Die schöne "Alte Schule"

Was ich mich frage:

Kajira, Du bist 42 und redest von den guten alten Werten.

Da habe ich das Gefühl meine verstorbene Grossmutter redet mit mir...

Die guten alten Zeiten gab es nie ...... Meine Grossmutter hat davon geredet und ihre Grossmutter bereits.

Ist sowas wie der Mercedes /8 W114/115 war der letzte echte Benz, dann hiess es danach der W123 war der letzte echte Benz und dann hiess es der W124 (erste E-Klasse) war der letzte echte Benz und irgendwann wird es heissen der aktuelle W212 (E-Klasse) war der letzte echte Benz.

Das ist Nostalgieschwärmen von etwas was es nie gab. Die gute alte Zeit gab es nie ..... und wird verklärt ........ Die gute alte Zeit war Kaiserreich und Unterdrückung der Massen oder danach die Hitler-Diktatur und die Unterdrückung der Massen. Allenfalls waren vielleicht die 60 bis Mitte 90iger eine halbwegs freiheitliche Zeit, aber das ist ein anderes Thema.....

Ich bin in etwa so jung wie Du Kajira und ich denke meine Mutter hat mir durchaus Höflichkeit mit auf den Weg gegeben, halbwegs modern, manchmal (leider) altmodisch, mein Vater war Cosmopolit, liberal und modern, hatte aber auch Anstand und Umgangsformen. Aber die gute alte Zeit war bei uns eher ein Schreckensbegriff an historisch gottlob überwundenen Zeiten....

Höflichkeit, Anstand, Umgangsformen, Aufmerksamkeit hat nichts mit den guten alten Werten zu tun, sondern ist immer aktuell und zwar im veränderten Kontext der jeweiligen Zeitepoche.

Und das andere Thema, wie sehr und wie weit Sub und Frau ihren Mund in der Öffentlichkeit aufmacht, ist eine stets individuelle Definition eines jedes einzelnen Mann-Frau / Dom-Sub-Paares. Da gibt es kein falsch oder richtig.

Eine in der Öffentlichkeit starke Sub, besser Frau, die mir als berufliche Partnerin, Assistentin und private Komplizin zur Seite steht oder mich in Diskussionen begleitet und unterstützt finde ich erstrebenswert, macht mich stolz genau wie für mich umgekehrt Frau und Sub stets meine Rückendeckung hat.

Eine beruflich fruchtbare Partnerschaft, eine private Partnerschaft wie auch Dom-Sub-Beziehung ist stets so etwas ähnliches wie eine Beziehung mit dem richtigen Komplizen oder Komplizin bei einem Banküberfall

Mit allem hier Gesagten erhebe ich keinen allgemein gültigen Anspruch, es gibt nur meine Sichtweise wieder. Für weitere Nebenwirkungen fragt man bitte seinen Arzt, Apotheker, Psychologen, Juristen und sonstigen Therapeuten ...


Duck und weg .....

PS:
Ich finde BDSM verbindet die Leute hier genauso stark oder wenig wie es Leute verbindet Europäer oder Deutsche zu sein.

Unter uns BDSMlern gibt es so viele verschiedene Ansichten und Betrachtungsweisen wie es so viele unterschiedliche Ansichten und Betrachtungsweisen und Interessen innerhalb der Deutschen als Beispiel gibt.

Ist nicht anders in einem Mercedes-Forum.
Der kleinste gemeinsame Nenner ist das gemeinsame undefinierte Interesse an Mercedes. Wie jeder dieses Interesse an Mercedes definiert - ja da fängt der Unterschied schon wieder an, für den einen ist sein Benz Liebhaberwagen und für den anderen ein Alltagswagen oder gar Gebrauchsgegenstand .....

So unterschiedlich sind die Menschen, trotz gleichen Grundinteresses an etwas - hier dem BDSM ......

Hm...

Anstand, Höflichkeit und gutes Benehmen hab ich meinen Kindern beigebracht...

Von meinem Herrn ?
Wenn er will und Lust drauf hat, hab ich Glück, aber von meinem Herrn zu erwarten, dass er mir die Tür aufhält ?
Da könnte ich im Fall der Fälle lange vor der Tür stehen...

Und im Zweifelsfall käme der Satz: "Wenn du allein nicht in die Klamotten kommst, geh ohne..."

Wie gesagt, er ist sehr höflich...
Wenn er will, nicht weil ich das gern so hätte...

Und die "gute, alte Zeit" ?
Die seh ich auch nirgends...
Wenn man genau hinschaut...

Höflichkeit ist keine Form des BDSM, sondern ein Wert im gesellschaftlichen Leben.
Jeder soll sein BDSM so leben wie er es möchte. Wer aber meint, Höflichkeit hat nur von Sub auszugehen, darf sich nicht wundern, wenn er im Alltagsleben ins Gerede kommt.
Ein Dom, der allgemeine Höflichkeitsregeln außer Acht lässt, geht bei mir eher in Richtung Macho- oder Dummdom.
Die meisten Doms, die wir kennen, sind sich nicht zu Schade, der Sub z.B. Feuer zu geben, um die Zigarette anzuzünden.

Na, da ist wohl jemand im gleichen Forum Wobei ich persönlich nicht glaube, dass früher alles besser war. Es gab sicherlich früher in heimischen Schlafzimmern BDSM-Elemente in Beziehungen mit mäßigem Erfolg. Man hörte nur weniger drüber, weil die Welt nicht so vernetzt war. Die "gute alte Zeit" ist nur eine rückwärts gerichtete Utopie. Heutzutage erfährt man halt viel schneller, wie viele verschiedene Leute es gibt, während es früher halt zuhause oder in kleinen Gruppen lief. Die Welt ist vernetzter und auch offener, weshalb man halt mehr mitbekommt.

Wenn du von "alten Werten" redest, darfst du nie vergessen, dass die auch vor fünfzig Jahren extrem von der Gruppe abhingen und es keineswegs standardisierte BDSM-Werte gab, denen alle gefolgt wären. Auch vor fünfzig Jahren gab es sicherlich Missbrauchsbeziehungen, es gab Arschlöcher und Egomanen - nur gab es kein Internet, wo man von solchen Leuten gelesen hätte.

Gute alte Werte sollten im Alltag im zwischenmenschlichen vorhanden sein und nicht nur im Bdsm ,da müssen sie 2 Menschen zwischenmenschlichen begegnen : oder nicht?

BoP (w)

Ich ersetze mal im Kopf für die alte Schule mit dem Begriff "Gentleman", da ich nur für mich sprechen kann.

Meine Eltern waren ganz einfache Leute mit vier Kindern, die ohne Knigge oder ähnliche Leitfäden einfach ihr leben meistern. Sie lehrten mich Rücksicht auf Andere zu nehmen, die gute alte katholische Kirche tat ihr übriges dazu. Das war meine Initiale soziale Prägung.
Einen persönlichen Stil in Benehmen, Umgang mit Menschen, Höflichkeit und kleinen Formalien eignete ich mir aus freien Stücken an. Er enthält Teile dieser "alten Schule", das ursprüngliche Bushido, Teile meiner Vorstellung wie die Welt sein sollte.
Und in meiner Welt sind Frauen eben bitte "Frauen" im besten Sinne von attraktiv weiblich. Und Männer ritterlich / Gentleman. Mein Weltbild, meine Ideale.
Und die haben so gar nix mit BDSM zu tun....
Da trage ich sie mit hinein und behandele meine Eine entsprechend.
Und das 24/7 und eben nicht nur in den SM-Momenten...

Übrigens unterliegt die sogenannte alte Schule regelmäßigen Aktualisierungen
Der Knigge wird regelmäßig neu aufgelegt, es gab mal eine Auflage speziell für den Umgang unter Eheleuten..... Der Zeitgeist ist immer Teil solcher Werte.

Ob jemand nun gerne der alten Schule, der älteren Schule, der furchtbar alten Schule etc. folgen möchte - sein Ideal.
Aufmerksamkeit, Rücksicht und Höflichkeit hingegen halte ich für universell - egal ob Dom oder Sub...

Und zu der Sub, die sich auch so verhält.....
Wenn ich jemals mehr als zwei Subs mit unterschiedlichen Herren treffe, die sich identisch verhalten, bin ich wohl in Steppford gelandet :-))
Ich liebe die Individualität unserer Szene - und die Freiheit so leben zu können, wie ICH es will...

ImhO
Shin