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Queer tanzen?

*******Guy Mann
23 Beiträge
Themenersteller 
Queer tanzen?
Was zur Hölle ist denn eigentlich queeres Tanzen?

Da dieses Thema in der Tanzpartnerbörse aufkam, aber meiner Ansicht nach nicht dort diskutiert werden sollte, mache ich einfach mal nen neuen Thread dafür auf...

Da ich leider selbst nicht gerade versiert bin, was Queer Theory angeht, verweise ich der Einfachheit halber lieber auf den (sorry, sehr wissenschaftliche gehaltenen) Wikipedia-Artikel:
http://de.wikipedia.org/wiki/Queer-Theorie
(Vielleicht kann ja wer auch noch was Fundiertes zu dem Thema beitragen?)
In dem hier gegebenen Zusammenhang ist der folgende Ausschnitt für mich der relevanteste:

"Die Queer-Theorie geht davon aus, dass geschlechtliche und sexuelle Identität nicht „naturgegeben“ sind, sondern erst in sozialen und kulturellen Prozessen konstruiert werden. [...] Die neuere Queer-Theorie beschäftigt sich nicht nur mit der Dekonstruktion von Sexualität, sondern mit allen Aspekten der Kultur, wobei immer wieder ein Bezug zu Geschlechtern und Geschlechterrollen hergestellt wird, vor allem aber Ausbeutungsverhältnisse kritisiert werden."

Paartänze sind in meiner Wahrnehmung sehr auf bestimmte Geschlechterrollen festgelegt, die oft so funktionieren: Der "Mann" führt, also bestimmt, was passiert, während die "Frau" ihm folgt und dabei gut aussieht.
Nun will ich gar nicht behaupten, dass die tanzenden Menschen so auch außerhalb des Tanzparketts denken, das wäre sicher absurd. Aber auf dem Parkett ist diese Rollenverteilung, die eigentlich erstmal nur Funktionen beinhaltet (quasi: "führen" und "folgen") eng an das Geschlecht der jeweiligen Personen gebunden. Eine Umkehrung dieser Bindung ist außerhalb von queeren Parties schon eher ungewöhnlich und wird als Störung wahrgenommen (in dem Sinne, dass es nicht der Norm entspricht und daher sehr auffällt - dies heißt nicht, dass mensch dafür rausgeworfen wird...).

Um es kurz zu machen: für mich kann Queer Tanzen bedeuten, in vertauschten Rollen zu tanzen. Oder während des Tanzens immer wieder zu switchen. Oder mit egal-geschlechtlichen ( *hm* ) Partner_innen zu tanzen... Ich finde es absurd, "führen" zu sollen, einfach nur weil ich "Mann" bin. Ich finde, dass beides seinen Reiz hat.
**********gel24 Mann
345 Beiträge
Bisexueller Tango
Ich habe mal fast ein Jahr lang Bisexuellen Tango angeboten .... dabei haben Männer und Frauen mit Männern und Frauen getanzt. Selbst ich, der immer ganz klar für die führende Rolle war, hatte mich mal von meiner Ex führen lassen .... es war echt ein ungewöhnliches interessantes Gefühl. Man sollte es vielleicht wirklich mal ausprobieren, einfach um zu spüren, wie es ist und sich besser hineinzudenken.
Da ich den Kurs angeleitet habe, war es eh auch mal ganz gut, das zu spüren, denn man muss ja auch die Frauenschritte vortanzen ....

Leider sind wir nicht so weit gekommen wie geplant .... dass wir wirklich eine Formation mit Partnertausch *zwinker* und Tanzen zu dritt erreicht haben. Das wäre echt noch lustig gewesen.
Ich empfinde es ehrlich gesagt als riesige Erleichterung, beim klassischen Paartanz endlich einmal ohne Wenn und Aber die Rolle der geführten Frau einnehmen zu dürfen. Ich genieße es zu spüren, wie die verschiedenen Männer mich führen, wie ich mich auf den einen oder anderen Mann einlasse.

Im "normalen" Leben bin ich erfolgreich, selbstständig, trage viel Verantwortung und führe. Im Umgang mit anderen bin ich mal so, mal so, aber ich empfinde es tatsächlich so, dass mir im Umgang mit dem anderen Geschlecht oft eine Rolle aufgedrückt wird, und nicht selten ist es die der "dominanten" Frau. Die "Frau von heute" kann es sich ja kaum leisten, das "Weibchen" raushängen zu lassen und sich auch im normalen Leben einfach mal führen zu lassen. Immer stark sein, immer den Ton angeben, das ist auf Dauer sehr anstrengend.

Und das ist ein Grund, warum ich den klassischen Paartanz so mag. Ich würde genau aus diesem Grund niemals "queer" tanzen wollen. Mal ganz davon abgesehen, dass man, um führen zu können, auch einfach bestimmte Dinge wissen muss. Wann und wie zeige ich der geführten Person, dass ich jetzt diesen Schritt tanzen will? Denn ganz so einfach wie oben beschrieben ist es ja nicht: Der Mann führt und die Frau wird geführt, ok... aber beide tanzen unterschriedliche Schritte und müssen unterschiedliche Dinge wissen, um gut gemeinsam zu tanzen.
*******Guy Mann
23 Beiträge
Themenersteller 
Kleines Missverständnis.
Nuja, dass es die Möglichkeit gibt, queer zu tanzen, impliziert ja nicht, dass jede_r das machen muss.

Ich wollte ja auch nicht die Probleme abarbeiten, die es macht, zu führen oder zu führen, sondern es ging um eine Erklärung queeren Tanzens. Dass führen nicht einfach ist, weiß ich ja nun selbst, und ich kann nicht sagen, dass es mir im Blut liegt, bloß weil ich Mann bin. Ebenso, wie ich geführt werden nicht einfach finde, weil ich dabei interpretieren muss, was jemand anderes von mir will.
Ebenso ist es eher eine Binsenweisheit, dass die Schritte andere sind, je nachdem welche Rolle ich tanze.

Bloß finde ich lustig, implizit durchzulesen, dass Männern das "Führen" quasi angeboren ist und Frauen nicht, die sich eigentlich nach "ihrer" Rolle zurücksehnen. Der des schwachen Weibchens oder so (sorry, überspitzt). Wow. Nein, Schwäche kenne ich nicht, und geführt werden ist wider meine Natur? Und geführt zu werden kann ich nicht genießen? Das halte ich ja nun alles für ein Gerücht und ich dachte, mittlerweile wären solche Geschlechterirrtümer widerlegt.

Letztlich geht es darum, Raum zu schaffen für neue Möglichkeiten, Normen aufzubrechen. Wie gesagt, es müssen nicht alle machen, können aber alle, wenn sie Lust drauf haben. Und vielleicht wird es irgendwann akzeptiert und es muss niemand mehr Worte darüber verlieren.

@*********ngel: Nette Idee. Ich finde auch, dass es einem schon weiterhilft zu fühlen, wie es ist, auf eine bestimmte Art und Weise geführt zu werden.
wow
na das ist ja ne riesen-antwort auf meine frage (in dem anderen thread). vielen dank.

ich hab ja kontakt-improvisation gemacht. und da gibt es keine klar verteilten rollen. führen kann ein element sein, das besondere aufmerksamkeit bekommt, muss es aber nicht, genau wie viele andere elemente. es kann klar sein, wer führt und wer geführt wird, dies kann am geschlecht festgemacht werden oder nicht. und es kann auch ein fliessender übergang sein, wo beide / alle ein bisschen führen und sich führen lassen, wie im echten leben halt. ich werde auch gerne mal geführt.

ansonsten:
also ich glaube mir als hetero-mann sind dann die egal-geschlechtlichen partnerinnen *lalala* lieber als die egalgeschlechtlichen partner *zwinker*
Ich habe auch schon Contact gemacht, kann das aber gar nicht mit dem klassischen Standardtanz vergleichen. Bei Contact geht es (mir) eher darum, mich einzulassen, in den anderen hineinzuhorchen. Da bin ich mal die führende, mal der andere. Das ist sehr spannend.

Ebenso ist es eher eine Binsenweisheit, dass die Schritte andere sind, je nachdem welche Rolle ich tanze.

Mag ja sein, dass das eine Binsenweisheit ist, Fakt ist jedoch, dass man schon allein aus diesem Grunde nicht einfach erwarten kann, dass die Tanzenden ihre Rollen tauschen. Ich bin völlig überfordert, wenn ich mal einen Mann führen muss, der nicht weiß, wie's geht...
kann es nur bestätigen
macht tierisch laune mit seinem besten freund zu tanzen wenn er denn die männerrolle hat aber auch schnell zu tauschen
dasselbe mit ner frau
echt spaßig und schult auch die koordination
und egal was die anderen denken
spaß muss sein


ps hab des schon immer so gemacht nur ohne irgendeinen analytischen hintergrund


gruß totti
*******Guy Mann
23 Beiträge
Themenersteller 
Umso besser *g*
da hätten wir auch viel zu tun, wenn wir uns für alles, was wir tun, einen analytischen Hintergrund zurechtlegen würden... *klugscheisser*
Welcome Every Body!

Seit dem Jahr 2000 gibt es das Internationale Queer Tango Festival, damals das erste Ereignis dieser Art, weltweit. Die Idee des Queer Tango geht seither um die Welt und treibt vielfältige Blüten. Das Festival war und ist gedacht als Tangoheimat für Frau/Frau-, Mann/Mann- und Frau/Mann-Tanzpaare, die sich jenseits gewohnter Bilder und Klischees bewegen. Die Queer-Tango-Idee war geboren.

Queer steht nicht nur für die schillernde Vielfalt von Sex- und Genderfragen. Die Queer Theory gibt Impulse, den Tango für mehr Möglichkeiten zu öffnen. Der Tango kann in seiner Essenz von heteronormativen und geschlechtsspezifischen Begrenzungen befreit und so sein Potenzial zu einem gleichberechtigten Dialog gesehen werden.

Inzwischen geht die Idee des Queer-Tango um die Welt! Regelmäßige Queer Tango Festivals gibt es mittlerweile in *hamburg* Stockholm und Buenos Aires und in diesem Jahr erstmals auch in Köln, San Francisco und während der World Outgames in Kopenhagen. Kontaktdaten zu diesen und weiteren internationalen Queer Tango Adressen lassen sich auf der Linkseite finden.

aus queer-tango.de


mir macht es spaß, auch mal queer zu tanzen *yo* *lach*
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