Natürlich hat Kataloniern erst mal nichts mit den anderen Brennpunkten der Welt zu tun. Und dann aber schon wieder. Nicht in der Sache aber in der Art und Weise.
Was läuft denn momentan überall ab?
Demagogen und Populisten suchen sich ein Reizthema, erklären komplizierte Zusammenhänge mit einfachen Antworten. Hauptsächlich läuft es darauf hinaus, dass immer die anderen schuld sind. In Katalonien ist es die "korrupte" Zentralregierung in Madrid, in Polen sind es die Deutschen, in Ungarn ist es die EU, in der Türkei wieder die Deutschen, in Großbritannien die EU und die Ausländer, in Österreich die Ausländer, in Deutschland die Immigranten, in den USA das "korrupte" Washington, die Mexikaner und natürlich die Deutschen mit ihren Handelsüberschüssen.
Die Politiker oder Interessensgruppen bieten dem "dummen" Volk eine einfache Lösung an: Unabhängigkeit, Ausländer raus, EU-Austritt, eine wunderschöne Mauer, die Mexiko bezahlen wird, usw. usw. ... alle Probleme sind gelöst. Die komplexen Folgen und Details erwähnt vorher keiner.
Glaubt jemand, dass sich heute Großbritannien nochmal so entscheiden würde? "Scheisse ... Fehler g´macht! Ich hätte doch wohl zum Referendum gehen sollen." oder "Das wird ja viel komplizierter als uns die Herren Boris Johnson und Nigel Farage vorgesagt haben." Der Johnson muss als Außenminister wenigsten noch an der Suppe mitlöffeln die er den Briten eingebrockt hat, der Farage hat sich gleich aus dem Staub gemacht.
Nehmen wir mal den unwahrscheinlichen Fall an, dass Katalonien wirklich gegen den Willen Madrids unabhängig würde: Als erstes fliegen die aus dem Euro und aus der EU. Die bräuchten eine eigene Währung, deren Wechselkurs in den Sternen stünde ... ich denke der würde erstmal gegen Null gehen. Welches Wirtschaftsunternehmen investiert in ein Land, wo nichts geregelt ist.
"Sofortiger EU-Beitritt Kataloniens!" ... Ist nicht Leute! Spanien würde alles blockieren wo es auf Einstimmigkeit der restlichen EU-Mitglieder ankommt, EU-Beitritt, Handelsverträge, Zollabkommen, offene Grenzen ... könnt ihr vergessen liebe Katalanen!
Die Grenze ist dicht ... EU-Außengrenze! Wenn es blöd läuft braucht man zum Verwandtenbesuch in Rest-Spanien ein Visum.
Da war er gewesen der Wohlstand und die gute Wirtschaftsleistung Kataloniens. Die Konzerne werden schnellstens die Fliege machen, nicht nur die internationalen, sondern gezwungenermaßen auch die nationalen, weil es sie sonst nicht mehr lange gibt.
Haben sich das Szenario die Separatisten überlegt? Sagen werden sie es ihren Anhängern kaum. Dagegen ist der BREXIT ein Sonntagsspaziergang, bei dem wollen sich alle Seiten wenigstens einigen und die kommen schon nicht weiter. Soviel zum Thema "Uns geht es alleine besser!" ... wobei da ja der Widerspruch an sich schon in dem einen Satz steckt (uns <=> alleine).
Sicher geht es in einer Gemeinschaft (Staaten, Regionen, Gemeinden, Familien) nicht immer absolut gerecht zu. Der eine nimmt sich mehr, ist nicht so sozial usw., aber letztendlich ist eine Gemeinschaft immer stärker. Aber manchmal fühlt man sich eben benachteiligt ob zurecht oder nicht.
Was ich aber an dieser Krise wirklich schlimm finde, das Verhalten der katalanischen Regierung ist gegen geltendes Recht. Wenn es sie nicht interessiert was die amtierende Zentralregierung sagt, ist das noch halbwegs in Ordnung. Aber wenn es nicht interessiert was die Verfassung und die Gerichte sagen, dann hört der Spaß auf. Wo soll so etwas enden?
Das kann nur in Anarchie enden und dieses Ende befürchte ich für Katalonien, wenn sich der Wind nicht bald dreht ... Sorry! Das wird nichts mit einem blühenden, eigenständigen Land! ... Dabei hoffe ich noch, dass ich nicht recht behalte und die Krise ein gutes Ende nimmt für Katalonien und für Spanien. Denn bei der Vorstellung was alles passieren könnte: Ich hasse es wenn ich recht habe.
"Das Volk" hat in einem demokratischen Rechtsstaat grundsätzlich die Möglichkeit sowohl Gesetze als auch die Verfassung zu ändern. Es ist halt kein einfacher Weg, aber es geht. Es braucht Zeit, Geduld, Kompromissbereitschaft ... aber wer hat das schon? Diesen Weg hat Mariano Rajoy ja auch angeboten und vorgeschlagen. Es wird wohl nicht mit der PP und Rajoy an der Macht gehen aber der/die haben auch ein Ablaufdatum.
Und hier spannt sich der Bogen wieder zu den anderen Gartenzwergen in Polen, Ungarn und der Türkei. Das Gericht entscheidet gegen sie, und es interessiert sie einfach nicht. Sie wechseln die unliebsamen Richter und Staatsanwälte einfach aus. Sie machen sich ihre Justiz, wie sie sie brauchen. Im eigenen Land ist das noch einfach. Urteile des Europäischen Gerichtshof werden nicht anerkannt, obwohl sich alle auf einen Standard beim Beitritt verpflichtet haben. Man verstösst somit gegen geltendes Recht.
In den USA ist das noch nicht so einfach, weil die Justiz dort (noch!) zu stark ist und das amerikanisch Volk sehr viel von der Verfassung hält.8 Jahre sind zu wenig um das entscheidend zu ändern. Aber man kann sicher sein, der Trampl würde das Recht sofort ändern, wenn er so einfach könnte, wir er wollte.
Zurück zu Katalonien und den Katalanen ... Denkt an das ehemalige Jugoslawien oder die Krim und die Ukraine oder wenn es nicht so schlimm werden sollte, nur an die IRA in Nordirland oder an die ETA im Baskenland. Ein paar Verrückte finden sich immer wieder und dann sterben Menschen. Sind die "paar Euro", die zuviel nach Madrid bezahlt wurden das wert?
... eher das kleinste Übel!
Solche Visionen verbreiten Populisten natürlich nicht, weil die Realität eben doch komplizierter ist und nicht mit dem Spruch "Unabhängigkeit für Katalonien" gelöst werden kann.
Wenn die Katalanen den Madrilenen schnell so richtig eins auswischen wollen, wäre es besser sie kaufen sich noch ein oder zwei vom Schlag eines Lionel Messi und werden spanischer Fußballmeister ... das tut den Madrilenen dann richtig weh. (Scherzl g'macht!)