Muss ich vor dem Glauben anderer Respekt haben?
Ich verfolgte gerade eine Debatte über eine neue Netflix-Serie, in der Jesus als schwul dargestellt wird. Es gibt eine online-Petition, um diese Serie zu verbieten.
Wiederholt beklagten sich Gläubige über den fehlenden Respekt von Nichtgläubigen ihrem Glauben gegenüber.
Da stelle ich mir nun wieder einmal die Frage: "Muss ich Religionen überhaupt respektieren?"
Die Religionsfreiheit wir in Artikel 4 des deutschen Grundgesetzes festgelegt. Dort heißt es:
Art 4
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Das bedeutet im Klartext, dass ich niemandem verbieten kann oder darf, sich einem Glauben anzuschließen und/oder die Riten seines Glaubens auszuüben. Ebenso wenig kann ich jemanden zum Kriegsdienst zwingen.
Viel interessanter ist aber was dort NICHT steht. Dort steht nicht, dass ich nicht anderer Meinung sein darf und auch nicht, dass ich einen Glauben nicht kritisch hinterfragen darf.
Und genau hier liegt meiner Meinung nach das Problem. Heutzutage wird bei vielen Themen erwartet, dass man eine bestimmte, vorgefertigte Meinung vertritt oder eben gar keine zu haben hat. Beispielsweise soll man keine Religionen hinterfragen, soll Greta Thunfisch toll finden, soll am besten Vegetarier werden und soll akzeptieren, dass "schwul sein" immer noch eine Beleidigung ist, wenn es um die religiösen Empfindlichkeiten Anderer geht.
Stellt man sich aber gegen den Strom ist man sofort dumm und ein Nazi. Ironischerweise auch bei Themen, die nichtmal im Ansatz etwas mit Rechtspopulismus oder -extremismus zu tun haben.
Aber ist der Verzicht auf eine eigene Meinung schon Respekt oder gar die Lösung des Problems?
Ich denke nein. Vor einiger Zeit habe ich meine Meinung zum Thema "Respekt" in einem ausführlichen Post kundgetan. Damals ging es um Respekt vor dem Alter; wer es genauer wissen möcjte, sei ausdrücklich auf jenen Post verwiesen. Hier nur eine kurze Zusammenfassung:
Ich bin der grundsätzlichen Meinung, dass Respekt und Akzeptanz zwei völlig unterschiedliche Dinge sind, die ich strikt trenne. Weiterhin bin ich der Auffassung, dass Respekt etwas ist, was sich jeder verdienen muss.
Hieraus folgt, dass ich a priori erstmal nichts und niemanden respektiere, sondern lediglich akzeptiere.
Genauso verhält es sich mit Religionen.
Ich bin überzeugter Atheist und als solcher akzeptiere ich, dass Menschen einen anderen Glauben haben, toleriere ihn aber nicht und respektiere ihn schon gar nicht.
Das bedeutet für mich, dass es okay für mich ist, wenn jemand an etwas glaubt, es aber nicht hinnehmen werde, wenn jemand etwas tut, was absolut gegen meine Überzeugung geht.
Ich kann schon gar nicht mehr zählen, wie oft mir schon der Dschihad erklärt wurde, weil ich beispielsweise der Meinung bin, dass die Sharia keinen Platz in der europäischen Gesellschaft hat.
Fazit: ich finde es in Ordnung, wenn sich jemand an einen Glauben klammert, bin aber absolut dagegen, andere aufgrund eines verletzten Gefühles in ihrer Freiheit einzuschränken, bzw. Verbote aufzuerlegen. Das beginnt beim Tanzverbot an Karfreitag und geht über die Höherstellung des Mannes gegenüber der Frau bis hin zu Kinderehen. Würde ich Religionen tolerieren oder respektieren, müsste ich auch diese Dinge im Namen der Religion zumindest stillschweigens akzeptieren, wenn nicht sogar gutheißen. Schließlich glaubt ja jemand daran...
Wie sieht eure Meinung zu diesem Thema aus?