Ölbilder zu reproduzieren ist nicht so einfach, aber wenn du die Aufnahmen rein technisch anfertigst, dann kommst du sehr schnell und sehr gut zu akzeptablen Ergebnissen.
Hier die technische Anleitung in sechs Schritten - dazu benötigst du noch einen Zollstock:
1. Bildhöhe = Kamerahöhe, Kamera ausrichten
Wenn du das Bild an der Wand befestigst, mißt du vom Boden aus bis zur Mitte des Bildes die Höhe aus.
Die Kamera, auf einem Stativ befestigt, stellst du auf die ermittelte Höhe ein. Maßgebend ist hier diie
Mitte des Obkektivs. Mit einer kleinen Wasserwaage richtest du die Kamera aus - und zwar zum Bild hin
und nach rechts und links. Die Kamera sollte dann rechtwinklig zur Bildmitte stehen -
Motiv formatfüllend eingestellt.
2. Aufstellen der Lampen, Aufstellort
Auch die Lampen sollten in ihrer Höhe auf die Höhe der Bildmitte eingestellt werden.
Von Bildmitte mißt du mit dem Zollstock z.B. 1,50 m nach rechts und von da aus 1,50 m nach vorne zur
Kamera hin. Dadurch erhälst du einen rechtwinkligen Abstand der Lampe zum Bild. Das gleiche machst
mit der Lampe, die die linke Bildhälfte ausleuchten soll.
3. Ausrichten der Lampen auf Sicht
Nachdem dein Reproaufbau steht, drehst du die Lampen auf dem Stativ auf Sicht zum Bild hin zur
Bildmitte. Dabei beobachtest du den weissen Lichtkegel der jeweiligen Lampe und kannst somit
kontrollieren, ob die Lampen auf die Bildmitte eingestellt sind. Das geht auch, in dem du eine Lampe
ausschaltest und erst mit einer Lampe auf die Bildmitte einstellst.
Jetzt stehen die Lampen in ca. 45 Grad-Stellung auf das Bild eingestellt und es greift das optische
Gesetz: Einfallswinkel = Ausfallswinkel. D.h., das die Reflexionen nicht in Richtung Kamera reflektieren
sondern seitlich davon.
4. Belichtungsmessung
Die Belichtung wird jetzt neunmal ermittelt. Dreimal am oberen Rand des Bildes - also rechts oben,
Bildmitte oben, links oben. Dann Bildmitte rechter Rand, Bildmitte, Bildmitte linker Rand. Und zuletzt
am unteren Rand rechts unten, Bildmitte unten, links unten.
Die dabei ermittelten Abweichungen der gemessenen Blendenwerte an den Rändern sollten von den
Werten, die in der Bildmitte ermittelt wurden, am besten gar nicht oder im dreizehntel Bereich liegen,
damit kein Lichtabfall zu den Bildrändern auftritt - soll ja eine gleichmäßige Auslleuchtung
gewährleistet werden. Die Belichtungszeit kannst du bei 1/125 belassen - die Empfindlichkeit ist bei
ISO 100 ideal.
5. Belichtung, Farb- und Graukeil
Nehmen wir an, du hast die ideale Blende ermittelt und sie würde Blende 11 sein, dann fotografierst du
jedes Bild in 1/3-Blendenstufen ab. Also einmal mit Blende 8 2/3 (10), dann mit 11 und dann mit 11 1/3
(13). Natürlich kannst du die Belichtungsreihe nach deinem Dafürhalten erweitern, aber nicht soviel,
weil die Unterschiede gering sind und du dich schließlich für eine "richtige" Belichtung nachher in
Photoshop entscheiden musst.
Falls in der Uni Farb- und Graukeil zur Hand sein sollten, dann bitte diese mitfotografieren, damit du
nachher in der digitalen Entwicklung auf die Keile hin Kontrast, Helligkeit und die Farbanpassung
vornehmen kannst.
Alle Aufnahmen kannst du mit der Einstellung "autom. Weißabgleich" fotografieren.
6. Digitale Entwicklung
Einiges habe ich ja schon vorweggenommen - aber solltest du im RAW-Modus reproduzieren
(empfehlenswert), dann solltest du mit diesem Grauwert, der beim Graukeil mit dem Buchstaben "M"
bezeichnet ist, deinen "Grau-/Weißabgleich" durchführen. Das Ergebnis könnte zu einem "kalten" Bild-
eindruck führen - deshalb kannst du im RAW-Modus von Photoshop die Farbtemperatur
geringfügig nach Augenmaß verändern.
Wenn du nicht mit dem RAW-Modus fotografierst, dann kannst du in Photoshop nachträglich den Farb-
stich ausfiltern. Ein kalibrierter/kalibrierbarer Monitor wäre da schon hilfreich. Allerdings reproduzierst du
nicht für den Druck, wie mir scheint, da würde für die Präsentation im Internet dein vorhandener
Monitor schon ausreichend sein.
Den Farbstich kannst du mit den Filtern Farbton/Sättigung, Farbbalance oder mit der selektiven
Farbkorrektur beseitigen.
Ich hoffe, dass dich die hier angegebene technische Anleitung nicht gleich erschlägt. Aber die gilt für alle zu reproduzierenden Aufsichtsvorlagen. Selbstverständlich ist der Einsatz eines Polfilters je nach Ölauftrag auf dem Gemäde (glänzend bis zum Geht-Nicht-Mehr) empfehlenswert.
In ganz schwierigen Fällen kannst du auch die Lampen so einstellen, wie beschrieben, jedoch nicht auf die Bildmitte ausgerichtet, sondern genau entgegengesetzt auf Styroporplatten, die im adäquaten Abstand stehen (Brandgefahr).
In meiner technischen Anleitung bin ich von einer Studioblitzanlage/Studioblitzlampen ausgegangen. Wenn du mit "heißem Licht" (Scheinwerferlicht) arbeitest, dann sind die gleichen technischen Vorgaben einzustellen - bis auf den Weißabgleich deiner Kamera. Der muss dann auf Kunstlicht, bzw. auf 3400 Grad Kelvin eingestellt werden und die Kamera natürlich auf eine längere Belichtungszeit.
Eine andere Art der Reproduktion, wenn man sie richtig machen möchte, würde ich nicht empfehlen. Die Reflektionseigenschaft der Farben auf den Bildern sind bei Naturlicht schwer in den Griff zu bekommen, da das Umgebungslicht meist nicht beachtet wird. Der Farbstich ist vielleicht weggefiltert, aber die Farben wirken blass und fahl, teilweise fehlen Farbbestandteile - man sagt auch dazu, dass die Farben wegkippen.
Das indirekte Licht, was an die Decke geblitzt wird, ist auch nicht zu empfehlen, da die Vorlage einen Helligkeitsverlauf von oben nach unten erhält, der nur unter Qualitätseinbußen ausgeglichen werden kann.
Also - frohes Schaffen und viel Erfolg!