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Familiengeflecht oder verschiedene Inseln Modell?

*******vir Frau
9 Beiträge
Ich habe mir immer eine Art von Familienmodell gewünscht. Bisherige Erfahrungen liefen jedoch einigermassen anders. Neue Beziehungen, die bei meinen Partnern dazu kamen, nahmen jeweils soviel Raum ein, dass Gewachsenes komplett weichen musste und der Bezug schmerzhaft verloren ging. Ich fand jeweils keinen anderen Umgang damit, als mich der Entwicklung zu entziehen. Wegen meines "Familienmodellideals" habe ich mich den Stürmen stets zu lange ungeschützt ausgesetzt. Chapeau, wenn Menschen das anders hinkriegen... ich denke Schutz der eigenen Welten ist wichtig. Dies in einem Verbund zu schaffen, verlangt grosse, nicht nur theoretische Bereitschaft und Offenheit aller Beteiligten für alle Beteiligten und.... festen Stand auf eigenem Boden. Wohl eher die Ausnahme... mich hat es eines gelehrt: Modelle, auch wenn noch so schön, taugen wenig. Es bleibt nur der passende Umgang mit dem was gerade ist. Leben eben...
******qua Mann
795 Beiträge
gerade mal wider auf das Thema Beziehungsanarchie gestoßen und nachdem ich die Beiträge gelesen habe für mich auf folgendes Ergebnis gekommen.

Tatsächlich lebe ich mit kleinen Ausflügen ins Poly Leben meistens in Monogamen Beziehungsstrukturen in der wir gemeinsam Sexualität mit anderen geteilt hatten.

In meinem Herzen verstehe Beziehungsstrukturen nicht die auf Abhängigkeit oder Begrenzungen des oder der anderen abzielen . Ich mag den Gedanken der Freiwilligkeit und der Vielfalt. Warum sollen nicht andere Menschen kommen und gehen dürfen und warum nicht zu zweit Glücklich sein wenn Beide sich einander genug sind und miteinander in Fülle leben .

Ich habe mit bedacht versucht hier einfach nur mein Gefühl und bisherige Lebensweise zu beschreiben und wünsche mir dazu keine Grundsatzdiskussion. Fragen sind natürlich gerne willkommen.

Cupdio
*********eeker Mann
1.505 Beiträge
Zitat von *******enus:
Familiengeflecht oder verschiedene Inseln Modell?
Womit habt ihr bisher bessere /gute oder eher nicht so gute Erfahrungen in der individuellen Beziehungsgestaltung gemacht :

Möglichkeit a das individuelle Beziehungsgeflecht verflechtet sich miteinander (ähnlich einer Triade oder großen Familie)

B, Das individuelle Beziehungsgeflecht hat voneinander excludierte Bereiche und exklusive Momente (alles Freiwillig natürlich)

C.Eine Mischkalkulation aus Geflecht und Exklusivzeit einzelner Teile.

Ich glaube, dass diese Frage eine sehr grundlegende Frage ist. Es reicht nicht aus hier nur annekdotisch zu beschreiben, wie individuelle Probleme gelöst werden. Ich möchte vorweg schicken, dass ich kein Beziehungsanarchist bin und der Idee auch eher ablehnend gegenüber stehe. Ich hoffe trotzdem niemanden mit meiner Argumentation vor den Kopf zu stoßen.

Zitat von *******enus:
Mich interessieren jetzt nicht theoretische Modelle , denn die kenne ich sondern eure persönlichen Beziehungsgestaltungen in einem Geflecht von 3 oder 4 Kernmenschen und nach außen Freundschaft /Sexualität offen.

Ich denke es geht um die Balance zwischen Sicherheit /Angst des Verlassen werden und Freiheit Angst vor Vereinnamung.

Ich glaube das ist eine Herangehensweise, die sehr aus den eigenen Befindlichkeiten und Gefühlen entsteht. Beziehung ist jedoch deutlich mehr. Vor dem Hintergrund, dass wir alle irgendwie nach Glück streben und dies versuchen in Freiheit zu finden, ist das einfach nur ein Ausdruck des Zeitgeistes. Ich hole jetzt sehr weit aus und gucke auf die Entscheidung deutlich philosophischer.

Wir haben ja ein Jubiläumsjahr eines großen deutschen Philosophen: Hegel. Dieser setzt die Familie als Kern der Gesellschaft und als kleinste Form der Gemeinschaft. Die Idee hinter dieser subsidären Struktur ist die gegenseitige Hilfe innerhalb der Familie. Es ist für Hegel die kleinste Einheit in einem Staat, woraus auch folgt, dass diese Einheit vor dem Zugriff dieses Staates geschützt ist.

In den letzten Jahrzehnten findet eine Diskussion statt, was diese Familie eigentlich ist. Mitte des letzten Jahrhunderts war relativ klar, woraus solch eine Familie bestand: Vater, Mutter, Kinder. Inzwischen haben wir durch Homoehe und das daraus erwachsene Adoptionsrecht die Familie zumindest dahingehend erweitert. Gleichzeitig ist aber auch die strake Entwicklung hin zu Singlen eine zumindest starke Triebfeder das verklärte Bild der heilen Familie, das uns von CDU-Wahlplakaten anlächelt zu hinterfragen.

Soviel zur Einleitung, woher ich komme. Die Frage nach der Art polyamorer und beziehungsanarchischer Lebensfrom ist eine gesellschaftlich hochaktuelle. Sie wird nur nicht geführt. Der Dissenz zwischen romantischer Idealvorstellung und gelebter und beobachtbarer Realität ist allgegenwärtig. Alleinerziehende, unfreiwillige Single, verwirrte Männer (aufgrund der wankenden Rollenbilder) passen nicht mehr in das Bild der für einander einstehenden Familie. Der Individualisums, das Streben nach persönlichem Glück, die Idee der Freiheit von äußeren Zwängen, der Anspruch auf Wohlbefinden trifft auf eine komplexe Welt, die ihre Normen verliert. Entscheidungen müssen in fast allen Lebensbereichen selber getroffen werden: Partnerwahl, Jobwahl, Wahl des Verhaltens bzgl. Klima, Flüchtlingen, Corona und und und. Da ust die Wahl des eigenen Familienmodels nur eine weitere von Vielen.

Was uns zur Frage der TE zurück bringt. Nach welchen Kriterien sollte man das Auswählen? Ist wirklich nur das eigene Wohlbefinden und das eigene Streben nach Harmonie entscheidend? Sind da nicht noch ganz andere Elemente von Bedeutung? Wie steht es mut der Freiheit? Nicht nur der Freiheit von Zwängen, sondern auch der Erweiterung von Möglichkeiten? Was ist mit Subsidiarität? Wie stehen die Beziehungen füreinander ein? Was ist mit Verbindlichkeiten? Worin sollen diese bestehen? Wie weit sollen sie reichen?

Je nachdem welche Erwartungen ich an Familie habe und wie sehr ich Familie als subsidiäres Konstrukt akzeptiere, fällt diese Entscheidung anders aus. Die oersönlichen Befindlichkeiten der Mitglieder sind dabei dann recht schnell gar nicht mehr so wichtig.

Genau dieser Gedanke ist einer, der der Beziehungsanarchie sehr entgegen steht. Das wird häufig mit fehlender Verbindlichkeit gleich gesetzt, trifft es aber nicht ganz. Denn die BA setzt nur die herausgehobene Stellung der familiären Beziehungen infrage. Das tue ich nicht. Ich stelle für mich nur die Definition von Familie infrage.

Familie ist also definitiv eine Wirtschaftsgemeinschaft. Gemeinsames Haushalten bietet Sicherheit und gleichzeitig erhöht es den Freiheitsgrad aller Beteiligten durch "Synergieeffekte". Familie ist definiv eine Wertegemeinschaft. Für einander einzustehen und miteinander Aufgaben (Kinder, Haus, Urlaube, Altersversorgung) anzugehen erfordert eine gemeinsame Vorstellung der Ziele. Familie ist eine strukturelle Gemeinschaft der Arbeitsteilung. Alltag will organisiert werden. Völlig gleichgültig, ob dieser in gemeinsamem Bad und Küche gelebt wird, oder verteilt ist, verteilen sich auch Zuständigkeiten und Aufgaben.

Die Frage ist also die gleiche, nur die Kriterien sind mehr als nur Befindlichkeiten.

Zitat von *******enus:
Mich würden also vor allem Praxiserfahrung interessieren wie die Vereinbarungen sind die gelingen.

Nach so viel Theorie möchte ich trotzdem noch meine Lebenssituation schildern. Der Zustand ist momentan, dass unser Geflecht vor gut einem Jahr gemeinsam aus verschiedenen Orten in die gleiche Stadt zusammengezogen ist. Es sind noch immer zwei Wohnungen, doch der Grad der Verflechtung ist bereits sehr spürbar. Mit einer meiner beiden Partnerinnen und ihrem Ehemann lebe ich in der einen Wohnung zusammen. Mit meiner anderen Partnerin und den Kindern in der anderen. Möbel, Urlaube und Miete werden gemeinsam bewältigt. Aber die Integration als eine Familie ist noch nicht abgeschlossen.

Spannungen ist Teil des Lebens. Die zu vermeiden ist sogar schädlich. Es ist viel besser zu lernen mit diesen umzugehen und sie auszuhalten. Der Drang nach den eigenen momentanen Befindlichkeiten zu handeln, ist zwar ein scheinbar moderner, aber er ist auch leer und völlig konsumgetrieben.

Unsere Vereinbarungen beinhalten die Absicht ein weiteres Kind in die Welt zu setzen. Das führt zu Verzicht bei allen "Familienmitgliedern" um das Risiko von STIs zu minimieren. Unsere Vereinbarungen sehen langfristige Ziele vor. Ja, das erfordert oft Beziehungsarbeit und fast immer das Aushalten von Spannungen und das Lösen von Konflikten. Ja, dadurch gibt es Phasen, die nicht so glücklich, rosig und schön sind. Wie in jeder Familie. Gemeinsame Ziele, Werte und Entwicklung sind das aber wert. Wir machen es uns viel zu einfach, wenn wir uns in den eigenen Gefühlen verlieren und unsere lächerlichen momentan Befindlichkeiten zum Maßstab unserer Lebensentscheidungen machen.

Familie erhöht den Möglichkeitenraum und damit die Freiheit ihrer Mitglieder. Die Verbindlichkeiten untereinander schützen gegen Unsicherheit. Familie ist ein Stück Heimat. Familie hat Nachteile. Familiäre Verpflichtungen schränken die individuelle Freiheit ein. Aber individuelle Freiheit ist ein Trugschluss unserer Gesellschaft. Gerade die Pandemie hat uns gezeigt, wie zerbrechlich individuelle Freiheit ist und wie mächtig bürgerliches Verhalten sein kann. Wir sind eben nicht nur Individuen (Ich nicht!). Wir agieren auch zusammen. Und da sind die eigenen Befindlichkeiten even schnell nicht mehr ganz so wichtig.

Ist jetzt sicher viel zu lang geworden, aber ich plädiere dafür sein Geflecht nicht nur nach Kriterien der Befindlichkeiten und der Harmonie zu organisieren. Familie und Subsidiarität scheinen unmodern zu sein, aber sie sind es wert ausprobiert zu werden, solange Familie neu gedacht wird. Ganz freiwillig. Zukunftsgerichtet.
*****s42 Mann
11.868 Beiträge
Gruppen-Mod 
Boah, extra noch zitiert: "Mich interessieren jetzt nicht theoretische Modelle ..." - und dann so eine rein theoretische Abhandlung als Antwort darauf.

*top* *mrgreen* Respekt! *zwinker*

Und wenn eine Beziehung "Arbeit" macht, sollte man sie umgestalten oder beenden.

Klingt vielleicht hart - aber hat nichts damit zu tun, sich aus einer übernommenen Mitverantwortung für einen Partner oder guten Freund zu ziehen. Das ist für mich keine ARBEIT, das mache ich gern, weil es mir am Herzen liegt. Selbst dann, wenn es mir eventuell schwer fällt und Entbehrungen beinhaltet.

Ich empfehle einfach mal das Buch "111 Gründe offen zu lieben" als leichte Lektüre. Klar ist das Fiktion, aber genau so kann Beziehungsanarchie funktionieren. Es geht darum, sich von den Dogmen der "romantischen Liebe" zu befreien und Liebe und Freundschaft als etwas gleichartiges, gleichwertiges anzusehen und auch so auszuleben. Egal ob mit oder ohne sexuellen Interaktionen.

Gute Freunde helfen auch einander in schwierigen Situationen - gerade daran misst sich für viele, ob eine Freundschaft wirklich eine ist. Ich habe aber noch nie den Begriff "Freundschafts-Arbeit" gehört oder gelesen - ich lese immer nur von "Beziehungs-Arbeit" in Bezug auf eine Liebesbeziehung. *oh* *zwinker*
*********eeker Mann
1.505 Beiträge
Zitat von *****s42:
Gute Freunde helfen auch einander in schwierigen Situationen - gerade daran misst sich für viele, ob eine Freundschaft wirklich eine ist. Ich habe aber noch nie den Begriff "Freundschafts-Arbeit" gehört oder gelesen - ich lese immer nur von "Beziehungs-Arbeit" in Bezug auf eine Liebesbeziehung.

Danke für diesen Abschnitt. Denn genau das fasst BA fast perfekt zusammen. Bei einer Familie geht es nicht nur darum dem anderen in einer schwierigen Situation beizustehen. Das ist Freundschaft. Damit hast du völlig recht. Es geht aber um mehr. Es geht darum ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Es geht darum diesem gemeinsamen Ziel die individuellen Bedürfnisse unterzuordnen.

Dafür muss ich auch nicht Lieben. Mit Liebe hat das gar nichts zu tun. Die Beziehung kann auch eine Firmengründung sein. Die Beziehung kann ein Vereinsengagement sein. Es ist völlig in Ordnung, dass die BA und die Menschen, die nach ihr leben anders einstufen. Die tiefere Funktion von Familie gegenüber Freundschaft lässt sich dann aber nur durch Negation von Familie erfüllen. Dann stellt sich aber die Frage der TE nicht.
*****s42 Mann
11.868 Beiträge
Gruppen-Mod 
Zitat von *********eeker:
... Das ist Freundschaft. Damit hast du völlig recht.
Nicht ganz - oder besser: Frundschaft beinhaltet das. Aber auch Liebe beinhaltet das.

Nur die Motitvation ist unterschiedlich: Bei Freundschaft ist es wechselseitig, man hilft sich, steht sich bei und unterstützt sich (auch, aber nicht nur, in schwierigen Situationen), weil man es vom Anderen genau so erwartet. Liebe braucht diese Wechselseitigkeit nicht - da habe und brauche ich keine Erwartungen an den geliebten Menschen. Es ist ein Bedürfnis aus mir heraus, insofern also selbstlos (was nicht heißt, dass eine Liebe ohne Gegenliebe trotzdem ewig weiter besteht).

Zitat von *********eeker:
Es geht aber [in der Familie] um mehr. Es geht darum ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Es geht darum diesem gemeinsamen Ziel die individuellen Bedürfnisse unterzuordnen.
Ja, da stimme ich dir zu.
Das mache ich auch, wenn ich mit Freunden ein gemeinsames Ziel verfolge.

Und klar - damit ist auch verbunden, dass ich unter Umständen eigene Interessen zurückstecke im Interesse des gemeinsamen Zieles. Aber es ist ja auch mein Ziel - und dann mache ich das gern.
Das hat für mich auch nichts mit Beziehungsarbeit zu tun, und darum ging es mir ja.

"Arbeit" wird es dann, wenn ich damit fremde Interessen mehr bediene als meine eigenen - allenfalls erwarte ich dafür eine angemessene "Entlohnung", einen Ausgleich, eine Entschädigung für mein persönliches Zurückstecken.

Ab dem Punkt halte ich es aber in der Regel für sinnvoll, die Beziehung zu hinterfragen.
****ra Frau
2.583 Beiträge
Hmmm, BEZIEHUMGSARBEIT sehe ich nicht als Arbeit an, die man nicht machen will, aber (genervt, unwillig) machen muss, sondern als Einsatz, den man leistet, weil man es will.
Ich hatte 12 Jahre eine sehr schwierige, anstrengende Beziehung zu einem Menschen, der als kleines Kind schwerst traumatisiert worden war und infolgedessen "schwierig" war. Aber ich hatte an einem bestimmten Punkt (um die Umstände wissend) JA zu der Beziehung gesagt und Verantwortung übernommen, die ich (vor MEINEM Gewissen) auch nicht einfach auf den Müll schmeißen konnte, bloß, weil es jetzt mal anstrengend war. Es war von Anfang an klar, daß diese Beziehung wirklich ging, "bis das der Tod und scheidet" und es war sicherlich manchmal "die Hölle" aber in anderer Hinsicht auch das Beste, was mir passiert ist, für meine persönliche Entwicklung/Erfahrung, etc. Ich sag's jetzt mal so platt: "das Leben ist kein Ponyhof" aber das war es wert!
*****s42 Mann
11.868 Beiträge
Gruppen-Mod 
Wenn ich Arbeit verrichten, erbringe ich eine Leistung und erwarte dafür eine Gegenleistung.

DAS könnte man allenfalls noch auf Freundschaft beziehen (da erwarte ich zumindest theoretisch, dass mein Freund für mich Gleiches tun würde), aber nicht mehr in der Liebe, die ja erwartungsfrei ist.

Daraus erwächst ja häufig der Frust über eine "gescheiterte" Beziehung: Man hat in eine Beziehung "investiert", und dann ging die Beziehung zu Ende, bevor sich dieses "Investment" für mich "rentiert" hat.
Man geht also mit einem gefühlten "Verlust" aus der Beziehung und fühlt sich um den "Lohn" seiner "Arbeit" betrogen.

Unsere Sprache widerspiegelt unsere Gedanken, aber nicht nur das. Sie steuert auch unsere Gedanken und Gefühle.
Wenn man bei Beziehung und Liebe in Kategorien wie "Arbeit", "investieren" usw. denkt ...
****ra Frau
2.583 Beiträge
Aber ich investiere doch freiwillig, völlig erwartungsfrei (also keine Gegenwerterwartung), sondern in das Leben mit einem Menschen!
Ich gebe zu, ich hätte diese 12 Jahre wahrscheinlich nicht (zumindest nicht so relativ gut) überstanden, wenn es nicht eine offene, auf völlig gegenseitigem Vertrauen beruhende Beziehung gewesen wäre. Dann hätte ich diesen Einsatz nicht gebracht.
*****s42 Mann
11.868 Beiträge
Gruppen-Mod 
Dann ist es in meinem Sprachgebrauch kein "investieren".

Denn ein Investment ist nicht erwartungsfrei, es wird eine Rendite, ein Gewinn, ein "Return" erwartet - oder das Investment war nicht erfogreich.

Ich spreche dann von "geben", "schenken" oder was auch immer.

Ich schenkemeine Liebe einem Anderen, aber ich investiere nicht meine Liebe in eine Beziehung (oder einen anderen Menschen). Nicht aus Liebe.

Man mag das jetzt spitzfindig oder kleinkariert finden, aber genau diese sprachliche Ausdrucksweise führt bei vielen eben über das dadurch gesteuerte (bzw. auch dahinter liegende) Denken zu Enttäuschungen, wenn sich so ein "Investment" eben nicht "rentiert". *schiefguck*
*****s42 Mann
11.868 Beiträge
Gruppen-Mod 
BTW: Wenn ich eine Aktie einer Firma kaufe, dann investiere ich mein Geld da auch freiwillig, aus eigenem Antrieb. Aber nicht vordergründig, weil ich der Firma helfen möchte, sondern weil ich eine Gewinnerwartung habe.

Freiwilligkeit hat damit also nichts zu tun, sondern das Ziel, was man damit verfolgt.

Auch bei Arbeit verfolge ich das Ziel, eine Gegenleistung für meine Arbeit zu erhalten, einen Lohn. Egal, ob ich sie gern mache oder nicht.
Wenn ich keine Gegenleistung erwarte, sondern die allenfalls als positive Zugabe ansehe, dann ist es eher ein Hobby, eine Liebelei.

Deshalb gibt es in meinem Sprachgebrauch auch das Wort Arbeit nicht im Zusammenhang mit Liebesbeziehungen, weil es eben keine Arbeit ist (oder es ist keine Liebe, sondern eine Zweckgemeinschaft - aber eine solche möchte ich nicht dauerhaft führen, weil sie über längere Zeit immer Abhängigkeiten schafft).

Worte wie "Arbeit" oder "investieren" erzeugen nun mal bei (fast) allen Assoziationen, die mit wirklich ehrlicher, erwartungsfreier Liebe nichts zu tun haben.
*********eeker Mann
1.505 Beiträge
Ich habe ein Problem mut dem Vergleich Liebe und Freundschaft. Liebe ist ein Sammelsurium von Gefühlen. Freundschaft ist eine Beziehungsart. Beziehungen können aus Liebe eingegangen werden, Liebe ist für eine Beziehung keine Voraussetzung.

Gerade diesen Umstand dachte ich in einer Gruppe zur BA einfach voraussetzen zu können. Das ich Liebe nicht für bedingungslos halte, ist da gar nicht so wichtig. Beziehung ist immer ein Vertrag. Viel zu oft nicht ausgesprochen. Oft nur unbewusst und viel zu selten reflektiert. Aber sie ist aus aus Liebe eingegangen ein Vertag. Ein Handel. Die Motivation für diesen Handel kann jedoch selbstlos sein, hat aber mit dem Punkt, dass Familie ein andere Bedeutung als Freundschaft hat (aus philosophischer Sicht und auch aus gesellschaftlicher/sozialer Sich) gar nichts tu tun.
******XXL Mann
3.802 Beiträge
Zitat von *********eeker:
Familie ist also definitiv eine Wirtschaftsgemeinschaft.

Danke für den sehr guten Beitrag!

Und genau deswegen, weil Familie zu weiten Teilen und klassisch eine Wirtschaftsgemeinschaft ist - incl. Subsidiaritätsprinzip - bezeichne ich diesen Teil der Romantischen Zweierbeziehung (RZB) als Partnerschaft.

Eine Partnerschaft hat aber mit Liebesbeziehung zunächst mal und historisch überhaupt nichts zu tun. Dass beides miteinander identisch ist und noch dazu mit der erotischen Beziehung versucht uns die Ideologie der RZB einzureden. Wie alle Ideologien ist die RZB aber falsch.

Aber das Thema passt wirklich gut zum Thread. Das, was inzwischen dominant als Polyamorie verstanden wird, scheint mir vorwiegend eine RZB zu mehrt - incl. Zusammenwohnen und gemeinsamer Kinderaufzucht. Einen größeren Alptraum könnte ich mir offen gestanden nicht vorstellen *panik* *schock*.

Die Beziehungsanarchie, die ich immer noch als Teil der breiten polyamoren Strömung sehe, stellt die Partnerschaft dagegen nicht in den Vordergrund, sondern die Liebesbeziehung. "Liebesbeziehungen wie Freundschaften leben" ist m.E. eine sehr griffige Beschreibung.

Insofern strebe ich als Beziehungsanarchist kein Netzwerk an, behindere es aber auch nicht. Das Grundmodell sind Inseln, zwischen denen aber Fähren verkehren dürfen - um mal im Bild zu bleiben.

Tatsächlich habe ich sogar ein gewisses Interesse daran, dass sich meine Lieben kennenlernen, denn ich möchte ja auch gerne meine erotische Beziehung zu mehreren gleichzeitig ausleben *sabber* *zwinker*. Aber ob und wann das geht, hängt halt sehr davon ab. Und wenn, ist es ein riesiges Geschenk *wolke7* *omm*.


Gruß
Stefan
Ich sehe hier eine Aspekt noch nicht beleuchtet:

Es wurde nun häufiger angesprochen, dass für ein starkes Netzwerk es auch einer starken individuellen Zentrierung bedarf. Nun gibt es charakterlich ganz unterschiedlichen Menschen, die einen eigenen Bedarf an persönlichem Raum haben. Sowohl zeitlich, als auch konkret räumlich, als auch emotional.

Für mich selbst habe ich festgestellt, dass ich zur Zentrierung genau dies brauche, meine eigenen Zeiträume in denen ich vollkommen alleine sein kann. Meine eigenen Räume, in denen ich alleine sein kann, die Möglichkeit, in meinen individuellen unabhängigen emotionalen und schöpferischen Raum einzutreten.

Von daher merke ich, dass ich es bewusst so gestalten möchte, dass ich diese Inseln habe, dass ich wechseln kann und auch bewusst dosieren, wieviel Zeit ich in welcher Art von familiären, sozialen, beziehungsbezogenen, sexuellen, partnerschaftlichen, lebensweltlichen Inseln/Räumen bin. Das hat auch in einem Ecovillage, in dem ich zweitweise gelebt habe dazu geführt, dass ich das kleine Haus ganz am Rande des Geländes hatte. *g*

Die Brücken zwischen diesen Bereichen können lebendig und authentisch gebildet werden, befahren und nicht befahren und auch individuell genutzt werden. Emotional teilen wir in dem Bewusstsein über die Lebenssituation der anderen im Netzwerk durchaus einen gemeinsamen Boden.

Wenn sich dies jedoch in einer Form des nahen Zusammenlebens/Miteinanderlebens gestalten würde, wären das viel zu viele Prozesse auf einmal für mich.

Also gibt es auch in dieser Hinsicht entscheidende Faktoren, welche Art von sozialem Eingebundensein die verschiedenen Individuen im Netzwerk mitbringen.
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