Ich finde die Frage, was "denn bloß mit den Männern los ist", dass sie die Frauen, die sie lieben, nicht schlagen können, etwas seltsam.
Bedenken wir doch bitte, dass wir gesellschaftlich Jahrzehnte daran gearbeitet haben, Männer so zu konditionieren, dass es falsch ist, Frauen schlecht zu behandeln.
Besonders was Frauen betrifft, mit denen sie sich in einer emotionalen Beziehung befinden, haben Männer das nun verinnerlicht.
Eigentlich müsste man vielmehr die Frage stellen, warum es Männern offenbar schwerer fällt, Frauen schlecht zu behandeln, mit denen sie eine emotionale Beziehung verbindet als nahezu fremde Frauen. Denn im Grunde sollte ein Mann gar keine Frau schlecht behandeln, nicht wahr?
Nun befinden wir uns hier im BDSM-Kontext. Da ist das alles sowieso etwas anders. Hier ist es im Rahmen des Konsens und des beiderseitigen Lustgewinns erlaubt und erwünscht, dass ein Mann eine Frau "schlecht behandelt". Viele dominante Männer genießen es, innerhalb eines Kontextes, der streng reglementiert ist, wieder zurück in die Rolle des primitiven Kerls schlüpfen zu können. Allerdings sind viele Männer inzwischen so sehr darauf geeicht, Frauen zu respektieren, dass es ihnen inzwischen selbst in einem besonderen Kontext mit anderen Regeln nicht mehr so leicht fällt, umzuschalten von "modernem zivilisierten Mann, der sich unter gleichberechtigten Frauen bewegen kann" auf "Kerl, der seine Olle mit ihrer besonderen Erlaubnis ohne weiter Rücksichtnahme vertrimmt."
Ehrlich gesagt finde ich diese unterschiedlichen Rahmenbedingungen gar nicht so einfach zu beherrschen. Ich stelle es mir zuweilen nicht leicht vor, immer und zu jeder Zeit das Richtige zu tun. Natürlich erwarte ich von einem modernen, in der BDSM-Szene aktiven Mann, dass er all diese verschiedenen Kontexte voneinander trennen kann. Aber ich würde nicht so weit gehen, einen Mann zu kritisieren, weil er zögert, wenn es um eine bestimmte Situation geht.
Ich selbst habe es mehrfach erlebt, dass ein Mann nicht so hemmungslos dominieren konnte aufgrund der Tatsache, dass er mit mir eine emotionale Beziehung hatte.
Mir gefiel in diesen Situationen die Vorstellung nicht, dass diese Männer mehr Leidenschaft, Geilheit und Lust an BDSM-Spielen empfinden konnten, wäre ich eine fremde Frau. Aber sein wir mal ehrlich: BDSM hat für einen dominanten Mann sehr viel damit zu tun, eine Frau objektifizieren zu können und auch zu dürfen. Es werden damit recht primitive Instinkte angesprochen.
Instinkte, die ein moderner Mann in einer modernen Beziehung heutzutage unterdrücken muss, weil von ihm natürlich und völlig zurecht erwartet wird, dass er Frauen in seinem Alltag bitte nicht erniedrigt und objektifiziert.
Unterm Strich möchte ich darum bitte, Männer nicht pauschal für ALLES zu kritisieren, was sie tun. Natürlich dürfen wir Frauen die Erwartung haben, dass ein Mann sich auch in modernen Zeiten jederzeit korrekt verhält gegenüber einer Frau. Im Jobumfeld, im Privatumfeld, im Freundeskreis, in einer Liebesbeziehung und ja, natürlich auch in einer BDSM-Beziehung. Aber: wir sollten bedenken, dass es eine ziemliche Herausforderung ist, stets und immer nicht nur das Richtige zu tun sondern auch noch das Richtige zu empfinden.
Es ist schade und es ist ein Verlust für die BDSM-Ebene, wenn ein Mann eine Frau, die er liebt, nicht auf die gleiche Weise "behandeln" kann wie eine andere Frau. Und man sollte das durchaus auch kritisch sehen. Denn Respekt verdient nun einmal jede Frau, nicht nur die, die man gerade liebt.
Aber es ist nicht vollkommen absurd, dass dies passiert. Und der beste Weg, damit umzugehen, ist wohlmöglich ein gutes Gespräch und ein wenig Toleranz und Verständnis.