Ich finde diese Frage sehr gut und sehr berechtigt.
Ich bin nun Yogalehrer seit 26 Jahren und betreibe es nicht nur so zum Ausgleich oder als "Nebenjob", sondern habe es als "geistige Schulung" in mein Leben integriert.
Und als ich dann vor 10 Jahren begann, mich mit BDSM zu beschäftigen, hat sich diese Frage vehement gestellt.
Warum?
Nun, Yoga ist keine Religion, jedoch eine Philosophie. Und in meinem langen Studium der Schriften kommt immer wieder zum Ausdruck, dass es hier um ein geistiges Streben und ein Freiwerden von Begierden geht. BDSM und Sex sind nicht zu trennen. Und hier geht es um Begierden - klar und eindeutig. Ich wecke Begierden und ich lasse mich hineinfallen.
Es wäre Augenwischerei, wenn man das nicht eingesteht.
Dennoch gibt es - für mich - einen Aspekt, der BDSM zum "Erfüllungsgehilfen" für einen geistigen Weg wie den Yoga macht: Es ist die Verbindung, die seelische Nähe. Auch das ist ein wesentliches Ziel des Yoga und übrigens sehr vieler geistigen Schulen der Welt. Durch die Weitung des Herzens, die Ausdehnung und das Öffnen dessen für andere verbindet man sich mit der Welt und dem Geistigen, durch das Opfer (ein sehr alter und unattraktiver Begriff), das Geben ohne etwas zu erwarten, das Schenken eines Stücks von sich selbst macht man echte seelische Verbindung und eine unglaubliche Tiefe möglich, die wiederum in eine Entwicklung und Lernen gegenüber anderen Menschen und Dingen ermöglicht. In diesem Zusammenhang ist das Erlernen und Üben von Eigenschaften nötig, die auf dem Weg einer "Menschwerdung" sehr wichtig sind: Das Sehen und Mitnehmen des Partners, das richtige Kommunizieren, das Erdulden und Überwinden des "Eingeschnappt-Seins" und der eigenen Unpässlichkeiten, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen und das Verzichten auf eigene Lust und Präferenzen.
Dies setzt natürlich voraus, dass eine solche Verbindung keine "Spielerei" ist, sondern äußerst verbindlich sein muss von beiden Seiten. Und auch, wenn einer der Partner diese philosophischen Hintergründe nicht anvisiert, muss er dennoch wissen, dass der andere genau diese Tiefe braucht und will, sonst würde das zu Verletzungen und einem Scheitern führen.
Letztlich führt das in Tiefen, die nicht jeder "verträgt" oder aushält, denn die Menschen sind Oberflächlichkeit gewohnt.
Aber für mich ist BDSM und Yoga damit gut vereinbar. Und was die Begierden angeht, überlasse ich sie entweder meinem Partner
, der damit tun kann, was er will oder ich beherrsche und beobachte sie in mir und lasse sie zu, dass es einem UNS dient.