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Adventsgeschichten

****08 Paar
3.317 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
Adventsgeschichten
Zürich. Es ist Dezember, drei Uhr dreiunddreissig am Morgen, es ist der erste Advent. José, 38, mit Gemütsbauch und Bärtchen, sitzt in seinem Taxi. Er wartet. Und während Rihanna im Radio das Weihnachtsfest ohne ihren Liebsten bewimmert, erinnert sich José an sein letztes Mal «Haut an Haut» mit Marie.


«I can hear the music playing, See the lights upon the tree, I can feel the joy in every soul, But for me its incomplete, And I try my best to play the part, But no matter what I do, No it just don’t feel like Christmas, without you.»

Mit Rihanna kann José nichts anfangen. Die würde ja auch nichts mit ihm anfangen, denkt er. Aber das ist José egal. Er denkt sowieso nur an Marie.

Seine Marie, die er vor mehr als sieben Jahren am Limmatquai hat einsteigen lassen in sein Leben. Es war eine seiner ersten Taxi-Fahrten. Marie, also Mariechen, stand abends so da, mit einem langen, blauen Kleid. Sie rauchte Mary Long und weinte. Weil aus dem Freund plötzlich ein Feind geworden war, sogar mit Flüchen, mit Fäusten. Also hat José sie mitgenommen. Und da sie selbst nicht wusste, wohin mit sich, fuhr er sie kurzerhand zu sich nach Hause. Da ist sie dann geblieben, bis vergangene Weihnacht.

Wenn er an sie denkt, riecht er sie noch immer.

Sie roch ganz furchtbar gut, am allerbesten hinter den Ohren. Da roch es nach Maiglöckchen, das ganze Jahr durch. Gäbe es ein Duftbäumchen davon, José würde es sich sofort ins Taxi hängen. Als Ablenkung von dem, was jetzt von den Rücksitzen nach vorne und in Josés Nase dringt: eine Mischung aus teurem Aftershave, abgestandenem Zigarettenrauch und zwei, drei Tropfen Trostlosigkeit. Gut durchmischt mit Testosteron. Der Mann zu dieser Mischung heisst Mark. So hat er sich vorgestellt.

Mark kommt gerade von einem Weihnachtsessen mit seinem Geschäft. Er hat von da auch was mitgenommen: Sofie. Die Praktikantin in der Kommunikationsbude, wie José erfährt. Und die beiden wollen noch in einen Club, «weil die Nacht doch noch jung sei und yolo». - «Yolo?», fragt José. «You only live once», erklärt Sofie. Man lebe nur einmal. Jedenfalls erzählen sie dem Taxifahrer unaufgefordert Anekdoten vom Abend. Mark reitet dabei die seltsame Vorstellung, dass gerade Trauriges witzig sein kann: «Der Chef-Chef, müssen Sie wissen, der hatte am Schluss ganz schön einen sitzen. Und dann hat der doch prompt dem Martin, also dem Buchhaltungs-Martin, gesagt, dass er doch so gut im Rechnen sei. Und dass er doch schon mal einkalkulieren soll, so fürs neue Jahr, keinen Job mehr zu haben. Weil er allen dermassen auf den Sack gehe.« Sofie findet das Traurige nicht lustig: «Es ist grausam, jemandem so kurz vor den Feiertagen mit der Kündigung zu drohen.»

José betrachtet Sofie im Rückspiegel und findet, sie sieht jetzt aus wie ein Engel.

Ein Engel, der schützend seine Flügel ausbreitet über diesem Martin. Mark stört sich am Gefieder. Er hätte mit der Praktikantin gerne etwas ums Höllenfeuer getanzt. Aber die redet jetzt weiter von Weihnachten und dass es beim Fest doch genau darum gehe, denen die Hand zu reichen und Liebe zu zeigen, mit denen wir es schwer finden, gut auszukommen. «Herrgott, zitierst du jetzt etwa aus der Bibel?», spottet Mark. Er verdreht die Augen. Dann aber nimmt er das Wort Liebe selber in den Mund, kaut darauf rum und formt eine Blase: «Liebe also. Davon hab ich eine ganze Menge in mir. Wenn du willst, teile ich sie heute mit dir.»

Als die beiden schliesslich aussteigen, ist die Blase zerplatzt. Tanzen gehen sie trotzdem. Weil «yolo» und so. Aber noch zanken sie sich auf der Strasse.

Und José fährt weiter. Er denkt wieder an Marie und daran, wie das Ende ihrer Beziehung begonnen hatte...

Der zweite Teil unserer Adventsgeschichte folgt am nächsten Sonntag, dem zweiten Advent.
hallole
*danke* für die wunderbare tolle adventsgeschichte *haumichwech* *bravo* *zugabe* *danke*


lg streetman
****08 Paar
3.317 Beiträge
Themenersteller Gruppen-Mod 
2. Teil
Zürich. Es ist Dezember, zwei Uhr zweiundzwanzig am Morgen, es ist der zweite Advent. José sitzt erneut in seinem Taxi und wartet. Er wartet auf irgendjemanden, der irgendwo hin will. Und während Mariah Carey im Radio bescheidene Weihnachtswünsche besingt, erinnert sich José an die materiellen Gelüste seiner Ex-Freundin, der Marie.



«I don't want a lot for Christmas.
There is just one thing I need.
And I don't care about the presents
Underneath the Christmas tree.
I just want you for my own
More than you could ever know.»



Dass die Carey wohl ein ganz langes Gesicht machen würde, läge da nur der Schatz unter dem Christbaum, steht für José ausser Frage. Auch wenn er wenig über die Sängerin weiss. Aber den Wunsch nach mehr, den kennt er halt auch – nicht von Mariah persönlich, aber von seiner Marie, dem Mariechen.

Das Ende ihrer Beziehung hatte damit begonnen, dass Marie eines Sonntagmorgens in Panik geriet. Sie überkam die seltsame Angst, dass im Falle eines Brandes nichts der Versicherung zu melden wäre, was Wert hatte. Was eben Wert hatte für andere. Und das erwarte man doch von einem Paar Mitte dreissig, sagte sie ihm, dass da in der gemeinsamen vier Wänden etwas herumstehe, dem dann abzulesen sei, sogar mit Kaufquittung und so, dass man im Fall schon auch was geschafft habe, bislang. Zumal sich was angeschafft. José hat das nicht verstanden. Aus Dingen machte er sich nichts. Er kaufte seiner Marie trotzdem etwas. Er kaufte ihr Blumen.

Tags drauf kaufte Mariechen den Designertisch für unter die Blumen. Sie kaufte noch ein paar weitere Möbel, kaufte Ohrringe, Kleider. Das gemeinsame Konto war rasch überzogen – zufriedener aber wurde sie nicht.

Dass Mariah Carey gerade jetzt lügt, in so schönen Tönen, findet José daneben.

Aber seiner Kundin gefällt's. Die hat soeben Platz genommen, auf dem Beifahrersitz, und bittet ihn, das Lied lauter zu stellen. Das tut er, natürlich. Und dann redet sie trotzdem mit ihm. Ebenfalls lauter. Und sie redet über Weihnachten, wie es alle tun, jetzt im Dezember. Sie, die Laura, wohl Ende zwanzig, also die Laura muss noch ganz viele Geschenke einkaufen. Aber das sei doch ein Konsumterror. Und ob er sich denn nicht auch aufrege, über diesen Kaufzwang?

José sagt nichts, er drückt aufs Gaspedal – und auch Laura nimmt Fahrt auf. Sie redet sich jetzt in Rage, erzählt von einer Eleonor, die schon vor hundert Jahren dafür gekämpft habe, Weihnachten vom übermässigen Konsum zu befreien. Die habe so eine Gesellschaft gegründet: SPUG, die «Society for the Prevention of Useless Gift Giving», die «Gesellschaft zum Schutz vor unnützen Geschenken». Jedenfalls habe sich Eleonor darüber aufgeregt, dass wir das Schönste, was wir kennen, kommerzialisiert haben: das Geben. Die habe gefordert, dass man mehr von sich schenke. Mehr von sich selber. Nächstenliebe eben. Nicht all die Parfums und Pralinée und Fresskörbe und so.

Der Taxi-Fahrer betrachtet Laura mit einem Seitenblick. Dann denkt er an Marie und daran, dass er der nicht geben konnte, was sie gerne gehabt hätte, aus der Nächstenliebe raus.

Die Sache mit den Sachen, den vermeintlich wertvollen, war nämlich nur der Anfang...
hallole
*danke* für die tolle aufregende geschichte die einem das *herz* höher schlagen lässt... *top*

auch wenn die netten adventsgeschichten manchmal nicht ganz so erotisch sind, finde ich sie immer wieder ganz toll, schön und sehr aufregend... *bravo* *spitze*

freue mich jetzt schon ganz doll auf weitere schöne nette geschichten in teil 3 *freu2* *zugabe* *zugabe* *zugabe*


lg streetman *wink*
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