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„There is a world and people elsewhere.“

********d_or Paar
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Themenersteller Gruppen-Mod 
„There is a world and people elsewhere.“
Wir steigen auch mal ein und es soll ausdrücklich nicht um Empfehlungen, How to's o.ä. gehen, sondern ausschließlich um Geschichten vom Reisen und Begegnungen - hier natürlich im Bezug auf die U.S.A. Manchmal lustig, manchmal nachdenklich oder melancholisch, aber hoffentlich nie langweilig, wollen wir Euch mitnehmen. Es handelt sich um uns und unsere Empfindungen. Kommentare sind erwünscht.
********d_or Paar
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Désirée
Welcome to the City of Bayonne

2016 beschlossen wir in die U.S.A. zu fliegen. Durch familiäre und verwandtschaftliche Beziehungen im Bereich New Jersey und New York war das Ziel auch fast vorgegeben. Es stellte sich die Frage der Unterkunft und wie es so ist, waren die No's schneller da als die Yes's. Also, wir wollten kein Hotel und wir wollten auch der Verwandtschaft nicht zur Last fallen. Besuchen ja - drei Wochen bleiben nein. Und was Hotels angeht, so können wir uns bis heute nicht so wirklich mit der Anonymität und der aufgesetzten Freundlichkeit anfreunden. Natürlich gehen wir auch in Hotels, aber wenn es besseres gibt...

So kamen wir auf die Idee, AirBnB zu nutzen. Das Konzept, sich bei ganz normalen Leuten wie Du und ich einzumieten, gefällt uns immer noch. Man lernt Land und Leute besser kennen, als es in oder von Hotel aus geht. So begann die Suche und wir fanden ein geeignetes Objekt in Bayonne, New Jersey. Wtf is Bayonne?

Bayonne liegt auf einer Halbinsel zwischen der New Jersey Bay, dem Kill Van Kull und der Upper New York Bay südlich von Jersey City. Die Stadt, in frühen Jahren Stadt der Fischer, des Bootsbaus und des Tourismus ist heute eine Stadt umringt von Frachtterminals, Dockanlagen und der Petrochemie. Tourismus ist daher heute kein Thema mehr.

Aber nochmal ein paar Stunden zurück. Gelandet wurde in Newark. Dort holte uns unser Schwiegersohn ab und brachte uns nach Bayonne. Das ersparte uns zunächst die Orientierung mit Bahn und Bus an unser Ziel zu kommen. Alles Weitere erkundeten wir dann von unserer Unterkunft aus. Und vor der standen wir jetzt und dachten uns auf dem ersten Blick: Wo sind wir denn hier gelandet? An der Straßenfront empfing uns eine umgebaute Halle - so im Stil einer kleinen Autowerkstatt. Zwischen dieser Halle und einer kleinen Mauer - die später noch richtig interesant wurde - führte uns ein schmaler Weg zu einer, sagen wir typischen "amerkanischen" Tür. Zunächst zogen wir also dieses knirschende "mückenundfliegendraußenhaltende" Teil in unsere Richtung auf, um dann die eigentliche Tür über einen Drehknauf zu öffen. Uns stellt sich immer wieder die Frage, wie eine solche Tür ungebetene Gäste ausschließen kann. Ein kräftiger Schlag würde sicher ausreichen, um die Tür zu öffen. Das fliegende Zeug "scheitert" ja schon hoffentliche an der ersten Barriere. Innen eröffnete sich uns ein größerer Raum, mit Küchenzeile und einem großen runden Tisch, der mit geöffneten Büchern und einem ebenso offenen Notebook bedeckt war. Und hier saß Désirée.

Désirée war geschätzt Mitte 20, hatte kubanische Wurzeln und studierte Jura. Sie wohnte hier nicht, hatte aber mit dem Besitzer dieser Unterkunft, der auf Hawaiʻi lebte, den Deal, dass sie sich um die Gäste kümmert. So gesehen war sie hier die Managerin und hatte aufgrund unseres längeren Aufenthalt selbständig entschieden, den größeren Raum für uns bereitzuhalten. Sie wäre auch die meiste Zeit vor Ort und manchmal auch in der Nacht, wenn es spät wurde und sie keine Lust mehr hatte, nach Hause zu fahren. Sie erklärte uns alles, zeigte uns die Gemeinschaftsküche in der wir alles nutzen durften und wies uns ebenfalls einen Platz im Kühlschrank zu.

Und das ganze Gebäude war tatsächlich eine alte Werktatt, die man mit Leichtbauwänden unterteilt hatte um so "vermietbare" Räume zu erhalten. Unserer hatte somit eine Dusche, eine Toiltette und ein großes Bett und kein Fenster. Nur eine mit Motor ausgestattete Dachlucke brachte ein wenig Tageslicht in den Raum. Darunter hing auch eine Klimaanlage, die wir nur nutzten, um ein wenig die Stauwärme des Tages abzukühlen. Nachts war uns das Ding einfach zu laut. Um es kurz zu machen: Es war ein Provisorium ohne jeglichen Komfort und ... einfach Klasse! Kein Hotel hätte uns das bieten können. Erfreulich war auch - so nebenbei bemerkt - der Preis von 35 $ pro Tag und die absolute Sauberkeit - dafür sorgte Désirée!

Und Désirée erklärte uns ausführlich, wie man ohne Auto aus Bayonne herauskommt, wo man Wäsche waschen kann und wo der nächste ShopRite zu finden ist. Wir sahen uns morgens, wenn sie wieder über ihre Bücher hing und manchmal abends, wenn wir zurück kamen. Bis auf ganz wenige Tage, verbrachten wir die Zeit nie dort. Und das ist auch immer unsere Einstellung: Warum Unsummen für eine Unterkunft bezahlen, in der man sich nur Nachts aufhält. Und wann immer Désirée uns sah, fragte sie, ob alles ok ist. So manches mal hatten wir Gelegenheit uns länger mit ihr zu unterhalten, erfuhren etwas über ihre Herkunft und erzählten ihr von Europa, das sie gerne mal besuchen möchte.

Doch einmal schimpfte sie mit uns: Wir hatten uns von einem Cousin in Monmouth Beach, NJ einladen lassen und dort auch übernachtet. D.h. wir verließen unsere Unterkunft wie jeden morgen und kamen am Abend nicht zurück. So machte sie sich Sorgen und hatte den ganzen Abend und die Nacht keine Ruhe gefunden. So trug sie uns auf, zukünftig eine Nachricht zu hinterlassen, wenn wir mal wieder über Nacht wegbleiben.

Um noch einmal auf Bayonne zurück zu kommen: Wir hatten ja wirklich nicht vor in Bayonne unseren Urlaub zu verbringen. Wir waren ja jeden Tag unterwegs. Unser Fußweg führte uns jeden morgen von der W 20th St zur etwa 800 Meter entfernt liegenden 22nd Street Station. Von dort ging es mit der Hudson-Bergen Light Rail an alle für uns relevanten Stationen: Liberty State Park, Exchange Place oder Newport. Besonders der Exchange Place in Jersey City wurde von uns sehr oft angefahren. Nicht nur, weil man hier einen wunderbaren Ausblick über den Hudson River auf Manhattan hat, sondern weil man von hier aus mit der PATH sowohl zur PennStation in Newark eine Verbindung hat, wie auch zum Worldtradecenter.

Ach ja, da war ja noch unser Mäuerchen. An einem Tag blieben wir tatsächlich in Bayonne und nutzten den Tag um Wäsche zu waschen und einzukaufen. Während des Einkaufens kam uns die Idee, dass wir uns ja mal für den Abschluss des Tages etwas gönnen können. Wir verließen also den ShopRite, liefen um das Gebäude herum um "verstohlen" durch den Hintereingang in den Spirituosen-Laden zu kommen. Da kauften wir dann eine Flasche Gin. Doch was ist Gin ohne Tonic? Also mit der Flasche Gin wieder auf die Straße, vorne erneut in den ShopRite um dort eine Flasche Tonic zu kaufen. Recht kompliziert, aber so ist das in manchen Bundesstaaten. Am Abend mischten wir uns einen großzügigen Gin Tonic - deutlich ginlastig - und begaben uns auf unser Mäuerchen. In der warmen Sommerluft beobachtete wir die Menschen die noch auf der Straße unterwegs waren, besonders die, die im BBQ Imbiss an der Ecke ihre Bestellung abholten. Auf den ersten Gin Tonic folgte der zweite und bald auch der dritte. Dann war die Flasche Gin leer ... C. hat ein Jahr keinen Gin Tonic mehr getrunken.

Mittlerweile ist das fast acht Jahre her. Die Unterkunft wird nicht mehr über AirBnB angeboten. Von Désirée haben wir nichts mehr gehört. Wir hatten sie eingeladen, falls sie es mal nach Europa schafft, bisher hat sie sich nicht gemeldet. Ob sie ihr Jurastudium geschafft hat? Wir wissen es nicht. Aber die Erinnerung ist geblieben, an die sich sorgende Désirée und die ein Jahr andauernde Gin-Allergie *zwinker*

Text und Foto: Reflets d'Or
"Unsere" Straße in Bayonne (W 20th St)
Die Unterkunft mit unserem Mäuerchen
Bayonne, NJ
Bayonne Bridge über den Kill Van Kull
**********essen Mann
5.235 Beiträge
01.02.2024
@********d_or


This has melted my heart because I was born and raised in Staten Island, a part of New York City, which is located on the other side of the Bayonne Bridge. I have walked this bridge many times, and I am very happy and jealous that you both had spent time there.

Your photos had brought tears to my eyes, since I understand the beauty within the limits of the Tri-State area [New York, New Jersey, and Connecticut].




Dies hat mein Herz zum Schmelzen gebracht, denn ich bin in Staten Island, einem Teil von New York City, geboren und aufgewachsen, der sich auf der anderen Seite der Bayonne Brücke befindet. Ich bin schon oft über diese Brücke gelaufen und ich bin sehr glücklich und neidisch, dass ihr beide dort Zeit verbracht habt.

Ihre Fotos haben mir Tränen in die Augen getrieben, denn ich weiß, wie schön das Dreistaatengebiet [New York, New Jersey und Connecticut] ist.


lg aus Wiesbaden-Delkenheim, Hessen *hessen*

John
*anbet* *liebhab* *hutab*
Bayonne Brücke über Kill Van Kull in Richtung Staten Island von New Jersey aus. Die nächste Ausfahrt befindet sich in der Nähe des Hauses meiner Eltern.
Bayonne-Brücke über den Kill van Kull, blick vom amerikanischen Fußballplatz der Port Richmond Hochschule, Staten Island, NY
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