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Die Liebe in Gedanken

*********yTalk Mann
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Die Liebe in Gedanken
Vor 15 Jahren habe ich diese Geschichte geschrieben. Ich habe das Haus gefunden, ich habe einen wundervollen Sohn, und nur die Frau fehlt mir. Also DIE Frau. Mit dem Gefühl für den Moment. MIt dem Gefühl für wahre Liebe.

Die Liebe in Gedanken

Die Kundin vor mir bezahlt und ich schiebe meinen Einkaufswagen ins Blickfeld der Kassiererin. Mit ihrer linken Hand ist sie bereits dabei, meine Waren über den Scanner zu ziehen, um sie dann an ihre Rechte zu übergeben, die alles weiterschiebt, außer Flaschen und Konservengläser, die mit einer behutsamen Geste noch kurz festgehalten und erst dann sanft weitergeschoben werden. Damit sie nicht unkontrolliert nach unten rollen. Um dort zu zerbersten? Wohl kaum. An irgendetwas muss sich die Kassiererin eben festhalten, wie jeder von uns.

Mein Blick fällt auf ihr hübsches Gesicht, ich werde nie verstehen, wieso so hübsche Frauen an Supermarktkassen arbeiten. Mein Blick streift ihren Hals entlang bis zu dem Teil ihres Ausschnitts, den die lindgrünweißgestreifte Supermarktbluse freigibt, bleibt an ihrem Namensschild hängen. Guten Tag, Frau Banjanovic, denke ich mir, nett, sie anzuschauen. Banjanovic, daher die schwarzen Haare, die spätsommerbraune Haut, die dalmatinerschwarzen Augen. Frau Banjanovic hält inne, dreht sich zu einer Kundin, die von hinten mit einem Kassenbon vor ihren slawischvollen Lippen rumwedelt. „Der rote Multivitamin kostet eins 29, wie ich gesagt habe, der andere..“ „Lassen sie mal sehen“ und ich höre ihre nur leicht freundliche Stimme und achte auf ihren Mund, und ihre Sprache klingt, als ob sie kursiv geschrie- ben werden müsste, wenn man sie aufschreiben würde. Was aber nie passieren wird, denn Kassiererinnenworte sind nicht für die Ewigkeit bestimmt, sondern beschränken sich täglich von 7 bis 20 Uhr, auch Samstags!, auf einen Wortschatz vom Umfang einer Vierjährigen, „Guten Tag, ja gerne, das wären 23 64. Sammeln sie Treuepunkte?“ und an der Länge der Pause zwischen 23 und 64 kann man mit absoluter Sicherheit auf den IQ der Kassiererin schließen.

Durch die Drehung nach rechts habe ich einen wesentlich besseren Einblick in Frau Banjanovic’ Ausschnitt und vermute 75 B, festes Fleisch, wie ich es liebe. Ihr Kopf senkt sich über den Kassenzettel, als sei er eine Examensprüfung oder in japanisch geschrieben, und sie wiegt ihren Körper ein bisschen hin und her. Ihre Stimme schwimmt an meinem Ohr vorbei. Ich studiere ihre Ohren. Will reinbeißen. Sie wendet sich mir wieder zu, ein Blick von unten mit sich entschuldigend drehenden Augen und ich versuche ein Lächeln, bin aber noch zu sehr mit ihren Ohren beschäftigt. Ich habe schon lange nicht mehr eine Frau so unverhohlen angeschaut, aber sie achtet ja nicht auf mich, sondern auf meine Waren, und mit einem Mal verspüre ich den Wunsch, sie auch auf das Förderband zu legen, einfach mitzunehmen, zu Hause auszupacken und in Betrieb zu nehmen. Eine Bedienungs- anleitung bräuchte ich nicht, denn Frau Banjanovic zählt zu einer einfachen Sorte der Spezies Frau, unterscheidet sich von einer neurotischen rot-, hell- oder mittelblonden Akademikerin Anfang 30, aus denen fast ausschließlich mein Beuteschema besteht, wie ein Wählscheibentelefon von einem Smartphone mit 5 Kameras, Faltdisplay und intelligentem Akku-Management. Aber ich nutze bei meinem Smartphone fast ausschließlich die Grundfunktionen. Warum also nicht Frau Banjanovic?

Eigentlich sehne ich mich schon länger nach einer Frau wie ihr. Ich bin 38, wünsche mir nichts sehnlicher als eine Frau, bis dass der Tod uns scheidet, und zwei oder drei Kinder, bis sie in die Pubertät kommen. Meine Wunschvorstellungen einer heilen Familienidylle werden ergänzt durch einen claudiaschifferblonden Hund mittlerer Größe mit kurzem, nichtstinkendem Fell, durch einen 23 Jahre alten Volvo- Kombi in Oxford Green, eine vier Mal so alte, leicht verwahrloste Stadtvilla mit betagtem Laub- und Obstbaumbestand, weiß blühenden Rosenhecken, verknorrten Birnenspalieren und einem ausgeblichenen türkisgrünen IKEA-Kinderzelt im Zentrum der Rasenfreifläche. An den Wochenenden werden wir Besuch von guten Freunden haben.

Aber ich bin allein und drehe durch. Müsste ich ein vorläufiges Fazit meines Lebens ziehen, so würde ich feststellen, dass ich versagt habe. Trotz meiner überdurchschnittlichen Intelligenz, einem ziemlich guten Abschluss in Wirtschaftswissenschaften an einer ziemlich unbedeutenden bayerischen Universität, trotz gewinnbringendem Äußerem und einer Fähigkeit, schnell Netzwerke aufzubauen, trotz allem scheitere ich. Permanent. Und mittlerweile kann ich mir immer schwerer vorstellen, dass irgendwann alles normal werden wird in meinem Leben. Diese ganzen Heile-Welt-Bilder: Von weißen Weihnachten, wenn man mit knirschenden Schritten durch die bläuliche Dämmerung nach Hause geht, die behagliche Kleinbürgerstille von gedämpftem Kinderjubel und leisen Ploppgeräuschen verirrter Schneebälle unterbrochen. Hellorange flackernde Kerzen auf Fensterbänken. Idiotisch blinkende Weihnachtsbäume in zu kleinen Vorgärten. Träume von Blätterteigschiffchen, die die Kinder an einem windstillen eiskalten Februartag selber zusammengefaltet und mit Eigelb bepinselt haben und denen sie beim Aufgehen durch die frisch geputzte Ofentürscheibe zusehen. Am Morgen danach wird noch der Duft von Marzipan und Bratäpfeln in der Küche hängen, und ich werde ihn wie selbstverständlich aufsaugen. Dieses Lebenselixier.


Werde ich denn nie am Meer sitzen, Lido di Iesolo, nachmittags gegen 16 Uhr, an einem Spätsommertag, durchdrungen von einer tiefen Zufriedenheit. Seit 10 Tagen Campingurlaub an der Adria, ein großes Familienzelt aus hellblauem, schwerem, imprägniertem Baumwollstoff, davor ein großer weißer Plastiktisch mit dicken, etwas instabilen Beinen. In einer Ecke des Tisches liegt eine ausgeblichene italienische Tageszeitung, von einem sandverschmierten Bagger beschwert, damit der Wind sie nicht davonträgt. Daneben ein kleines Holzbrettchen, zur Hälfte von einem Riss durchzogen, und oben drauf ein stumpfes Obstmesser mit wassereisrotem Plastikgriff.

Die Kinder haben einen eigenen kleinen Wohnwagen, mit dem wir das Zelt, die Kinderfahrräder, Unmengen an Spielzeug, den Plastiktisch und die Klappstühle nach Italien gebracht haben. Der jetzt als Nachmittagsschlafhöhle für die Kinder dient, als Spielzimmer bei Regentagen und als Vorwand, das ganze Kinderspielzeug mal wieder einzusammeln und aufzuräumen. Bei einem Aprilspaziergang hatte ich ihn in einer Seitenstraße entdeckt, das kleine „zu verkaufen“-Zettelchen war von innen mit 4 konzentrisch verlaufenden Tesafilmstreifen an das Fenster geklebt, und im Juni haben wir ihn mit Janosch-Tigern und Dschungelbildern bemalt.

Ich sitze am Strand, grabe meine Füße in den warmen Sand und bin ganz ruhig und selig. Der Himmel ist schlierig, kein Blau, es ist genau richtig schön warm. Goldbraune Kinderarme versenken grüne Polyethylen-Schäufelchen in tiefe Gräben vor Sandburgen. Pures Glück in ihren Augen. Lachendes Kinderstrahlen kommt auf mich zu. "Papa, wir brauchen eine Zugbrücke. Wie geht das?" Als ob ich das wüsste. Ich werde so tun und mein Bestes geben.

Langsam steigt ein gewittriges Flimmern in die Luft. Plötzliche Windkühle. Wir arbeiten an der Sandburg, bis der Regen kommt. Kurze Zeit später stehen wir alle im Eingang des extrahohen himmelblauen Baumwollzeltes und warten, bis der Regen nur noch tropft.

Bei Dunkelheit bei Kerzen- schein noch eine Gute-Nacht-Geschichte, und an der Stelle, wo es spannend wird, wo der kleine Pinguin sich in die Speisekammer der russischen Polarforscher schleicht, weil es dort so unglaublich leckere Thunfisch-Mayonnaise-Creme gibt, und mit Mühe und Not hat er einen Schraubverschluss aufbekommen und will gerade seine Nase in diesen göttlichen Duft aus Hering und Möweneiern tauchen, als in DEM Moment die Aluminiumtüre der Speisekammer kalt quietschend aufgeschoben wird und sich eine behaarte Hand auf den Lichtschalter legt, und dann schaue ich auf unser jüngstes Kind, spüre den ruhigen Atem, leises ruhiges Schlummern hinter geschlossenen Augen, und ich lege das Buch zur Seite, vorsichtig, nur kein Geräusch machen jetzt, und trage es ins Bett und decke es zu, und draußen: der Rhythmus des Meeres, gleichmäßig und vollkommen. Ich gehe an den Strand, in meiner Hand ein Glas Weißwein. Ein Blick auf ein mir immer wieder unbekanntes Sternenbild, ein Kuss in meinem Nacken, eine Umarmung voller Liebe und Zärtlichkeit.
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