheint mir unverständlich, warum sollten beide in einem Raum sein 🤔
*********rgara Frau
7.187 Beiträge
Zitat von **********ede56:
Zitat von ****e22:
PS: Ich bin ja kein Verschwörungstheoretiker, aber ich habe Timothée Chalamet und Margaret Qualley noch nie zusammen in einem Raum gesehen… Zufall? 🤨

Gute Rezension, wie immer. Aber den Zusammenhang zum Film kann ich bei obigem Zitat nicht erkennen. Auch der Inhalt erscheint mir unverständlich, warum sollten beide in einem Raum sein 🤔

Sie sehen aus als wären sie ein und dieselbe Person.
****e22 Mann
754 Beiträge
Gruppen-Mod 
Genau das was @*********rgara sagt. Im Film ist das sehr auffällig, ich finde sie haben den gleichen verträumten sexy Schlafzimmerblick.

Vielleicht habe ich aber auch nur in letzter Zeit zu viel „Dune“ gesehen, dass ich überall nur noch Timothée sehe. 🙈😅
****eyh Frau
109 Beiträge
Zitat von ****e22:
Genau das was @*********rgara sagt. Im Film ist das sehr auffällig, ich finde sie haben den gleichen verträumten sexy Schlafzimmerblick.

Vielleicht habe ich aber auch nur in letzter Zeit zu viel „Dune“ gesehen, dass ich überall nur noch Timothée sehe. 🙈😅

Der Vergleich ist sehr witzig @****e22 die beiden haben wirklich eine unheimliche Ähnlichkeit 😉
**********ede56 Mann
6.132 Beiträge
Ninja, jetzt wo ihr es schreibt, ja ein bisschen schon. Selbst wäre ich nicht draufgekommen.
****e22 Mann
754 Beiträge
Gruppen-Mod 
Die Unschuld (2023)
Der neueste Film von Hirokazu Koreeda kann seit dem 21. März endlich auch in den deutschen Kinos gesehen werden.

Koreeda thematisierte in seinen Filmen oft familiäre Probleme und so steht in „Die Unschuld“ (bzw. im Original „Monster“) ebenfalls eine alleinerziehende Mutter mit ihrem Sohn im Zentrum der Handlung. Der 10-jährige Minato ist in letzter Zeit introvertiert und in sich gekehrt. Schnell werden Vorwürfe gegen den Lehrer Hiro deutlich, die die Mutter aufdecken möchte, was ihr jedoch auch von der Schulleitung erschwert wird.

Koreeda kreuzt seine bisherige thematische Herangehensweise mit einem stilistischen Mittel, das bereits der japanische Großmeister Akira Kurosawa in „Rashomon“ verwendete: die Geschichte wird aus verschiedenen Blickwinkel erzählt, zu erst aus der Sicht der Mutter (großartig gespielt von Sakura Andō), des Lehrers und des Sohnes. Damit spielt er mit den Erwartungen und etwaigen Vorurteilen seines Publikums, denn zu oft kann der erste Eindruck ja täuschen.

Anders als in „Rashomon“ erhalten wir jedoch nicht drei verschiedene Erzählungen der gleichen Situation und damit die Frage, ob es überhaupt die eine Wahrheit geben kann. Vielmehr fügt Koreeda seiner Erzählung mit jeder neuen Perspektive ein neues Puzzleteil hinzu, die dann der Zuschauer zusammenfügen muss. Die Perspektiven doppeln sich also nicht mit kleinen oder großen Abweichungen des jeweiligen Erzählers, sondern ergeben am Ende ein allumfassendes Bild der tatsächlichen Geschehnisse. Das führt dazu, dass der Film leider auch manchmal unnötig kompliziert und zerfasert wirkt, zumal die tatsächliche Auflösung doch recht simpel, dafür aber auch wunderbar tragisch-poetisch zugleich ist.

Der Film plädiert ganz stark für klare Kommunikation und transparente Auflösung, in dem er das Verhalten der Schulleitung kritisiert, aber auch die gesamte japanische Höflichkeits- und Entschuldigungskultur persifliert. Wenn der Mutter bspw. immer wieder nur vorformulierte bürokratische Entschuldigungsfloskeln erhält, gepaart mit überzogener gestenreicher Demut, sie aber immer noch nicht weiß, was wirklich vorgefallen ist, dann ist ihre Frustration auch für den Zuschauer nachvollziehbar.

Ein großes Lob muss noch an die Kinderdarsteller gerichtet werden, sowie an die Musik von Ryūichi Sakamoto. Die letzte Filmmusik des im letzten Jahr verstorbenen Komponisten schafft großartige Momente voller emotionaler Sensibilität und Intimität.

Fazit: „Die Unschuld“ ist ein weiterer starker Eintrag in Koreedas Filmografie, zuweilen aufgrund seiner Form schwerer zugänglich, dennoch nie zu verlegen, einem emotionale Schläge in die Magengrube zu verpassen.


*********_78RP Mann
38 Beiträge
Zitat von ****e22:
Die Unschuld (2023)
Der neueste Film von Hirokazu Koreeda kann seit dem 21. März endlich auch in den deutschen Kinos gesehen werden.

...

ist vorgemerkt *zwinker*
****e22 Mann
754 Beiträge
Gruppen-Mod 
Ryuichi Sakamoto | Opus (2023)
Vor genau einem Jahr, am 28.3.2023, verstarb der japanische Komponist Ryuichi Sakamoto nach einer lang anhaltenden Krebserkrankung, die es ihm unmöglich machte vor Publikum aufzutreten. Seine letzte Performance am Klavier lies er daher von seinem Sohn Neo Sora aufnehmen, was man seit dem 28.3.2024 nun in den deutschen Kinos sehen kann.

Schon sehr früh wird einem bewusst, dass der in schwarzweiß gehaltene Film mehr ist als ein bloßer Konzertfilm. Es ist eine Dokumentation über einen Mann, der seinem baldigen Ableben gegenübersteht, seiner Sterblichkeit bewusst ist und sein bisheriges Leben und Wirken reflektiert. Dies geschieht hier so wunderbar einfühlsam und sensibel, wenn bspw. Sakamoto vor Erschöpfung erst mal innehalten, sich fassen muss und einen Augenblick der Erholung benötigt, dann nimmt dies einem mit. Sakamoto und seinem Sohn ist ein beeindruckendes Zeugnis für die Nachwelt gelungen, in dem der Komponist seine großartigen Werke - worunter auch Filmmusik wie für „Der letzte Kaiser“ zählt - zum letzten Mal öffentlich spielt. Das Fehlen des Publikums und die schwarzweißen Bilder in einem beeindruckenden Tonstudio, das nach Sakamotos Meinung die beste Akustik Japans zu bieten hat, vermitteln stets den Eindruck von kleinen intimen Momenten, deren Stille nur von der Musik Sakamotos selbst durchbrochen werden darf.

Fazit: „Ryuichi Sakamoto | Opus“ ist das nachhaltige Vermächtnis eines außergewöhnlichen Komponisten und für mich bereits jetzt einer der besten Filme des Jahres.


*********rgara Frau
7.187 Beiträge
Chantal im Märchenland (2024)
Chantal (Jella Haase) versucht nach ihrem bestandenen Abitur als Influencerin durchzustarten. Mit ihrer großen Klappe und ihren Make-up-Skills gibt sie sich Mühe, die Follower zu begeistern – doch so richtig erfolgreich ist sie damit bisher nicht. Als Chantal und ihre beste Freundin Zeynep (Gizem Emre) durch einen antiken Zauberspiegel in eine Märchenwelt katapultiert werden, scheint das die perfekte Kulisse, um in den Social-Media-Olymp aufzusteigen. Im Zauberland räumt die Ghetto-Prinzessin zunächst mit den völlig veralteten Märchenklischees auf und macht den heiratswütigen Prinzen eine Ansage. Heiße Stallburschen, tyrannische Könige und fluchende Hexen – Chantal muss so einige fantastische Abenteuer bestehen. Doch dabei dürfen die Mädels vor allem eins nicht aus den Augen verlieren: Ihre Freundschaft

Anfangs erschien mir der Film etwas konstruiert und überzogen. Doch das legte sich je mehr mich die Kombination aus modernen Begriffen und Märchen durch die krassen Kontraste verblüffte. Das ist schon ein sehr kreatives Drehbuch und die Wendungen machten mir wirklich Spaß.

Durch den Film wurde mir bewusst wie verknüpft die Freiheit zu lieben wen man will zwischen gleichen Geschlechtern mit der Emanzipation der Frau verbunden ist.... Und am Ende hatte ich sogar ein paar Tränchen im Auge , denn ich war zutiefst berührt ohne dass es kitschig war.

Ähnlich wie in Barbie bringt auch dieser Film große Themen eingebettet in einen bunten , schrillen und überzeichneten Rahmen . Ich hatte Spaß.


****e22 Mann
754 Beiträge
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Evil Does Not Exist (2023)
Heute darf ich wieder einen Ausblick auf ein richtiges Schmankerl des japanischen Kinos geben. Der neue Film von Ryūsuke Hamaguchi wird am 18. April 2024 in den deutschen Kinos starten.

Der Film handelt von den Einwohnern eines kleinen Dorfes in der bergigen Umgebung von Tokio. Die Bewohner führen ein schlichtes und bescheidenes Leben. Doch die Idylle wird gestört, als ein Unternehmen die Gegend touristisch erschließen möchte.

Der Film entstand unter besonderen Voraussetzungen: Komponistin Eiko Ishibashi, die bereits die Musik zum oscarprämierten „Drive My Car“ beisteuerte, bat Hamaguchi ihre neue Musik mit Naturaufnahmen zu bebildern. Herausgekommen ist „Gift“, der quasi eine Stummfilmversion von „Evil Does Not Existenz“ ist. Hamaguchi gefiel das Konzept jedoch so gut, dass er parallel auch ein Drehbuch geschrieben hat und eine Version mit Dialogen gedreht hat. „Evil Does Not Exist“ ist also ein experimentelles und zufälliges Nebenprodukt.

Hamaguchi schafft im Kontrast von Natur und Zivilisation, der sich auch narrativ im Plan des Toirismusunternehmens bei der Planung einer Glamping-Anlage (eine Kombination von Glamour und Camping) widerspiegelt, wunderschöne und große Bilder, die eine ebenso trügerische Idylle suggerieren und den Zuschauer dazu einladen sich in ihnen zu verlieren. Hamaguchi führt hier seine neorealistische Ästhetik aus „Drive My Car“ konsequent fort.

Leider stößt der Film aber auch an die Grenzen seiner konzeptionellen Entwicklung. Er wirkt nicht wirklich zu Ende gedacht und ist mit 107 Minuten viel zu kurz, dauern die übrigen Filme von Hamaguchi doch gern mal 3-5 Stunden. Dieser unausgewogene konzeptionelle Charakter, wird vor allem beim Musikeinsatz deutlich, dem eigentlichen Ausgangspunkt, der Schöpfungswille des ganzen Films. So werden die Musikstücke von Ishibashi nur angespielt, so dass wir ihre Großartigkeit nur erahnen können, als wäre Hamaguchi ein moderner Prometheus, der uns aber nur einen ersten Eindruck dieser göttlich-elysischen Musik gewährt. Wenn der Film mit naturalistischen Bildern und einem elegischen Klangteppich eröffnet, dann erinnert das schon an die Rheingold-Ouvertüre von Richard Wagner. Auch seine große Ring-Tetralogie handelt vom Konflikt zwischen Natur und Zivilisation und ich hoffe, dass dies in der dialoglosen Version des Films, in der Ishibashis Musik voll ausgespielt werden kann, mehr zum tragen kommt.

Fazit: Hamaguchi verfehlt knapp die Qualität früherer Meisterwerke, da der Film zu sehr seiner musikalischen Konzeption unterworfen ist und ihr nicht gerecht werden kann.


****e22 Mann
754 Beiträge
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Morgen ist auch noch ein Tag (2023)
Die ganze Welt wurde 2023 von „Barbie“ und „Oppenheimer“ erobert. Die ganze Welt? Nein! Denn auf einer kleinen unbeugsamen stiefelförmigen Halbinsel war „C‘è ancora domani“ („Morgen ist auch noch ein Tag“) von Paola Cortellesi der erfolgreichste Film des Jahres, der seit dem 4. April 2024 auch bei uns in den Kinos zu sehen ist.

Rom 1946: Delia Sentucci führt ein einfaches und schlichtes Leben. Sie zieht drei Kinder groß und kann sich finanziell mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten. Ihr größtes Problem ist jedoch ihr Ehemann Ivano, der sie immer wieder physisch und psychisch unterdrückt, misshandelt und schlägt.

Ich war am Anfang des Films sehr irritiert, da der in schwarz-weiß gedrehte Film ästhetisch und thematisch sehr an Filme des italienischen Neorealismus angelehnt ist, jene filmhistorische Epoche der 40er und 50er Jahre in der Regisseure wie De Sicca, Rossellini, Visconti oder Fellini die Sorgen und Nöten der einfachen Bevölkerung im postfaschistischen Italien einfingen. Jedoch wird diese Grundstimmung und die ernste Problematik immer wieder mit kreativen und komödiantischen Stilmitteln humoristisch aufgebrochen. Das führt manchmal zu einem Gefühl, dass der Film an manchen Stellen tonal nicht vollends ausgeglichen scheint, insbesondere wenn die Handlung mit einer Vielzahl weiterer überzeichneter Figuren gefüllt wird. Jedoch gibt es auch Momente, die mich wie ein Schlag in die Magengrube selbst getroffen haben und mir jedes Lachen im Hals stecken geblieben ist, bspw. wenn Delia wieder von ihrem Mann verprügelt wird, dies jedoch mittels einer Tanzszene zum Ausdruck gebracht wird, unterlegt mit einem schmalzigen italienischen Chanson.

Und so schafft der Film doch immer wieder großartige Momente, allen voran dank der wundervollen Leistung von Hauptdarstellerin und Regisseurin Paola Cortellesi. Sie schafft nicht nur ein herkömmliches Drama über häusliche Gewalt, sondern auch einen Film, der einen auch immer mal anstößt, im Gedächtnis bleibt und so seine wichtige Botschaft eindringlicher vermittelt, dass es Dinge in unserem Leben gibt, die wir nicht aufschieben oder hinnehmen dürfen. Es ist einer der Filme, die nach etwas Zeit und mehrmaligen Nachdenken in einem wachsen. Ich werde ihn auf jeden Fall noch einmal sehen müssen, jetzt da ich weiß, was mich erwartet. Bis dahin steht für mich fest, dass „Morgen ist auch noch ein Tag“ sich von der Masse europäischer Komödien durch seine unangepasste und provokante Herangehensweise hervorhebt, seine wichtige Botschaft dabei aber auch nie aus den Augen verliert.

Fazit: Die satirische Verarbeitung des ernsten Themas der häuslichen Gewalt wirkt zunächst befremdlich, im Endeffekt geht das Konzept jedoch auf und beschert einem so ein Kinoerlebnis, das man sicherlich nicht einfach wieder vergessen wird.


*****n_N Mann
9.359 Beiträge
Legendäre Einleitung *top*
Keine Ahnung mehr, wann mich ein Trailer das letzte mal gleich mehrmals zum Schmunzeln gebracht hat, aber dieser hat es geschafft. Kommt auf die Liste!
Danke
****eyh Frau
109 Beiträge
Danke @****e22 für die Review, das Lachen bleibt tatsächlich im Hals stecken, werde ihn aber auf jeden Fall ansehen.
***ie Frau
5.014 Beiträge
Trailer ...
Die ersten 7 Sekunden, und gleich ne Frau geschlagen . *kopfklatsch*
****59 Frau
4.770 Beiträge
= Thema des Filmes
****ya Frau
714 Beiträge
Immaculate (2024)
Guten Tag beisammen, auch ich war mal wieder im Kino *popcorn2*
Getrieben von großer Lust, einmal wieder einen mit FSK 18 klassifizierten "Horror"-Film *angsthab* in der Spätvorstellung anzuschauen, hat es mich gestern Nacht mit meiner Freundin in den Karlsruher Filmpalast am ZKM getrieben.

Ehrlich gesagt wollte ich ihn hauptsächlich deswegen anschauen, weil Álvaro Morte - mir bestens bekannt als "Der Professor" aus der genialen Serie "Haus des Geldes" - eine Hauptrolle inne hatte und ich ihn unbedingt einmal wieder auf der Leinwand anhimmeln wollte *sabber*

Immaculate ist ein US-amerikanischer Spielfilm aus dem Jahr 2024 mit Sydney Sweeney, der unter der Regie von Michael Mohan nach einem Drehbuch von Andrew Lobel entstand. Premiere des Horrorfilms war am 12. März 2024 am South-by-Southwest-Festival (SXSW).
Bei uns im Kino lief er gerade mal seit Anfang April und läuft heute Abend wohl das letzte Mal.


Handlung (sofern man das so nennen kann...)
Die religiöse Cecilia verlässt die USA, um als Novizin einem italienischen Kloster beizutreten. Dort wird sie herzlich aufgenommen. Sie ist überzeugt davon, dass Gott ihr in dem Konvent eine besondere Aufgabe für sie bereithält. Die Idylle erhält Risse, als sich unheimliche Dinge in den Klostermauern ereignen und Ordensschwestern sterben. Irgendwie scheint dieser Ort ein dunkles Geheimnis zu hüten. Zu allem Übel wird Cecilia eröffnet, dass sie trotz ihrer Keuschheit auf einmal schwanger ist.

Ähm, nun ja... Ich saß meiner Freundin zwar zweimal fast auf dem Schoß, weil ich wirklich erschrocken bin, und einmal hat es mich echt geekelt, doch ansonsten bekommt der Film von mir höchstens zwei Punkte... ...von fünf...
Handlung ist minimal vorhanden, die Szenerie ganz nett-düster aufgebaut, Álvaro Morte zeigt sich wieder zweigesichtig, liebenswert und doch gleichzeitig auch listig/bösartig, und die Hauptdarstellerin konnte brüllen, schreien und kreischen, wie schon lange niemand mehr... Aber das war es dann auch *gaehn*

Es tut mir total leid, dass dieser ausdrucksstarke Schauspieler sich einen solchen Film ausgesucht hat. Und ich würde mich riesig freuen, wenn er einmal wieder bessere Rollen bekommt und so richtig glänzen kann, wie damals in Haus des Geldes...

Ich denke es genügt, wenn ihr euch die Handlung auf Wikipedia durchlest *smile*


Doch vorsorglich hier noch der Trailer:


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