Hm, ich habe eine Weile gebraucht, um herauszufinden, was mich am Thema dieses Threads so irritiert, und jetzt weiß ich, es ist das "entweder - oder", und die Qualifizierung einer bestimmten Form als "besser", was das jeweils andere dann automatisch zum "Schlechteren" erklären würde.
Für mich hat beides, mündliche wie schriftliche Kommunikation, einen Platz, und in jeweils unterschiedlichen Formen: Gespräch von Angesicht zu Angesicht in gleichzeitiger räumlicher Anwesenheit, Telefonat, Bildschirmtelefonat per Skype, Brief, sowohl handgeschrieben als auch getippt, Email , sowie SMS. Whatsapp und Twitter nutze ich nicht, auch bin ich nicht bei Facebook oder anderen Blogs bzw. Social Media Plattformen als dem Joyclub aktiv.
Chat nutze ich nur in absoluten Ausnahmefällen und äußerst ungern, ich bin nicht flink genug mit der Tastatur, um eine vernünftige Kommunikation in aktiven Chatrooms mit zu gestalten, und das, was ich hier im Joy an Chatroom-Erfahrung im ersten und zweiten Jahr meiner Mitgliedschaft gemacht habe, hat bei mit inzwischen zu einer völligen Chat-Abstinenz geführt. Heute chatte ich nur noch ausschließlich mit meinem Partner über Skype, und nur noch dann, wenn die interkontinentale Verbindung so schlecht ist, dass man zwar die Bildtelefonfunktion nicht aufrecht erhalten kann, aber das Chatten noch funktioniert.
Welches Medium ich wann benutze, ist abhängig von vielen Faktoren, z.B. :
Anlass und Ziel der Kommunikation
privat, beruflich, Kommunikation mit Ämtern, Behörden, Geschäftspartnern, Dienstleistern
Verfügbare Zeit
vorgegebene Fristen
vorgegebene Formvorschriften
persönliche Befindlichkeit und Tagesform bei mir selbst, aber auch beim Adressaten der Kommunikation
Verhältnis, in dem ich zur jeweiligen Zielperson meiner Kommunikation stehe
Grad der Vertrautheit und Intimität
um nur mal die wichtigsten zu nennen.
Vor einigen Jahren habe ich eine zeitlang mit einer wunderbaren alten Dame korrespondiert, die damals in ihren 90ern war, geistig sehr wach und helle, aber sehr stark seh- und etwas hörbehindert, d.h. ihr Hörgerät erlaubte ihr das Führen eines Gesprächs zu zweit, aber beim Telefonieren gab es Interferenzen, die für sie sehr unangenehm waren. Inzwischen sind die Hörgeräte da wohl wesentlich verbessert worden, aber damals war es eben so. Mit ihr hätte ich "normalerweise" per handschriftlichem, mit Tintenfüller geschriebenem Brief auf gutem Briefpapier kommuniziert. Da sie aber sehr stark sehbehindert war, war es ein Segen, dass es das Internet einerseits und Schreibprogramme andererseits gab, wo man die Buchstabengröße per Mausklick unterschiedlich einstellen kann. Meine Briefe an sie schrieb ich also mit einer 60-Punkt Schrift im Querformat, das konnte sie mit Hilfe eines Spezialzusatzgerätes an ihrem Bildschirm lesen, und sie schrieb zurück, indem sie zum Schreiben ebenfalls diese Größe benutzte, den fertigen Brief aber dann in eine kleinere Schriftgröße umwandelte, bevor sie ihn abschickte, was ihr ebenfalls durch ihr Zusatzgerät ohne fremde Hilfe möglich war. Persönlich gesehen haben wir uns nur etwa alle zwei Jahre, wenn ich sie in meinem Auto in ihrem Altersheim abholte und mitnahm zu Geburtstagsfeiern einer gemeinsamen Freundin. So hatten wir uns auch kennen gelernt, und auf der jeweils fünfstündigen gemeinsamen Hin- und Rückfahrt im Auto immer prächtig unterhalten.
Diese Dame ist mittlerweile gestorben. Aber es gibt in meinem Familien- und Freundeskreis Verwandte, Freundinnen und Freunde, mit denen ich teilweise überwiegend schriftlich, und andere, mit denen ich, unabhängig von der Entfernung, in der sie leben, überwiegend telefonisch verkehre, das hat sich im Lauf der Zeit irgendwie eingespielt, ohne es groß zu thematisieren. Darüber hinaus finden auch persönliche Treffen statt, in jeweils unregelmäßigen Abständen, das ist auch eine Frage der Entfernungen.
Und es gibt welche, mit denen sich die Kommunikation auf ein Kärtchen oder eine E-card zum Geburtstag und/oder zu Weihnachten reduziert hat, da aber jeweils zuverlässig und durchaus wertgeschätzt, und wenn diese ausbleiben von der einen oder anderen Seite aus, wird dann auch prompt nachgehakt, ob denn alles in Ordnung sei.
Ich habe einfach in meinem Leben so viele unterschiedliche Phasen erlebt und in unterschiedlichen Orten und Ländern gewohnt und gearbeitet und dort Freundschaften und Bekanntschaften geschlossen, dass es schlicht nicht möglich ist, alle in gleicher Intensität aufrecht zu erhalten und zu pflegen. Aber wenn man sich dann, oft nach vielen Jahren, einmal persönlich wieder sieht, ist der einstige Grad der Vertrautheit unmittelbar weiterhin spürbar und macht die Kommunikation wertvoll, und dies ist nur möglich, indem man den Kontakt nicht völlig abreißen läßt, sondern ihn hält, und seien es auch nur mittels solcher sporadischen Grüße und Lebenszeichen.
Mit meinem Partner, der berufsbedingt sehr häufig auch mal wochen- und monatelang auf anderen Kontinenten zu tun hat, kommen alle am Anfang genannten Mittel zum Einsatz, da spielt zusätzlich eine Rolle, wie gut das Internet dort ist, wie groß die Zeitverschiebung jeweils ist, das ist jetzt weniger kompliziert geworden, seitdem ich selbst in Rente bin und keine festen Arbeitszeiten mehr einhalten muss oder eben Zeitgrenzen vorgegeben waren, wann ich spätestens ins Bett musste, um am nächsten Tag fit für meine Arbeit zu sein.
Wir achten darauf, dass wir auch bei sehr weiten Entfernungen möglichst einmal am Tag Sicht- und Sprechkontakt über Skype, haben und zwischendurch flitzen dann meist auch kürzere oder längere SMS-Botschaften zwischen den Handys hin und her. Bei Einsätzen im Inland oder wenn wir beide zwar zu Hause, aber eben nicht am selben Ort sind (wir leben in einer Fernbeziehung) telefonieren wir überwiegend, und das kann dann auch mal ziemlich lang werden. Gelobt sei die Telefon- und Internetflatrate - wenn ich denke, wie teuer Telefonieren in meiner Kindheit war, bin ich für die heutigen vergleichsweise geringen Preise äußerst dankbar.
Andererseits hatte ich auch zu Vor-Internet-Zeiten mehrere längere Beziehungen mit Partnern in fernen Kontinenten, wo ein Brief bis zu vier Wochen unterwegs war und ein Telefonat von mehr als fünf Minuten für mich unerschwinglich war, bzw. den größeren Teil des Geldes auffraß, das ich in den Semesterferien mit Akkord- oder sonstiger Erwerbsarbeit neben dem Studium verdiente (der Rest ging dann für die Reise drauf, um sich sehen zu können), und irgendwie ging's doch auch.
Die Erinnerung daran ist insofern tröstlich, als sie darauf verweist, dass auch bei einem wie auch immer verursachten Wegfall der modernen elektronischen Kommunikationsmittel dennoch eine hinreichende Kommunikation auch über weite Entfernungen aufrecht erhalten werden kann.
Fazit: Eine generelle Aussage, dass entweder die schriftliche oder die mündliche Kommunikation besser sei, kann ich für mich persönlich nicht treffen. Unterschiedliche Menschen, Zeiten und Umstände bedürfen in meinen Augen und nach meiner Erfahrung jeweils unterschiedlicher Kommunikationsformen bzw. vertragen sie. Aber alle Kommunikationsformen sind untauglich, wenn nicht alle Beteiligten grundsätzlich auch an einer konstruktiven Kommunikation interessiert sind und diese befördern wollen, mit dem Ziel, einander tatsächlich zu verstehen, ungeachtet ob das Gegenüber die selben Ansichten und Haltungen vertritt wie man selbst.