Lebt man mit Tieren, lebt man mit Abschied...
Mein alter Wallach.... brandrot, verrückt, cholerisch, extrem... genial bis zum letzten Atemzug.. lebte mit anderen Pferden in einem Pferdeparadies und genoss seine letzten Jahre auf abgelegenen Bergweiden in der Fränkischen Schweiz.
Tausende von km haben wir zusammen zurückgelegt... ihn zu reiten ....so geliebt und vertraut, wie einen alten, bequemen Handschuh anziehen. Temperamentvoll und feurig, "durchgehend" fleißig bis zum letzten Atemzug und dabei...
ein verwunschener Prinz ....und ein Gentleman...
An einem der ersten, viel zu warmen Frühlingstage...tobte und spielte er, seine 26 Jahre vergessend... sich an seine Fohlenzeit erinnernd mit den anderen Pferden... bis seine Lebenskräfte ihn abrupt verließen... er schwer zu Koliken begann, und sich nicht mehr erholte.
Sein schwaches Herz machte nicht mehr mit.
Als ich die Nachricht bekam, war der TA gerade dabei, die erlösende Spritze zu setzen.
Im ersten Impuls, wäre ich ins Auto gesprungen und wie eine Verrückte zu ihm gerast...
Dann... die Besinnung… er war tot... und das würde er auch noch in einer Stunde sein... er würde auf mich warten.... also sang ich auf der Fahrt ununterbrochen ein hinduistisches Befreiungsmantra... um mich zu beruhigen und zu erden und ihm Geleit auf den Weg zu geben.
Im Hof lag er unter einer Plane... ich konnte mich von ihm verabschieden… obwohl der Körper leblos war...war er noch "da".
Neben ihm kauernd, den Hund an meiner Seite, sein noch seidiges Fell streichelnd, das jeden Glanz verloren hatte, sang ich fortwährend im monotonem Rhythmus ...sein Mantra....
Die Dämmerung brach´ herein, es wurde dunkel...und nur mehr schemenhaft der Körper erkennbar...
Urplötzlich...
war ich in Trance oder einen ähnlich Bewußtseinslosen Zustand gefallen?
Ich hörte neben mir schwere Flügelschläge... fühlte den Lufthauch…. etwas glitt an mir vorbei, auch mein Hund, der reglos neben dem toten Pferd lag, reagierte... hob den Kopf... witterte..
Flügelschläge entfernten sich langsam immer weiter und verloren sich in den Höhen...
Gedankenblitz… das kann nicht sein...um diese Zeit fliegt kein Vogel mehr...
Und gleichzeitig.. vor meinem inneren Auge...
das Bild eines kecken edlen Fuchsfohlens mit vier hochweißen Beinen und einer großen weißen Blesse. Mit hochgerecktem Schwänzchen galoppiert es über eine wunderschöne Blumenwiese in den blauen Himmel. Ein schneeweißes Fohlen kommt ihm entgegen… begrüßt es...holt es ab... Beide galoppieren übermütig spielend davon...
Ein weißes Fohlen? Wieso ein weißes Fohlen? Gibt es doch gar nicht?
Er hat auf mich gewartet, hat mir ein Zeichen gegeben...ich brauche nicht um ihn trauern.
Es geht ihm gut...er ist angekommen....
Wir haben 19 Jahre zusammen verbracht... ich habe ihn 8jährig als unreitbares Schlachtpferd gekauft. Wir sind zusammen 13 Jahre im Wettkampf geritten. Sein letzter langer Distanzritt mit 20.
Möglicherweise klingt es wie verrückt, abgefahren, esoterisches Geschwätz... sei´s drum...
Ein warmes und befreiendes Gefühl lebt seit dem in mir.
Ich bin meinen Tieren… meinen Lehrern dankbar... ich habe keine Ängste mehr.
Ihre Gelassenheit, ihre Zuversicht… haben auch mir den Weg gezeigt.