Die Geschichte
Razzien der Polizei in „Schwulenbars“ und Nachtclubs waren ein regelmäßiges Ereignis in der Homosexuellenszene überall in den Vereinigten Staaten bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts, als plötzlich derartige Razzien in einschlägigen Etablissements in den größeren Städten deutlich seltener wurden. Es herrscht die Meinung, dass dies eine Folge einer Reihe von Beschwerden vor Gericht und wachsenden Widerstandes der Lesben- und Schwulenbewegung war.
Vor 1965 war es üblich, dass die Polizei die Identitäten aller Anwesenden bei derartigen Razzien erfasste und manchmal in der Presse veröffentlichte, natürlich mit verheerenden sozialen Folgen für die so zwangsweise Geouteten. Gelegentlich wurden auch so viele Kunden, wie in die Polizeifahrzeuge passten, vorläufig festgenommen. Damals rechtfertigte die Polizei die Verhaftungen mit Anklagen wegen Indecency (etwa „Anstößigkeit“ oder „Erregung öffentlichen Ärgernisses“). Dazu zählte man Küssen, Händchenhalten, das Tragen von Kleidung des anderen Geschlechts oder auch nur die bloße Anwesenheit in der Kneipe während der Razzia.
Es ist wichtig, auch den geschichtlichen Kontext vor 1969 und die Veränderung in der Haltung der Menschen in New York gegenüber der homosexuellen Szene und den Rechten von Homosexuellen zu betrachten. 1965 traten zwei wichtige Personen in das Licht der Öffentlichkeit. John Lindsay, ein liberaler Republikaner wurde als Reformer zum Bürgermeister von New York City gewählt. Dick Leitsch wurde ungefähr zur selben Zeit in New York Vorsitzender der Mattachine Society, einer frühen Organisation für die Anerkennung der Rechte von Homosexuellen in den Vereinigten Staaten. Leitsch wurde verglichen mit seinen Vorgängern als vergleichsweise militant eingeschätzt, und er glaubte an Methoden der direkten Aktion, die damals in den 60er Jahren bei anderen Bürgerrechtsgruppen sehr verbreitet waren.
Anfang 1966 änderte sich die Politik der Verwaltung aufgrund von Beschwerden von Mattachine, die Polizei benutze „Lockvogelmethoden“, um Personen auf der Straße wegen des Vorwurfes der „Anstößigkeit“ festzunehmen. Der Polizeichef Howard Leary ordnete an, dass Homosexuelle nicht von verdeckt operierenden Polizisten zu einer Straftat verleitet werden dürften und dass bei Verhaftungen durch Undercoverleute ein Zivilist als Zeuge notwendig sei. Das beendete die Verhaftungen von Homosexuellen wegen dieser Vergehen weitgehend.
Im selben Jahr forderte Dick Leitsch die State Liquor Authority (SLA) bezüglich ihrer Richtlinien heraus, die es erlaubten, einer Bar die Schankerlaubnis für Alkohol zu entziehen, wenn diese wissentlich Alkohol an eine Gruppe von drei oder mehr Homosexuellen ausschenkte. Dick Leitsch veranstaltete ein „Sip in“, d.h. er informierte die Presse über sein Vorhaben, sich mit zwei anderen Schwulen in einer Bar zu treffen. Als der Barmann der bewussten Bar sie abwies, wandten sie sich an die Menschenrechtskommission der Stadt. Daraufhin stellte der Vorsitzende der SLA klar, dass seine Behörde den Ausschank von Alkohol an Homosexuelle nicht länger verbieten würde. Zusätzlich ergaben zwei unterschiedliche Gerichtsentscheidungen, dass für die Rücknahme der Schankerlaubnis „substanzielle Beweise“ nötig waren und dass Küssen unter Männern nicht länger als anstößig galt. Die Zahl von Kneipen mit homosexuellem Zielpublikum wuchs nach 1966 beständig.
Im Jahr 1969 waren „Schwulenbars“ legal, trotzdem wurde im Stonewall Inn in dieser Nacht eine Razzia durchgeführt. Nach dem bekannten Historiker John D'Emilio steckte New York City mitten in einem Wahlkampf um das Amt des Bürgermeisters und John Lindsay, der gerade die Vorwahlen seiner Partei verloren hatte, glaubte, es sei notwendig, in den Kneipen seiner Stadt „aufzuräumen“. Beim Lokal Stonewall Inn gab es gleich eine ganze Reihe von Gründen, warum diese im Visier der Polizei war: Die Betreiber hatten keine Schankerlaubnis, es gab Verbindungen zum Organisierten Verbrechen und man ließ zur Unterhaltung der Gäste spärlich bekleidete Go-Go-Boys auftreten. Damit bot das Lokal Anlass für die Einschätzung, es brächte ein „unordentliches Element“ an den Sheridan Square.
Angeblich spielte auch Rassismus eine Rolle, denn im Stonewall Inn verkehrten viele Schwarze und Latinos. Möglicherweise war die Entscheidung der Polizei, die Razzia auf diese Weise durchzuführen, wie sie letztlich durchgeführt wurde, von der Tatsache beeinflusst, dass die Kundschaft des Stonewall Inn nicht nur homosexuell, sondern dazu noch farbig und daher besonders „verachtenswert“ erschien. Ein großer Teil der Personen, die Widerstand leisteten, waren Afro-Amerikaner und Latinos.
Deputy Inspector Seymour Pine, der die Razzia in dieser Nacht anführte, behauptete, dass ihm befohlen worden wäre, das Stonewall Inn zu schließen, weil es der zentrale Ort gewesen sei, an dem man Informationen über Homosexuelle sammeln konnte, die in der Wall Street arbeiteten. Zuvor gab es einen Anstieg an groß angelegten Diebstählen bei Börsenhändlern der Wall Street, was die Polizei zu dem Verdacht veranlasst hatte, es könnten Homosexuelle in die Diebstähle verwickelt sein, die mit ihrer Homosexualität erpresst wurden.
[SIZE=10]Quellennachweis:
Seite „Stonewall“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 22. März 2009, 03:28 UTC. URL:
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Stonewall&oldid=58174581 (Abgerufen: 28. März 2009, 21:39 UTC)[/SIZE]