Wenn
der Tag mit Stress beginnt...
3:35 Uhr. Tynee setzt sich auf meinen Brustkorb und starrt mich an. Durch meine REM-Phase hindurch! Jack schläft tief und fest am Eierversammlungsplatz und Scotch setzt sich an meinen Kopf, reibt sein Köpfchen an meiner Wange und brummt, als wäre eine tektonische Verschiebung im allerbesten Gange. Saubande! Scotch, der Fuchs, kriecht unter die Bettdecke, schiebt sein kleines Köpfchen unter meine Achsel und versucht mit wippenden Bewegungen, den dicken Kerl zum aufstehen zu bewegen. Das hält keiner lange aus. Also in die Küche und füttern. Ich werde erzogen! Tztztz, wehe wenn das Nina erfährt, die grinst sich eins.
Und nun? Einschlafen ist nicht mehr... was habe ich denn so alles aufgezeichnet? Stauffenberg. Na gut. Tom Cruise ist ein Wirrkopf und Bananenzüchter, aber immer noch ein guter Schauspieler. Ich bin gespannt. Vielleicht schafft er es ja diesmal? Und apropos Stress: Gerade, als mir die Lider schwer wurden, ging der Wecker! Oh je... ich muss ja zum Zahnarzt. Und vorher mein scharfes Gemüse anrichten!
Ooooh nein. Erst Kaffee. Mir doch egal, ob der Zahndoc das mag oder nicht. Ich brauche Kaffee, sonst bin ich... wie sagt Cherie immer?... unleidlich. Eigentlich ist es eine scheiß Laune, aber egal wie man es nennt, schön geht anders. Also rauf auf die Mutter. Ein prachtvoller Kürbis
wartet auf mich, den ich, während ich genüsslich meinen ersten Kaffee trinke, zersäbele und die Kerne entferne. Karotten schälen und heute kommt der Ingwer mal nicht in den Tee, sondern in den Topf. Heidenei, die Zwiebel vergessen.
"Knurps, Knurps"
Was? Es kommt von unter dem Küchentisch! Jack, der Lumpenhund hat sich mit affenartiger Geschwindigkeit ein Stück Kürbis von der Anrichte geklaut und nagt nun dran herum. Der Bursche muss echt Hunger haben. Katzen und Kürbis? Nee, oder? Ich darf mich hier nicht wegdrehen, sonst räumt der mein Gemüse ab, das geht so nicht! Also rückwärts laufend, den frechen Kater im Auge behaltend, zum Flaschenregal. Oben drin stehen Essige und Öle. Darunter Schnäpse und Liköre, von Williams-Christ über weißen Rum, Noelly Prat bis Cointreau.
Tja. Wäre ich mal vorwärts gegangen. Mitten im Weg lag mein Rucksack und mein Schwert, das ich gestern Abend, in Ermangelung einer irgendwie gearteten Sorgfaltspflicht, einfach dort liegen ließ. Ich stolperte, von Jack irgendwie schadenfroh beobachtet, stieß mit der Schulter das Vorratsregal an. Ach hätte ich doch gestern das Ding einfach wieder geschlossen, nachdem ich die EInkäufe eingeräumt hatte. Ich erinnere mich noch genau, dass ich das Zehnerpack Eier irgendwie kippelig abgestellt hatte, mich aber dann fragte: "Was soll schon passieren?"
Naja, genau das. "Einen Aufnehmer bitte!" rufe ich, es ist 6:25 Uhr mittlerweile, wütend durch die Bude. Wenn ich keinen Spaß habe, soll es auch kein Anderer haben! Und ich füge hinzu: "Ein neues T-Shirt auch!" Rohes Ei auf schwarzem SHirt sieht einfach blöd aus. Und es klebt, bäh.
"Ruhe!" tobt der Maifeld von oben.
"Nimm deine Tabletten und geh deine Mutter ärgern!" tobe ich zurück und weiß genau, dass seine Mutter tot, er einen Monstermutterkomplex oder einen monströsen Mutterkomplex oder einen mütterlichen Monsterkomplex und jetzt viel Zeit fürs Wütendsein hat.
"Schatz..." kommt es tadelnd aus dem Schlafzimmer. Mehr braucht sie nicht zu sagen. Hey Moment! Werde ich schon wieder erzogen? Nein, ich mache Erdogan an. Also eigentlich Nachrichten, aber das kommt dieser Tage aus dasselbe heraus. Hä? Wie? Wir sind DOCH alle Nazis. Die Holländer auch? Ach guck. Ich notiere: Freitag Heute-Show gucken. Wird umbenannt in Erdo-Heute. In den Nachrichten zeigen die türkische Interview-Partner. "Isch liebe meine Land" sagt einer und schwenkt die türkische Fahne. Oh je.... welches?
Nee, so nicht. Relaxen, entspannen! Was wollte ich gerade tun? Ach verdammt, ÖL. Topf aufstellen, 2 Esslöffel Öl rein, natürlich das gute Olivenöl vom Andronaco. Zack, die Gemüse hinterher. So, schön anschwitzen. Ein Blick auf die Uhr. Ups.Schnell umschalten, "Lanz kocht" beginnt gleich. Hahaaaaaa, es beginnt, gut zu riechen und das lässt meine Laune verfliegen, wenngleich der Waldheini von oben sich eintuckt und lauter wird. Stört mich nicht mehr. Kochen hat etwas beruhigendes, meditatives. Mir das zu verbieten, wäre das gleiche, als wenn man versuchte, einer Leopardin ihr Junges zu entreißen. Endet tödlich.
So. Wo hatte ich.... oh nein, die Gewissensfrage. WIe wr das noch, wie war das noch? Gemüsebrühe stand mal im Rezept. Aber Hühnerbrühe schmeckt besser. Was nun Vegan oder Vollstufe? Ich grüble. Aber hey, vegane Woche war schon! Huhn reinn, zack fertig. Und jetzt schön einkochen. Versonnen starre ich in den Topf. Hatte ich etwas vergessen? Nö. Im Geiste gehe ich die Zutaten durch. Kürbis, Möhre, Ingwer, Zwiebli. Hühnerbrüh. Da fehlt garantiert etwas. Aber was nur? Verdammt! Es will mir nicht einfallen. Es nützt nichts, ich muss den Rechner aufklappen. Rezept suchen. Wenn das einer erfährt, dass ich eine einfache, scharfe Suppe nicht einmal ohne Rezept basteln kann, ist mein Ruf beim Teufel. Na gut, aber nur ein Blick!
Es war so BLÖD! Salz, Pfeffer, Koriander, Kokosmilch und eine Zitrone. Meine Güte, ich nahm mir vor, mich nicht mehr so früh an die Pfanne zu heften, das bringt nur Ärger. Schuhbeck erklärt nebenbei dem Studi, wie ein echter schweizer Rösti gemacht wird und ich bin sauer. Kartoffeln sind immer noch tabu. Und der Rösti sah schweinelecker aus...
Well, ein Blick in den Topf. Simmert vor sich hin: Anziehen und Beisserchen putzen. Ach, sagte ich bereit, dass das auf keinen Fall mein Tag wird? Meine lecktrische Zahnbürste war leer. Also die olle klassische her und schrubben. Mei.... Listerine hinterher, meine Geschmacksknospen auf der Zunge melden Generalstreik an. Garage auf und Moppi raus. Und? Ahnen sie es, liebe Leser? NATÜRLICH war der Schlüssel noch in der Wohnung. Ich war kurz vor einem Tobsuchtsanfall und wenn der Blödmann von oben mir jetzt über den Weg.... aber der ahnt, wann es böse wird und bleibt in seiner verkommenen Bude.
Erwartete ich gerade noch, dass auch die Batterie des Moppies leer wäre, lobte ich den kleinen tapferen Recken, denn sie sprang ohne Murren an. Hey... vielleicht war das der Wendepunkt und der Tag hätte eine Chance? Öhm... hatte ich eigentlich den Herd ausgemacht? Öhm.... nee. Also nochmal hoch und: Ich Depp hatte ihn ausgemacht. Boah. Oh, wie gut, dass ich nochmal hochgekommen bin. Die Einkaufsliste für morgen lag auf dem Tisch. Brikteig, Lachs, Creme Fraiche, Koriander, Gurke. Oooh, das wird fein. Einfach zu merken. Fünf Dinge werde ich wohl noch behalten können, oder?
Pünktlich um 8 Uhr bin ich beim Zahndoc und kann fast direkt ins Behandlungszimmer.
"Hallo, Tom?"
"Wassn?"
"Wir machen heute 3 oben links."
"Ja und? Willste Vorschuss?"
"Nein, aber du kannst den Helm jetzt abnehmen." Ich versinke im Boden. Das ist auf keinen Fall mein Tag.
Immer noch lachend fährt mich der Doc herunter und der Schlauch in meinem Mund wackelt, weil die Assistentin ebenfalls verhalten kichert. Ich merke das aber und ärgere mich Schwarz. Zwei kleine Spritzen und es beginnt. In Gedanken gehe ich die Liste durch. Brikteig, Lachs, Creme Fraiche, Koriander, Gurke. Brikteig, Lachs, Creme Fraiche, Koriander, Gurke. Brikteig, Lachs, Creme Fraiche, Koriander, Gurke. Alles klar.
30 Minuten später stehe ich im Edeka. Was wollte ich noch einkaufen? Fünf kleine Dinge waren es. Fünf verdammte, kleine Dinge. Hmmm.... was war das noch? Ich schnappe mir einen Korb und gehe durch die Regale. Fällt mir schon ein, wenn ich es sehe. Wartet nur ab! Milch. Oh gut. Mascarpone auch. Oh schau, Schalotten. Champignons. Petersilie. Ha, fünf Dinge. Doch mein Blick in den Korb lässt mich zweifeln. Das sieht falsch aus. Was soll das denn werden? Milch und Mascarpone gehen als Nachtisch, Schalotten, Petersilie und Pilze sprächen eher für Boeuf Bourgignon! Nee. Momentens! Was wollte ich denn morgen machen? Frittierten Lachs! Jaaaaa, Brikteig, Lachs, Creme Fraiche, Koriander, Gurke. Meine Güte, na also. Unauffällig den Korb geleert und die richtigen Dinge eingekauft. Vorsichtshalber noch Biskin dazu, weil ich mich nicht erinnerte, wie weit unser Öl reicht. Jetzt wurde der Tag heller.
Gut gelaunt zuhause. die Suppe abgeschmeckt, die durch den Ingwer mittlerweile ordentlich gezogen hatte. Kokosmilch rein, eine Zitrone ausgequetscht, Koriander abgezupft. Lecker. Cherie kam aus dem Bett und schüttelte den Kopf.
"Suppe morgens um 9? Nee oder?" Und da fiel es mir ein. Die Hauptzutat. Garnelen. Ich Vollidiot. Naja, die Woche heißt: Scharfes Gemüse. Da ist der kleine Herr Garnel Nebensache. Schöner wäre es aber gewesen. Lieber Leser, man stelle sich einfach oben auf der Supp einen Spieß mit 4 kleinen, rot-weissen Scheisserchen vor
Trink ihn aus, den Trank der Labe
und vergiss den großen Schmerz!
Wundervoll ist Bacchus‘ Gabe,
Balsam für’s zerriss’ne Herz.
Friedrich Schiller
Tom