Aus meiner Sicht sollte am Anfang jeder Diskussion zum Thema, die mehrere Antworten / Ziele zulässt, stehen, was hat individuell die größte Priorität?:
• Gesundheit?
• Keuschhaltung?
• für BEIDE akzeptabler Kompromiss aus Beidem?
Fakten sind:
• Frauen leiden statistisch deutlich häufiger an urogenitalen Infektionen als Männer. Das liegt bereits an der völlig unterschiedlichen Anatomie, ganz unabhängig von "Keuschhaltungswünschen"
• durch einen Keuschheitsgürtel, wie er für Frauen "üblich" ist, entsteht lokal und ganz ohne Menstruation bereits erhöhte Wärme und ein geringer Rückstau normaler Sekrete - das freut die lokal immer vorhandenen Bakterien und fördert deren Vermehrung) - das Risiko für lokale spürbare Infektionen steigt.
• kommt die Menstruation hinzu, jubeln alle Bakterie erst recht... es gibt kaum einen besseren Nährboden für Keime als Blut.
Warum werden lokal immer vorhandene Bakterien mitunter ernsthaft gefährlich?
Es geht um das Mengenverhältnis vorhandener Bakterien zu individuell völlig unterschiedlicher "Abwehrstärke". Und gerade, weil das individuell so verschieden ist, kann man da pauschal nichts allgemein Gültiges voraussagen.
Wohl aber darf man annehmen, dass jene Frau, die schon ohne jeden KG immer wieder zu spürbaren Infektionen im Urogenitalbereich neigt, mit KG erst Recht anfällig sein wird.
Es macht daher nur Sinn, die Möglichkeiten individuell gemeinsam mit der Frau auszuloten, um die es geht - sie weiß am besten, ob sie in diesem Bereich besonders infektionsempfindlich ist oder nicht. Hier muss Dom(me) schlicht auf die Lebenserfahrung der individuellen Frau vertrauen, alles Andere wäre zumindest eine fahrlässige Körperverletzung.
Erzwingen bring hier gar nichts ausser Frust, letztlich auf beiden Seiten.
Man kann sich aber schrittweise herantasten:
1. erst mal die Partnerin fragen, ob sie öfters bereits an urogenitalen Problemen erkrankt ist
2. am Anfang vielleicht den KG während der Menstruation völlig weglassen...
3. im nächsten Schritt Aufschlüsse erlauben im Rhythmus, wie vor der Keuschhaltung, zwecks Reinigung, Wechsel von Tampons oder Einlagen
4. die Verschlusszeiten schrittweise (über Monate!...) erhöhen
5. falls Infektionsbeschwerden auftreten, erst einmal den KG UNVERZÜGLICH völlig weglassen, bis alles wieder ok ist - und dann wieder bei "Punkt 2" anfangen... und es eventuell bei dem Punkt bleiben lassen, der VOR dem aufgetretene Problem noch ohne gesundheitliche Probleme möglich war.
Mit einer "Gewöhnung" bis zum "Extrem" sollte man eher nicht rechnen. Mag in Einzelfällen möglich sein, mehrheitlich sicherlich nicht.
Man darf auch nicht vergessen: jede Infektion (und voraussichtlich notwendige Antibiotikatherapie) stellt eine Belastung dar... erhöht auch das Risiko, dass eines Tages "Standardmedikamente" nicht mehr helfen - und - bei gedankenloser Fortführung einer kritiklosen, konsequenter Keuschhaltung irgendwann gar kein Medikament mehr hilft. Im Extremfall: Unfruchtbarkeit und/oder Nierenschädigung -> Sepsis -> Tod"...
Keuschhaltung kann für alle Beteiligten eine unheimlich tolle und bereichernde Erfahrung sein, wenn mit "Hirn und Verstand" ausgeübt. Medizinisch relevante Aspekte versuche ich hier beizutragen, soweit vermutlich die "Schulweisheit" keine Ansätze bot. Mögen meine Hinweise da oder dort hilfreich sein!
LG,
DocWolf