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100 Jahre Rundfunk

****42 Mann
4.587 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
100 Jahre Rundfunk
Vor hundert Jahren, 1923, startete der Rundfunk in Deutschland (in Norwegen übrigens ein Jahr später) in Berlin im Vox-Haus. Seit dem hat der Rundfunk glänzende und ganz dunkle Zeiten hinter sich gebracht, um in diesem Jahrtausend von Streamingangeboten attackiert zu werden. Trotzdem ist der Rundfunk ein ständiger Begleiter der meisten Menschen. Früher versammelten sich die Menschen vor dem einzigen Empfänger des Nachbarn um Sportübertragungen, Hörspiele und politische Ereignisse zu verfolgen, heute unterhält er meistens als Hintergrundberieselung.

Die Wichtigkeit des Rundfunks wurde auf der 7. Funkausstellung in Berlin durch eine Rede von Albert Einstein unterstrichen. Er hat ihn damals unabdingbar als Grundlage für eine demokratische Entwicklung und Meinungsfreiheit gesehen, was drei Jahre später genau das Gegenteil werden sollte. Das dritte Reich machte aus dem Rundfunk das, was er bis zum Ende des kalten Krieges sein sollte. Neben Unterhaltung primär ein Propagandainstrument. Auf beiden Seiten des eisernen Vorhanges.

Was fällt euch zu dem Thema ein? Habt ihr (noch) eine Affinität zum Rundfunk (mehr als nur das Berieseln in heavy rotation mit abgedroschenen Hits)?
****42 Mann
4.587 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Zu Beginn noch etwas technisches. Der Stereorundfunk ist seit Jahrzehnten eine Selbstverständlichkeit. In Deutschland seit 1963. Erfunden wurde der Stereoton als Feature der Schallplatte schon 1931. Vom britischen Ingenieur Alan Blumlein, den kaum jemand kennt. Erst 1957 trat die Stereoschallplatte mit ihrer monokompatiblen Flankenschrift ihren Siegeszug an, die den Rundfunkbetrieb schon 6 Jahre später revolutionieren sollte.

Die Briten ehren diesen Mann, wie so oft, in aller Stille, aber nicht unbemerkt.
*******enig Mann
8.382 Beiträge
Ich halte unser altes Eumig Radio in Ehren, Baujahr 1933, mit V445 Kraftverstärkerröhren für eine Ausgangsleistung von ca. 6 Watt in Gegentakt B, das mein Großvater in diesem Jahr angeschafft haben dürfte. Meine damals 18 jährige Mutter hat mit diesem Apparat die Übertragung des Staatsvertrags beim Bügeln angehört (15.5.1955). Obwohl ich das Radio für viel Geld in den 1990er Jahren überholen habe lassen, ist es heute leider nicht mehr betriebsfähig. Außerdem könnte man eh nichts mehr hören, denn die allermeisten Mittelwellensender sind inzwischen ja tot. Aber das Gerät sieht wunderschön aus, Walnuss Holzgehäuse, Bouclé Stoff für die Lautsprecherabdeckung und kupferne Abschirmbecher für die Röhren.

Was mir sonst noch zum Thema Radio einfällt: ich hatte vor etwa 45 Jahren auf unserem Dachboden ein großes Foto gefunden, auf dem meine Großmutter, die Lehrerin war, zusammen mit dem restlichen Lehrkörper rund um das vermutlich erste Radiogerät, das es im Ort gab, versammelt war. Im Lehrerzimmer unserer Volksschule. Am 25.3.1925 war das, wie auf dem zufällig mitfotografierten Kalender zu lesen ist. Dieses Foto habe ich in einem Anfall von Idiotie irgendwann verschlampt und suche es seit mindestens 40 Jahren.
****42 Mann
4.587 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Ich selbst bin aktiver Radiohörer, Hörspielliebhaber und eben auch ein Techniknerd. Meine Großeltern hatten ein Radio des DDR-Herstellers Sternradio Rochlitz Baujahr 1961, mit dem Design der Hellerau Möbel aus Dresden. Eher ein seltenes Design dieser Zeit. Durch Zufall habe ich genau diesen Typ während der Pandemiezeit bei EBay in Deutschland entdeckt, gekauft und bei einem Besuch abgeholt. Danach habe ich das Teil restauriert. Es ist funktionsfähig weil es auch UKW kann.

@*******enig Dein Gerät ist ein wahres Schmuckstück. Es ist wirklich schade, dass Mittelwelle und Langwelle fast komplett tot sind. Das macht solche Radios stumm. Obwohl z.B. BBC 5 live auch immer noch sendet. Man muss sich nur eine entsprechende Antenne bauen und draußen anbringen. Die oft eingebauten Ferrit-Antennen reichen dafür selten aus.

Wie hier an anderer Stelle schon geschrieben habe, liebe ich die Hörspiele aus den 50er/60er Jahren. Bastian Pastewka betreibt einen Krimi-Podcast und holt solche alten Hörspielschätzchen aus der Versenkung. Das lässt das Radiofeeling von damals etwas wiederaufleben.
Diese Informationen reichen aus um das Gerät zu reparieren. Dort steht alles drin. Arbeitspunkte, Bauteile etc. Bei heutiger Technik undenkbar.
****42 Mann
4.587 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Ich habe von meinen Eltern noch drei Episoden im Hinterkopf, die mit dem Radio verbunden sind. 1968 waren meine Eltern in Špindlerův Mlýn im Riesengebirge in Urlaub. Mein Vater war auch schon immer ein aktiver Radiohörer, hatte also ein Kofferradio dabei und hat darüber vom Einmarsch der Russen in Prag erfahren. Das Radio hat eine Flucht aus dem Urlaub veranlasst, die gerade noch rechtzeitig war bevor die Grenzen zwischen Tschechien damals ČSSR und der DDR geschlossen wurde. Die Rückfahrt muss sehr abenteuerlich auf Nebenstraßen gewesen sein. Das Radio war damals permanent an um einen Lagebericht zu haben, der meistens aus Österreich bzw. der Bundesrepublik empfangen wurde. Auf Mittelwelle.

Die zweite Episode war 1973 der Tod Walter Ulbrichts, der meine Eltern auch im Urlaub erreichte. Die erste Reaktion meines Vaters ... endlich! Eine Hassfigur war endlich verstorben. Besser ist es nur kurz in der DDR geworden.

Die dritte ist 28.4.1986, als der Hessische Rundfunk (den hörten meine Eltern aufgrund der geografischen Nähe zu Thüringen meistens) die Meldung des Südwestfunks über erhöhte Strahlungswerte und die Vermutung eines Reaktorunfalls in der Sowjetunion ausstrahlte. Die Menschen in der DDR hörten und sahen mehrheitlich westlichen Rund- und Fernsehfunk. Die erste offizielle Meldung der DDR-Medien kam erst einen Tag später.

Ich selbst kann mich an eine kurze Mitteilung des RIAS 1990 erinnern. In der wurde das The Wall Konzert von Roger Waters auf dem Potsdamer Platz in Berlin angekündigt. Das Gefühl bei dieser Mitteilung kann ich bis heute noch spüren. KARTE WOHER? ICH MUSS DAHIN, MIT WEM? Mein Onkel, der mich damals mitgenommen hat, hat sie besorgt. Ich war mit 14 noch zu jung für solche Deals. Das war aufregend. Deshalb u.a. habe ich die Karte auch noch.
*******enig Mann
8.382 Beiträge
Radioerlebnisse habe ich auch einige.

Eines davon war am Montagmorgen, den 5.6.1989. Ich arbeitete zu dieser Zeit seit einigen Monaten in Deutschland und war auf dem Weg von Wien nach Wuppertal. Auf der A7 fuhr man an der damals noch quicklebendigen DDR vorbei, wo ich mich natürlich auf der Welle der DDR über die neuesten Ereignisse informierte. Eine dieser typisch langweiligen DDR Ansagestimmen kündigte eine Stellungnahme des Genossen Krenz zu diesen unverschämten konterrevolutionären Unruhen am Tian amen Platz an, die dank des beherzten Eingreifens der brüderlichen kommunistischen Partei Chinas endlich ruhiggestellt werden konnten. Ich dachte mir nur "aha, so kann man das also auch verkünden..."

Von dem missglückten Schwarzfalltest im KKW Lenin, das später unter dem Namen "Tschernobyl" traurige Berühmtheit erlangen sollte, hat man hierzulande übrigens noch nicht so schnell gehört. Die Schweden waren da schneller und bei denen hat es auch etwas länger gedauert, soweit ich weiß (eigentlich müsste ich jetzt Tante Google befragen), ich war damals schon in Österreich auf meinem nächsten Kraftwerks-Job, aber ich hatte noch Verbindungen zu einem Kollegen aus Gundremmingen C, dem Kernkraftwerk, wo ich noch bis Ende 1984 gearbeitet hatte. Der erzählte mir, dass die Augen der Kontrollwarten-Fahrer immer größer wurden, als die Werte vom Umweltmessturm immer höher und höher stiegen und sich niemand erklären konnte, was eigentlich los ist.

Und dann der Abend des 16.1.1991. Wie ich am nächsten Tag aus der Bildzeitung entnehmen konnte, hatte an diesem Tag mein Cousin gerade eine gewisse Desiree N. geheiratet und ich saß in der Garage und hörte noch BFBS, den britischen Soldatensender, der damals vor allem in NRW gerne gehört wurde. Der Moderator sagte am Schluss seiner Sendung nur "I wish you a safe, safe night" und jeder wusste, was gemeint war. Am nächsten Tag ging der erste Golfkrieg los.
****42 Mann
4.587 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Der Moderator sagte am Schluss seiner Sendung nur "I wish you a safe, safe night" und jeder wusste, was gemeint war. Am nächsten Tag ging der erste Golfkrieg los.

Das ist echt gruselig, wenn man sich das so im Nachhinein durch den Kopf gehen lässt.
****42 Mann
4.587 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Für interessierte Hörer hier der Link zu den alten Rundfunk-Krimihörspielen mit der Moderation und Hintergrundinformationen von Bastian Pastewka.

https://www.ardaudiothek.de/sendung/kein-mucks-der-krimi-podcast-mit-bastian-pastewka/77021218/
****42 Mann
4.587 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Ich frage mal in die Runde. Welche Rolle spielt das Radio für euch heute? Hat es überhaupt noch einen Stellenwert und wenn ja welchen?
****era Frau
2.415 Beiträge
Zu Hause höre ich so gut wie nie Radio. Beim betreten der Toilette kann jeder Gast selbst entscheiden, ob er das WC Radio anstellt. Wenn viele Gäste hier sind, stelle ich es selbst an, damit niemand in Schwulitäten kommt.

Bei Alleinfahrten im Auto steht das Autoradio schon wg. der Verkehrsnachrichten mindestens auf Stand By. Eine noch geringere Rolle als das Radio spielt bei mir nur der Fernseher.
*******sima Frau
2.437 Beiträge
Ich höre gerne Radio - immer im Auto und meist in der Küche. Fest eingestellt ist dabei das zweite Programm des SWR, ersatzweise der Deutschlandfunk, also die sogenannten "Kultur-Radiosender". Im Auto ist bei längeren Strecken natürlich der Verkehrsfunk mit eingestellt, und ich ärgere mich dort jedes Mal tierisch über die dreist-joviale Ansprache, die die Moderatoren sich dort erlauben, wenn sie die HörerInnen unverfroren Duzen und sich in einem für meine Begriffe übertrieben, pseudo-gutgelaunten Habitus gebärden. Ich finde das unangebracht und übergriffig und "total drüber".Und ich hasse es, dass dadurch meist die Nachrichten zur vollen Stunde meines eingestellten Senders unterbrochen werden...
Aber ich liebe z.B. die gut recherchierten Sendungen "Radio Wissen" (den ehemaligen Schulfunk) und Pretiosen wie die "SWR2 Musikstunde", und dass bei klassischen Musiksendungen dort noch ganze Stücke komplett gespielt werden, und nicht nur in Häppchenform lediglich einzelne Sätze von Kompositionen.
Insgesamt bin ich sehr froh, dass wir in Deutschland immer noch die offentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ohne, bzw. mit nur vergleichsweise wenig, Werbung haben, und zur weiteren Aufrechterhaltung ihres aktuell bestehenden hohen Sendungsstandards bezahle ich gerne auch einen monatlichen Beitrag.
****42 Mann
4.587 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Mich begleitet das Radio immer Auto. Der Verkehrsfunk spielt bei mir keine Rolle mehr, was das mein Navi übernimmt. Ich höre sehr gerne Sender mit viel Wortanteil und Sender mit guter Rockmusik. BBC 1-5 über Internet, The Arrow, 1250, NRK P1 Vestfold, Scandi Radioen, Radio Rock * Oslo. In Deutschland Rockantenne Bayern, Fritz, DLF, DLF nova und Radio HSF (Hochschulfunk der TU Ilmenau).

Die "Billig"Sender mit Chartsgedudel in heavy rotation, gespielter Fröhlichkeit, primitiven Gewinnspielen und 4-Punkte-Modulen für die Ansagen fallen bei mir genauso durch wie bei @*******sima. Ich mag das Format Zeitansage zur vollen Stunde + Nachrichten und das gesprochene Wort, welches länger ist als 1:30, der angeblichen maximalen Aufmerksamkeitsdauer des Zuhörers.

Zum Sender 1250 muss ich noch was sagen. 1250 war ein britischer independet Sender (früher Piratensender).Mitter der 90er war ich oft in Südengland und im Norden Frankreichs unterwegs. Dort war Radio 1250 auf Mittelwelle 1250MHz (deshalb der Name) zu empfangen. Dort kam immer richtig guter, neuer Rock. Immer an der aktuellen Szene, nicht den Charts, dran. 1250 ist verantwortlich dafür, dass ich Fan von R.E.M. geworden bin. Heute sendet der Sender nicht mehr terrestrisch, sondern läuft als Internetradio und ist immer noch gut.
*******enig Mann
8.382 Beiträge
Die Wellen sind aber etwas langsamer: nicht Megahertz, sondern kHz, also Kilohertz... *zwinker*
*******enig Mann
8.382 Beiträge
Ach ja, und ich höre ausschließlich den DLF, also Deutschlandfunk und im Internet auf Youtube den Deutschlandsender. Leider wurde der Verkehrsfunk im DLF abgestellt, aber es sind ohnehin immer dieselben Staus und im Zweifel kann ich ja noch die Empfehlungen meines Navigationssystems ignorieren. Und ich zahle natürlich meine Rundfunkgebühren und glaube, dass sie sinnvoll verschwendet werden. *zwinker*
****42 Mann
4.587 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Zitat von *******enig:
Die Wellen sind aber etwas langsamer: nicht Megahertz, sondern kHz, also Kilohertz... ;)

Stimmt natürlich. Danke
*****021 Frau
1.081 Beiträge
Ich höre tagsüber vorwiegend im Auto Radio, eigentlich ausschließlich DLF. Wobei mir leider auch dieser Sender mittlerweile auf die Nerven geht mit seiner ausgeprägten „Political correctniss“ und dem Gendern, sehr viele Beiträge stammen nur aus einer Weltsicht und sind leider nicht gut recherchiert. Ich habe das Gefühl, dass ich erzogen werden soll…wobei ich nicht falsch verstanden werden möchte: Es sind keine Lügen, die da aufgetischt werden, es werden nur viele Fakten, die nicht in das Weltbild der Redakteure passen, ausgeblendet.
Das ist auch noch keine Propaganda, hat aber eine Tendenz dahin.

Aber die laut-fröhlichen Plappersender, womöglich noch mit Werbung, ertrage ich erst recht nicht.

Musik hingegen höre ich fast nur noch bei einem bekannten Streamingdienst, den ich früher ablehnte. Aber die werbefreie Musikauswahl auch bei Jazz und Klassik ist einfach gigantisch!
****42 Mann
4.587 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Es ist heute tatsächlich schwierig für Redakteure geworden im Live-Radio Beiträge zu platzieren. Die angeblichen Hörgewohnheiten der Menschen stimmen nicht mit den wirklichen Erwartungen überein. Die Berater der Sender und Sprecher gehen davon aus, dass der Hörer nicht zuhören WILL. Das ist u.a. der Grund, dass viele Redakteure in das Podcast-Format flüchten. Die riesige Akzeptanz von Podcast straft diese Berater Lügen. In Ländern wie Frankreich und England, auch hier in Norwegen, ist der prozentuale Anteil von Wortbeiträgen und auch deren Länge um Größenordnungen größer als im deutschen Rundfunkt. Seltsam, wie "plattberaten" die Sender in Deutschland werden.

Der DLF, der im seinem Gendern wirklich auffällig ist, ist ein Sender, der in großen Teilen die Meinung der Regierung wiedergibt. Das ist wirklich richtig. Allerdings in vergleichsweise gute recherchierter Form. Durchaus seriös, aber bisweilen belehrend. Da gebe ich @*****021 recht. Öffentlich rechtlicher Rundfunk ist aber in den meisten Ländern immer noch die beste Wahl der Information. Private Sender sehen meist überhaupt keinen Informationsauftrag in diesem Medium mehr. Sie sind billigste Unterhaltung. Oft nur noch Untermalung von Werbeeinspielungen, ohne erwähnenswerte Moderation.
Bei der BBC sind es oft die Nacht- und Abendstunden die richtig gute Sendungen bereithalten. Als progressive Rocker werde ich sowohl bei Musik, als auch bei entsprechenden Reportagen und Hintergrundberichten fündig. Genauso wie bei politischen Sendungen.
Ja ... und natürlich bei Hörspielen, die ich tatsächlich am liebsten aus dem Radio höre. Ohne dass man vorspulen oder anhalten kann. Man muss zuhören, sich konzentrieren, dabei sein. Eine Möglichkeit das Multitasking der modernen Welt für eine gewisse Zeit auszublenden. Wie bei einem Kinobesuch.
*******enig Mann
8.382 Beiträge
Sorry, ich kann mir weder vorstellen, dass es Berater der Sender gibt und schon gar nicht, dass die Sender diesen zuhören würden. Die politische Tendenz des DLF ist eher links, was ich persönlich mir noch am ehesten durch die auch räumliche Nähe zum westdeutschen Rotfunk erklären kann. Ist mir aber egal. Die redaktionellen Fehler sind mir nicht egal, etwa wenn der Hamburger Bürgermeister immer wieder "Tschentschner" statt "Tschentscher" genannt wird oder physikalische Größenordnungen falsch angegeben werden, weil niemand da war um es zu korrigieren, bevor es auf Sendung geht. Natürlich muss dabei jeder Sender gegen die Mutter aller Radioanstalten, den britischen Broadcastingservice BBC verlieren. Aber das inzwischen klassische Zitat vom FDP Dressman L. will ich hier nicht gelten lassen: es ist nämlich nicht besser gar keine Politik zu senden, statt eine schlechte Politik (also mit gelegentlichen Fehlern, im Falle des Rundfunks schlecht recherchiert). Der DLF steht bei mir deshalb oben, weil er noch das sendet, was man "Wortbeitrag" nennt: ein echter Mensch spricht länger als 90 Sekunden in ein Mikrofon und andere echte Menschen hören ihm oder ihr zu. Und das nicht sendet, was mich seit mindestens 50 Jahren nervt: Werbung, insbesondere schlecht gemachte Werbung. Und das Dschändern geht mir am Arsch vorbei. Solange das für die Leute von Relevanz ist, weiß ich, dass ich im Schlaraffenland leben darf.
****42 Mann
4.587 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Doch es gibt Berater, die Moderatoren beraten. Es gibt dazu sogar einen Podcast der das thematisiert, wie die Sender in den späten 90er und Anfang der 200er mit einer Art Einheitsmoderation versehen worden.
*******enig Mann
8.382 Beiträge
Gut, das nehmen wir jetzt einfach mal als Ärgernis zur Kenntnis, damit ihr aber den Groll eines inzwischen 61 Jahre alten Mannes besser verstehen könnt, will ich euch einige Beispiele geben, auf was man früher geachtet hat, als Gerndern noch nicht so prominent in den Nachrichten vertreten war (könnte auch daran liegen, dass 1933 links und rechts überall Krieg war und die Leute nix zu fressen hatten oder sich 1983 vor Angst über die kommende atomare Apokalypse in die Hose gemacht haben):

Zum einen das von mir bereits erwähnte Eumig Radio von 1933. Das Gerät wurde vor über 90 Jahren gebaut (ein Werksstempel im Inneren ist auf April 33 datiert). Das Holzgehäuse wurde mit einem wunderbaren Walnusswurzelholz furniert, das immer noch eine noble Ausstrahlung hat, trotz jahrelanger Misshandlung durch einen zu feuchten Abstellplatz in einer unbeheizten Garage. Der Lautsprecher, eines der ersten elektrodynamischen Modelle (keine Sorge, ich habe auch noch einen elektromagnetischen Lautsprecher von Celestion im Lager), ist mit einem wunderbar altmodischen Bouclé Stoff abgedeckt, wie bei Omas Häkeldecke. Die Knöpfe sind aus einem haptisch ganz wunderbaren braunen Bakelit gefertigt, die Senderskala könnte heutzutage so niemals hergestellt werden, denn jeder Controller würde die blöden Inschinöre, denen nix zu schwör ist und die sich so eine Spielerein einfallen haben lassen, zum Teufel jagen. Diese Spielerei dürfte allein etwa 20-30 Schilling = 18-27 RM zum sicherlich hohen Gerätepreis von etwa 450 - 600 Schilling beigetragen haben. Mein Elektriker-Großvater hat zu dieser Zeit etwa 180 Schilling im Monat verdient (so ein Gerät kostete also mehrere Monatslöhne!). Dann die Rückseite, die stolz die Wundmale ihrer jahrelangen Vernachlässigung und Misshandlung zeigt und trotzdem noch immer Würde ausstrahlt. Röhren waren damals Standard, es sollte noch 15 Jahre dauern, bis Bratten, Bardeen und Shockley den Transistor erfanden (wofür sie zu Recht den Nobelpreis kassieren durften). Und die kupfernen Abschirmbecher. Welcher Finanz-Fuzzi (vulgo Controller, Prokurist oder eben CFO) würde heutzutage so etwas in der Produktion heute noch dulden? Das hat alles gefälligst billig zu sein, für Schönheit zahlt doch niemand mehr! Die meisten kennen heute noch die Schönheits-Konkurrenzen für klassische Autos, wie etwa Pebble Beach oder Villa d’Este, aber große Verwunderung macht sich breit, wenn man den Leuten erzählt, dass es in den 1930er Jahren tatsächlich Schönheitswettbewerbe für Motorräume gab! Wer würde sich heutzutage für die Schönheit von etwas, nachdem man ohnehin nie schaut, ernsthaft interessieren? Genau, niemand!

Vor 41 Jahren wurde der Verstärker meiner Stereoanlage gebaut, ein Luxman LX33, den ich 1983 erworben habe und der nach frisch erfolgter Renovierung inzwischen wieder die Bibliothek erwärmt und mir die auf dem etwas später gebauten schottischen Plattendreher meine Langrillen zu Gehör bringt oder ganz konventionell eben CDs. Bild in der Anlage.

Ebenfalls aus dieser Zeit (1983) ist ein Tondokument angehängt, das in dieser Form heute sicherlich nicht mehr veröffentlicht werden könnte oder würde, nämlich den Track „Die Galeere“



von der Langspielplatte „Werwolf-Romantik“. Stefan Weber, ein Mittelschulprofessor, dem seine ständigen Deutsch-, Erdkunde- und Lateinstunden offenbar zu langweilig geworden waren, hatte anfangs der 1980er Jahre die Creme de la Creme der österreichischen Musikszene um sich herum versammelt und eine Anarcho-Combo erster Güte namens „Drahdiwaberl“ gegründet. Die Band hatte mehrere Superhits, die sogar tatsächlich ausgestrahlt wurden (und zwar im öffentlich-rechtlichen Rundfunk), wie z.B. „Sado-Maso“ und der auch heute noch bekannte Hit „Der Kommissar“, was den damaligen Bassisten und Sänger der Band namens Johannes Hölzl ermutigte, eine eigene Band unter seinem Rufnamen „Falco“ zu gründen. Schwarzgeld lag zu der Zeit noch in Liechtenstein und nicht in Panama. Und mit dem „Steuermann“ in diesem Polit-Rap ist übrigens der damalige österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky gemeint, der ein Ferienhaus auf Mallorca hatte. Der gute Mann stand mit vollem Namen und Adresse im Wiener Telefonbuch und wurde trotzdem nie mitten in der Nacht von wütenden Bürgern angerufen. Für seinen Personenschutz stand eine Telefonzelle vor dem Haus, wo ein einsamer Polizist seinen Dienst versah. Ich habe mir das mit eigenen Augen angesehen, denn selbstverständlich hat es mich interessiert wie mein (damaliger) Bundeskanzler so wohnt. Und ja, das war vor 40 Jahren tatsächlich noch möglich.

Ich könnte mir denken, dass eine Frau Merkel oder ein Herr Scholz heutzutage nicht mehr im Telefonbuch zu finden sind und schon gar nicht mit voller Wohnadresse. Obwohl die meisten Menschen heute gar kein Telefonbuch mehr haben oder vielleicht einfach nicht wissen, wie so etwas überhaupt aussieht. Man könnte vielleicht auch sagen, dass die Manieren schlechter geworden sind in den letzten 40 Jahren. Ganz sicher schlechter geworden ist der Service all jener Firmen, die unter dem Begriff „Dienstleistungssektor“ zusammengefasst werden, wie etwa Versicherungen und Banken. Dort bekommt man heutzutage bestenfalls eine digitale Assistentin zu hören und falls das eigene Anliegen nicht zu den Auswahlmöglichkeiten 1, 2, 3 oder 4 passen sollte, hat man eben Pech gehabt.

*g*
Frontansicht Eumig-Radio von 1933
Rückseite Eumig-Radio
Stereoanlage
****42 Mann
4.587 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Rundfunkwerbung
Elli Heuss-Knapp, die Frau des späteren Bundespräsidenten Theodor Heuss, gilt als die Erfinderin der Radiowerbung, insbesondere des Radio-Jingles. Sie hat sich diese Idee sogar patentieren lassen. Die Idee entstand letztendlich aus der Not heraus, weil sie Auftrittsverbot für ihre politische Vorträge und ihr Mann Berufsverbot durch die Nazis erhalten hatte.

Bis zu dieser Erfindung bestand Werbung im Rundfunk nur aus dem Vorlesen von Werbeanzeigen. Mit dem Jingle war das akustische Markenzeichen erfunden. Dieses wird bis heute ganz besonders von der Automobilindustrie gepflegt. Auch in der TV-Werbung. Ab dann wurden Werbeeinspielungen auf Schallplatte gepresst und damit beliebig oft reproduzierbar. Für die Industrie ein Segen, für den Hörer alsbald eine nervige Begleiterscheinung.

Während des dritten Reiches wurde dann ein Werbeverbot im Rundfunk durchgesetzt. Es durften nur noch Radiogeräte beworben werden. Das Radio war zum Propagandainstrument geworden.
*******enig Mann
8.382 Beiträge
Tja Leute, und heute ist es also soweit: das Radio feiert heute seinen 100. Geburtstag. Am 29.10.1923 wurde in Deutschland der Rundfunkbetrieb mit einer Ausstrahlung aus dem Vox Haus in Berlin begonnen. Die Musik kam nicht vom Band oder aus dem Netz, sondern wurde von lebenden Menschen live zur Sendung gemacht, weshalb das zugehörige RSO Berlin heute ebenfalls seinen 100. Geburtstag feiert. Wäre ich nicht seit neuestem wieder Abonnent der Granseer Zeitung, unserer örtlichen Tageszeitung, wäre dies an mir unbemerkt vorbei gegangen.

Bis zum 100. Geburtstag des Mobiltelefons wird es übrigens auch nicht mehr lange dauern: 1926 hat die Deutsche Reichsbahn auf der Strecke Berlin-Hamburg das erste Zugtelefon eröffnet. Eine 3 minütige Verbindung kostete sehr teure 4 RM, was damals etwa einem durchschnittlichen Tageslohn entsprach.

Wünsche allseits einen schönen Sonntag! *g*
****42 Mann
4.587 Beiträge
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