Lebenssaft
Stones Herzschlag ging flach und schnell, wie der Flügelschlag eines Kolibri.Der massige Oberkörper lehnte schwer an der roten Backsteinwand.
Seine Beine hatten einfach den Dienst verweigert.
Er war wie ein nasser Sack nach hinten gekippt und an den groben Ziegeln nach unten gerutscht.
Da saß er nun.
Fasziniert fuhr er mit den Finger seiner rechten Hand über den Boden und hinterließ eine kurzlebige Spur,
bevor sich die Oberfläche der Flüssigkeit wieder schloss.
Süßer Lebenssaft.
Klebrig.
Schmierig.
Frisch.
Was für eine Verschwendung, dachte Stone verschwommen.
Der Schmerz hatte seinen sonst so scharfen Blick getrübt und er musste die Augen zusammenkneifen, um
der Spur auf dem Kellerboden zu folgen.
Der dicke, energieschwangere Tropfen an der Spitze, hatte einen Weg um das nächste Hindernis, einen alten Benzinkanister, gefunden
und setzte, der Schwerkraft gehorchend, seinen Weg zum tiefsten Punkt des Betonbodens fort.
Er füllte Löcher und Risse, scheinbar ohne an Masse zu verlieren, gespeist aus der Lache, in der Stone saß,
rann unaufhaltsam weiter, seinem Ziel entgegen.
Jetzt konnte er beobachten, wie andere Rinnsaale hinter dem Spurenleger hereilten. Aus den vollgesogenen Baumwollfasern
seiner Jeans troffen sie, sammelten sich in kleinen Tümpeln, bevor sie losliefen.
Sich Ihm anschlossen.
Ihm neue Kraft zuführten und weitertrieben.
Der Schmerz machte Ihn fast besinnungslos.
Benommen schüttelte Stone den Kopf.
Er wollte den Zieleinlauf nicht verpassen.
Starrte hochkonzentriert dem Tränenförmigen Flüchtling hinterher.
Beobachtete hingerissen den Zick Zack Lauf durch die Fliesenfugen um den stählernen Gitterdeckel des Abflussrohres herum.
Hielt den Atem an, als sich die flüssige Energie am Rande des rostigen Metalls
sammelte und innehielt, zögerte, anschwoll und im Fallen die Spur hinter sich mit zu reißen schien.
Fort, floss der Strom.
Weg von Ihm.
All die Kraft endete in einem dreckigen Abwasserkanal.
Er konnte seine Beine nicht mehr fühlen.
Der stechende Schmerz machte das Atmen beinah unmöglich.
Scheiß Bandscheiben ! Fluchte Stone.
Er hätte auf den Arzt hören und nach der OP noch ein paar Tage warten sollen, bevor er
die schweren Milchflaschen wieder in den Keller räumte .
Verdammt. Die gute Milch.
© 2009 by Biker_696