Bei einem Freihandelsabkommen wird JEDE „Vertragspartei“ (= jeder Staat / jedes Land) versuchen seine eigenen Interessen in den Mittelpunkt eines solchen Abkommens zu stellen und sich somit einen Vorteil zu verschaffen.
Fokussiert man die Betrachtung auf die hierbei involvierten „Vertragsparteien“, so kann festgestellt werden, dass nur dann jede „Vertragspartei“ einen Vorteil aus einem solchen Abkommen erzielt, wenn alle Beteiligten auf „gleicher Augenhöhe“ ein solches Abkommen aushandeln, wenn Vertragspartner VERTRAUENSWÜRDIG sind und keiner der Beteiligten versucht das Abkommen so „zu verwässern“, dass es einer oder mehreren Parteien nach Abschluss dann doch möglich ist (eventuell durch eine Vertragsklausel), ein geschlossenes Abkommen zu unterlaufen und somit eigene Interessen durchzusetzen, welche eigentlich durch ein geschlossenes Freihandelsabkommen ausgeschlossen wurde (Bsp.: Genetisch veränderte oder Hormon behandelte Lebensmittel gelangen über die Hintertür doch noch nach Europa).
Unabhängig hiervon sind allerdings die Staaten, welche an einem solchen abkommen nicht beteiligt sind, die Benachteiligten!
An dieser Stelle könnte sodann der Einwand vorgebracht werden, dass diese Staaten eventuell auch ein Abkommen aushandeln könnten!
Hier sollte dann aber nicht vergessen werden, dass die vor 12 Jahren begonnene Verhandlungsrunde der WTO (sog. Doha-”Entwicklungsrunde”) bislang nicht zum Abschluss gebracht werden konnte. Dies ist zum einen dem neuen Selbstbewusstsein und ökonomischen Potential der BRIC-Staaten zu verdanken – Brasilien, Russland, Indien, China und auch dem breiten Widerstand der sozialen Bewegungen zu verdanken, die geheime Agenden, erpresserische Verhandlungsmethoden (“Nacht der langen Messer”,”armtwisting”) gegenüber Entwicklungsländern und problematische Verhandlungsinhalte offen legten.
Amerikas Handelsvereinbarung mit Chile etwa hindert Chile am Einsatz von Kapitalkontrollen,
…Die US-Pharmaindustrie, die beträchtlichen Einfluss auf das “Office of the US Trade Representative” (USTR) hat, hat anderen Ländern erfolgreich ein unausgewogenes System zum Schutz geistigen Eigentums angedreht, das darauf ausgelegt ist, Generika zu bekämpfen, und das Profit über Lebensrettung stellt, so
Joseph E. Stiglitz, 8. Juli 2013.
Bei der Aushandlung eines Freihandelsabkommen ist es demnach geboten, dass die „Vertragspartner“ auf gleicher Augenhöhe ein solches Abkommen aushandeln und zudem OFFEN und EHRLICH miteinander verhandeln!
Aber inwieweit kann bspw. Deutschland seinen „Partnern“ vertrauen?
(Wirtschaftsspionage wird nicht nur durch die USA (unseren „angeblichen“ Freunden (oder doch eher Besatzungsmacht?! bzw. der NSA) betrieben, sondern auch von Großbritannien – Sichwort: Internet-Überwachung: Großbritannien verschweigt Rolle im Prism-Skandal)
Aufgrund dieser Vorkommnisse und der unterschiedlichen Interessen (bspw. haben die Vereinten Staaten von Amerika weniger Bedenken gegenüber genmanipulierten Lebensmitteln, die Wirtschaftssysteme der angelsächsischen Staaten kann eher als „NEOLIBERAL“ (basierend auf Milton Friedman's Wirtschaftstheorie) bezeichnet werden als, als „SOZIAL“, ist es, bei solchen Voraussetzungen, eher unwahrscheinlich, dass alle Vertragsparteien GLEICHERMASSEN Vorteile aus solchen Verhandlungen erzielen könnten.
Würde sich somit eine „angelsächsische Wirtschaftsideologie“ durchsetzen, die Hürden für genmanipuliert Lebensmittel herabgesetzt und eine „sehr liberale“ Einstellung bezüglich des Datenschutzes durchsetzen, so würde das nicht nur bedeuten, dass eventuell doch genmanipuliert, nicht gekennzeichnete Lebensmittel in die EU eingeführt würden, sondern auch, dass die Arbeitnehmer einer noch größeren Konkurrenz und einem noch schärferen Kostenwettbewerb ausgesetzt werden.
Einen deutlichen Hinweis darauf, dass das gewollt ist, liefern auch hier schon geschlossene Freihandelsabkommen (die entsprechenden Sozialkapitel wurden immer unverbindlich formuliert - da wird dann darauf verwiesen, dass zum Beispiel auf eine „Verbesserung der Arbeitsbedingungen“ hingewirkt werden soll).
Dem gegenüber stehen Verbindlichkeiten, die für Investoren und Konzerne vereinbart werden, wie etwa die Investor-Staat-Klagerechte, die die Europäische Kommission nun mit den USA verhandeln will. Dabei werden Investoren Klagrechte eingeräumt, wenn aufgrund von Sozial-, Gesundheits-, oder Umweltschutzgesetzen geplante Gewinne bedroht sind. Auf dieser Basis wurden Staaten bereits über 500 Mal verklagt …
Historisch betrachtet haben sich in den letzten 10 bis 20 Jahren in Europa die Sozialstandards eigentlich nur nach unten bewegt – bei einer gleichzeitigen Konzentration der wirtschaftlichen Macht auf immer weniger Unternehmen und Personen.…Was noch dazukommt ist, dass sich viele Entscheidungsträger nicht genügend mit dem Thema auseinandersetzen. Sie besitzen erschreckend wenig Wissen über die Zusammenhänge und Auswirkungen solcher Abkommen. Sie lesen keine alternativen Studien und nicken am Ende ab, was die Parteizentralen vorgeben.…
Es wäre demnach angebracht eine maximale Transparenz bezüglich den Verhandlungen anzustreben damit kein gesteuertes Handelssystem geschaffen werden kann, bei dem Konzerninteressen an erster Stelle stehen!
Die Realität sieht aber leider anders aus:
1.) Verhandlungsführer für die EU ist die EU-Kommission. Das Abkommen wird am Ende des intransparenten Prozesses von EU-Parlament abgestimmt und von den nationalen Parlamenten ratifiziert (abgenickt).
2.) Das USTR legt seine Handelsposition selbst gegenüber den Mitgliedern des US-Kongresses nur zögerlich offen … (somit sollten die Teilnehmer an diesen Handelsverhandlungen eigentlich gewarnt sein, dass sich die USA einer Verhinderung von Transparenz verschrieben haben).
Fragen, welche sich auf die unterschiedlichen Auffassungen bezüglich der Liberalisierung, kultureller, sozialer und ökologischer Standards beziehen, sollten daher VOR Verhandlungsbeginn EIGENTLICH vom Tisch sein, denn Amerikas Verhandlungsführer „machen keine Gefangenen“.
Aber genau das weiß auch die deutsche Bundeskanzlerin! Und vielleicht war es auch der Grund warum sie auch einst über ein Freihandelsabkommen mit China nachdachte / nachdenkt(?):
„Merkel für europäisches Freihandelsabkommen mit Japan“ -
Quelle: Stern 10. Mai 2011
Und die EU zudem über ein Feinhandelsabkommen mit China nachdachte (zumal die Schweiz bereits ein solches mit China beschlossen hat):
„EU will bessere Handelsbeziehungen zu China“
China und die Europäische Union, die beiden weltgrößten Wirtschaftsmärkte, wollen den Weg zu einem Freihandelsabkommen ebnen. Bei dem Abkommen sollen nahezu alle Hürden im Güterverkehr beseitigt werden. -
Quelle: Handelsblatt 18.09.2013
Vielleicht dachten. sowohl die deutsche Bundeskanzlerin, als auch die EU-Kommissare darüber nach, ob die Vereinten Nationen von Amerika ZUVERLÄSSIGE Vertragspartner seien bzw., ob auch noch andere Optionen bezüglich eines Freihandelsabkommen sowohl für die EU als auch für Deutschland möglich sei!?
Fazit:
Ein Freihandelsabkommen, welches auf einen intransparenten und auf einen undemokratischen Verhandlungsprozess basiert, ist vielleicht einem gesteuerten Handelssystem zuträglich, bei dem Interessen der Großkonzerne (= „global player“) im Vordergrund stehen. Allerdings wird der einzelne Bürger hieraus KEINEN Nutzen ziehen können!