Passiert mir öfter.
Es ist dunkel. Wir sind nackt. Zumindest fast.Ich auf dir.
Eigentlich könnte ich jetzt aufhören und jeder denkt sich den Rest.
Eigentlich.
"Nein, das ist wirklich nicht klug. Das sollten wir nicht tun."
"Ach, nun hör aber auf. Wer wir? Es gibt dich und es gibt mich. Es gibt kein wir. Es gibt kein uns, es gibt nur dein Leben und mein Leben. Ganz einfach."
"Hör mal, das bringt doch nichts."
"Dann nimm die Hand da weg."
"Aber..."
"Aber nein? Na also, so schwer war´s doch gar nicht. Oder?"
Wir küssen und lieben uns die halbe Nacht, bis die Müdigkeit, die Erschöpfung, der kleine Funken Vernunft siegt.
Ich hätte dir noch mehr sagen müssen.
Sagen können.
Sollen.
Ich hätte dir sagen sollen, dass ich jetzt im Moment gerne einfach nur genauso von dir begehrt werden will, wie vor ein paar Jahren. Vor fünf Jahren, als wir uns kennen lernten und liebten.
Oder sowas ähnliches.
Vor fünf Jahren also waren wir an demselben Punkt. In derselben Wohnung, in derselben Situation, dieselben Worte, dieselben Menschen.
Nein, weder dieselben Worte noch dieselben Menschen.
Vor fünf Jahren war ich die Jugend, die du zu dir ins Schlösschen geholt hast.
Die springenden Locken, die nackten Füße auf abgeschliffenen Dielen, das Jungmädchenlachen, die weißen Schneidezähne, die auf die volle Unterlippe beißen, weil ein Schluck Apfelsaft den Boden ziert (dieser verdammte Apfelsaft), aus Versehen, die großen Augen, die dich von der Seite anschauen, der glatte Hals, den du küssen kannst, die weichen Hände in deinen Haaren, die damals noch dunkelbraun waren und von wenig Grau durchzogen, damals, die junge Haut unter deinem Körper, ganz und gar nicht makellos, aber jung, viele Berührungen noch nicht gewohnt, der schmollende Ausruf deines Namens, weil du geneckt hast, der kleine Zettel, mit der noch müden Schrift am nächsten Morgen auf deinem Küchentisch.
Vor fünf Jahren war ich die Angst, die Unsicherheit, die zu dir kam.
Ich hatte Angst.
Angst auch nur etwas falsch zu machen.
Angst zu atmen, zu lachen, etwas anzufassen, auf Toilette zu gehen, mich zu setzen, durch das Schlösschen zu laufen.
Weil ich so unsicher war.
Und du warst groß und souverän und mit jeder Sekunde, die verging, jedem noch so kleinen Fehler in meiner selbst erbauten halbperfekten Erscheinung bist du gewachsen und souveräner geworden.
Weißt du noch, als ich barfuß von der Küche ins Wohnzimmer lief, in der Hand ein Glas Apfelsaft? Weißt du noch, wie ich etwas stolperte, der Inhalt über den Rand schwappte? Apfelsaft auf deinem Boden landete?
Weißt du noch, wie peinlich mir das war? Weißt du noch, wie du sagtest, es sei nicht schlimm, völlig egal, das trocknet und ich es unbedingt weg machen wollte? Weißt du noch?
In diesem Moment, genau dort, zersprang mein Mädchenherz aus Glas.
Ich wischte es auf.
"Das ist wirklich nicht schlimm. Komm wieder her."
"Das passiert mir öfter. Ich bin manchmal so tollpatschig. Verzeih."
Das passiert mir öfter.
Ja.
Öfter zerspringt mein Mädchenherz.
Und jedes Mal klebe ich es auf´s Neue wieder zusammen.
Und jedes Mal fehlt ein Stück.
Ein Stück wie bei dir, was du Monate später unter dem Kanapee gefunden hast.
Und weg warfst.
Jedes Mal.
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so in regelmäßigen abständen wird man dann doch mal wieder sentimental und nutzt das verlangen zum schreiben zur vergangengheitsbewältigung, auch wenn die eigentlich nicht mehr nötig ist, zieht man doch immer wieder etwas raus.
(;