Sehnsüchte in Fernbeziehungen
Hallo knutschi14111!
Zukunftsperspektive Ortswechsel?
Also ich habe für mich festgestellt, dass ich nicht hier weg will. Ich war schon unterwegs. War in Großstädten und Kleinstädten, habe unter anderem auch zwei Jahre im Ausland gelebt und eines Tages bin ich zurückgekehrt. Zu meinen Wurzeln. Diese Gegend, die Mentalität der Menschen hier, zwischen Ruhrpott und Landeshauptstadt, zwischen Rheinland und Bergischen Land... das hat für mich Bedeutung. Ich gehöre in dieses "Dazwischen". Hier kann ich, ich selbst sein.
Insofern sind die Zukunftsperspektiven einer Fernbeziehung für mich eingeschränkt.
Kein Fernweh.
Wie ist das bei Dir und Deinem Wohnort?
Bist Du bereits angekommen oder suchst Du noch nach dem passenden Ort für Dich?
Eine Fernbeziehung kann vorhandenem Fernweh zusätzlichen Schub verleihen.
Andere Wahrnehmung/ Anderes Beisammensein/ Andere Geborgenheit?
Fernbeziehungen nehme ich anders wahr als eine Partnerschaft. Mit einem Lebensgefährten will ich das Leben gemeinsam gestalten. Dazu gehört für mich der gemeinsame Ort. Seine Kreise, meine Kreise, gemeinsame Kreise, Alltagsleben. Wir stecken da beide drin. Viele Ereignisse betreffen uns beide und wir kämpfen uns da gemeinsam durch. Das ist meine Sehnsucht nach einem Lebensgefährten.
Eine Fernbeziehung ist dagegen mehr wie eine Urlaubsbeziehung. Eine Fernbeziehung hat mehr etwas von einer Insel im Alltag. Sie findet auf einem ganz anderen Level statt.
Der Partner ist ein Außenstehender.
Er hat die Perspektive eines außenstehenden Betrachters auf mein Leben und ich bin die außenstehende Betrachterin seines Lebens.
Das hat Vor- und Nachteile.
Wer kennt das nicht, dass er im Urlaub auch Mal über sein Leben nachsinnt? Und die Lockerheit in den Gesprächen über Gott und die Welt, welche sich mit Menschen von anderswo so spielend leicht einstellt? Wer kennt nicht die große Gelassenheit, mit der man sich auf die Themen des anderen einlassen kann? Einfach, weil es einen selbst nicht betrifft und auch gar nicht verletzen kann. Es ist einfach bloß das Leben eines anderen, weit weit weg. Und es kann spannend sein, sich in dieses fremde Leben hineinzudenken, nachzufragen, den eigenen Horizont zu erweitern... Die Wahrnehmung des anderen, seine Erzählungen sind die einzige Grundlage, die man hat, um sich ein Bild zu machen. Man kommt nie in den Konflikt "seine Wahrnehumg von Ergeignis XY" versus "meine Wahrnehmung von Ereignis XY". Auf dieser Gesprächsebene steht man schon Mal grundsätzlich immer auf einer Seite! Kann höchstens innere Widersprüchlichkeiten in den Schilderungen hinterfragen. Denn man war ja nicht dabei. Ist ja das Leben des Anderen.
So kommt man bei Fernbeziehungen bloß selten zu Streitgesprächen auf der Wahrnehmungsebene. Und wenn, dann betrifft es nicht die Verpflichtungen des Alltags... sondern bloß die gemeinsame Freizeitgestaltung. Ein Themenbereich, in dem wesentlich weniger Druck herrscht.
Summa sumarum: In einer Fernbeziehung kann es so viel leichter gegenseitiges Verständnis, Angenommen-Sein und Geborgenheit geben... Es ist viel leichter herzustellen. Kostet gar nicht so viel Mühe. Und schnell fühlen sich beide sehr gut aufgehoben.
Ich weiß aber:
• Ich fühle bloß die Geborgenheit in Gegenwart eines außenstehenden Betrachters!
• Ich fühle NICHT die Geborgenheit in Gegenwart eines Lebensgefährten!
Es ist nicht die Art der Geborgenheit, nach der ich mich sehne.
Auch, wenn es sich genauso anfühlt.
Das ist es nicht.
Es ist etwas anders.
Auch schön.
Aber anders.
Und wenn man zusammenzieht, kann es sehr enttäuschend sein. Bei einer Beziehung vor Ort gibt es diese Enttäuschung auch. Aber dort kommt sie im Rahmen des Zusammenwachsens in vielen kleinen Schritten...
Der Knackpunkt ist:
Nicht jeder kann ad hoc Verständnis für die Wahrnehmungen des anderen aufbringen, wenn er selbst betroffen ist und selbst unter Druck steht. Die wenigsten Menschen können das. Und selbst wenn, dann nie so gut wie man es als außenstehender Betrachter könnte. An einen Lebensgefährten dieselben Ansprüche zu stellen wie an eine außenstehenden Betrachter wäre utopisch, ja geradezu unmenschlich! Dem kann kein Mensch gerecht werden! - Dennoch hat man als Mensch seine Bedürfnisse. Da kommt der Verstand oftmals nicht mit.
Es gab eine Zeit, da fand ich Fernbeziehungen schön.
Eben weil mir dieses gegenseitige Verständnis für die Wahrnehmungen des anderen in Beziehungen vor Ort fehlte! Und weil ich mich früher auch noch nicht so gut abgrenzen konnte, wenn mir ein Partner meine Wahrnehmungen absprach.
Aber inzwischen ist das anders.
Meine Bedürfnisse die "große Geborgenheit des außenstehenden Betrachters" zu erleben, sind gestillt.
Wie ist das bei Dir?
Wonach sehnst Du Dich mehr?
Nach dem Gefühl von Geborgenheit?
Oder nach einem Lebensgefährten?
Was hat bei Dir Priorität?
Macht & Ohnmacht?
Nachteil bei einer Fernbeziehung ist die große Ohnmacht. Diese Ohnmacht, nichts tun zu können... praktisch nichts tun zu können außer dem geliebten Menschen mental den Rücken zu stärken und zu schauen, was dieser TUN kann.
Diese eigene Ohnmacht und die Ohnmacht des Partners erlebt jeder Mensch in einer Fernbeziehung. Ob nun Vanilla, Dom oder Sub. Sie ist schwer zu ertragen. Positiv betrachtet: Man kann lernen, damit umzugehen. Kann überrascht feststellen, dass manche Situationen sogar anders waren als gedacht. Dass es besser war, diese alleine meistern zu müssen. Während sich die Situationen herauskristallisieren, in denen man wirklich unstillbare Sehnsucht nach einem Weggefährten und Mitstreiter vor Ort hat.
Und im BDSM kann die Ohnmacht noch viel deutlicher spürbar werden.
Wer wünscht sich schon einen ohnmächtigen Dom?
Auch da kann es schön sein zu erkennen, welche Sehnsüchte sich in Luft auflösen und welche langfristig Bestand haben...
Klarheit. Selbsterkenntnis. Darauf konzentriere ich mich. Dann ist das Mangelerleben weg und ich kann meine Sehnsüchte genießen. Sie sind Teil meines Motors. Mein Antrieb.
Wie ist das bei Dir?
Wie viel Eigenmächtigkeit willst Du Dir bewahren?
Welche Macht willst Du verleihen und passiv erleben?
Liebe Grüße!
Galinthias