also fast ein Jahr später.....
Ja.. ich... und ich setz noch einen drauf.
Ein Freund schenkte mir unlängst die Hörbuchfassung, original gelesen von Hape himself. Sehr empfehlenswert.
Zurzeit kämpfe ich mich durch eine Sammlung Tagebücher.
Ein Däne namens F.M.F. Jacobsen hat diese Tagebücher geschrieben und zwar beinahe täglich, beginnend als er 14 Jahre alt war bis zu seinem Tod über einen Zeitraum von mehr als 60 Jahren.
Seine Enkelin begann in ihrer Studienzeit diese Tagebücher (340 eng beschriebene Schulhefte) rein zu schreiben. Das war 1960.
In Gemeinschaftsarbeit mit einer Freundin und eines Kurators des dänischen Schifffahrtsmuseum wurde diese Sammlung nun in 2 Bänden veröffentlicht.
Zurziet lese ich das erste Band:
"Fra skonerfarten til ubådskrigen 1889 - 1918"
auf Deutsch: Von den Schonerfahrten bis zum U-Bootskrieg 1889 - 1918
Kontinuierlich hat dieser Mann sein Leben mit allen täglichen Banalitäten festgehalten. Seine Unwissenheit, seine Vorurteile, seine Erlebnisse, seine Eindrücke.....
Von banal bis lebensentscheidend ist alles festgehalten, samit Dokumentation und das tollste daran ist.
Jacobsen war Seemann auf Grosser Fahrt. Um die ganze Welt mit Handelsschiffen und Frachter, vom Leichtmatrosen bis zum Steuermann der DFDS (Dänische Dampfschiffahrtsgesellschaft)
Ein echter Schatz ist das. Es ist leider in Altdänisch geschrieben, was das Lesen sehr erschwert, da Dänisch eine sehr flexible Sprache ist und keinerlei Kommissionen benötigt, um sich weiter zu entwickeln... hat sich die Sprache in den letzten 130 grundlegend verändert, dazu noch einige Seemannsbegriffe, die mir die Nase kräuseln und die ich nirgends nachschlagen kann.
Aber ein ganzes Leben... zum Lesen... wow was für ein Kulturerbe.
Das Buch ist in geringer Auflage erschienen und nicht in den Verkauf gegangen. Es ist lediglich zum Erhalt der Tagebücher gedacht, die jetzt im Schifffahrtsmuseum in Kopenhagen liegen, gedacht. Und da ich jemanden kenne, der jemanden kennt usw., wie das hierzulande so üblich ist, bin ich darauf gestossen, habe bei der Enkelin angefragt und sie schickte mir die beiden Bände zu.
Hier mal ein übersetzter Auszug aus diesem Kulturschatz:
London, 01. August 1914.
Einmal das Original sollte hier jemand mehr Dänisch können:
Vir har nu fået Meddelse pr. Løbeseddel at Tyskland har erklæret Krig mod Rusland. Jeg er særdeles spændt paa om vi nogensinde kommer til Libau mere. Det er lidet sandsynligt under disse Forhold. Vi ere i alle Fald travlt beskæftiget med at gøre klar til at modtage Passagererene. Der rigges op baade paa No.3 og 4 Hoveddæk.Det er ikke helt almindeligt for østgaaende.
Kl. 9 Aften. Alle Pladser er optaget, der er mere end Tohundrede. Alle hjemkaldte. Foruden disse findes kun 2 Husfruer med en talrig Bærneflok.
Kl. 10 Aften er det Højvande, saa skal vi ud. Ordren lyder paa, at vi skal gaa nor om Skagen.
Ubersetzung:
Das Passagierschiff befindet sich in London....
London, 01. August 1914
Wir haben nun Meldung per Flugblatt, dass Deutschland Russland den Krieg erklärt hat. Ich bin sehr gespannt, ob wir Libau (Hafenstadt in Lettland) erreichen. Es ist unter diesen Bedingungen unwahrscheinlich. Wir sind in jedem Falle bereit Passagiere an Bord zu nehmen. Wir bauen die Rigg (schätzungsweise eine Segelart) auf dem Hauptdeck Nr. 3 und 4 auf. Das ist nicht normal, wenn wir ostwärts gehen.
9 Uhr am Abend: Alle Plätze sind belegt. Es sind mehr als 200. Alle wurden heimgerufen (Russen, die nach Hause sollen wg. Krieg). Darüberhinaus finden sich auch 2 Mütter mit einer zahlreichen Kinderschar.
10 Uhr Abend ist Hochwasser, so sollen wir los. Unsere Route geht nordwärts um den Skagerrak (da wo Ostsee und Nordsse aufeinander prallen)
An anderer Stelle erzählt er davon, dass sich sein Schiffskamerad einen Finger an der Lenspumpe verletzt hat. Eine kleine aber ärgerliche Verletzung, die für einen Seemann gefährlich werden kann. Ärgerlich deshalb, weil sie nicht schlimm genug ist, vom "Heilwasser des Skippers" zu bekommen und gefährlich, weil solche Wunden an Händen durch die Arbeit nicht heilen und zum Verlust der Gliedmassen führen können.....
Ich bin mir sehr bewusst, dass ich am Leben eines anderen Menschen teilhabe, ganz besonders wenn er über seine Frau schreibt, wie er sie kennenlernte, was er dachte, wovor er Angst hatte usw.
Ein wirklicher Schatz, der die Quälerei durch die alte Sprache Wert ist.