Klettersteige, allein oder nicht?
Lieber Pinot!
Wenn Du Dich unsicher fühlst, ist es auf jeden Fall besser, wenn Du Dich mit jemandem zusammen tust, der ebenfalls schon eine gewisse Erfahrung im Klettersteiggehen hat.
ICH selber betrachte das Klettersteiggehen jedoch gerade dann als gute Alternative, wenn ich einmal keinen Kletterpartner* zur Hand habe und trotzdem allein etwas unternehmen will.
Ob allein oder zu mehreren, wichtig ist, dass man seine mentalen und konditionellen Fähigkeiten sicher einschätzen kann, weil die Ausgesetztheit sehr gross sein kann, ein Wetterumschwung auf die Stimmung drücken und die Verhältnisse massiv erschweren kann und weil ein Rückzug häufig schwierig oder sogar unmöglich ist (eine "Seilbahn" z.B. kann normalerweise nicht umgekehrt benützt werden).
Ich gebe zu, dass ich manchmal auch "Experimente" wage, die ich nicht so ohne weiteres zur Nachahmung empfehle. Aber in so einem Fall sehe ich mich vor und rüste mich entsprechend aus, so beispielsweise vor ein paar Jahren einmal am Tälli-Klettersteig bei Gadmen (Meiringen - Sustenpassstrasse), und zwar Anfang Oktober (wenn die Tage nicht mehr so lang sind!) und nach einem ersten frühherbstlichen Schneefall in den Bergen. Auf den Bändern des Steigs lag bis zu einem Meter Neuschnee und das Sicherungsseil musste abschnittsweise richtiggehend ausgegraben werden. Gelungen ist diese Durchsteigung allerdings nur, weil ich mich mit einem anderen Paar, das zufällig auch unterwegs war, zu einer richtigen alpinen 3-er-Seilschaft zusammengeschlossen habe. Wieder zurück bei der Hütte, meinte der Hüttenwart nur, wir wären demnach die ersten, die den Steig seit dem Schneefall wieder durchstiegen hätten. Aber eben: Sowohl ich wie auch das andere Paar hatten je ein Seil und anderes Sicherungsmaterial dabei!
Grundsätzlich fände ich es gut, wenn das Klettersteiggehen nicht einfach als Wandern in der Vertikalen betrachtet würde, sondern - wie der Name schon sagt - als eine besondere Form des Kletterns! Und aus diesem Blickwinkel wäre es sicher auch nicht schlecht, sich in einer Alpinschule eine grundlegende Kletter- und Alpintechnik anzueignen. Das macht übrigens sehr viel Spass, stärkt das Selbstvertrauen, man lernt neue Leute kennen und vielleicht auch gleich ein neues Gebiet, in dem man seinen Sport ausüben kann.
Martin,
der gratwanderer
• selbstverständlich darf es immer auch gern eine Kletterpartnerin sein
Tällistock bei Gadmen (Meiringen), durch den ein Klettersteig führt
Im Tälli-Klettersteig - Blick Richtung Wetterhorn/Grindelwald
- Anfang Oktober, nach erstem Schneefall Ende September
Oben, nach dem Tälli-Klettersteig. Blick Richtung Jochpass / Titlis. Man beachte den Schnee, der vor ein paar Tagen gefallen ist!