Ich habe mir noch einmal Deinen Eingangspost durchgelesen.
Deinem Streitgespräch mit @*******2019 konnte ich per einmaligem Lesen schnell nicht mehr folgen. Weil ich mir mehr Zeit nicht nehmen wollte, bin ich da ausgestiegen. Ich setze also einfach noch einmal ganz neu an.
Das Problem, verlässliche Quellen und Experten zu finden und beurteilen, kenne ich natürlich auch.
Eine ganz wichtiger Faktor ist meine eigene bereits vorhandene Kompetenz: Zu einigen Themen habe ich einfach schon viel gelesen, erfahren oder in Diskussionen gelernt. Ich kann also Fakten oder Argumente zu diesem Thema einordnen: Ich erkenne typische Anfängerfragen wieder oder höre Einwände, die ein anderer bereits an anderer Stelle tiefschürfend erörtert hat. Oder ich stoße auf etwas, was über den Rand des mir bisher bekannten Wissens hinausgeht, aber nachvollziehbar Bezug nimmt auf die Gesamtheit der Fakten, die ich und andere dazu schon kannten und entwickelt von dort neue Gedanken. Dann kann ich dem folgen und prüfe das mit meinem Wissen auf Plausibilität. Wenn ich Glück habe, erschließt sich mir die Argumentation, dann vertraue ich ihr. Finde ich selbst Widersprüche, bleibe ich skeptisch, aber aufmerksam. Wenn ich Pech habe, kann ich nicht mehr folgen und bin ab diese Punkt eben unsicher.
Da ich vermute, dass ich nicht der einzige bin, der die Quelle kennt, und auf den Gegner des Autors vertraue
google ich dann vielleicht "Kritik Autor xy/Thema xy". Nicht selten findet man dann schon Hinweise a la "Die Veröffentlichung xy erlangte viel Aufmerksamkeit. Die Thesen gelten aber unter Fachleuten als umstritten, da der Autor ….").
Ganz anders ist es auf Gebieten, wo ich viel zu wenig eigene Fachkompetenz habe. Z. B. beim Thema Physik. Da staune ich z. B. selbst zunächst über traumhaft plausibel klingende alternative Energiequellen
Hier hilft mir dann der gesunde Menschenverstand und die Erfahrung aus anderen Gebieten: Was zu einfach klingt, keinen Bezug auf allgemein bekannte Argumente nimmt, als Wissen von Querdenkern präsentiert wird, die "vom Establishment" angeblich ignoriert und behindert werden usw., findet außer ähnlich dubiosen Gestalten meist keinen als seriös bekannten Fachmenschen, der diese Thesen ernsthaft einer Prüfung unterzog.
Im Verlauf der Coronapandemie konnte man anhand der Formulierungen verschiedener sog. Experten recht gut erkennen, wie seriös die Äußerungen waren: Je seriöser, desto vorsichtiger, mit Hinweisen auf den Umfang der Datenquelle und das Bestimmheitsmaß der Sicherheit der Aussage. Das sind einfach Standards in wissenschaftlicher Arbeit; fehlen sie, sind Zweifel angebracht. Vertrauen erweckt bei mir auch immer, wenn ein Experte die Kritik anderer an seinen Aussagen zitiert und darauf mit seinen Argumenten eingeht - der klassisch dialektische Versuch der Wahrheitsfindung.
Eine Frage, die ich mir grundsätzlich immer stelle, lautet: Was nützt es dem anderen, dies zu sagen/behaupten? Was ist sein Motiv? Wie kann er davon profitieren, wenn wir ihm glauben?
Das kann ggf. eine einseitige Argumentation entlarven. Zumal die Verfechter bestimmter Thesen meist der Versuchung nicht widerstehen können, für ihre Ideologie zu werben bzw. ihre Gegner zu diffamieren.
Jenseits der fachlichen Argumente lohnt natürlich die Analyse der rhetorischen Figuren. Das ist ja quasi Dein Heimspiel
Und klassischer Logikfehler bzw. unsauberer wissenschaftlicher Methoden.
An diesem Punkt breche ich eine Lanze für Angebo: Wenn man immer und immer wieder die gleichen Fehler bzw Manipulationstechniken hört (zb Kausalität vs. Korrelation oder aber whatabtism/Gegenvorwurf oder Glaube vs. Wissen) und dann diese mit null Toleranz abschmettert, hat das für mich nichts negativ Oberlehrerhaftes - wer diese Fehler in Kreisen, die sich der anspruchsvollen Diskussion verschrieben haben, immer wieder begeht, sollte einen Ordnungsruf vertragen und einsichtig annehmen.
Dass Angebo diplomatisch und verbal den Säbel führt und damit regelmäßig die Florett-Fuchteler verschreckt, weiß er selbst. Da er es offensichtlich mit Georg von Frundsberg hält ("Viel Feind, viel Ehr!"), werden ihn Anfechtungen (Wortwitz) diesbezüglich eher schmeicheln bzw. ihn lediglich zu weiteren messerscharfe Repliken reizen
Ich schmunzele manchmal, meistens aber lerne ich ungeheuer viel und bin dankbar, dass die Diskussion nicht im freundlich Unverbindlichen dümpelt, sondern zügig vorangetrieben wird.
Angst vor einer schwerwiegenden Hybris habe ich nicht. Insofern teile ich die Sorge des TE nicht. Ich würde meine Meinung immer engagiert vertreten, aber seriös auch auf mögliche Schwächen verwiesen oder diese so im Hinterkopf habe, dass ich zum Einlenken und Dazulernen bereit bin. Da ich es persönlich nicht als Niederlage empfinde, mich korrigieren zu lassen, scheue ich nicht eine frühe Festlegung auf einen vorläufigen Stand. Müsste ich mich fachlich festlegen, würde ich weniger Energie in die Festlegung auf den einen richtigen Experten legen, als in den Versuch, eine Art Delphi-Befragung einer Expertengruppe zustande zu bringen.