das erste Besäufnis
Für diesen Abend hatten meine Freundinnen und ich uns etwas ganz besonderes vorgenommen. Wir wollten uns von unseren ersten Besäufnissen berichten, jede brachte die entsprechenden Getränke- Zutaten mit und dann wurde zu jeder Geschichte jedem ein Glas mit dem entsprechenden Gesöff gereicht. Ich werde hier allerdings nur von dem Saufgelagen berichten, wie mies es uns dann im Verlauf ging kann sich jeder denken, der schon einmal so richtig betrunken gewesen ist.• * * * * * * * * * * * * * *
Wir waren mehrere Pärchen und spielten bei Freunden Mäxchen. Das ist so ein Spiel mit Würfelbecher, Würfel und einem Bierdeckel – aber nach den Regeln dürft ihr mich nicht fragen, da kann ich mich echt nicht daran erinnern. Jedenfalls, wer verloren hatte musste einen Tequila trinken. Da ging es immer zwei Tequila für maj, einen für jemand anderes, zwei für maj, einen für …. und so weiter.
Irgendwann haben wir uns alle aufgemacht und sind noch zu meinem damaligen Freund gefahren. Als es los ging hieß es: „maj du nimmst die Biers“ lallend erwiderte ich „Ja, aber nur bis zur U- Bahn, wa.“ Der Nachtbus war gerade weg, die Spätsommernacht noch warm und so beschlossen wir den Weg zu laufen. Als wir dann bei meinem Ex angekommen waren, kam natürlich die Frage: „maj, wo sind’n die Biers?“ Ich überlegte einen Moment und antwortet mit dem Brustton der Überzeugung: „Die Biers? Na inna U- Bahn wa, ick hab doch jesacht ick nehm die nur bis dahin.“
Als der Besuch dann irgendwann verschwunden, lag ich auf dem Bett und fixierte mit meinem Blick die Pflanze auf dem kleinen Regel. Sobald ich woanders hinschaute, fing sich alles an zu drehen. Dann rief meinem Ex zu, der gerade die Wohnungstür geschlossen hatte: „bring mir mal den Eimer!“ und ich kann sagen, ich bin stolz auf mich, ich habe es noch geschafft, der Eimer kam rechtzeitig.
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Frieda hat in ihrer Jugend auch ordentlich zugelangt und auch die harten Drinks konnten ihr so schnell nichts anhaben. Bis zu der einen Session mit dem Freixenet- Sekt, die weiße Flasche versteht sich. Da stand hinten ein Rezepttipp drauf: man nehme einen Teil Freixenet, einen Teil Champagner und ein Schuss Amaretto. Gut sie hatten keinen Champagner, aber Amaretto und so haben sie das dann abgewandelt getrunken. Frieda meint: „ich kann nur sagen echt lecker, so mit dem Amaretto- Geschmack im Abgang, einfach köstlich.“
Frieda und ihre Truppe hatten nachmittags angefangen und auch gar nicht so lange gemacht. Am nächsten Tag hatte sie Frühdienst – sie war in der Pflege tätig – und wie sie zur Morgenrunde ins erste Patientenzimmer wollte, ist sie dann doch lieber in die Fäkalienspüle abgebogen. Das hat sich dann noch dreimal wiederholt und sie ist dann doch lieber nach Hause gegangen.
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Agathe wohnte früher in einer kleinen Stadt bevor es sie nach Berlin verschlug. In ihrer Stadt gab es eine ziemlich hochpreisige Disko, die offiziell keine war, sondern Restaurant und Kaffeebar tagsüber sowie am Freitag und Samstag durfte dort getanzt werden. Reinkommen war ohne Vorbestellung aussichtslos oder man kannte da jemanden. Agathe kannte eine der Barfrauen und so kamen immer rein. Aber nur mit einem „Barplatz“, also nichts mit am Tisch sitzen und zu essen bekamen sie da natürlich auch nichts. Oftmals gingen die ersten gegen zweiundzwanzig Uhr wieder los, weil die Musik nichts war oder warum immer. Da bestand dann die Chance auf einen Sitzplatz und dann konnte man auch Essen bestellen.
An diesem Abend war es sehr voll und keiner ging, also mussten sie an der Bar sitzen bleiben. Kein Abendessen dort, da halfen auch ihre Beziehungen zu der Barfrau nichts. Bier gab es auch nur als „Herrengedeck“, also eine Flasche Bier plus ein Piccolo Sekt. Ihr damaliger Freund trinkt keinen Sekt, also trank sie ihn. Irgendwann hatten sie alle mit Salzstangen befüllten Behälter auf dem Tresen leergegessen und hatten Durst.
Die Barfrau meinte sie hätten jetzt endlich mal den rose Wermut und den guten „Falckner“ Whisky aus DDR- Produktion und ob sie mal Manhattan probieren wollen. Also los, er schmeckte richtig gut. Es gab sogar eine Kirsche drin. Und das Zeug war so süffig! Agathe wusste nicht, wie viele sie davon getrunken hatte. Es ist ja kein Wegtrink- Gemisch, aber genau das hatten sie gemacht. Bei Sendeschluss hatte sie einen Schwips, aber einen schönen. Das Drama begann im Fahrstuhl nach unten. Kaum war der losgefahren, wurde ihr schlecht. Sie konnte sich noch bis vor die Tür schleppen, aber dann ging es los.
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Hilde war in ihrer Jugend schon ein ganz Wilde. Es war in der zehnten Klasse nach der Bekanntgabe der Ergebnisse der mündlichen Prüfungen: dreißig Grad Celsius Hitze und ein paar aus der Klasse wollten feiern. Es war vormittags gegen elf Uhr. Also sind sie in die nächste Kaufhalle und wollten Bier holen. Das haben sie nicht bekommen, Bier war aus, wie immer im Sommer und im Osten. Es gab aber bulgarischen Rotwein und komische Liköre.
Die Jungs nahmen drei Flaschen Kaffeelikör und drei Flaschen Rotwein, insgesamt waren sie sieben Leute. Hilde war eine der wenigen, die ein eigenes Zimmer hatten, also ging es zu ihr. Sie hatte zu dieser Zeit höchstens mal zu Hause ein Glas Erdbeerbowle getrunken oder ein Gläschen Eierlikör, wenn ihre Mutter welchen selbst gemacht hatte.
Nun saßen sie mit Suff und Zigaretten bei Hilde im Zimmer und hoch die Tassen. Ja Tassen, denn sie hatte sich nicht getraut, an Mutters Gläser zu gehen. Erst eine Tasse Rotwein, da hat sie sich noch geschüttelt. Dann der Likör, das hat geschmeckt und auch ordentlich gedreht. Was dann kam, hatte sie sich berichten lassen müssen. Sie war ziemlich besoffen und ihre Kumpels und Kumpelinen hatten Angst. Sie haben Hilde auf ihre Liege gebettet, alles aufgeräumt und eine blieb bei ihr und hielt den Eimer.
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Edeltraut – der Name sagt eigentlich schon alles, die Edle die sich traut, ist eher so nach der Art etepetete – wollte uns weißmachen, sie wäre noch nie betrunken gewesen. „Wenn ich mal etwas trinke, dann maximal Wodka mit Orangensaft oder trockenen Riesling. Außerdem macht mich Alkohol so müde …. nach zwei Gläsern Wein bin ich bettreif“ und zwinkerte mit dem Auge. Wer’s glaubt, wird selig. Von wegen müde. Sie ist dann spitz wie Nachbars Lumpi und wenn sich niemand erbarmt, ihre Lust zu befriedigen, dann macht sie es sich eben selbst.
Und von wegen Edeltraut wäre noch nie betrunken gewesen. Sie hatte sich an unsere Abmachung gehalten und den ganzen Abend mitgemacht. Zumal sie im Gegensatz zu uns anderen, die jeweils nur ein Glas zu jeder Geschichte tranken, sich zwei oder drei Gläser gegönnt. Na ja, und falls sie bisher wirklich noch nie besoffen gewesen sein sollte, dann aber auf jeden Fall an diesem Abend.
© majberlin im September 2014