Gedicht des Monats - Mai 2020

RENDEZVOUS

Heut ist der Tag, den ich mir so ersehnte.
Wir mailten lange Zeit nur hin und her.
Sie bald zu treffen, lässt mir Ruh´ nicht mehr.
Mir ist, als ob die Zeit sich ewig dehnte.

Geschrieben hat sie mit Esprit und Charme.
Sympathisch nach den Fotos, attraktiv.
Ich träumte mehrfach, wie ich mit ihr schlief.
Wenn ich dran denke, wird`s ums Herz mir warm.

Nun sitzen wir beisammen, trinken Wein
und halten mühsam aufrecht nur den Schein,
beenden aber bald das Trauerspiel.

Die Fantasie macht glücklich und verspricht,
was trügerisch erscheint bei Tageslicht.
Der Weg ist oftmals schöner als das Ziel.

Gedicht 2

Onkel Schorsch (George Orwell)

Hände wollen
dich berühren
woll’n dich fühlen
woll’n dich spüren

Hände wollen
bei dir weilen
langsam krabbeln
zart enteilen

Hände wollen
dich betatschen
auf den süssen
Arsch dir klatschen

Hände wollen
dich erhaschen
deinen Busen
ganz umfassen
dich erregen
zärtlich sein

Doch der Moral
erhob’ner Finger
spricht dazu
entschieden
• nein!

Was, wenn du
dich jetzt vergingest
in Wonne und Vergnüglichkeit
was wenn du
dich jetzt verbündest
mit Lust und Liebe - meiner Zeit!
Dann wärst du frei
und nie und nimmer
darf dies geschehn –
drum halte ein!
Empfang die Angst
– und sei’s für immer
die – zweite – Welle – kommt
und könnt‘ dein Ende sein.

Corona-Time

Auch solche Zeiten gehen vorüber,
wir brauchen mehr als nur Geduld,
wir sind so Nah und noch nicht drüber,
tragen wir Alle dafür Schuld?

Es ist Trist, Grau und Farben los,
das Leben bietet keinen Tanz,
was ist passiert, was ist bloß los,
so schließt sich jetzt der Lebenskranz.

Wie viele werden überstehen?
Wie viele gehen dabei ein?
wie können wir nun widerstehen?
Heiß das jetzt Sein, oder nicht Sein?

Theaters Tür und Opern Tore,
bleiben geschlossen das ist klar,
und wir die Lebensanimateure,
werden immer mehr auxiliar.

Wir sollen jetzt das Gutes säen,
das wir danach auch Gutes ernten,
wir dürfen das nicht schmähen,
sondern daraus sollen wir lernen.

Wir kommen uns Alle näher,
obwohl Kontaktverbot herrscht,
Viele von uns werden zäher,
denn die Corona uns nicht beherrscht.

Es kommen auch bessere Zeiten,
das werden wir schon bald sehen,
was sind bloß nur Wochen, Monate,
wenn es ums Überleben geht.

© Jack "Ultimate"

Der Galan

Einst sprach zum Fräulein der Galan:
"Ihr Dasein zieht mich magisch an.
Sie sind mein Traumbild jede Nacht,
wenn Morpheus meinen Schlaf bewacht.
Und ist es Tag, sind Sie die Sonne.
Ihr Anblick ist die reinste Wonne.
Es dürstet mich nach jedem Wort,
könnt lauschen Ihnen immerfort.
Und wenn Sie gehen, sich bewegen,
so ist es doch ein einzig Schweben
voll Anmut und geheimem Adel.
Ihr Wesen ohne jeden Tadel.
Verzeihen Sie mir mein Gebahren -
mein Herzlein springt gleich einem Narren,
der hört das Singen eines Chors..."
Drauf sagte sie: "Klei mi an'n Mors."

© B_thory

(Für alle Nicht-Norddeutschen: Klei mi an'n Mors heißt soviel wie LmaA)

Frühlingserwachen

Wenn dich der wilde Hafer sticht, sei froh,
denn niemand wünscht sich, friedlich nur zu sein.
Im Trott gefangen bist du ganz allein,
wenn alles, was einst rebellierte, floh.

Genieße, wie dein Herz dich vorwärts treibt,
wie die Gedanken Purzelbäume schlagen,
wie deine Lenden deine Lethargie verjagen,
und wie die Wollust dir das Drehbuch schreibt!

Nun magst du denken, all dies sei zuviel,
für rationale Menschen nur ein Spiel,
für den Vernunftbegabten sicher einerlei –

Doch falsch, mein Freund, das Leben ist das Ziel,
der Neuanfang, in den dein Körper fiel,
führt dich zum Hochgefühl im Tanz den ganzen Mai!


(c) Zoe B. Chainblush

Zeitsand

Der Zug nach nirgendwo beginnt,
Vergangenheit zerrinnt,
Gedanken kreisen stets umher
um Zeit zu zweit am Meer,
Was Worten trotzt ist nicht Verstand,
Nur Stolz und Teufels Tand,
Im Sand verstummen wir Getier
und fangen an zu sein.