Ruf mich an!
Eyhjott legte seinem Sorgenfresser all die Herzsirenen auf die Zunge und hieß ihn, darauf herumzukauen, bis er dem Herzragout würde Einhalt gebieten. Aber nur wenn das rote Telefon mit seiner Standleitung ins Vergissmeinnichtland klingeln würde. Und nur wenn er sich selbst dabei nicht verlegen würde. Und nur wenn er gerettet werden würde. Von Wem auch immer. An die Kraft seiner eigenen Wassersuppe dachte er dabei in keinem Fall. Er stand nackt am offenen Fenster und fing die hereinwirbelnden Schneeflocken mit seiner Zunge auf. Sein Kreuz war zerschunden und blutete an einigen Stellen, als er sich bückte, um seiner Muschi das Fell zu scheren, damit er sie wie einen Nacktmull auf dem Friedhof der Kuscheltiere zu Markte tragen konnte.
Eyhjotts kahler Schädel war mit roter Tinte bemalt, wohingegen er seinen Busen mit Ruß beschmiert hatte. Denn er würde sogleich seinen Veitstanz der Begierde nach Nähe aufführen, um seine holden Weiblichkeiten zu umgarnen. Er war nämlich viele. Und sei es nur in seiner Vorstellung. In seiner Fantasie war die Welt eh viel erträglicher … als die nasse Kälte dieser Tage.
Eyhjott konnte so oft wie er wollte, die Gestirne anbeten. Das rote Telefon würde dennoch nicht läuten. Denn ihm war der Code zu seinem Herzen in die nahe gelegene, uferlose Strömung gefallen. Und niemand hätte ihm sagen können, wohin ihn seine Nussschale genau deshalb noch treiben würde.
Zumindest an Tagen wie diesen war er taub für die Botschaften seines Lebens, und auch das Warten auf Godot half ihm dann nichts. Denn er selbst war sein eigener Godot, und noch nicht einmal im Traum würde er auf die Idee kommen, sich in Geduld zu üben und auf sich selbst zu warten …
© CRK, G, 02/2021