Mein Smartphone und ich
Das Thema ist sehr weit gestellt und ich möchte mich bei meinen Bemerkungen auf den Gegenstand beschränken, der vermutlich die Menschen in ihren Verhaltensweisen und in ihrer Kommunikation am schnellsten und am tiefgreifendsten verändert. Das ist das Smartphone.
Im Gegensatz zu anderen revolutionären Erfindungen wie das Buch, das Telefon oder der Fernseher, die viele Jahre brauchten, um die Masse der Menschen zu erreichen hat das Smartphone binnen weniger Jahre mehr oder weniger die ganze Menschheit fest im Griff. Und es ersetzt bzw. bündelt praktisch alle bisherigen Medien und Kommunikationsformen - das Buch, den Brief, das Telefon, den CD-Player, das Fernsehen, die Landkarte usw. und schafft eine unübersehbare Fülle von neuen Möglichkeiten.
Grundsätzlich sehe ich diese Erfindung ganz neutral, unvermeidbar und als gegebene Tatsache. Die entscheidende Frage lautet:
Wer steuert hier wen? Bin ich Herr über das, was ich mit diesem Ding anfange oder gewinnt dieses immer mehr - mit und ohne mein Wissen - die Kontrolle über meine Verhaltensweisen und meine Kommunikation?
Wie viele spüre auch ich ständig diese Versuchung, meine Aufmerksamkeit nicht auf mich, meine Mitmenschen und die Welt um mich zu richten, sondern auf dieses kleine Ding mit den unendlichen Möglichkeiten. Wenn man nicht - wie viele Menschen meiner Generation - solchen Dingen grundsätzlich skeptisch gegenübersteht und es auch nicht richtig bedienen kann, dann erfordert es ganz schön viel Bewusstsein und Disziplin, vernünftig damit umzugehen. Doch das kann man in Griff kriegen.
Schwerwiegender ist für mich die Tatsache, dass dieses Ding mein Leben komplett dokumentiert und eventuell auch für andere transparent macht. Sarkastisch könnte man sagen: Es kennt mich besser als ich selbst, da es nichts vergisst. Obwohl ich selbst Informatiker bin und auch Apps für Smartphones schreibe - oder gerade deswegen - bin ich nicht immer sicher, was genau dieses Gerät von meinem Leben ins große Fass von Big Data weitergibt, wo diese Informationen dann für lange Zeit lagern und meinem Zugriff entzogen sind.
Meiner Meinung nach dient diese Daten-Sammelwut von Google und Co. zur Zeit ausschließlich dazu, meine Konsumgewohnheiten zu ergründen und mich mit personalisierter Werbung zu beglücken. Damit kann ich leben. Manchmal ist es sogar praktisch, oft eher lästig.
Ohne jetzt in düstere Verschwörungsszenarien zu verfallen sehe ich doch die Gafahr, dass diese - zum Teil freiwillige - Totalüberwachung auch für andere Zwecke missbraucht werden kann.
Unterm Strich genieße ich zur Zeit noch die Möglichkeiten die mir die technische Entwicklung gibt. Doch ich möchte wach bleiben, mich nicht völlig von diesem Ding abhängig machen und es auch mal eine Weile ausgeschaltet lassen. Das ist nicht einfach und man weiß auch nie genau, was es so treibt, wenn es schläft.