Seltsam berührt
Ich habe mir neulich versucht, eine Folge aus der Sex-Education-Reihe zum Thema Solo-Sex anzuschauen. Nun ja, das hier ist dabei herausgekommen:Liebe dich selbst, bedeutet wohl auch, sich selbst im wahrsten Sinne des Wortes lieb zu haben, sich selbst zu verwöhnen, seinem Körper Gutes zu gönnen, ihn zu streicheln, seine Bedürfnisse zu befriedigen und darüber hinaus. Oder etwa nicht? Bedeutet es nicht auch, mit sich selbst Sexualität zu leben? Liebe mit sich selbst zu machen? Sich selbst zu befriedigen? Oder etwa nicht?
Nimmst du dir regelmäßig solch eine Ich-und-Ich-Auszeit, um dich so zu verwöhnen? Ja?
Ich nicht, nie oder naja … so gut wie nie. Und wenn, dann ist es dank des multiflexiblen Brausekopfes meiner Dusche zack-zack schnell erledigt und führt in diesen Fällen meist auch zu emotionalen Anwandlungen, die ich nicht gut abkann.
Ich meine die Trauer darüber, dass ich seit Jahrzehnten nichts Ernsthaftes in Aussicht gehabt habe. Wie sich das nun wieder anhört …
Ich meine aber auch die Melancholie, wenn sich wieder eine Frau von mir abwendet, weil es sich noch nicht einmal während der Anbahnung so gestaltet, dass wir es aushalten, geschweige denn auf Dauer genießen können.
Und ich meine auch meine Unwissenheit über mich selbst. Meine Nicht-Beziehung zu „der da unten“. Meine Vergesslichkeit darüber, dass ich seit ungefähr fünfundzwanzig Jahren ein und dasselbe Piercing in der Vorhaut meiner Klitoris trage und das irgendwie aus den Augen verloren habe …
Bis gestern. An dem Tag, an dem ich mich „da unten“ zum ersten Mal selbst fotografiert habe. Natürlich nach der Zähmung meines Wildwuchses. So einigermaßen jedenfalls …
Jetzt habe ich hier Fotos mit einer für mich befremdlichen Perspektive von mir, die mich seltsam berühren, obwohl man ja doch nur den alten Piercing-Ring von anno dazumal zwischen meinen Fingern zu sehen bekommt.
Ist schon komisch, sich so offen als Trans*mensch zu zeigen. So offensichtlich also zumindest optische Frau und dennoch nicht passen wollend. Jedenfalls für mich, der zumindest schon mal einen Damenbart pflegt und gern ohne Brüste leben mag.
Es macht etwas mit mir, was ich nicht näher umschreiben kann, weil ich keine Worte dafür habe. Aber eins weiß ich. Dieser Ring wird ausgetauscht werden, denn er erinnert mich an keine schöne Zeit …
© CRSK, LE, 03/2020