Das Wesen in ihr erwachte beim ersten Licht des Mondes und brachial brach es sich Bahn. Überrollte sie mit Adrenalin und überzog ihren Körper mit schrecklichen Schmerzen. Das weiße kalte Licht drang unbarmherzig wie ein Bannstrahl auf ihre nackte Haut und leerte ihren Geist augenblicklich.
Der dunkle Schatten bemächtigte sich nicht nur ihres Körpers und ihres Verstandes, er schlug auch mit seinen gierigen Krallen nach ihrer Seele und zerfetzte sie aufs Neue. Wie immer, wenn die Verwandlung eintrat. Nichts blieb zurück von dem, was sie als Menschen und Frau ausgemacht hatte.
Was sich kurz darauf vom dicken Moosbett auf dieser Lichtung triebgesteuert erhob, war eine Perversion der Schöpfung.
Mit raubtierhaftem Instinkt und mit, zu schmalen Schlitzen verengten Augen, durchstreifte sie die helle Nacht. Ein verlangendes Knurren rollte aus ihrer Kehle, denn ihre feine Witterung hatte den verlockenden Geruch eines dringend benötigten Opfers bereits aufgenommen und zielsicher folgte sie seiner unsichtbaren Duftspur.
Musik, die in ihren Ohren schmerzte, Gläser klirren und lautes Stimmgewirr drangen aus dem bizarren Club im öden Industriegebiet der nahen Stadt. Ein Abend wie fast jeder in der dunklen Szene mit ihrem sündigen Treiben vor und hinter den Kulissen.
Ein Ort wie geschaffen für sie und ihre Absichten.
Sie passierte ohne Probleme den Türsteher, der sie mit unverhohlener Neugier und herunter geklappten Kiefer von Kopf bis Fuß musterte. Seine Schnappatmung und das Aufblitzen in seinen Augen zeigten ihr, dass sie bereits gewonnen hatte, denn niemand konnte sich der hypnotischen Kraft ihres Blickes entziehen.
Anmutig betrat sie das Innere und für einen Moment verstummte jedes menschliche Geräusch. Mit gewinnendem Lächeln und sich ihrer Wirkung voll bewusst, steuerte sie zielsicher den Tresen an während das atemlos starrende Publikum sich - wie das rote Meer bei Moses - vor ihr teilte.
Ein Raunen erfüllte den Raum und kaum hatte sie sich gesetzt, war ihr auserkorenes Opfer auch schon an ihrer Seite und fragte heiser, ob er sie auf einen Drink einladen dürfe.
Er dürfte und bewunderte in einem sehr einseitigen Gespräch ihr wahrhaft ausgefallenes Outfit. Einen so lebensecht wirkenden Fellanzug in pechschwarzem Pantherlook inklusive eines seidigen langen Schwanzes bis hin zu den possierlichen Katzenohren hatten weder er noch die anderen Gäste jemals gesehen und sie alle hatten schon einiges ungewöhnliches zu Gesicht bekommen.
Sein Blick verlor sich in den Tiefen ihrer Smaragdgrünen Augen und ihr vielsagender Blick ließen ihn jede Vorsicht und jeden klaren Gedanken vergessen.
Mutiger geworden durch ihr hartnäckiges Schweigen und ihre unterschwellige Zustimmung, ausgedrückt durch ein geheimnisvolles katzenhaftes Lächeln, berührte er erst ehrfurchtsvoll ihr glänzendes Fell. Er streichelte zart über ihre wohlgeformten Muskeln darunter, bewegte sich schließlich in steigender Erregung immer weiter über ihre Arme und Hände mit den roten Krallennägeln, über ihre Flanken und entlang ihrer Beine bis zu ihren nackten Füßen.
Seine Lüsternheit, mit dem Mund auf Höhe ihres offen zur Schau gestellten Geschlechts, waren nicht zu übersehen bis es ihn vollends übermannte und er, sich unvermittelt erhebend, mit einer Hand fest in ihren pelzigen Nacken griff und ihren Kopf wie in Zeitlupe nach hinten zog. Seine freie Hand presste er gierig auf ihre unteren Lippen, fühlte ihr steigendes inneres Fieber und die süße Feuchte ihrer vermeintlichen Lust.
Befeuert durch ihre willige Hingabe zog er sie vom Hocker, ergriff ihre Hände und legte sie mit Nachdruck auf ihren Rücken ab und drängte sie unter den neidvollen Blicken der versammelten Gästeschar, fast grob vor sich her schubsend, in den durch eine Tür abgetrennten Darkroom des Etablissements.
„Du kleine geile Schlampe, ich bring dich schon noch dazu, dein andauerndes Schweigen zu brechen und mich Herr und Meister zu nennen!“, zischte er, zog sie in ein kleines Kabuff, warf sie über einen gepolsterten Strafbock während er schwungvoll und voller Vorfreude auf das Kommende, den schwarzen Samtvorhang hinter sich zuzog.
Er wollte keine neugierigen Blicke bei dem, was er mit diesem stummen scharfen Kätzchen vorhatte.
Doch das harmlose Kätzchen entpuppte sich als fauchendes Untier, kaum dass sie für sich waren. Sein lautes wildes Stöhnen, die unterdrückten Schreie und das enthemmte Aufeinanderklatschen zweier Leiber in aufgelöster Leidenschaft kümmerten niemanden hier, denn dies war ein Ort des lustvollen Schmerzes, der Toleranz andersartigem gegenüber und des ungezügelten freien Verlangens.
Niemand wunderte sich groß, als sie einige Zeit später allein mit entrücktem befriedigtem Blick, völlig verschwitzt und auch mit Blut bespritzt, den Waschraum aufsuchte.
Als man das bewusstlose Opfer kurze Zeit später unter schrillem Aufschreien, über dem Bock lehnend entdeckte, bestand nur noch Verwunderung, weshalb es diese tiefe Wunden überhaupt überlebt hatte. Der Notarzt meinte, es sei nur dem schnellen Finden zu verdanken gewesen.
Die auffällige Frau in der Pantherverkleidung indes blieb verschwunden. Ihre Spuren verloren sich außerhalb des Gebäudes. Keine Fingerabdrücke, nur einige echte Katzenhaare fand die Polizei am Tatort und stellte diese vor ein schier unlösbares Rätsel.
Sie erwachte kurz vor der Dämmerung aus einem kurzem aber alptraumhaften Schlaf unter ihrem gewohnten Baum auf der Lichtung. Ihre helle Haut und ihr lichtblondes Haar waren Blut besudelt und sie verspürte den dringenden Wunsch sich im klaren kalten Wasser des Bachs rein zu waschen.
Nach dieser eiskalten Prozedur und vor Kälte bibbernd wandte sie sich ihrem Spiegelbild im Wasser zu. Mit dem letzten fahlen Licht des Blutmondes verschwamm ihr strahlendschönes Antlitz im sich verdünnenden Blut ihres Opfers und in liebevoll ergebenem Gehorsam blickte sie die schemenhafte hässliche Fratze ihres wahren Gebieters.
Zufrieden nickte das Biest ihr zu, sie hatte ihr Opfer gut gewählt,
einen starken charismatischen und zugleich verderbten Mann mit Zugang zu vielen willigen potentiellen Opfern gefunden. Diesen durch ihren gezielten Biss zu ihrem Sklaven gemacht und dafür gesorgt, dass er schnell gefunden wurde. Er würde nur sein bisheriges langweiliges geordnetes Leben als Durchschnittsmensch aushauchen und gegen ein anderes in liederlicher Lüsternheit, so wie es seinem wahren Charakter entsprach, eintauschen. Bereits zum nächsten vollen Mond würden sie gemeinsam jagen und er würde sie seine Herrin nennen.