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Renegades

Subotai (12.03.2029, Nachts)
Mein Gott, was habe ich getan? Mindestens eine Sache daran war falsch!

Ich habe sie geküsst. Und sie dann stehen lassen.

Ich fürchte, es ist das ‚stehen lassen‘. Das ist nicht gut, Subotai, nicht gut. Gar nicht gut. noch ein Schluck, irgendwie muss das Brennen in meinem Magen weg

Geküsst. Ja, ich habe sie geküsst. Und sie mich auch. Und … ich schmecke sie immer noch. noch ein Schluck, um wieder klar zu werden

Wieso bloß habe ich sie geküsst? Einfach so? Was muss sie nun von mir denken? Schluck um darüber nachzudenken

Ah, nein, alles gut! Sie hat… oh, erwidert. Ja. Oh ja. Oh wow. Wow, was für ein Gefühl, da vorhin. Wie sie sich angefühlt hat. Schluck, weil sich das echt gut angefühlt hat

Aber, das war nicht alles. Da war noch mehr. Nicht so Gutes. Was war da noch? Huh, schnell noch ein Schluck

Davor war sie wütend auf mich. Was hat sie gesagt? Masche? Abschrecken? Gelungen? Ameisenvorderbein? noch ein Schluck, um mich richtig zu erinnern

Siopi. Siopi ist wieder da. Das mit dem ‚Ärger‘ hab ich doch nicht so gemeint. Ich mag dieses wundervolle Mädchen. Missverständnis. nur einen Schluck noch

Ellen. Verdammt. Wieder alles falsch gemacht. Wie damals in Bashra. viele Schlucke

Irgendwie verschwimmen die leuchtenden Punkte da oben. Kann sie nicht mehr richtig erkennen. Kreist alles um mich, ich lege mich lieber hin. letzter Schluck

Abschalten. Schlafen. Von ihr träumen.

Aber angenehm.
*******ing Frau
454 Beiträge
Blackbird (Dienstag, 12.03.2029, nachts, 1. Teil)

Eines kann ich nicht verstehen. Seit Stunden gibt es hier Aufruhr wegen eines kleinen Mädchens, dass angeblich verschwunden sein soll.
Alle, die hier am Fenster vorbei hasten sind außer sich und wirken… ja fast kopflos.

Ha! Kopflos war auch der alternde Mann, der mich heute Morgen aufsuchte.

Warum er hier war, kann ich mir schon denken. Obwohl er nicht mehr einer der jüngsten ist, scheint er ein Mann zu sein, der bereit wäre, bis zum letzten Atemzug zu kämpfen, wenn es darauf ankommt.
Und zu sterben.
Das macht ihn dann schon fast wieder sympathisch.
Denn Sterben ist immer eine Option.

Der Tod wäre wohl auch hier bereit, unvermittelt zu zuschlagen und mit seinem eiskalten Atem zu wirken. Auch das … wirkt auf mich sehr … vertraut.

Doch woher kommen solche Gedanken? In dieser Klarheit? Bin ich das? Ist Sterben für mich eine Option gewesen? Oder ist es das noch?

Wenn ich nur endlich etwas mehr Ruhe hätte! Das Konzentrieren fällt mir doch schwerer, als es in der letzten Nacht den Anschein hatte. Vor allem, wenn die Ablenkung von außen zu groß ist.

Und gerade geht es hier zu, wie auf einem Bahnhof.
Mein Vorhaben, aufzustehen und mich draußen um zusehen, kann ich wohl erst tief in der Nacht umsetzen. Jetzt gäbe es zu viele Menschen, die mich davon abhalten wollen würden.

Noch immer soll ich mich schonen und vor allem - „um Gottes Willen“ - nicht meine Kiefer- und Backenknochen bewegen. Pah, Gott ist ein Hirngespinst und der Teufel nährt sich davon. Die einzige Wahrheit, die ich kenne, ist mein Wille. Und ich will so schnell wie möglich zu Kräften kommen! Warum ich dann noch nicht aufstehen und herumlaufen soll, kann ich nicht nachvollziehen.

Tja, vielleicht wollen die Pfleger hier verhindern, dass ich mit meinem entstellten und fast zur Unkenntlichkeit deformiertem Gesicht die Dorfgemeinschaft schockiere.

Die Augenklappe haben sie mir jedenfalls sofort gebracht, nachdem ich dies am Morgen auf den Zettel schrieb und Damian hinhielt.

Zu dem Zeitpunkt war der hagere, alternde Kämpfer bereits wieder gegangen.

Subotai ist sein Name. Und den werde ich nicht vergessen.
Hohe Mutter (13.3.2029, Morgens)
Als die Hohe Mutter in den Gemeinschaftsraum eintritt, verstummen alle Gespräche. Die sechs Kinder und Jugendlichen wissen, warum sie kommt – sie wird ihnen eine Standpauke halten, wegen der Sache mit Siopi. Doch warum so früh, jetzt, während des Frühstücks?

Fiona, die momentan die Aufsicht hat, erhebt sich, begrüßt die Hohe Mutter und bietet ihr einen Platz an dem großen Tisch an. Bevor diese sich setzt, blickt sie in die Runde. „Ich wünsche euch einen guten Appetit und ein gesegnetes Mahl, ihr Kinder von Elfengarten.“

Kein Vorwurf schwingt in ihrer Stimme mit, kein Missmut, sie klingt freundlich und entspannt. Dann greift sie nach einem Brötchen und schneidet es auf. Im Raum ist dennoch kein Geräusch zu hören, beinahe bedrückend still ist es.

Die alte Frau aber ignoriert die Stimmung, die beinahe greifbar in der Luft liegt. „Lew, reichst Du mir bitte die Butter? Ach, und die Erdbeermarmelade auch gleich!“ Ungerührt nimmt sie das Gewünschte entgegen und schmiert ihr Brötchen fertig. Als sie zu essen beginnt, entspannen sich die ersten Kinder. Silver wagt es, ebenfalls einen Bissen zu nehmen. Fiona schließt sich an, und bald ist wieder die vertraute Geräuschkulisse zu hören, allerdings fehlt das übliche Stimmengewirr. Schweigend nehmen alle ihr Mahl ein.

Es ist Lew, der als erster spricht. Er steht auf, geht um den Tisch herum und kniet sich vor Hohe Mutter, senkt den Kopf. Seine Worte kommen stockend, man hört den Kloß förmlich, den er im Hals hat. „Es … tut mir … leid …“

Ihre Stimme klingt sanft, als sie dem Jungen über das Haar streichelt. „Nicht bei mir musst Du Dich entschuldigen, Lew. Nicht bei mir.“ Vivian, die neben Hohe Mutter sitzt, bricht in Tränen aus. „Was aber, wenn wir uns bei Siopi gar nicht mehr entschuldigen können? Wenn sie jetzt…“ Ihre Worte gehen in ein hemmungsloses Schluchzen über. Die anderen Kinder sehen sich betreten an, einem nach dem anderen beginnen, die Tränen die Wangen herunterzulaufen. Selbst Fiona kann sich der allgemeinen Stimmung nicht entziehen, auch sie weint.

Hohe Mutter ergreift die Hand von Lew und zieht diesen neben sich auf die Bank. „Kommt Kinder, lasst uns alle an den Händen fassen. Bilden wir einen Kreis, einen Kreis aus guten Gedanken.“

Als alle der Aufforderung nachgekommen sind, schließt Hohe Mutter die Augen. Ihr Atem wird flacher. Nach und nach ebbt das Schluchzen ab und es wird wieder still in dem Raum. Lew wendet sich zu der alten Frau um, seine Miene zeigt höchstes Erstaunen. Fiona spürt die Hände der Kinder, die sie hält, warm werden, auffällig warm - nein, das kann keine Einbildung sein. Dann schnürt es ihr beinahe die Kehle zu, ein überwältigendes Gefühl von Liebe durchströmt sie. Sie möchte lachen, und doch wird ihr Hals eng. Tränen fließen ihr über das Gesicht, Tränen der Freude. Sie fühlt sich, als würde sie ins Paradies blicken.

In die Stille hinein erklingt Hohe Mutters Stimme, brüchig und alt. „Alle Menschen in Elfengarten sind besonders, auch ihr Waisen, die ihr hier im Gemeinschaftshaus wohnt. Es hat einen Grund, warum ihr hier lebt: Ihr seit nicht wie die Anderen. Ihr alle Sieben!“

Die Kinder, die vor Erstaunen über die Gefühle, die sie durchströmen teilweise die Münder offen halten, nicken stumm. Wieder laufen bei einigen die Tränen.

„Ihr alle Sieben müsst zusammenhalten. Die anderen Kinder, die in Elfengarten bei ihren Eltern leben, haben nicht das, was euch verbindet. Deshalb will ich, dass ihr alle jetzt einen Pakt miteinander schließt: Jeder von euch Sieben soll in Zukunft für den anderen aus diesem Kreis einstehen, ihn schützen und lieben. Wollt ihr euch das gegenseitig versprechen?“

Das ‚Ja‘ aus der Runde – gesprochen wie aus einem Mund – ist einstimmig. Hohe Mutter seufzt.

„Und ihr schließt niemanden mehr aus?“

Die Kinder schütteln den Kopf. Erleichtert atmet die alte Frau durch und gibt die Hände von Lew und Vivian frei. Der Kreis wird aufgelöst und Hohe Mutter erhebt sich, mühsam ächzend. Sie wirkt erschöpft. Langsam schlurft sie zur Tür, tätschelt dabei Fionas Haar im Vorbeigehen.

Bevor sie den Raum verlässt, dreht sich die alte Frau noch einmal um. „Morgen werde ich in die Schule kommen, um mit allen Kindern über den Vorfall zu reden. Ich hoffe darauf, dass ihr alle mich dann unterstützen und für Siopi sprechen werdet.“

Die Kinder nicken eifrig. Sie spüren, dass soeben etwas Besonderes geschehen ist.
Sinus Pax (zeitlos)
Auszug aus den Handschriften des Sinus Pax, selbsternannter Chronist und Kommentator der Gemeinschaft.

Nun ist geschehen, was niemals hätte geschehen dürfen: Sie hat einen Fremden eingeweiht! Hat ihm die Hintergründe offenbart, die damals dazu führten, dass wir unseren heiligen Elfengarten aufgebaut haben, die wahren Gründe!

Und jetzt ist er ein Mitwisser – lebensgefährlich für Jedermann, der hier in unserer geschützten Enklave sein Leben in Ruhe und Frieden verbringen wollte.

Einen Kriegshund hat sie eingeweiht, ich kann es immer noch nicht fassen, einen Menschen, der für Geld gemordet hat. Der brutal und gefühllos sein erbärmliches Leben gelebt hat und sich nun hier aufspielt, als sei er etwas Besonderes. Überdies hat sie ihn auch noch zum Chef der Sicherheit befördert, ohne Rücksprache mit dem Rat zu halten! Einen Menschen, der sich an den Meistbietenden verkaufen wird, und dem alles und jeder hier doch egal ist. Er, dieser Subotai, wird uns verraten, das ist gewiss. Er wird mit dem Orden Kontakt aufnehmen und seinen Judaslohn einfordern, jetzt wo er weiß, an wen er sich wenden muss.

Und wenn er es nicht tut, dann der andere Kriegshund, dieser Schlächter, der sich jüngst gewaltsam Zutritt zu unserem geheiligten Elfengarten verschafft hat. Der hier schaltet und waltet, als sei er willkommen.

Und wie mir zugetragen wurde, ist inzwischen auch der Schotte darüber informiert, wer sich dafür interessiert, mein Leben gewaltsam zu beenden. Drei potentielle Verräter, mitten unter uns. Und keine Möglichkeit zu fliehen. Nein, Elfengarten muss geschützt werden, um jeden Preis. Ich muss noch einmal kämpfen, so, wie ich es früher getan habe, um Hagen und Marie zu schützen.

Was ist ein Leben wert, oder zwei oder drei? Aufgerechnet gegen achtundsiebzig ehrbare Männer, Frauen und Kinder, die den Nachstellungen ihrer Verfolger entkommen sind und sich hier sicher fühlen durften?

Und Marie weiß, dass uns dieser Pöbel nicht schützen können wird. Sie gibt sich da ihren gewohnten Träumereien hin. Selbst, wenn man aus Subotai und Macro einen einzigen Mann machen könnte, mit den Fähigkeiten von beiden, er würde nicht eine ganze Minute gegen einen Attentäter des Ordens bestehen können! Marie weiß doch selbst am besten, über welche Fähigkeiten die Assassinen verfügen. Und dass man ihnen nicht entkommen kann.

Nun hat sie leichtfertig die Gefahr für uns vervielfältigt. Sie ist nicht mehr zuverlässig. Es wird Zeit, dass hier aufgeräumt wird. Es wird Zeit, dass alle Bedrohungen beseitigt werden. Alle, ohne Ausnahme.

Nachtrag:

Ich habe wieder einmal das Mittel genommen, nach langer Zeit. Ja, ich fühle mich den guten Mächten nah, doch kommen auch schwarze Gedanken aus mir. Dafür muss ich Buße tun, bald. Und wenn es vollbracht ist, werde ich häufiger als bisher für meine Sünden bezahlen müssen, viel häufiger. Doch das ist mein Schicksal, wie es scheint: Als Retter der Mehrheit Wenigen zu schaden. Und dafür zu zahlen, wieder und wieder.
*********2016 Mann
2.250 Beiträge
Macro ( Zeitlos in Frankfurt )

Macro streift durch Frankfurt, schon einige Tage ist er hier und zapft dunkle Kanäle an auf der Suche nach Wahrheiten und Informationen. Die Finanzmetropole übt einen eigenen Reiz auf ihn aus. Das bunte Völkergemisch auf den Straßen und Plätzen erinnert ihn entfernt an diverse Einsätze bei der Legion. Aber deswegen ist er nicht hier. Er sucht den Kontakt zu einem Todfeind um Elfengarten helfen zu können. Macro ist bereit über seinen Schatten zu springen und versteht noch immer nicht so genau warum. Endloses Grübeln scheint seinen Kopf zu spalten, säuberlich in zwei Hälften.
Karl Leitner, genannt der Eisenkopf, ein unbarmherziger, kaltblütiger Mörder ist vielleicht der, welcher entscheidende Hinweise liefern kann. Leitner, der ehemalige Söldnerfürst der seinen, Macros besten Kameraden Svenje eiskalt hinrichten ließ. Leitner der bösartige Teufel dessen Söldnerkarriere noch wesentlich brutaler verlief wie Macros eigene. Der Mann dem man Verbindungen zu allen möglichen Geheimbünden und Logen nachsagt und der seit einigen Jahren als hochrangiger Bundesbulle angeblich Gesetz und Ordnung vertritt.

Macro überlegt einen kurzen Moment ob Subotai vielleicht sauer ist, immerhin hat er ja seine Fahrt nach Frankfurt vorgezogen. Mit voller Absicht übrigens, denn unnütze Diskussionen sind eben nicht Macros Ding und Ammenmütter braucht er auch nicht mehr. Hat er nie gebraucht, Basta!

Überhaupt Leitner. Ein Block von einem Kerl. 212 Pfund Kampfgewicht, massig und wuchtig wie ein Panzer, gut 1,90 m groß. Dazu ein Kopf wie ein Stahlbetonsockel, ein sprichwörtliches Prochnow Gesicht, voller Narben. Das Haar militärisch kurz und eisengrau. Augen wie wasserfarbene Kieselsteine. Gesegnet mit einem gnadenlosen Sturschädel.

In seinem Lebenslauf, welcher heutzutage normalerweise sechzig Jahre umfassen müsste bestehen erhebliche Lücken, bzw. oberflächliche Angaben. Vieles ist totgeschwiegen worden, anderes getunt wie ein Opel Manta GT. Die Jahre in denen diese unheimliche Tötungsmaschine als freier Söldnerführer sein blutiges Geld verdiente, offiziell existieren sie nicht. Keine Rebellion, kein Bürgerkrieg in Nahost oder Afrika wo dieser Bastard nicht seine Finger drin hatte. Er nennt sogar eine Art verrohte Ehre sein eigen. Ego Schutz gegen die wirklich Mächtigen der Welt, für diese Schakale ist und bleibt er allerdings der Mann fürs Grobe. Jetzt wahrscheinlich für die Bundesregierung, anders lässt sich seine Position logischerweise nicht erklären.

So hat Macro ihn in Erinnerung, so stand er vor ihm mit erhobener Kalaschnikow, mit mordlüsternen Augen. An dem Tag als Svenje starb. Damals in Faso, damals vor zehn Jahren. Nie hat Macro diesen Tag vergessen, seine Rache gehegt und Leitner, so gut es eben ging, aus der Ferne im Auge behalten.

Es hat Macro einiges an Zeit und auch Geld gekostet an den Eisenkopf heranzukommen. Letztendlich kann er ja nicht einfach so in die Dienststelle spazieren. Gottseidank funktionieren die Spitzel- und Zuträgerdienste in der Main Metropole noch. Für Geld gibt es bei gewissen Leuten alles zu kaufen, auch wenn der Name Leitner manche Lippen quasi angstvoll versiegelt. Genauso einen Informationsverkäufer hat Macro aufgetan. Erst wollte der schmächtige Osteuropäer nicht so richtig raus mit der Sprache, aber eine innige Unterhaltung auf dem Hinterhof des schmierigen Clubs, garniert mit ein paar Euroscheinen ließ ihn dann richtig gesprächig werden. Das blaue Auge, die aufgeplatzte Lippe und die geprellten Rippen, naja Berufsrisiko halt!

Macro weiß nun was er wissen wollte. Leitner ist fast jeden Abend in einem Frankfurter Nobelrestaurant anzutreffen. Einmal um sein leibliches Wohl besorgt, aber wohl auch als Nebenzentrale für diverse Absprachen und ähnliches. Also alles was nicht so ganz offiziell über seine Dienststelle läuft.

Nun lauert Macro schon seit geraumer Zeit in Sichtweite des edlen Fresstempels. Flaniert gelangweilt über die Straße, sitzt in einem italienischen Bistro oder schaut neugierig in die Schaufenster eines exklusiven Herrenausstatters. In Wahrheit sind natürlich all seine Sinne und Antennen gespannt und ausgefahren.

Kurz nach 19.00 Uhr nähert sich ein schwerer, schwarzer Wagen. Sieht irgendwie amtlich aus die Kutsche. Das Fahrzeug hält vor dem noblen Lokal. Eine massige Gestalt steigt aus dem Fond, direkt gefolgt von zwei weiteren Männern. Der Wagen setzt noch etwas vor, bleibt dann mitten im Parkverbot stehen. Der Fahrer verlässt die schwere Limousine und schließt sich seinen Kollegen an.

"Typisch Leitner, das eingebildete Arschloch war schon immer der Meinung für ihn gelten keine Regeln," brummt Macro halblaut.
"Was mögen die drei denn für Vögel sein, Leibwächter, Kollegen, linke Ratten?"

Jedenfalls kein unlösbares Problem sollte es hart werden, beschließt Macro für sich. Er lässt den Männern noch eine Minute Vorsprung. Dann löst sich Macro von seinem Beobachtungspunkt, überquert die Straße und geht auf das Lokal zu.

Den hinter dem Eingang in einer Nische postierten, befrackten Empfangschef düpiert Macro mit einem barschen "Ich gehöre zu Leitner," und einem maßlos arroganten Blick, welcher den Mann bis an die Wand zurückweichen lässt. Blitzschnell durchmisst Macro den Raum und steuert zielbewusst auf Leitner und Konsorten zu. Die empörten Blicke der edel gekleideten Gäste ignoriert er genauso wie das verzweifelte Hinterherwinken des Personals.

Dann steht Macro seinem Feind gegenüber, das erste Mal seit so langen Jahren. Gegenseitiges Erkennen und Misstrauen blitzt in ihren Augen auf. Ein Sturm scheint losbrechen zu wollen, besonders als die anderen Männer am Tisch Miene machen sich zu erheben und Macro anzugehen. Die erste Hand verschwindet im Jackett Ausschnitt.

"Sitzen bleiben und die Hände ruhig halten, sonst wird's haarig."
Kernig und ohne einen Funken Spaß klingt Macros Stimme, gefährlich leise und warnend.

Die drei erstarren und ihre Blicke suchen den Eisenkopf.

"Holderbaum, alter Junge." Leitner hat Macro sofort erkannt und macht auf zynisch.
Mit einer Handbewegung weist er seine Männer zur Ruhe.

"Hast noch ein paar Kilo zugelegt seit Faso, ansonsten aber wohl noch ganz der Alte. Schick deine Lakaien weg, es ist wichtig was wir zu bereden haben."
Macros Stimme ist vollkommen kompromisslos.

Karl Eisenkopf Leitner wedelt die Männer zur Seite. Mürrisch verziehen sie sich an einen der Nachbartische. Das Schild reserviert ignorieren sie geflissentlich.

"Was willst du, Holderbaum?" Auch Leitner kann in kurz.

"Insomnium Verum, wer ist das?"

"Warum willst du das wissen?"

"Geht dich einen feuchten Furz an."

Blicke saugen einander fest. Die Stille ist greifbar und wirkt mörderisch.

"Ein dicker Brocken, Holderbaum, too much für dich."
Leitner grinst wissend, er scheint zumindest den Namen zu kennen.

"Sie treten mir auf die Füße und ich will zurücktreten, Punkt!"

"Da hast du dir mächtig was vorgenommen, Holderbaum und deswegen störst du mich beim Essen. Vielleicht sollte ich den dreien doch mal einen Wink geben, dass sie dir Verstand in die Birne klopfen."
Leitners Stimme klingt süffisant und der massige Körper wirkt noch bedrohlicher als sonst.

Geringschätzig tastet Macros Blick über die drei Männer, welche angespannt die Tischszene beobachten. Auch die anderen Gäste und das Personal betrachten verwundert bis fassungslos das Geschehen. Aber Leitners Einfluss ist groß genug das sich niemand nähert oder opponiert.

"Täte mir echt leid um die Bubis und die gepflegte Einrichtung, also halte sie zurück, ist besser so."

Macros Stimme klingt gefährlich und leise, dann kommt er zum Kern der Sache.

"Leitner, du verdammter Bastard, du bist mir mächtig was schuldig wegen Svenje. Das fordere ich jetzt ein. Du gibst mir alles was du über Insomnium Verum weißt oder sich herausfinden lässt. Dann ist der arme Svenje vergessen und du darfst weiter für die Gutmenschen den tollen Bullen spielen."

"Und wenn nicht, oder wenn ich nichts erreichen kann?" Leitners Augen wirken erstarrt, frostig.

"Dann fordere ich die Schuld ein und du bist bald erledigt."
Wortlos erhebt sich Macro, legt Leitner eine handgezeichnete Karte vor. Ein rotes Kreuz beherrscht das Blatt.
"Da findest du einen toten Briefkasten, für deine Infos, Eisenkopf. Es wäre gut wenn es nicht zulange dauert."

Macro rempelt im Hinausgehen ganz kurz, aber schmerzhaft an den Begleitern Leitners an, einfach nur um die Rangordnung klarzustellen. Lokal und Gäste verharren in Totenstille bis das Klappern der Tür alles hinter Macro versinken lässt. Leitner schaut ihm nach, seine Hand zerknüllt die Karte.

Minuten später sitzt Macro in seinem Pick-Up, überlegt, denkt nach. Was hat er getan, einen toten Freund für lebende, weitgehend unbekannte Menschen verschachert. Macro könnte kotzen und einen Moment hofft er das Leitner nichts über diesen Orden weiß oder herausfinden kann.

Er holt tief Luft und startet Richtung Elfengarten. Die Zukunft wird erweisen ob er heute richtig gehandelt hat. Außerdem ist er gespannt was Subotai und Dugann zu seinem Ausflug sagen.
Dichter Zigarettenrauch hüllt die Fahrerkabine des schweren Pick-Up ein.

Es ist früher Morgen als das Tor von Elfengarten im Scheinwerferlicht auftaucht. Man schreibt den 13.03.2029

Ich bin Macro...und unbeugsam!
*******blau Mann
3.470 Beiträge
13.03.2020
Gekko und Cheops (der thron / 13.3.2029, Morgens)




Cheops ist ein Arschloch.

„Hast du es? Bist du mit der Zunge dran? Hast du`s?“, fragte ich ihn, außer Atem und schweißgebadet.

„Jaaa!“, stöhnte Cheops, sabbernd wie eine richtig hässliche Bulldogge. „Beeil dich… mein Arsch hängt doch genau drüber…jetzt schieb es endlich drunter…das müsste passen…aaah…“

„Was zum Schwanz glaubst du, dass ich hier die ganze Zeit mache? Irgendwas klemmt da. Wir hätten es einschmieren müssen!“

„Beeil dich verdammt, ich weiß nicht, wie lange ich es halten werde, es müsste gleich kommen. Ich hab doch kein Gefühl dort unten. Beeil dich. Oh Mann, meine Zunge schmerzt so!“

„Deine Zunge muss nichts anderes machen, als mit der Spitze an dem Ding ein wenig rumzuspielen, während du über dem Thron schwebst. Schau mich mal an!“

„Was glaubst du, wie das mit der Zunge ist…?“

„Schau mich an! Siehst du das?“

„Ist das Kacke?“

„Nein, das ist Kakao. Das ist Nutella, willst du mal? Sicher, ist das Kacke! Was zum Schwanz soll das sonst sein?“

„Weil du auch zulange brauchst.“

„Ich brauch zu lange? Deine Maschine hier ist Kacke. Du musst sie so planen, dass du das alleine schaffst und nicht noch einen Mann brauchst dazu! Wenn nicht zwei!“


Die Maschine ist gar nicht so kacke. Die Maschine ist der Hammer, wenn man es vergleicht, mit dem, was wir vorher hatten. Eigentlich ist das Wort Maschine zuviel des Guten. Es handelt sich mehr oder minder um einen Kran und einem Klo, bestehend aus Seilwinden und Flaschenzügen, einem keramischen Klositz von Villeroy und einem umgebauten, dreistufigen Kärcher, MIT DAMPF und DESI!. Mit Hilfe der Seile und den Flaschenzügen kann ich -denn es wurde zu meinem persönlichen Kreuz- es schaffen Cheops aus seinem Rolli auf das Klo zu hieven. Die exakte Positionierung Cheops auf dem „Thron“, wie wir es nennen, ist von größter Bedeutung, für das Gelingen der Angelegenheit und dem Beseitigen der Spuren.

Nein, die Maschine ist nicht kacke. Kacke ist, dass ich es bin, der das machen muss. Aber es muss sein. Dreimal am Tag. Und das ist besser, als es aus der Hose holen zu müssen. Ich beschwer mich gar nicht. Die Kacke, die aus seinem Arsch kommt muss entsorgt werden und die Kacke, die aus seinem Mund kommt auch. Und das muss ICH machen. Andere sollten das nicht hören.

Cheops ist nicht dumm, er ist das Gegenteil davon. Er ist mit Sicherheit der intelligenteste Mensch, den ich jemals kennenlernte, dem ich jemals zugehört hat. Sein Verstand ist sehr groß, immens groß, er verläuft sich zusehends darin. Und sein Herz ist klein, kleiner, als es den Anschein hat, kleiner, als man denkt, so klein, dass ich es nicht finden kann. Aber keiner weiß das außer mir. Er selbst weiß es nicht, er glaubt an das Gegenteil. Dabei war er es selbst, der es zusehends erkalten und schrumpfen ließ, zugunsten des Verstandes und der Sache, die dieser verstanden hatte. Jede Gemeinschaft braucht Gemeinschaft und gemeinsame Feinde. Jede Revolution braucht eine Elite, die die Revolution vor den Revolutionären bewahrt. Cheops zog seine Schlüsse und dann am Hahn und ist nun Blei im Lauf.

Alle sehen immer nur das, was sie sehen wollen. Gib ihnen das, sei still und herrsche in der Stille. Stelle ihnen ein „Problem Anderer Leute Feld“ hin und du verschwindest in der Unschärfe. Pflanze ihnen ein paar unangenehme Gedanken in den Kopf, und sie vermeiden über dich nachzudenken. Das hatte Cheops genauso begriffen wie ich. Er, der Unbestechliche, er hat diesen einen Makel, den Intelligenz und Macht mit sich bringen. Er ist der Überzeugung, dass er wisse, dass er besser wisse, als jeder andere und deswegen im Zweifel führen müsse, mit und ohne Wissen der Anderen, mit und ohne ihr Einverständnis mit und ohne ihre Wohlfahrt. Die Sache muss gerettet werden, auf welche Weise auch immer…

„Ich bin fertig!“

„Hast du auch die dritte Stufe gemacht?“

„Ja, ich habe desinfiziert“

„Ich riech gar nichts“

„Was bist du, ein Trüffelschwein?“

„Ich riech nur Kacke und keinen Alkohol“

„Ich will nicht. Ich hab Dampf gemacht“

„Dampf reicht nicht, der ist zu schwach eingestellt. Wegen des Ausschlags?“

„Ja, ich will nicht, dass wieder die Heilerinnen kommen müssen!“

„*grins. Komm schon, du willst nicht, dass Heather dir den Sack massiert und einreibt? Also ich würde nicht Nein sagen…“

„Weißt du, wie demütigend das ist?“

„Was denn? Deinen Sack kraulen und einreiben zu lassen?“

„Nein, ihr dabei zuzusehen und zu wissen, dass er tot ist und sie das auch weiß.“

„Wenn ich mich nicht täusche, war das Problem letztes Mal, dass er gar nicht soo tot war.*lach.“

„Das war peinlich. Er stand und ich wusste nichts davon. Ich kann ihn nicht spüren, für mich ist er tot!“

Als ob das alles wäre, was du nicht mehr spüren kannst. Als ob das alles ist, was lebt und du für tot hältst. Als ob es irgendetwas gäbe, was du für versteckt hältst und ich nicht sehen kann.

„Sag mir lieber, hat es dich gestört, dass nicht du die Kleine suchen durftest, dass Dugann sie gefunden hat und der Held jetzt ist?“

„Ich bin froh, dass der Kleinen nichts passiert ist.“

„Du wolltest sie doch aufnehmen, hast dich nicht getraut, weil du ein Arschloch bist und du Angst hast, die ganze Welt merkt das?“

„Einen Scheiß wollte ich. Ich hätte es gemacht, wenn es keiner sonst gemacht hätte.“

„Du hast doch was von Hoffnung erzählt? Warte mal…du wolltest doch dem Morgen mit Hoffnung begegnen, *lach, mit was begegnest du ihm jetzt?“


„Mit meinem Schwanz! Was willst du hören?“

„*lach, sorry, tut mir leid. Sag mir lieber, was wir jetzt machen? Du hast es auf den Bildern selbst gesehen. Ich hatte Recht. Du hast sie gesehen. Du musst die Mikros installieren und die Kameras. Wir müssen handeln. Und du musst Blackbird kontaktieren. Sie gefällt dir doch. Mach dich doch an sie ran anstatt nur ihre Bilder anzuschauen. Sie kann unser Schlüssel sein…“
Dugann MacFie Abschied
(in der Nacht vom 13. auf 14.03.2029)

Das Kind war in Sicherheit, das war das Wichtigste. Sie hatte in Fiona eine Beschützerin gefunden. Mit Siopis Rettung hatte Dugann sein Versprechen eingelöst. Er ging in die Fischerhütte, steckte sein Notizbuch in den gepackten Rucksack und verabschiedete sich von seinem Heim. Drei Silberstücke ließ er dort zurück. Ein Abschiedsbrief war nicht notwendig. Marie wusste und würde verstehen. Sie würde erklärende Worte finden für Siopi, Subotai und alle anderen. Aber was war mit Heather, wann würde er sie wieder sehen? Sie war doch sein Glück und seine Bestimmung? Noch nicht einmal erkannt hatte sie ihn bis jetzt, bei der neunten Zusammenkunft?

Dugann und Pokus verließen Elfengarten in dieser Nacht über das Wäldchen hinaus in Richtung Ozean. Ein letzter Gruß ging an Bredbeddle, den stillen Wächter des Sees.

Eine Nacht und einen Tag waren sie gelaufen, bis sie zu dem Ort gelangten, an dem die nächste Begegnung mit Rigani stattfand.

*

Es ist weit nach Mitternacht. Der große Felsen, an dessen Fuße Dugann das Nachtlager aufgeschlagen hat, ist stumm. Im Schein des wärmenden Buchenholzfeuers ist Pokus mit seinem Kalbsknochen beschäftigt. Die scharrenden und kratzenden Geräusche, die das Abnagen verursacht, klingen bedrohlich und hallen laut durch die Nacht.

Dugann summt leise die Melodie ein Liedes aus einer alten Schrift:

Wirst du bei mir sein am kalten Morgen des Sterbens?
Wenn das Feuer in mir erlischt und nichts mein Blut wärmt,
kannst du mich dann mit den Augen einer Mutter beobachten?
Wenn die Kerze abgebrannt ist und die Freunde fort sind?
Kannst du einfach da sein
und keinen weiteren Atemzug von mir wünschen?
Und wenn meine Augen geschlossen sind,
froh über die lange stille Ruhe,
wirst du dann weiter still mit mir reisen?
Während ich diese Tür hinter mir schließe
und mich in das offenen Herz des Todes öffne,
ruft mich jenes süße Liebeslied, das mich in die Geburt rief,
nun in den sicheren Schoß der Erde zurück.
Phyllida Anam-Aire (ursprünglisch gälisch)
aus: “Das Keltische Totenbuch”


Anschließend nimmt er das Fläschchen mit dem Elixier aus seinem Rucksack und gibt einige Tropfen daraus auf die lodernden Flammen des Buchenholzfeuers. Noch bevor der letzte davon verdampft ist, erscheint Rigani, die ihn liebevoll anlächelt.

"Ja, mein Sohn, es ist Zeit! Du hast Deine Pflicht getan! Du hast das Dorf beschützt und Siopi vor dem sicheren Tode gerettet. Jetzt aber gehe weiter, Dugann. Es droht große Gefahr. Mach dir keine Sorgen um deine Bestimmung. Heather hat dich nicht erkannt, also war der Ort nicht der Richtige. Ich habe Cailleach zu ihr geschickt. Eure neunte Begegnung wird zu einer anderen Zeit und an einem anderen Ort stattfinden, so will es das Schicksal. Ich selbst werde dich dorthin leiten."

Bedächtig zaubert sie ein kleines, silbernes Amulett, das an einem Lederband hängt, aus ihrem Umhang. Sie streift es über Duganns gesenktes Haupt und streichelt es mit ihren gütigen Händen auf seiner Brust.

"Das Amulett wird dich beschützen! Gute Reise Lowlander!"

Mit einem letzten mütterlichen Lächeln verschwindet sie.
*********ynter Frau
9.577 Beiträge
14.03.29 sehr früher Morgen
Heather/ Zeit zu gehen

Heather spürte einen starken Verlust, den sie sich nicht erklären konnte. Es war jetzt nicht so, dass ihr die Tränen liefen, aber es schien, als schnüre ein unsichtbares Band ihr Herz immer weiter ein bis zu einem Punkt, an dem es unwiderruflich davon zerschnitten werden würde. Es nahm ihr den Atem.

So ähnlich hatte es sich auch an dem Morgen nach Sinus Pax Buß-Abend angefühlt. Erst dieses Gefühl von Nachhause kommen, als sie in den Armen des Unbekannten geborgen gehalten gelegen hatte, und welches im Licht des neuen Morgens jäh geendet hatte. Sie war so allein wie immer gewesen, doch nun fühlte es sich auch noch einsam an. Was sehr viel schlimmer war.

Mittlerweile war sie davon überzeugt, dass da gar kein realer Mann bei ihr gewesen war, sondern dass ihr ihre überspannten Sinne etwas vorgegaukelt hatten. Dieses Gefühl war diffus und nicht im Geringsten greifbar. Es gab eigentlich keinerlei Anlass für eine solche Emotion. Sie überlegte, was anders als sonst war, abgesehen von der Aufregung um Siopi und Jane Doe im Heilerhaus, und kam zu dem Schluss, dass sie sich vor dem Einschlafen ein Glas Single Malt gönnen sollte.
Eine Flasche 15jährigen Dalwhinnie hütete sie seit Jahren wie einen Schatz und genoss ihn zu seltenen Gelegenheiten. Sie ging nun zur Neige und jetzt war der Moment, sie zu leeren.
Einfach, weil sie es sich verdient hatte – nach all dem Elend der letzten Zeit. Danach ging sie zu Bett, nicht getröstet, aber ein Stück weit gelassener. Das letzte, was Heather registrierte, bevor der Schlaf sie umfing, war der nahe Ruf einer Eule.

Fransige, weiche Federn streichelten und liebkosten Heather, die im Traum wohlig seufzte. Sie spürte eine solche Liebe, eingehüllt war sie davon. Nicht wie die Liebe zwischen Menschen, sondern tiefe und reine Liebe, unbeschmutzt von jeglicher Sünde und jeglichem Laster. Wahrhaft göttlich. Es war so wunderschön.

Gütige orangeleuchtende Augen erhellten nicht nur das Schwarz in ihrer Seele, sondern auch ihren Geist. Eine, ihr seltsam bekannte Frauenstimme sprach:

„Mein liebes Kind Heather. Wieder einmal muss ich viel von dir verlangen. Höre meine Worte. Du musst diesen Ort sofort, aber in aller Ruhe verlassen. Dir droht hier große Gefahr für Leib und Leben. Ich brauche deine Dienste an anderer Stelle. Dort wirst du deine wahre Bestimmung finden. Ich werde dich sicher leiten. Und vergiss nicht, deine Spuren zu verwischen.“

Heather erwachte mit dem übermächtigen Wunsch, von Elfengarten fortzugehen. Ihre Zukunft lag woanders – das spürte sie deutlicher als jemals zuvor. Sie fühlte zwar leises Bedauern, aber ihr Entschluss stand fest und ihr Herz war federleicht. Keine Spur mehr von Schmerz.
So - als hätte die Nacht all ihren Kummer genommen und in einem schwarzen Loch entsorgt.
Ihr Spiegelbild strahlte sie an und ungeahnte Energien durchströmten ihren Körper.

Nur mit einer größeren Handtasche um die Schulter, passierte sie im ersten Licht der Sonne den Wachposten. Der Diensthabende winkte ihr freundlich zu, schöpfte keinerlei Verdacht. Schließlich war bekannt, dass Heather ab und zu auch ihre Kunden im Dorf oder der Stadt besuchte.
Sie nahm im Dorf den ersten Bus in die Stadt, ging direkt zum Postamt, entnahm ihrem Schließfach das Handy und hörte die seltsame Botschaft nochmals ab.

Ein breiter Fluss verlief an der Straße zum Bahnhof und ihrer Intuition folgend, warf sie das Handy in einem weiten Bogen in das strömende Gewässer, in dem es augenblicklich versank. Heather entnahm ihrer Tasche eine dunkelhaarige Perücke und stülpte sie über ihr Haar, drehte ihre Wendejacke auf die linke Seite, mit anderer Farbe und anderem Muster.
Das Wetter erlaubte eine Sonnenbrille und bald verschmolz sie mit der unübersichtlichen Schar der Reisenden in Richtung München.
2020_08_28: ich war shoppen. ; )
********elle Frau
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14.03.2019 - Siopi träumt
Verrat!

Ich schrecke auf und brülle es laut hinaus. „Verrat!“

Doch obwohl ich in einer großen Menschenmenge umherlaufe, schaut niemand zu mir herüber. Alle scheinen etwas zu feiern… ich sehe Tische, auf denen Kuchen angeboten werden. Kuchen, andere Süßigkeiten wie Lakritze, Gummibärchen, Eis. Das Eis schmilzt. Es tropft; diese zarte, wundervolle Creme, die eigentlich erst im Mund schmelzen, ihn mit Frische, Kühle und dem wundervollen Geschmack von Vanille, von Schokolade, füllen sollte – all das tropft nun auf den schmutzigen Boden. Aber der Boden nimmt die Gabe nicht an, nein. Es bildet sich eine schmierige Lache und jeder Tropfen wirbelt Schmutz auf, Schmutz, der sich mit der geschmolzenen Eiscreme vermischt und dann auf die Kuchen und Torten tropft. Es regnet aufwärts?

Dann muss es ein Traum sein, werde ich mir bewusst. Aber real ist und bleibt das Gefühl von Verrat. Jemand hat uns, hat mich(!) verraten. Noch immer brülle ich es heraus!

„Verrat! Verrat! Verrat!“

Doch noch immer nimmt keiner meine Warnung wahr. Wie kopflos laufe ich durch dieses gruselige Fest. Auch der Apfelsaft, der leckere, weich im Mund liegende Apfelsaft, der im Sudhaus hergestellt wird, sieht anders aus als sonst. Er ist eigentlich ein bisschen trübe, aber jetzt ist er ganz klar, und hinter der Glasschüssel, in der er vor sich herschwappt, sehe ich ein Bild.

Pokus. Jetzt bewegt er sich, dreht seinen Kopf zu mir, winselt. Und dann verschwindet er.

Und ich begreife, welcher Art dieser Verrat ist. Kein Verrat, der die anderen betrifft, daher schauen sie auch nicht zu mir, reagieren nicht auf meine Rufe.

Ich wende mich ab von der Feier, laufe zur Fischerhütte und finde sie genau so vor, wie ich es ahnte: Leer. Einzig drei Silberstücke liegen auf dem Tisch. Sie erinnern mich an die Geschichte von Judas, obwohl dieser dreißig genommen statt drei gegeben hatte.

Wieder will ich brüllen, schreien. Aber die 3 Silberstücke erwachen zum Leben. Sie kreisen mich ein, halten mich fest, raunen mir beruhigende Worte zu, bis ich wie gelähmt dastehe.

Der einzige noch rebellische Gedanke, der mir bleibt, bevor ich in das Reich der Schläfer ohne Träume zurückfalle, ist:

„Nun gehört die Fischerhütte wieder mir.“

Ein bitterer Gedanke.
Subotai (14.03.2029, Mittags)
„Subotai! Machst Du es Dir jetzt zur Regel, mich hier abzupassen?“

Die Stimme von Hohe Mutter klingt amüsiert, weil ich ihr schon wieder auf ihrem täglichen Spaziergang auflauere. Ich erhebe mich von der Bank, auf der ich bis eben gesessen habe und komme ohne Umschweife zur Sache. „Wer ist diese Frau?“

Sie sieht mich überrascht an, dann legt sie mir ihre Hand auf den Arm. „Ach, der Unfall. Sie nennt sich jetzt ‚Blackbird‘, wie passend.“ Ich verziehe keine Miene und Hohe Mutter atmet tief durch. „Ach Subotai. Sei nicht immer so ernst. Etwas mehr Gelassenheit …“

Entgegen all meinen Gewohnheiten unterbreche ich sie. „Ihr Wagen ist verschwunden. Hat sich in Luft aufgelöst. Was für ein Spiel wird hier gespielt? Wer ist sie?“

„Bleib bitte höflich, Subotai. Und sei nicht so ungeduldig. Ich habe ihr Auto sofort wegräumen lassen, kaum, dass wir sie ins Heilerhaus gebracht hatten. Es wurde von den Leuten des Bautrupps und einigen Mitarbeitern aus Cheops Team auseinandergenommen, durchleuchtet und dann in Einzelteilen entsorgt. So, dass man es nie finden wird.“

Sie klingt überzeugt und fast ein wenig Stolz. Ich schließe die Augen, kurz nur. Ich habe Respekt vor ihr, aber brennende Fragen – Fragen, die schon längst beantwortet sein sollten. „Warum habt Ihr das getan? So zielsicher? Wusstet Ihr, wer sie ist?“

Sie lächelt. „Ich ahnte es, lieber Subotai. Zum Einen, weil ich von der Bedrohung durch Insomnium Verum weiß. Zum Anderen, weil ich in ihre Gedanken eindringen konnte. In diese Verwirrung, in dieses totale Vergessen. Ein unbeschriebenes Blatt für mich, aber nach allem, wie sie wirkte, war es wahrscheinlich, dass sie die Assassine ist, die mich und Sinus Pax bestrafen soll. Doch ich konnte mir nicht sicher sein. Also tat ich das Naheliegendste, was mir geboten schien: Ihre Spuren zu verwischen.“

„Eines verstehe ich nicht, Hohe Mutter: Wenn Euch wahrscheinlich erschien, dass dies Eure Mörderin sein könnte, warum habt ihr sie …“

Nun hebt sie die Hand und unterbricht mich. „Subotai, diese Frage ist unverschämt. Egal, wer sie ist: Ich bin nicht ihr Richter. Sie war am Leben und so war meine, war unsere Pflicht, ihr zu helfen.“

Ein wenig Selbstironie schwingt in ihrer Stimme mit. Ich warte. Es dauert nicht lange und ihre Miene verdüstert sich. „Außerdem würde der Orden einen neuen Attentäter schicken, wenn der Erste versagt. Ich kenne die Gepflogenheiten, sie werden sich nicht geändert haben.“

„Ich verstehe nicht …“

Wieder wendet sie sich mir zu und nickt traurig. „Ich weiß, Krieger. Es sind die Spiele von Strategen. Der Orden schickt nie mehr als einen Mörder. Und wartet auf dessen Vollzugsmeldung. Wenn diese eintrifft, gilt die Sache als erledigt. Dann wird die Akte geschlossen. Erst dann könnte ein Mensch, auf den der Assassine angesetzt war, in Ruhe leben. Im anderen Fall – wenn der Assassine scheitert oder gar auffliegt, schicken sie den Nächsten. Daher durfte sie auch keinesfalls in ein öffentliches Krankenhaus.“

Es dauert einen Moment, bis ich begreife. Dann aber setze ich ihren Gedankengang fort. „Und der Nächste ist dann vorgewarnt – die Bedrohung bleibt bestehen, nein, wird schlimmer.“

Sie lacht und krault meine Haare, ganz mütterlich. „Ich sehe, Du warst Zeit Deines Lebens ein guter Taktiker, doch auch strategisches Denken ist Dir nicht fremd. Das freut mich, Subotai, denn es bestätigt meine Wahl. Nun denke weiter. Was wird als Nächstes geschehen? Aller Wahrscheinlichkeit nach?“

Ich muss nicht erst nachdenken, es ist mir bereits klar. „Sie wird sich erinnern. Irgendwann, in den nächsten Tagen. Ihr Körper erinnert sich bereits. Ihr Geist wird folgen.“

„Und? Was wirst Du tun, Chef der Sicherheit?“

„Sie darf fortan nicht mehr ohne Beobachtung sein. Und … sie … sollte uns lieben lernen.“

Hohe Mutter nickt grimmig. „Deshalb habe ich alles getan, um ihr Leben zu erhalten, Krieger. Nicht immer ist es der beste Weg, den Gegner zu vernichten.“

Ich verneige mich vor ihr. „Wenn sie lernt, dass es hier einen Platz für sie geben könnte … einen Platz, an dem sie sich wohl fühlt … kann es sein, dass sie uns hilft. Die Bedrohung zu eliminieren, ein für allemal.“

Nun bleibt Hohe Mutter stehen und zieht mich zu sich herab. Und flüstert. „Subotai, das darf aber nie der Beweggrund Deines Handelns sein. Nur durch wahre Liebe wird sie erfahren, was sie erfahren muss. Dem schwarzen Vogel sind die Schwingen gebrochen worden und niemand weiß, was sich aus ihrer Asche erheben wird. Sei aufmerksam und beachte die Zeichen. Begegne ihr in Liebe, doch sei auch bereit, sie sofort zu töten, wenn sie sich gegen uns wendet.“

Mit diesen Worten setzt sie ihren Weg fort, während ich stehen bleibe. Wie kalt sie ist, aber auch wie weise. Und wie schrecklich muss es für die Hohe Mutter sein, die Pfade des Lebens und des Sterbens so dicht beieinander zu sehen? Wahrscheinlich ihr ganzes Leben schon.

Sie bleibt noch einmal stehen und wendet sich zu mir um. "Subotai! Dein Freund, der Fischer. Er ist gegangen. Hat den Elfengarten verlassen, für immer. Er wäre so wichtig gewesen für uns. Doch ihn rief seine eigene Bestimmung, leider im falschen Moment. Wirst Du uns schützen können, auch ohne ihn?"

Ich schließe die Augen und spüre die Wahrheit ihrer Worte. Dugann MacFie ist nicht mehr da, ich brauche nicht erst nachzusehen. Vielleicht war es eine Nacht zuviel, in der wir uns profanen, zotigen Gesprächen hingegeben haben, vielleicht war es die Unmöglichkeit, unsere so unterschiedlichen Leben zu vereinen. Ich fühle die Lücke, die er hinterlässt, dennoch nicke ich. "Es gibt noch Macro. Er ist wieder hier, lebend, ihn sandte das Schicksal als Zweiten. Er und ich werden gegen jede Bedrohung antreten."

Die Hohe Mutter fühlt in sich hinein, dann strafft sich ihre gebrechliche Gestalt. "Ihr werdet keine Chance haben gegen sie. Auch nicht Du und Macro. Doch wenn ihr in Liebe agiert, Subotai, wird es vielleicht nicht zum Kampf kommen. Liebe Subotai! Lerne die Liebe!"

Ich will nicht glauben, was sie da von sich gibt, alte, weise Frau hin oder her. Wenn es einen Gegner gibt, bin ich bereit, zu kämpfen. Bis zum Ende. Und ich weiß, dass es Macro genauso hält. Er und ich - wir werden nicht weichen. Und auch ohne unseren schottischen Freund. Selbst, wenn wir untergehen. Ich spüre wilde Wut in mir aufsteigen. Was hat Dugann bewegt, uns im Stich zu lassen? Unbedachtheit? Feigheit gar? Nein, nicht er. Es muss wichtiger gewesen sein als Freundschaft. Loyalität und Ehre. Es muss so gewaltig gewesen sein, dass es ihn mehr geschmerzt hat als mich jetzt gerade. So hoffe ich jedenfalls.

Hohe Mutters Stimme holt mich zurück. „Mach Dir nicht so viele Gedanken, Subotai. Vertrau auf Deine Instinkte. Du wirst rechtzeitig wissen, was zu tun ist.“ Sie lächelt kurz, dann geht sie weiter, Richtung See.

Ich mache mich auf den Weg zum Heilerhaus: Blackbird darf ab sofort nicht mehr ohne Aufsicht sein. Sie ist die erste Assassine, das spüre ich. Wenn sich etwas in die falsche Richtung entwickelt, müssen Macro und ich schnell sein. Und konsequent. Sie wird uns keinen großen Spielraum lassen.

Und wie zum Teufel soll ich die Liebe lernen, so schnell?

Ich denke an den Quaiche, den er mir überlassen hat, dieses kleine Gefäß, aus dem wir Whisky getrunken haben, das Uisge Bah, das Wasser des Lebens. Er hat mich so viel gelehrt, der kleine, drahtige Schotte, in dieser kurzen Zeit, die sich unsere Linien gekreuzt haben. Viel zu kurz, um alles voneinander zu verstehen, doch sah ich ihm einen Seelenverwandten. Ich kann noch nicht ganz begreifen, dass er nun weitergezogen ist, fühle mich verlassen von ihm. Etwas an ihm war Besonders. Doch ich will mich nicht dem Gefühl hingeben, ohne ihn würde mir etwas fehlen.

Da ist noch jemand in der Siedlung, der mir helfen könnte. Ich muss mich lediglich trauen, ihr erneut unter die Augen zu treten.
*********2016 Mann
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Macro 14.03.2029 früher Nachmittag

Früh am Morgen des 13ten kehrte Macro zurück. Seine feinen Sinne erahnen, sein waches Gespür signalisiert eine seltsame Stimmung in der Siedlung, so als ob etwas geschehen wäre oder baldigst geschehen würde. Macro kann jedoch auf die schnelle nichts erfahren, die meisten Bewohner schlafen eben noch. Conan, welcher die Torwache versah, winkte ihn herein, wusste allerdings mit keinerlei Auskunft zu dienen. Macro sucht seine Nummer 17 auf, ein flaches Gefühl von heimkommen ergreift ihn. Bald darauf gibt es frischen Kaffee, mega Qualm Wölkchen von seinen geliebten Filterlosen, eine recht bekannte Marke aus Frankreich übrigens, sowie einen Kanten Landbrot mit Schinken und Spiegelei. Legionärsküche halt.

Macro legt sich die Begegnung mit Leitner noch mal zurecht, sieht den Eisenkopf und sein Gehabe genau vor sich Revue passieren. Er hofft Informationen über diesen ominösen Orden zu erhalten um den Menschen von Elfengarten helfen zu können. Dieser zusammen gewürfelten Schar von Sonderlingen. Aber irgendwie wäre es auch nützlich wenn Nichts käme, wenn Leitner nicht liefern könnte oder wollte. In diesem Fall würde er noch mal nach Frankfurt fahren und den Eisenkopf an seinen Eiern packen. Die alte Blutschuld einfordern, begleichen und sein Kamerad Svenje wäre endlich gerächt, könnte in Frieden ruhen. Angst kennt Macro nicht, nicht vor Leitner und Co und auch nicht vor Insomnium Verum. Eben vor nichts und niemandem auf diesem gottverdammten Planeten. Auch diese Ordens Assassinen werden Eier haben. Die verunfallte Frau kommt ihm in den Sinn, deren Herkunft ist seines Wissens immer noch nicht geklärt. Man wird sich kümmern müssen.

Das Frühstück ist verzehrt. Macro verwendet noch einige Zeit um seinen Pick-Up durchzuschauen und einige kleinere Arbeiten an seiner Hütte zu verrichten. Die versteckte Ausrüstung im Geheimfach unter der Ladefläche ist recht empfindlich und seine Hütte gleicht mittlerweile einem kleinen Bollwerk. Im Anschluss daran will er Dugann MacFie und Subotai aufsuchen, vielleicht gibt es ja ein kleines Sit In heute Abend.

Aber Macro hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Frankfurt, die lange Rückfahrt und das sich ewig drehende Gedankenkarussell fordern ihren Tribut. Eine starke Müdigkeit überfällt Macro unvermittelt.
"Nur ein Stündchen," murmelt er noch, schon fast im Halbschlaf und sinkt wie erschlagen auf sein spartanisches Bett. Als er wieder aufwacht leuchtet bereits die Mittagssonne an seinem Fenster herein.

Der neue Tag ist schon etliche Stunden alt. Macro erschrickt, dass Gefühl etwas Wichtiges verpasst zuhaben nagt in seinen Eingeweiden. Schnell springt er in Jeans und Shirt. Ein Schwung Wasser ins Gesicht, Wasserperlen verzieren den Dreitagebart. Bewaffnet mit Kaffee und Zigaretten macht sich Macro auf den Weg zur Fischerhütte. Nichtsahnend dass dort niemand mehr sein wird.

Schon bald liegt die Fischerhütte vor ihm, seltsam es sieht alles so verlassen aus und auch von Pokus ist nichts zu sehen oder zu hören. Die ungute Ahnung verstärkt sich, Krallenhände scheinen sich in seine Magenwände zu krampfen. Ein riesiger Hefekloß nistet in seinem Hals, macht ihn eng und enger.

"Dugann, Dugann MacFie alter Schotte, wo steckst du mein Freund."

Nur andächtige Stille antwortet. Kein Kläffen, keine Schritte... kein Dugann, kein Pokus... einfach nur lautloses Nichts. Der Blechbecher entgleitet Macros Hand, fällt achtlos zu Boden. Ungläubig schaut Macro auf die Fischerhütte. Für die majestätische Schönheit des Sees hat er keinen Blick über, die Ahnung drohenden Unheils überschattet alles andere. Ein wenig Wassergeplätscher unterbricht die bedrückende Ruhe als einer der großen Fische neugierig herüber zu schauen scheint.
"Du hast wahrscheinlich auch keine Ahnung wo der Schotte steckt?"
Elegant taucht der Fisch ab und verschwindet in den Tiefen des Sees.

"Naja, bestimmt hockt Dugann mit Subotai zusammen und entwirft Pläne. Die haben wohl meine Ankunft gar nicht mitbekommen und Conan, der alte Schläger, hat mal wieder den Schweiger gemimt."

Elend schwach klingt der Trost, billig und aufgewärmt. Im Innersten spürt Macro das es so nicht ist. Beunruhigt und mit großer Schnelligkeit eilt er zu Subotais Heim. Wenn der Chef der Sicherheit nicht Bescheid weiß, wer denn dann. Tiefe Sorge begleitet Macro auf seinem Weg. Genauso wie der ein oder andere Blick eines Dorfbewohners.

In kürzester Zeit hat er Subotais Domizil erreicht. Auch hier ist auf den ersten Blicks nichts zu sehen oder zu hören. Eine seltsame Leere breitet sich in Macro aus.

"Verdammt, was ist hier los... Subotai, he alter Krieger, zeig dich!"

Donnernd hämmern Macros Fäuste an Subotais Tür...
Subotai (14.3.2029, Nachmittag)
Jemand donnert gegen meine Tür, so dass ich erschrocken hochfahre. Ich muss eingeschlafen sein. Was war vorher? Ich hatte gegrübelt, über zwei Frauen. Die eine, die ich irgendwie rund um die Uhr bewachen muss, ohne dass sie es merkt, die andere, zu der ich endlich Kontakt aufnehmen sollte. Sollte? Muss! Außer…

Wieder dröhnen zwei, drei kräftige Schläge gegen das solide Holz und ich höre eine Stimme rufen – Macro! Er ist zurück und er lebt. Endlich eine gute Nachricht in diesen wirren Zeiten. Ich springe von meiner Pritsche und öffne ihm, winke ihn herein. Wortlos schiebt er sich an mir vorbei, setzt sich aber nicht. Sieht mich an, beinahe vorwurfsvoll. „Was ist los? Wo ist Dugann?“

Bevor ich ihm antworten kann, fällt mein Blick auf die kleine Treppe, die hinauf zum Eingang meiner Hütte führt. Da steht eine Flasche Beerenwein. Ich bedeute Macro, einen Moment zu warten. Ein Abschiedsgeschenk von dem Schotten? An den Hals ist ein Zettel gebunden, ich öffne die kleine Schnur mit fliegenden Fingern, entknittere das Papier und streife es glatt. In schwungvollen, geübten Lettern steht dort: ‚Für Subotai – von einem Freund. Möge Dich dieser Trunk an die Nächte erinnern, die sonst einsam gewesen wären.“

Ich greife die Flasche und atme tief durch. Dann wende ich mich Macro zu. „Gegangen. Dugann ist gegangen.“

Er sieht mich zweifelnd an, während ich das Abschiedsgeschenk auf den Tisch stelle. „Warum? Wohin?“

Ich hebe die Schultern, setze mich und biete ihm einen Stuhl an. „Keine Ahnung. Da war immer etwas, das ihn zog. Ich weiß es nicht, aber es muss wichtig sein, für ihn. Wie es aussieht, hat er mir einen Gruß hinterlassen.“ Ich deute auf die Flasche. Es ist zu früh für einen Schluck daraus, aber ich spüre, wie die Sehnsucht nach dem Geschmack und vor allem der Wirkung mich wankend werden lässt. Doch zunächst sind andere Dinge naheliegend. Dafür ist heute Nacht noch Zeit. Außerdem kann Macro einiges vertragen – mir würde nicht viel bleiben von dem Trunk.

Doch dabei fällt mir etwas ein, etwas Naheliegendes. „Hat er Dir auch eine Flasche dagelassen?“

Macro kratzt sich am Kopf, dann schüttelt er diesen. „Nein, nicht, dass ich wüsste. Vor meiner Hütte stand nichts, als ich gestern ankam. Doch da wird er schon weg gewesen sein, oder?“

„Ich weiß es nicht. Seit er Siopi gefunden hat, blieb er verschwunden.“

Der ehemalige Fremdenlegionär richtet sich auf. „Was war mit der Kleinen? Dem Lichtkind?“

„Sie ist weggelaufen, so weit ich das verstanden habe. Die anderen Kinder. Sie mögen sie nicht.“

Macro nickt grimmig. „Hier gibt es einige Menschen, die andere Menschen nicht mögen, wie mir scheint. Vielleicht ist der Schotte deshalb weg? Komm, Subotai, zier Dich nicht, schenk uns ein Glas ein. Der Holundermet aus dem Sudhaus ist eine Klasse für sich.“ Er grinst und klopft mit der Faust auf den Tisch.

Ich schüttele den Kopf. Blicke zum Fenster hinaus. Da draußen sind jede Menge Sorgen, die erst beschwichtigt werden wollen. Später ist noch genug Zeit, all das zu vergessen. Und würde eine einzige Flasche dafür überhaupt reichen? Ich beuge mich vor. „Wie war Dein Ausflug? Hast Du erreicht, was Du wolltest.“

Nun ist es an ihm, die Schultern zu heben. „Weiß nicht, ich werde sehen. Den Deal hab ich ihm angeboten und mir ist egal, ob er drauf eingeht. So oder so…“ Er lässt die Schlussfolgerung unausgesprochen.

Ich erinnere mich aber daran, ihm meine neuesten Erkenntnisse mitzuteilen. „Im Heilerhaus, die Frau mit dem Unfall. Sie ist mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Assassine des Ordens. Sie hat ihr Gedächtnis verloren.“

Er springt auf. „Dann nutzen wir die Chance und erledigen sie, so lange sie sich nicht an ihre Fähigkeiten erinnert!“

Ja, in mir schreit auch alles danach, das fühle ich in diesem Moment ganz deutlich. Doch ich erinnere mich auch an die Worte von Hohe Mutter. „Macro, setz Dich. Wenn wir sie umbringen, wenn uns das gelingen sollte, schicken sie wieder jemanden. Wir müssen sie umdrehen. Sie muss leben und uns helfen. Sie muss dem Orden melden, dass ihr Auftrag ausgeführt wurde. Nur dann haben wir Ruhe.“

Er hält inne und denkt nach. Ich sehe in seinem Gesicht, wie sehr ihm diese Erkenntnis widerstrebt, er ist ein Mann der Tat. Selten hat er sich mit den Folgen seines Handelns auseinandergesetzt, weil er bereit war, sich allen zu stellen. Doch jetzt denkt er nach. Grübelt. Endlich donnert seine Faust auf den Tisch. „Verdammt! Du hast Recht, verdammt!“ Es klingt nicht so, als sei er erfreut über seine Erkenntnis, doch ich nutze diesen Moment.

„Macro, wir müssen sie überwachen, Tag und Nacht. Und wir… wir…“

Mir bleiben die Worte im Hals stecken. Wie soll ich jemandem wie ihm das klar machen, was ich selbst noch nicht begriffen habe? Und natürlich sieht er mich voller Erwartung an. Zieht beide Augenbrauen hoch. „Ja? Was ‚wir‘?“

Ich versuche, es zu erklären. „Hohe Mutter sagt, wir müssen sie zu einer von uns machen. Durch Liebe, nicht durch Gehirnwäsche. So hab ich das jedenfalls verstanden.“

Er stöhnt, schlägt sich an den Kopf. Dann steht er auf, wandert im Zimmer umher. „Was? Wie? Wie soll das denn gehen? Sie hat ihr Gedächtnis verloren, gut. Aber sie wird sich irgendwann erinnern. Und dann? Wird sie ihren Auftrag ausführen! Was für eine Art von ‚Liebe‘ wird sie davon abhalten? Willst Du ihr Rosen schenken? Und was wird Deine Pferdefrau davon halten?“

Mir wird augenblicklich schlecht. Ellen. Natürlich muss ich das mit ihr klären, vorher. Ich muss sowieso einiges mit ihr klären. Und zwar bald. Es ist schon zu viel Zeit vergangen, seit ich sie in der Nacht stehen ließ, nach dem Kuss. Macros Hand, die kräftig, aber immer noch freundschaftlich in meinem Gesicht landet, holt mich in die Realität zurück. „Verdammt, was soll das?“ Es schmerzt nicht wirklich, aber ich bin erschrocken.

Er herrscht mich an. „Mann, Krieger, bleib im Hier und Jetzt. Ist keine Zeit für romantische Träumereien. Wir müssen was tun, verstehst Du?“

Ich nicke. Widerwillig. Er hat ja Recht. Aber Ellen gehört für mich nun mal dazu, bei allem, was ich zukünftig tun will. Und wenigstens das muss ich ihr sagen. Ich raffe mich auf, lege ihm die Hand auf die Schulter. „Macro, Freund. Geh durch die Siedlung und such die anderen zusammen. Stonewall, Travis, Conan und Dschebe. Wir müssen eine Lagebesprechung abhalten, morgen früh gleich. Und gib mir ein bisschen Zeit, eine private Angelegenheit zu klären.“

Er lacht. Ganz der Mann, der er ist. Aber er freut sich offensichtlich, einen Teil beitragen zu können. „Klar, Subotai-San. Chef. Mach ich. Für Dich. Bitte mich, und ich unterstütze Dich. Aber lass mich in Ruhe mit dem Liebes-Gesäusel. Wenn die Assassine im Heilerhaus ihre Erinnerungen zurück erlangt, werden diese Schießbudenfiguren nicht reichen, sie aufzuhalten. Dann stehen da am Ende nur Du und ich. Und ich will mich auf Dich verlassen können, verstehst Du?“

Ich ahne die Wahrheit in seinen Worten. Ich habe das gerade schon einmal gehört. Dennoch will ich mich der wilden Hoffnung hingeben, dass es kein Blutbad geben wird. Dass uns irgendwie gelingen wird… aber ich lasse den Gedanken fahren. Er stößt mich noch einmal an. „Was ist mit den Anderen? Vor wem laufen die weg?“

Wieder muss ich den Kopf schütteln. „Keine Ahnung. Ich gehe morgen in die Zentrale und lasse mir alle Informationen geben, die dort verfügbar sind. Bei Roffler habe ich schon einen Verdacht, aber ich weiß es nicht sicher.“

Macro grinst grimmig. „Mach das, Subotai. Entblättere sie. Danach baue ich sie wieder zusammen, auf dass ein verlässlicher Haufen daraus wird. Doch ich brauche Zeit. Und Du: Klär Deine Angelegenheiten. Erst dann kannst Du voll da sein!“

Er erhebt sich und poltert aus dem Haus. Ich folge ihm bis an die Tür. Bevor er außer Hörweite ist, rufe ich hinterher. „Ach Macro!“ Er dreht sich um, sagt keinen Ton. Ich grinse. „Wenn bei Dir inzwischen auch eine Flasche voller Holundermet vor der Hütte steht, bring sie einfach mit heut Nacht.“

Ein ‚Daumen hoch‘ zeigt mir, dass er einverstanden ist.

Wieder allein, nehme ich einen Schreibblock und beginne den schwierigsten Teil meiner vielschichtigen Mission. Ich weiß nicht, wie oft ich beginne, ‚Hallo Ellen‘ zu schreiben. Blatt um Blatt wandert in den Kamin. Es ist schon früher Abend, als ich endlich eine Version habe, mit der ich einverstanden bin.

Ich falte das Papier, stecke es in einen Umschlag, versiegele diesen und mache mich auf den Weg zum Kinderhaus. In ein paar Minuten wird es Essen geben und Walburga hat Dienst, dennoch drücke ich mich dort herum, bis Vivian in meinem Sichtfeld auftaucht. Ich winke sie heran und da sie mich mag, bringe ich sie nicht in Gewissensnöte. „Du kennst die Schmiedin im Stall, die Pferdefrau Ellen?“

Das junge Mädchen nickt verschwörerisch. Sie weiß, was ich von ihr will und sie wird mit Freude das gemeinsame Abendessen schwänzen, um mir einen Gefallen zu tun. „Bring ihr diesen Brief, aber nur ihr. Niemand anderem.“ Vivian schnappt sich die Botschaft und rennt los, verschwindet in der anbrechenden Dunkelheit. Und ich atme tief durch. Was habe ich da losgetreten?

Ich lasse die Worte Revue passieren, die ich schrieb.

„Hallo Ellen.

Mir ist bewusst, dass ich mich nicht nachvollziehbar benommen habe in jener Nacht, als ich Dich küsste. Meine Gefühle haben mich übermannt. Das kenne ich nicht und ich wusste nicht anders damit umzugehen, als davor zu flüchten. Das tut mir leid und ich will lernen. Doch ich brauche Deine Hilfe dazu.

Solltest Du bereit sein, mich zu unterstützen, finde Dich bitte um die Zehnte Stunde des Nachts an der nunmehr verlassenen Fischerhütte ein. Ich werde dort sein. Und es als abschlägige Antwort verstehen, wenn Du nicht dorthin kommst.

Im anderen Fall wage ich die Prognose, dass es schwierig wird, da ich keinerlei Erfahrung in all dem habe. Sieh mir nach, dass ich irgendwie ein Ameisenvorderbein bin. Noch. Vielleicht wäre Dir ein fertiger Mann lieber. Dieser hier muss noch lernen.

Leider sind meine Aufgaben eher größer geworden. Ich könnte Hilfe gebrauchen. Was ich nicht gebrauchen kann, sind weitere Schwierigkeiten. Würdest Du bitte versuchen, mir Hilfe zu sein?“

Vivian ist weg, da kann nichts mehr korrigiert werden. Vielleicht klingt das mit den ‚weiteren Schwierigkeiten‘ missverständlich. Vielleicht klingt das alles Scheiße. Ich werde sehen. Ich gehe da heute Nacht einfach hin und dann wird sich zeigen, was geschieht. Trial and Error. Wie schon immer.

Nur hatte ich selten im Leben solche Angst.
*********2016 Mann
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Macro (14.03.2029 Nachmittags )

Mit einem lauten Schlag wie Donnerhall knallt die Tür hinter Macro ins Schloss, fast scheint sich Subotais Heimstatt leicht zu schütteln. Jede Menge Wut gab der Armbewegung Macros den nötigen Schwung. Subotai dröhnen wahrscheinlich die Ohren.
Macro ist im Grunde genommen stinksauer über die soeben erfahrenen Hiobsbotschaften.
Am liebsten würde er zu diesem Assassinenweib hingehen und ihr einfach den Hals umdrehen.

Mit schweren, weitausholenden Schritten stapft Macro durch die Siedlung. Seine Gedanken wirbeln geschwind umher. In seinem Kopf dreht sich mindestens ein Riesenrad.

"Dugann ist weg, so ein verdammter Scheiß."

Die rechte Faust klatscht deutlich hörbar in die linke Handfläche.
Macro war immer eine besondere Art Einzelgänger, Kommandeur über viele, ja, aber irgendwo immer alleine. Svenje, ja mit Svenje war das anders und Dugann hätte ein neuer Svenje werden können. Aber nun....

"Ein Assassinenweib in der Siedlung."

Poff, das nächste Highlight. Fassungslos schüttelt Macro den Kopf.

"Die vier Müslihelden muss ich auch noch zusammentrommeln, na die werden Freude haben."

Nur allmählich kehrt auf dem Weg durch Elfengarten ein wenig Ruhe und Besinnung in Macro ein. Klare Überlegungen gewinnen an Gewicht.
Tatsächlich gelingt es Macro die vier Männer aufzustöbern. Conan, Travis, Stonewall und nicht zuletzt Dschebe. Alle hören kurz und knapp die gleiche Ansage.

"Morgen früh zackig und fit bei Subotai, 07.00 Uhr Lagebesprechung, Ende der Durchsage."

Die vollends verblüfften Gesichter der Männer ignoriert Macro geflissentlich. Er hat genug andere Sorgen. Zum Beispiel Subotai, da müssen mehr Informationen kommen.

Ohne es zu wollen steht er plötzlich vor dem Heiler Haus. Ein Blick durch das ein Stückchen weit geöffnete Fenster. Dort liegt die gesandte Töterin, scheint zu schlafen. An ihrem Bett sitzt Damian und hantiert geschäftig mit irgendwelchen Fläschchen und Salben.

"Es wäre so einfach," murmelt Macro, "allerdings sind Subotais Gedankengänge auch nicht so ganz von der Hand zuweisen."
Unbewusst tastet Macros Rechte nach dem Messer an seiner Hüfte.

"Shit Happens," flucht Macro halblaut und setzt mürrisch den Weg zu seiner Hütte fort.

Der Deal mit Leitner, dem undurchsichtigen Eisenkopf, geht ihm durch den Sinn. Hoffentlich funktioniert wenigstens das. Sonst bleiben ihm, Macro, nur zwei Wege offen.

Hier in Elfengarten auszuharren, die Verteidigung mit aufbauen, oder nach dem alten Motto
"pack den Stier bei den Hörnern" einen einsamen Angriffskurs zu fahren. Vielleicht nicht die schlechteste Lösung. Dieses Liebesgesäusel mit der Assassinentante geht allerdings gar nicht.

Macro hat sein Leben lang immer einen großen Bogen um die Langhaarigen gemacht und ist recht gut damit gefahren. Mal eine Nutte im Bordell, ja klar, das gab es hin und wieder. Warum also alte, liebgewonnene Gewohnheiten ändern und mit einer erbarmungslosen Killerin liebevoll umgehen. Erneut wütend spuckt Macro aus.

Mit diesem Gedanken erreicht er seine Nummer 17, das Gefühl von zuhause fehlt diesmal gänzlich. Einen Gruß von Dugann kann er auch nicht entdecken, nicht so arg schlimm, nur ein klein wenig.

Macro greift energisch in seinen Vorratsschrank. Eine Flasche Bushmills Malt, zehn Jahre alt, lacht ihn freundlich an.

"Das wird's schon tuen für ein rundes Besäufnis."

In Vorfreude grinsend klemmt sich Macro die Flasche unter den Arm, eine Filterlose zwischen seine Lippen und nimmt Kurs auf Subotais Home.

"Diese dämlichen Frauensachen muss ich ihm ein wenig ausreden, Subotai braucht einen klaren Kopf und ich muss mich bedingungslos auf ihn verlassen können."

Wenig später steht Macro erneut vor Subotais Tür.

"He, alter Schwede, ich habe uns etwas mitgebracht, die Spiele können beginnen."

Schritte und ein freudiges Lachen ertönen, die Türe öffnet sich. Subotai grinst bis über beide Ohren.

Ich bin Macro... mein Wille ist mein Gesetz!
*******ing Frau
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Blackbird und Siopi (14.03.2029, nachmittags)

Jetzt, endlich ist sie allein. Damian hat den Raum verlassen und sie erinnert sich. An den Blick des Mannes, der kurz zuvor am Fenster des Heilerhauses stand. Es war dieser Blick gewesen, der etwas in ihr geweckt hatte.

Ihr läuft ein Schauer über den Rücken, da ihr bewußt wird, dass jener Mann ein Mensch wie dieser Subotai sein muss. Der keine Angst vor dem Tod hat, aber selbigen schon sehr oft brachte.

Und auf seltsame Weise fühlt sie eine gewisse Verbundenheit. Blackbird weiß, dass sie auch dieser Regung unbedingt nachgehen muss. Denn inzwischen hat sie einige Fragen, die beantwortet werden wollen. Und dazu muss sie vor allem Eines tun! Endlich aus diesem kleinen Zimmer herauskommen!

Zudem schreit jede Faser ihres Körpers nach Bewegung, die pulsierende Unruhe in ihr wird Stunde um Stunde größer. Ihre Beine wollen weitausholende Schritte machen, ihre Arme lechzen geradezu nach langgestreckten Bewegungen und ihre Hände…ja, ihre Hände sehnen sich nach Zugreifen und Anpacken. Aber! Sie muss noch liegen. Das sagte Damian gerade zum wiederholten Mal, kurz bevor er endlich den Raum verließ.

„Pah, Liegen! Ich muss nicht mehr liegen. Die Knochenbrüche in meinem Gesicht spüre ich kaum noch, nicht mal mehr ein Pulsieren kann ich wahrnehmen. Mein linkes Auge reicht vollkommen aus, ich sehe nahezu perfekt. Klar kann ich aufstehen, Du ach so lieber, nervtötender Damian!“ Das wollte sie ihm hinterherrufen, als er ging. Leider war das nicht möglich, denn noch kann sie nur nuschelnde Laute von sich geben. Nicht sprechen zu können ist wohl die einzige Einschränkung, mit der sie sich arrangieren muss.

Es fehlt ihr nicht wirklich, das Sprechen. Gerade so, als ob es für sie noch nie wirklich eine große Bedeutung hatte. Nur zum Einholen von Informationen wäre sprechen zu können jetzt hilfreich, denn das ständige Schreiben auf dem Block ist einfach viel zu zeitaufwendig. Um die Fragen, die sie hat und die ihr die Heiler bis jetzt nicht beantworten konnten oder wollten, wenigstens schriftlich zu stellen, muss sie hier raus. Es ist notwendig, die Personen ausfindig zu machen, die ihr, gewollt oder gezwungenermaßen, Informationen geben.

„Ich kam mit einem Auto hierher. Wo ist es? Ich lag über eine Woche in einer Holzhütte. Warum wurde ich hier wundversorgt und nicht in einer Klinik? Wer traf diese Entscheidung? Wer ist diese alte, weise Frau? Ich sah Überwachungs-Drohnen. Wer überwacht wen und warum? Und warum, verdammt nochmal, waren in diesem ach so friedlich anmutenden Dörfchen jetzt schon zwei Männer in meiner unmittelbaren Nähe, die alles andere als eine friedliche Ausstrahlung haben?“ Das sind die Fragen, die sie mehr und mehr beschäftigen.
Und sie weiß, dass jede Antwort unweigerlich zur Lösung der eigentlichen Ausgangsfrage beitragen wird, die Blackbird seit ihrem Erwachen beschäftigt: „Warum bin ich hier?“

Deshalb wird sie jetzt, nachdem im Haus kurzzeitig Ruhe eingekehrt ist, aufstehen und ihre ersten Erkundigungen einholen. Keiner könnte sie wirklich daran hindern. Dennoch zieht sie es zunächst vor, das Haus unbeobachtet zu verlassen. Vor allem vor dem Hintergrund der beiden Männer, deren Kampfbereitschaft ihnen geradezu auf die Stirn geschrieben steht. Einzig ein kleines Mädchen, dass in der Nacht zuvor ins Heilerhaus gebracht wurde, liegt noch in einem der anderen Räume. Sie muss an dem Zimmer zwar vorbei, um auf den Hof zu gelangen, aber das kleine Ding ist wohl noch immer ohne Bewusstsein. Damian erwähnte diesen Umstand mit genervter Stimme, bevor er ging. Somit stellt das Mädchen keine Gefahr dar.

Blackbird steht auf, ihre Füße gleiten in die weichen Mokassins unter ihrem Bett. Sie will gerade ihre Augenklappe richten, als Ihre Finger ihre wunde, geschwollene Gesichtshälfte berühren. Kurz verharrt Ihre Hand. Sie spürt ihre Verletzung, ihre Verletzbarkeit. Das ist neu und etwas, das sie nicht begreifen kann.

Nein, diesem Gefühl keinen Raum geben! Das scheint nun wichtiger als je zuvor. Sie richtet ihre Augenklappe und versucht zu lächeln.

„Seltsam, dennoch. Fühlte sich an wie ein Flügelschlag, fast zärtlich, was sich da über die Narben hinweg zog. Neue Nervenbahnen, die sich gerade bilden? Wahrscheinlich….“ Dies sind die Gedanken, die Blackbird begleiten, als sie kurz vor dem Verlassen des Heilerhaus den Kopf nach rechts wendet.

Noch bevor ihr gesundes linkes Auge den Körper sehen kann, erfasst eine warme Welle ihre rechte Gesichtshälfte und es ist, als ob eine schützende Hand ihre Narben streichelt. Sie keucht auf. Es trifft sie unvermittelt und mitten in die Brust. Solch ein ähnliches Gefühl hatte sie schon einmal. Während ein Teil von ihr fast magisch Richtung Bett gezogen wird, faucht ein anderer Teil in ihr auf und will voller Abscheu sofort das Heilerhaus verlassen.

Später wird sich Blackbird nicht mehr daran erinnern können, wie sie den Raum durchschritten hat, um am Fußende des Bettes auf das kleine, schlafende Mädchen zu blicken.

Das Mädchen, das trotz ihrer Ohnmacht so strahlt.

Blackbird steht regungslos vor dem Bett und kann sich der Wärme, die auf sie einströmt nicht entziehen, wie flüssiger Honig zieht sie durch ihre Adern. Ihr gespannter Körper … ja, lässt los. Ihr wird gewahr, dass ihre Entschlossenheit, der Frage nach dem „Warum“ nachzugehen, der Gewissheit weichen will, dass alles seine Bestimmung hat.

Bestimmung. Dieses Wort. Sie hörte es vor einer gefühlten Ewigkeit. Und während sie in der hellen Aura dieses ungewöhnlichen Kindes steht werden Blackbird zwei Dinge bewusst. Es war das Mädchen, das ihr das Licht brachte und ihr Koma beendete. Und es gab einmal eine Bestimmung für ein kleines Mädchen, das Meredith hieß.
Blackbird erschaudert. Ihre Bestimmung wurde … gelöscht und durch Aufgaben ersetzt. Ja, sie hat viele Fragen. Nur diese eine wollte sie nie stellen. Und dennoch bekommt sie die Antwort hier, in der Holzhütte einer Enklave weit ab der hoch technologisierten Zivilisation, beim Betrachten dieses schlafenden Kindes.

Sie kennt jetzt ihren eigenen Namen und stellt fassungslos fest, dass sie damit nichts verbindet.
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14.03.2029, abends - Ellen
Esra schnaubt und reißt am Halfter. Nur mit Mühe kann Ellen ihn wieder beruhigen. „Was ist denn nun schon wieder“, denkt sie und erinnert sich an die Szene mit Subotai, als dieser hinter dem Hengst auf sie zu rannte. Unwillig schnaubt nun auch sie. Schon wieder denkt sie an den Security-Boss. Seine Lippen auf ihren, sein Körper, der sich hart an ihren presste…
„Verdammt!“
Sie muss diese Gedanken loswerden. Er hat sie geküsst, na und? Und dann ist er fortgegangen, ohne ein Wort, ohne ihr die Gelegenheit zu geben, zu reagieren.
„Besser für ihn“, schimpft sie. „Sonst hätte er die schallende Ohrfeige bekommen, die ihm dafür zugestanden hätte!“
Esra stampft unruhig auf der Stelle und reißt sie aus ihren Gedanken. Was ist denn nur los?

Da sieht sie eines der Mädchen aus dem Kinderhaus zum Stall herüberhuschen. Mit einem wissenden, fast schon unverschämten Grinsen auf den Lippen hält sie Ellen einen Umschlag hin.
„Von ihm“, sagt sie und wartet darauf, dass Ellen ihr den Brief abnimmt. Aber die denkt gar nicht daran. Vielmehr steht sie da, regungslos und starrt auf das Mädchen. Das einzige, was in Bewegung ist, sind ihre Gedanken.
„Von ihm. Wer ist ‚ihm‘?“ Sie bemerkt zu spät, dass sie ihre Gedanken ausgesprochen hat und verhindert gerade noch, dass sie „Von Subotai?“ hinzusetzt. Aber die Göre scheint ihre Gedanken lesen zu können, denn ihr Grinsen wird noch ein bisschen breiter und ihre Miene nimmt einen verschwörerischen Ausdruck an. „Na, vom Krieger, von wem den sonst!“ nuschelt sie und wedelt mit dem Briefumschlag herum; ein Ausdruck dafür, dass Ellen ihn endlich nehmen soll. „Nun mach schon, ich muss zum Essen!“

Ellen holt tief Luft und nimmt dem Mädchen den Umschlag aus der Hand, stopft ihn dann achtlos in ihre Jackentasche. Nun starrt die Kleine sie ungläubig an. „Willst ‘n nich aufmachen?“

Statt einer Antwort hebt Ellen nur die Augenbrauen. Das Mädchen zuckt mit den Schultern. „Also, ich würde den ja aufmachen. Scheint wichtig zu sein, so wie der Krieger getan hat.“ Dann dreht sie sich um und geht betont langsam den Weg entlang, in Richtung Gemeinschaftshaus.


Ellen reibt sich mit dem Handballen über die Schläfe und stöhnt leise auf. Als hätte sie nicht genug um die Ohren. „Was willst du, Krieger“, murmelt sie. Das Wort „Krieger“ betont sie auf eine eher abwertende Art. Wer nennt sich in den heutigen Zeiten denn schon Krieger? Aber gleich darauf schilt sie sich ungerecht, denn nicht er hat sich so genannt, sondern dieses Mädel. Nun, dennoch hat sie nun diesen Brief von ihm in der Jackentasche, und er scheint ein Loch in diese zu brennen. Zumindest hat Ellen den Eindruck, dass er eine Hitze ausstrahlt, die ihr gerade gar nicht zupasskommt. Sie wollte doch gerade…

Ja, was wollte sie eigentlich? Esra reißt ungeduldig den Kopf hoch und erinnert Ellen daran, was sie gerade noch vorhatte. Ja, klar. Der Hengst braucht Bewegung, und seine Verletzung lässt noch keinen Ausritt zu. Alle Disziplin, die ihr zur Verfügung steht, abrufend zieht sie das Programm an der Longe mit ihm durch. Erst dann geht sie in ihre kleine Wohnung. Der Brief hat Zeit bis nach dem Abendessen, beschließt sie.

Doch noch während sie isst, reißt sie den Umschlag auf und beginnt zu lesen.

„Ameisenvorderbein?“ Was zur Hölle meint er denn nun damit? Noch einmal liest sie den Brief, wird aber immer noch nicht schlau daraus. Wie immer ist das alles wirres Zeug. Sie soll ihm helfen, aber gleichzeitig bezeichnet er sie als Schwierigkeit? Und was meint er damit, dass er ein Ameisenvorderbein ist?

Dieser Mann wird immer seltsamer und Ellen beabsichtigt, ihm genau das zu sagen.
Nein, sie wird nicht wegen des Kusses dorthin gehen. Nicht, weil der so gutgetan hat. Und sie sich eigentlich nach mehr davon sehnt.

Ameisenvorderbein. Das ist so seltsam, dass sie wissen will, was er damit meint. Nur deswegen wird sie zur Fischerhütte gehen. Nur deswegen.

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Als es endlich Zeit wird, sich zu dem Treffen aufzumachen, hatte Ellen sich drei Mal umgezogen und war immer noch nicht zufrieden mit ihrem Aussehen. Die Locken hatten sich wieder aus dem Zopf gelöst und die Stiefel passen nicht wirklich zum Rock, denkt sie. Aber dann wirft sie den Kopf zurück, fast so, wie es Esra tut, wenn er mit Ellen unzufrieden ist, und ruft sich zur Ordnung. Es ist doch egal, wie sie aussieht. Sie will ja nur ein klärendes Gespräch führen!

Und dennoch spürt sie auf dem gesamten Weg zum Treffpunkt eine Nervosität, die sie von sich bisher noch nicht kannte. Sie beißt sich auf die Lippen, als sie dort die Erinnerung an seinen Kuss spürt.

„Ruhig bleiben! Du bist doch kein Backfisch mehr!“

Aber die Ermahnung hilft so viel wie ein laues Lüftchen an einem heißen Sommertag, bis sie sich an dieses Wort erinnert. Ameisenvorderbein. Lächerlich!

Sie findet die Fischerhütte verlassen vor. Dugann ist also tatsächlich gegangen, genauso, wie es die Gerüchte im Dorf besagen. Und von ihrem Security-Boss ist natürlich keine Spur zu entdecken. „Was für ein Feigling“, murmelt sie. „Erst einen auf dicke Hose machen, dann unverständliche Briefe schreiben und letztendlich kneift er. Pah!“

Doch ein Geräusch aus der Richtung des Stegs lässt sie aufhorchen. Da ist er also!

Er muss sie gehört haben. Und dennoch dreht er sich nicht um, der Krieger. Hat er wohl nicht nötig, denkt sie und ärgert sich schon wieder. Und ärgert sich erneut, und zwar über sich selbst, dass er es schafft, so ungerechten Ärger in ihr zu verursachen. Gereizt räuspert sie sich, ein Laut, der ihn zwingen soll, sich endlich umzudrehen. Kühle grüne Augen sehen sie an, das Gesicht völlig unbewegt.

Ellen starrt zurück, aber ihre Augen blitzen. Hätte sie übermächtige Kräfte, würde er allein durch diesen Blick Feuer fangen; er und dieser alte Steg und nichts als Asche würde übrigbleiben, die, noch bevor sie die Oberfläche des Sees berühren könnten, von dem gewaltigen Brüllen der Feuersbrunst weit über die Ufer hinaus fortgeweht würde.

Ein Muskel zuckt in diesem harten Gesicht, das von der massiven Narbe beherrscht wird. Ganz kurz nur, so geringfügig, dass sie es fast übersehen hätte. Doch er rührt sich immer noch nicht, sieht sie immer noch an, so lange, bis sie es nicht mehr aushält.

Sie streckt ihm den Brief entgegen. „Was soll das?“ Scharf klingt ihre Stimme, schneidet die Stille in kleine Stücke, die sie ihm wie kleine Dolche entgegenschleudert. Er zuckt tatsächlich zusammen, als hätten die Dolche ihn erwischt.

„Steht doch da“, sagt er ernst und sieht sie weiterhin unverwandt an. Einen Schritt macht er, einen Schritt in ihre Richtung. „Ich will, dass du mir hilfst.“

Dieser Schritt löst ihre eigene Erstarrung. Auch sie bewegt sich auf ihn zu, mit drei raschen Schritten ist sie bei ihm, hält den Brief immer noch ausgestreckt in ihrer Hand. Wie das Beweisstück einer Anklage, denkt sie und will den Arm sinken lassen, doch etwas hindert sie, ihre Verunsicherung? Der Blick seiner Augen scheint intensiver geworden zu sein und ihr Arm irgendwie… wie eine Art Barriere, die weder ihm noch ihr selbst ermöglichen, noch näher zu kommen. Ihm helfen. Das klingt so grotesk wie dieser mysteriöse Brief, den sie in der Hand hält. Wobei könnte sie ihm denn schon helfen? Und warum verdammt ist er jetzt schon wieder so lächerlich kryptisch? Wie in diesem Brief. Ameisenvorderbein, erinnert sie sich. Er sei ein Ameisenvorderbein. Was soll das bedeuten?

„Ameisenvorderbein?“ Er kneift die Augen zusammen, als könne er sie nicht richtig sehen. Oder verstehen? Vermutlich eher letzteres, denn sie versteht ihn auch nicht. „So hast du mich doch genannt“, gibt er zurück, fast patzig, doch Trotz passt nicht zu ihm, also klingt es eher so, als wäre sie es, die Rätsel aufgibt.

Sie verzieht das Gesicht zu einer unwilligen, verständnislosen Miene, die ihn dazu bringt, einen weiteren Krumen Information zu streuen. „Na, bevor ich dich geküsst habe. Du sagtest, ich sei ein Ameisenvorderbein.“

„Und das bringt einen Mann wie dich dazu, eine Frau einfach zu küssen?“ Unglaube, Sarkasmus. Sie hatte gar nicht gewusst, dass sie eine solche Bissigkeit in ihre Worte legen kann. Aber dann erinnert sie sich an ihre Unterhaltung mit Heather und stellt fest, dass dies nicht das erste Mal ist, dass sie diese fragwürdige Fähigkeit beweist. Und in beiden Fällen ist er es, der sie dazu bringt.

„Hör zu, Ellen“, reißt er sie aus ihren Gedanken. „Das war nicht so geplant und das schrieb ich auch. Ich kann solche Schwierigkeiten gerade gar nicht“

Und das bringt sie – wieder einmal – zum überkochen. „Ja“, zischt sie und wedelt nun mit dem Brief herum, als wolle sie ihn fortscheuchen. „Dass ich eine Schwierigkeit bin, hast du mir ja auch hiermit deutlich zu verstehen gegeben. Was mich zu der Frage bringt, wegen der ich eigentlich“, sie hebt ihre Stimme um zu verdeutlichen, wie ernst es ihr mit den nächsten Worten ist, „und nur deswegen! ich hier bin: Warum sollte ich, wenn ich doch nichts weiter als eine Komplikation in deinem Leben bin, danke übrigens für dieses überaus charmante Kompliment! Warum also sollte ich in der Lage sein dir großem und überaus wichtigen und fähigen Krieger behilflich zu sein? Und warum, zum Teufel, sollte ich willens sein, dir zu helfen, nach deinen ganzen Aktionen, denen du mit diesem Brief“

Und er tut es schon wieder. Als wirkten ihre Schimpftiraden wie ein Aphrodisiakum auf ihn. Mit einem raschen Schritt überwindet er die Distanz zwischen ihnen, reißt sie in seine Arme und küsst sie. Und wieder reagiert ihr Körper auf ihn. Dieses Mal mit einer Hitze, die ihr, ganz weit hinten in ihrem Kopf, Angst macht, Alarmglocken schrillen lässt. ‚So bist du nicht!‘, schreit ihr Innerstes ihr zu, während sie seinen Kuss mit aller Macht erwidert, während ihre Hände über seinen Körper wandern, sie ihn näher an sich drückt, näher, noch näher, damit nichts mehr sie trennt, nichts mehr als diese unsäglichen Stofffetzen, die…

Jetzt endlich übernimmt ihre Panik ihr Handeln, das Entsetzen über sich selbst bricht sich Bahn, als sie sich losreißt. Doch er, er versteht nicht. Verwirrt blickt er sie an, will sie festhalten, an sich drücken, bis sie es doch endlich auch spüren wird, diese Verbindung zwischen sich – und da schubst sie ihn mit aller Macht von sich.

Und er, der Krieger, der machtvolle, gewandte, sich katzengleich bewegende Krieger, er, der jedes Manöver voraussehen und in Sekundenschnelle agieren und reagieren kann, taumelt zurück, einen Schritt zu weit, in die Leere vor dem Steg.

Ein überraschter Schrei, ein lautes Platschen, ein Prusten- all das zusammen durchdringt die Nacht. Erschrocken starrt Ellen auf das, was sie angerichtet hat.

Da steht er, völlig durchnässt, bis zur Brust im immer noch eisig kalten Wasser. Laub, Äste und Pflanzenreste, die von Herbst- und Winterstürmen in den See geweht wurden, haben sich in seinen Haaren, auf seiner Kleidung verteilt. Seine sonst stets undurchdringliche Miene zeigt Fassungslosigkeit.

Ellen kann nicht anders. Sie bricht in schallendes Gelächter aus.

Dann hält sie inne, erschrocken über sich selbst. „Was habe ich nur getan?“, denkt sie sich und aus den Alarmglocken, die kurz vorher noch ihre Sinne beherrschten, wird der Hammer des obersten Gerichtshofes, der nun anklagend gegen ihr Bewusstsein klopft. „Was habe ich nur getan?“

Und jetzt endlich gibt sie dem Instinkt nach, der sie während der ganzen Begegnung hatte beherrschen wollen. Jetzt endlich hört sie nur noch einen einzigen Befehl in ihrem Bewusstsein:

Flucht!

Während sie sich umdreht und fortläuft, fällt ihr der Brief, dieser unsägliche Brief aus den Händen und schwebt lautlos in Richtung Steg.
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14.03.2029, nachts - Fiona
„Ich darf nicht zu spät kommen, ich darf nicht zu spät kommen“

Dieses Mantra rauscht durch Fionas Kopf, während sie den Weg von der Zentrale bis zu Subotais Hütte. „Alles hängt jetzt von mir ab, alles! Ich darf nicht zu spät kommen!“
Sie keucht, während sie den Weg entlangläuft. Eigentlich hätte jemand anderes die beiden warnen sollen, jemand, der schneller laufen kann. Aber dieser Gekko war nicht in der Zentrale gewesen – was Wunder! Es ist ja schon tief in der Nacht! - und die Security-Leute waren auch nie in der Nähe, wenn man sie braucht. Cheops ist noch langsamer als sie, Ellen und alle anderen, die wach sind, die davon wussten, kümmern sich um die hohe Mutter. Niemand sonst sollte etwas wissen, darüber waren sich alle einig. Erst muss Subotai es erfahren und entscheiden, was nun zu tun ist.
Also hatte sich Fiona angeboten, ihn zu suchen.

In seiner Hütte war er nicht, also lief Fiona zu der von Macro. Dort war Subotai in letzter Zeit häufiger gewesen, das wusste Fiona. Er, dieser Macro und der Fischer hatten dort oft zusammengehockt. Doch auch dort fand sie niemanden, wie sie schwer atmend feststellen musste. Kurz überlegte sie, bei der Fischerhütte nachzusehen, aber da diese seit Duganns Fortgang leer stand, ging sie lieber zum Wachhaus direkt am Tor von Elfengarten. Doch auch dort blieb ihre Suche erfolglos.
Sie beschloss kurzerhand, in der Zentrale nachzufragen. Cheops hatte andere Möglichkeiten zu suchen, das wusste Fiona noch von der Suche nach Siopi.


„Armes kleines Ding“, denkt sie kurz. „Wir müssen uns etwas einfallen lassen wegen ihr.“ Doch mit diesen Gedanken verlangsamen sich ihre Schritte, wie sie bestürzt feststellt und sie reißt sich zusammen, eilt weiter. Denn das, was sie bei Cheops gesehen hatte, reicht aus, selbst eine so unsportliche Frau wie sie zu Höchstleistungen zu treiben.

Tatsächlich hatte der Mann in der Zentrale nach Subotai suchen können. Doch während sie suchten, war Fionas Blick auf die Hütte von diesem Macro gefallen, und was sie dort sah, entsetzte sie. „Zoom näher heran, Cheops. Da, direkt neben dem Eingang.“ Dort stand eine der Flaschen, die sie bei der hohen Mutter gefunden hatten. Die Art Flasche, in die im Sudhaus der Beerenwein abgefüllt wurde. Die Besonderheit daran ist der Zettel, der in einer ganz besonderen Art um den Hals gebunden war. Also war die hohe Mutter nicht die einzige, die eine solche Flasche erhalten hatte!
Fionas Gedanken rasten, dann fasste sie einen Entschluss. „Such die Hütten ab, Cheops. Schau, bei welchen eine solche Flasche vor der Tür steht. Und schau um Himmels Willen weiter zurück, ob irgendwo schon so eine Flasche stand, vielleicht wurde sie ja schon hereingeholt.“

„Was ist denn überhaupt los? Was ist so wichtig daran? Ne schlechte Marge?“

„Ja“, antwortete Fiona schwach. Es ist keine richtige Lüge, denn schlecht war tatsächlich etwas daran. Und wenn es Cheops dazu antreibt, schneller zu arbeiten, ist es Fiona nur recht. Sie sieht einen jungen Mann an der Zentrale vorbeilaufen und winkt ihn zu sich. „Hör gut zu, Junge. Geh zu Macros Haus, das Haus, das auf dem Weg zum Fischer liegt. Da steht eine Flasche Beerenwein am Eingang. Bring sie mir. Sollte sie nicht mehr da sein, komm sofort her und gib mir Bescheid!“ Der junge Mann zögerte, offensichtlich wollte er etwas Anderes tun. „Das ist eine Aufgabe, die du für die hohe Mutter erledigst, Junge. Also spute dich!“ Wieder eine Halbwahrheit, wieder notwendig um Ergebnisse zu erzielen. „Inzwischen wären mir sogar faustdicke Lügen egal“, dachte sie sich grimmig, während sie weiter zusah, wie Cheops die Häuser Zeitspanne um Zeitspanne abscannt. Minuten verrinnen, kostbare Minuten, in der der Junge wiederkommt, die noch nicht geöffnete Flasche in den Händen. „Wenigstens eine“, dachte sich Fiona und dankte dem Jungen.

Ein kurzes Räuspern von Cheops brachte Fiona wieder an seine Seite. „Hier, bei Subotai stand auch noch eine Flasche. Und hier, schau, hier holt er sie herein, während er mit dem Neuen da redet. Der, der auch so eine Flasche bekommen hat.“ Fiona entfuhr ein leises Aufkeuchen.

„Wo ist er jetzt, Cheops? Wo ist Subotai? Suche, finde ihn!“
Und es dauerte nicht lange, bis er ihn auf seinen Überwachungskameras entdeckte. Völlig durchnässt schlurfte er durch die Gassen von Elfengarten. Er war schon kurz vor seiner Hütte.

„Was gibt es besseres als einen heißen Beerenwein, um eine Erkältung abzuwenden?“

Der Stolz, mit dem Arno Fiona die Flasche entgegengehalten hatte, klang ihr noch immer in den Ohren, als ihr diese Empfehlung siedend heiß wieder einfiel. Mit ruhiger Stimme gab sie Cheops weitere Anweisungen. Er solle weitersuchen, jede noch so kleine, unbedeutende Hütte nach weiteren Flaschen absuchen und dann weiter zurück in der Zeitleiste gehen um zu überprüfen, ob man erkennen kann, wer die Flaschen dort platziert hat.

Dann machte sie sich, in Ermangelung eines anderen, schnelleren Boten, selbst auf, um Subotai zu warnen.


Fast hat sie die Hütte erreicht. Sie sieht Licht, die Schemen zweier hünenhaften Gestalten hinter dem Fenster. Sie halten etwas in ihren Händen; die Hände bewegen sich aufeinander zu – Gläser, sie stoßen auf etwas an!

„Ich darf nicht zu spät kommen, ich darf nicht zu spät kommen!“ Mit einem letzten Spurt rennt sie auf die Hütte zu und hämmert gegen die Tür. „Nicht trinken!“ schreit sie, doch sie hört ihrer Stimme an, dass es nur noch ein heiseres Keuchen ist. Noch einmal hämmert sie gegen die Tür und keucht, als diese sich endlich öffnet:

„Stop! Der Wein! Vergiftet!“
Subotai (15.03.2029, kurz nach Mitternacht)
Ich stehe an ihrem Krankenbett und starre fassungslos auf ihre bleiche Haut, die eingefallenen Gesichtszüge und der Duft des Todes weht mir entgegen.

Eben habe ich noch mit Macro das verstörende Treffen mit Ellen zu vergessen versucht. Der Beerenwein – die Gabe eines angeblich guten Freundes – war bereits eingeschenkt gewesen. Wir haben die Gläser erhoben und Sprüche gemacht. Dumme Sprüche, aus der Wut geboren. Ja, wir haben schlecht über Frauen geredet. Immer wieder. Uns reingesteigert. Sonst hätten wir bereits getrunken gehabt, als Fiona wie von Sinnen an meine Tür klopfte. Laut schrie.

Ich hab nicht gleich verstanden, was sie wollte. Hab mein Glas abgestellt. Bin zur Tür. Macro wollte die Gelegenheit nutzen, erhob sein Glas, führte es zum Mund, dann, im Moment, als ich den Türriegel löste, brannte sich die Botschaft schreiend in mein Bewusstsein: „Stop! Der Wein! Vergiftet!“

Reflex. Gesteigerte Wahrnehmung. Leben und Tod. Ich schalte um.

Wie in Zeitlupe spult sich alles vor meinem inneren Auge ab. Ich atme tief, genau einmal. Schließe die Augen. Konzentriere mich. Greife nach meinem Messer, das ich immer am Gürtel trage. Ein Zähler läuft in meinem Kopf mit, ein Millisenkundenzähler. Er läuft nicht in Echtzeit, er ist reduziert, ich kann die Ziffern erkennen, jede Einzelne, wie sie sich verändert. Wie Zeit vergeht und doch beinahe stehenbleibt. Aber nur beinahe.

Mein Gehirn rechnet ohne mein Zutun, inzwischen müsste Macro das Glas halb bis zum Mund geführt haben. Sein Mund öffnet sich, voller Vorfreude auf den vollen, runden Geschmack, der ihm gleich über die Lippen fließen wird. Meine Hand bewegt sich zu langsam, ich werde keine Zeit mehr haben, mich umzudrehen. Wieder schließe ich die Augen, hole das Abbild des Raumes, Macros Position, die genaue Bewegung seines Armes mit dem Glas in der Hand in meine Erinnerung.

Mein großes, schweres Bowiemesser schiebt sich schwerfällig aus der Lederscheide, hüpft dann einmal in meiner Hand, rotiert, ich kann meinen Körper nicht mehr drehen und muss blind hinter dem Rücken werfen. Kein Gedanke schiebt sich störend in den tausendfach trainierten Ablauf. Es ist eine Bewegung, den Instinkten überlassen. Ein Ruck aus dem Handgelenk, das Messer ist unterwegs, den Griff voran. Selbst, wenn ich das Glas verfehle wird Macro nicht verletzt. Nicht schwer, jedenfalls.

Ich spüre, nein, ich weiß es genau: Das Geschoss, das ich auf den Weg gebracht habe, wird knapp genug sein Ziel erreichen. Der Millisekundenzähler in meinem Kopf wird schneller, ich wirbele herum, kann gerade noch erkennen, wie das Glas in Macros Hand in tausend Splitter zerfetzt wird, getroffen von der Wucht des Messerknaufes. Sehe seine Augen, die irrsinnig aufblitzen, sehe seinen Abwehrreflex: Seine Lider klappen zu, beide Hände gehen hoch und er lässt sich nach hinten wegfallen - naja, ein Krieger eben.

Er hat die Flüssigkeit noch nicht getrunken. Ich atme aus. Gehe zurück in die Normalzeit. Keuche ihm zu: „Vergiftet.“ Er stiert mich an, es dauert einen Augenblick, dann richtet er sich auf, schaut auf die Splitter am Boden und endlich begreift er, dass ich ihn nicht angegriffen habe – sondern sein Leben gerettet.

Er nickt mir zu. Das Messer donnert auf die Tischplatte und bleibt dort stecken, ohne Schaden anzurichten. Ich wende mich um. Fiona steht vor mir. Ich frage nicht. Sie blickt mich an, Tränen in den Augen.

„Hohe Mutter.“ Mehr sagt sie nicht.

Mir fährt es eiskalt den Rücken runter. „Wo?“

Sie deutet hinter sich. „Heilerhaus.“

Ich drehe mich um. „Macro. Bist Du okay? Alles klar?“

Er nickt. Spuckt aus, das muss wohl so sein. Beinahe hätte er das Zeug im Mund gehabt. Ich versuche, mich zu beruhigen. „Begleite Fiona, ja? Sucht, ob ihr noch weitere ‚Geschenke‘ dieser Art findet. Beginnt bei den Jungs.“

Er richtet sich auf und streift die wenigen Splitter, die ihn getroffen haben, ab wie lästige Fliegen. Dann stapft er auf die Frau zu. Auf gleicher Höhe zu mir raunt er mir zu „Finde raus, wer uns ermorden wollte, Subotai. Ich werd‘ ihn persönlich zur Rechenschaft ziehen.“ Mit den Worten ist er raus, zieht Fiona mit sich.

Das war eben.

Und nun stehe ich hier, wenige Minuten später, vor ihrer Krankenliege. Oder ihrem Sterbelager. Sie atmet kaum noch. Damian und Lerau bemühen sich um sie. Ich deute auf den leblosen Körper auf der Liege vor mir. „Wie geht es ihr? Werdet ihr es schaffen?“

Jetzt ist es Damian, der sich vor mir aufbaut. „Es ist ein Pflanzengift, soviel ist sicher. Wir wissen nicht, wieviel Hohe Mutter davon zu sich genommen hat. Eisenhut vielleicht, oder Maiglöckchen. Es könnte auch die Herbstzeitlose gewesen sein. Wir haben eine Probe des vergifteten Weins nach München ins Labor gesandt, doch egal, was die herausfinden: Bis wir die Antwort haben, ist es zu spät. Entweder, sie überlebt es, oder…“

Er lässt die Worte in der Luft hängen. Ich weiß, dass die beiden tun, was sie können. Noch einmal dränge ich mich in ihr Wirken. „Wer kann das getan haben?“ Ich sehe Damian an, doch der hebt die Schultern. Lerau schüttelt den Kopf. Ich setze noch einmal nach. „Nicht die Spur einer Idee?“ Die beiden reagieren nicht, sondern kümmern sich akribisch um Hohe Mutter.

„Kommt sie durch?“ Meine Frage hängt im Raum. Wieder ist es Damian, der endlich das Wort ergreift. „So die Mächte uns gewogen sind, Subotai. Wenn Du jemals so etwas wie Beten gelernt hast, dann mach das jetzt. Mehr kannst Du momentan nicht für sie tun.“

Das war ein Rauswurf. Und ich verstehe ihn. Die wollen nun allein sein und ihr Bestes geben. Also trete ich in den Gang hinaus. Schließe die Tür hinter mir.

Und mir wird bewusst, was gerade geschieht. Hohe Mutter, die Führerin dieser Gemeinschaft, liegt im Sterben. Grad rechtzeitig hat sie mich zu ihrer Rechten Hand gemacht. Sie hat mir ihr Erbe zugeworfen, im Vorbeigehen. Ich habe keine Ahnung von all den Hintergründen. Und sehe mich plötzlich allen Kräften ausgesetzt. Alle zerren an mir. Ich bin Oben. Und weiß: It’s lonely at the Top.

Ich habe nur Macro und die Jungs. Ellen schmeißt mich ins Wasser, alle anderen sind misstrauisch. Dugann macht sein eigenes Ding. Siopi, ja, da war noch das Mädchen. Aber die spricht nicht mehr mit mir, warum auch immer. Ich gehe den Gang hinunter. Diesen endlosen Gang. Der dehnt sich. Baucht sich auf. Windet sich.

Mir schwindelt. So lang kann ein Heilerhausgang gar nicht sein. Es trommelt in meinem Kopf. Lange, hellrote Haare flattern um mein Gesicht, ich muss innehalten und mich setzen. Da ist eine Bank, Gottseidank. „Nein, nicht Gott. Mensch, Suboooootai!“

Ich keuche. Mir schnürt es die Kehle zu. Die Stimme in meinem Kopf, sie wirkt so real. Ich muss mich setzen.

„Du hast mich verraten! Du warst nicht treu!“

Ich bemühe mich, in die gesteigerte Wahrnehmung zu gehen, doch sie lässt es nicht zu. Niemand da, mit dem ich reden könnte, dennoch kenne ich die Person, die mir Vorwürfe macht. Siopi. Ich schüttele den Kopf. Versuche, ihr Fakten zu übermitteln. Zwecklos. Ich sitze da auf der Bank, paralysiert.

„Siopi, Scheiße, versteh doch!“ Höchste Not treibt mich. Ich kann nichts erklären, ich bin verzweifelt. „Wir werden angegriffen. Hilf mir verdammt oder lass mich frei.“

Tatsächlich löst sich etwas in meinem Kopf. Sie schläft noch. Sie kann gar nicht auf kausale Gedanken reagieren. Ich atme auf. Sie muss in dem Zimmer hinter mir liegen. Hinter der Wand, an der ich lehne, auf dieser Bank im Gang des Heilerhauses. Ich fühle mich wie verbrannt. Langsam kehre ich zurück in diese Welt. Will mich erheben, ich muss nach der Wache sehen.

Da geht das Haupttor auf und Macro stiefelt auf mich zu. Breit, groß, selbstbestimmt. Schritt für Schritt walzt er auf mich zu. Hat irgendwie blutunterlaufene Augen. Er kommt an, lässt sich neben mich fallen. Dann grüßt er, militärisch korrekt. Die Verlängerung einer Linie von Zeige- und Mittelfinger, durchgestreckt, an die Stirn.

Mir wird schlecht. Das würde er nicht ernsthaft tun. Das ist seine Art von Sarkasmus. Dann meldet er. „Sicherheitsmannschaft vollzählig angetreten.“

Er sitzt neben mir. Ich sehe ihn an. Er dreht sich zu mir um und nickt. Grimmig. Aber auch menschlich. Ich wage nicht zu fragen, doch er, ja, irgendwie muss er es mir sagen. Er hat sogar Fiona da rausgehalten. Ich spüre dieses schlechte Gefühl im Magen, tief unten. Scheiße, ich weiß es. Doch ich will es nicht hören, nicht jetzt.

„Stonewall, Travis, Conan und Dschebe sind tot. Die haben ihre Flaschen ausgetrunken, bevor es jemand verhindern konnte. Ergo ist mit mir die gesamte Sicherheitsmannschaft vollzählig angetreten.“

Wieder streckt er Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand an die Stirn. Ich brauche einige Zeit, um das zu verarbeiten. Währenddessen flüstert mir Macro ins Ohr: „Du bist jetzt echt nicht mehr Chef von vielen. Wir könnten auch Partner sein, so ganz auf Augenhöhe.“

In meinem Kopf schreit derweil ein kleines Mädchen. Und ich fühle mich krank.
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Blackbird (Nachts vom 14. auf 15.03.2029, nach Mitternacht)

Geweckt hatte sie ein einziges Geräusch.
Das Aufschlagen der Eingangstür zum Heilerhaus. Blackbird war sofort wach gewesen. Hellwach. Ihre rechte Hand hatte, noch während sie die Augen aufschlug, reflexartig unter das Kopfkissen gegriffen.

Der aufgestoßenen Tür waren dann Geräusche und Stimmen gefolgt, denen Blackbird entnehmen konnte, dass wohl ein Anschlag auf die alte Frau verübt worden war, die sie Hohe Mutter nannten. Diese lag jetzt seit den späten Abendstunden ein paar Zimmer weiter und der Stimmen- und Menschenauflauf hatten seitdem kaum abgenommen.

Jetzt, im Nachhinein, weiß sie nicht mehr, was sie mehr irritiert hatte. War es dieser Griff unter das Kissen? Er war instinktiv. Ihre Reaktion auf das Geräusch einer aufschlagenden Tür. Das war gleichermaßen beunruhigend wie auch… vertraut? Sie muss zugeben, dass es auch ein bisschen dieser innere Zwiespalt ist, der sie seit Stunden wachhält.

Das Stimmengewirr ignorierend versucht Blackbird sich klar zu werden, warum ihre Reaktion so eindeutig und zielgerichtet war. Und sie bemerkt, dass dies deckungsgleich zu einigen Erkenntnissen aus ihrem Rundgang am späten Nachmittag ist, fast wie bei einem sich nach und nach zu vervollständigendem Mosaik.

Ihr erster Erkundungsgang durch das Dorf war sehr aufschlussreich gewesen. Ja. Sie musste sich zuerst überwinden, dem kleinen Mädchen den Rücken zuzuwenden, um das Heilerhaus zu verlassen. Unerklärlich. Genauso unerklärlich wie die Erkenntnis, dass sie Meredith heißen sollte.
„Zurück zu dem Rundgang!“ befiehlt sie sich im Gedanken gerade selbst, als sie im Gang die schweren Schritte eines Mannes vernimmt. Die Schrittfolge, das Aufsetzen, die Gangart kommen Blackbird bekannt vor. „Der Söldner, der mich vor zwei Tagen in Augenschein genommen hat. Ha! S u b o t a i.“

Ja, einige Stunden zuvor war es fast zu einfach gewesen, im Schatten der Häuser und des umliegenden Bewuchs den mehr oder weniger beschäftigten Dorfbewohnern aus dem Weg zu gehen und sich dennoch umzusehen. Blackbird geht in Gedanken die Wege ab, die sie eingeschlagen hatte. Das Haus verlassend wandte sie sich zuerst nach Osten, damit sie ihren Schatten im Blick hatte und sich somit gegeben falls vor anderen schnell verstecken hätte können.

Pferdekoppeln und Stallungen lagen im späten Tageslicht rechts von ihr. In geduckter Haltung, den Blick und die Wahrnehmung nach vorn gerichtet, hatte sie diese am Zaun entlang umrundet. Hier musste wohl auch der Teufel stehen, der ihr mit seinem Huf das Gesicht zerschmettert hatte.

Blackbird liegt im fahlen Nachtlicht in ihrem Bett und lächelt eiskalt, als sie sich daran erinnert, dass sie das Pferd dann sogar kurz gesehen hatte. Es stand mit verbundenem Hinterbein neben einer sportlich wirkenden, blonden Frau, hatte an seinem Halfter gezerrt und unruhig getänzelt. So, als ob da Tier sie gewittert hatte. Spürte es eine Gefahr, die von ihr selbst ausging? Eine Gefahr, die sie selbst noch nicht benennen konnte? Auf jeden Fall hatte das Pferd genügend Sperenzien gemacht.
Der Frau wurde von einem Mädchen gerade ein Zettel überreicht, das hatte Blackbird aus dem Augenwinkel noch wahrgenommen.

In Gedanken sieht sie sich nun auf den nächsten Hüttenkomplex zu schleichen. Auch jetzt, bei diesem Rückblick muss sie unweigerlich lächeln. Denn kurz vor den Gebäuden wurde sie das erste Mal der Kameras gewahr. Kleine Überwachungkameras, kaum zu entdecken, weil gut getarnt und mit keiner Spiegelfläche, die verräterisch im Gegenlicht aufblitzen konnte.

Dennoch hatte Blackbird sie entdeckt. „Keine Ahnung, was mir das bringt, das zu wissen. Aber mir gefällt, DASS ich sie entdeckt habe. Salute, siebter Sinn!“ sind ihre Gedanken, während sie weiter Revue passieren lässt.

Der Hüttenkomplex war wohl eine Art Werkstattbereich. Auf Grund der späten Stunde waren dort keine Menschen mehr unterwegs, sondern mit dem bevorstehenden Abendessen beschäftigt. Somit, wie sie es geplant hatte, die beste Stunde für ihren Erkundungsgang.
Sie erinnert sich. Eigentlich hatte sie vor sich noch weiter in Richtung Osten zu bewegen, an dem großen Tor vorbei, das einer der Zugänge zu dem Gelände sein musste, fast in Wurfweite befand sich dort eine einzelne, größere Hütte.

Aber irgendetwas hatte dann ihre Aufmerksamkeit von den zwei Männern abgelenkt, die vor der Hütte ein paar halbherzige Wurfübungen mit ihren Messern ausführten. „Saftnasen, so macht man das nicht.“ Das muss der Wachdienst sein. Die Leute sind nicht gut, aber hochmotiviert. Auch dieser Gedanke gehört zu den irritierenden Erkenntnissen, die Blackbird jetzt in der Nacht noch immer beschäftigen.

Wie auch das Gebäude, das ihr Interesse besonders auf sich zog. Von ihrem Standort aus lag es in nordwestlicher Richtung und irgendetwas an dieser Holzhütte war außergewöhnlich gewesen. Es war ein Leichtes für sie, sich im Rücken der umliegenden Gebäude und im toten Winkel der gezielt positionierten Überwachungskameras ganz nah an diese Holzhütte heranzuschleichen.

Als sie an der rückwärtigen Giebelseite des Nachbarhauses verharrt hatte, bemerkte sie die ganz leichten Vibrationen, die durch den Boden unter ihr übertragen wurden. Ebenso hatte sie sofort registriert, dass anders als bei den anderen Hütten, hier in regelmäßigen Abständen Lüftungsgitter im Sockelbereich eingelassen waren, für das unwissende Auge eines Betrachters kaum sichtbar.

Ihr gesundes linkes Auge hatte allerdings ganz hervorragend funktioniert. So hatte sie ebenso wahrgenommen, dass es unweit der Rückseite dieser besonderen Holzhütte einen Schachtdeckel gab. Dieser war, da die Vegetationsphase noch nicht begonnen hatte, dank seiner bemoosten Holzoberfläche im umliegenden Märzgras eindeutig auszumachen.

Beim Nachgang dieser Gedanken, formiert sich bei Blackbird aus den Puzzelteilen ein Bild. „Lüftungsgitter, unterirdische Vibrationen, Schachtdeckel. Das bedeutet, das dieses Gebäude unterkellert sein muss! Und zwar weitaus tiefer und größer, als ein lehmgestampfter Vorratsraum es benötigen würde!“ Fast entfährt ihr bei dieser Erkenntnis ein kleiner Freudenschrei. Den sie jedoch sofort zu unterdrücken weiß.

Jetzt wird ihr auch klar, warum der Mann, der, kurz bevor sie ihre Position dort verlassen wollte, vor die Tür trat, schnell, ja fast hastig die Zigarette geraucht hatte. Er muss einer der Personen sein, die in dieser Versorgungszentrale eine wichtige Funktion belegt. Die Narbe an seiner Kehle hatte Blackbird mit ihrer hochgezogenen linken Augenbraue quittiert.

„Ich muss unbedingt herausfinden, was sich dort in, nein! UNTER dem Gebäude befindet. Die Vibrationen lassen auf Motoren und Generatoren schließen, die eindeutig nicht für eine normale Stromversorgung ausgelegt sind.“ Gerade diesen Entschluss gefasst, bemerkt Blackbird einen zweiten Mann auf dem Gang vor ihrer Zimmertür im Heilerhaus. Sie hört die Stimmen, erkennt jene Subotais, aber auch die andere, die zweifelsohne auch auf eine Kämpfernatur schließen lässt.

Subotai und ein weiterer…Söldner? Auch das ist etwas, dem sie auf den Grund gehen will, sobald sich die nächste Gelegenheit ergibt. Und diese wird sich bald einstellen. Denn der Umstand, dass die vergiftete alte Frau nun am nächsten Tag alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird, verschafft ihr die Zeit, sich ein zweites Mal unbemerkt im Dorf umsehen zu können.
Fast tut ihr die alte Frau auch ein bisschen leid. Aber eben auch nur fast.

Mit diesen zwiegespaltenen Gedanken schläft Blackbird schließlich ein.
Subotai (16.3.2029, in den frühen Morgenstunden)
„Wenn ein Krieger nicht mehr weiß, welcher Weg der Richtige ist, geht er in die Geisterwelt und befragt die Götter.“

Ein Schauer läuft mir über den Rücken wenn ich daran denke, wann ich diesen Satz das erste Mal gehört habe. Es war nach Basra. Diesem Wendepunkt. Dschebe – Christian Roffler – hat mich unter Einsatz seines Lebens dem Erschießungskommando direkt vor den Gewehrläufen entrissen. Und damit seine Karriere beendet, denn so illegal die Irakis auch gehandelt hatten, wir waren eine Freischärler-Einheit, durch kein internationales Recht geschützt.

Nun ist er tot, der junge Oberleutnant. Der sein Leben riskiert hat, um seinen ehemaligen Ausbilder rauszuhauen, wohl wissend, dass diese Aktion ihn den Kopf kosten könnte und sicher wusste, dass er danach seinen Dienst beim regulären Militär ad acta legen kann. Doch seinetwegen sind neben mir noch weitere siebzehn Mann aus dem Internierungslager entkommen, wir haben uns den Weg freigeschossen und mit allem Glück dieser Welt Kuweit erreicht. Von da gings rüber nach Dubai, und hier hat sich der Haufen zerstreut. Mein Weg führte mich nach Karatschi und von dort über Indien nach Nepal. Es war Zeit für mich gewesen, von der Bildfläche zu verschwinden.

Dort, im Himalaya, traf ich all diese seltsamen, aber weisen Menschen, die mir eine neue Sicht auf die Welt vermittelten. Unter anderem auch diese:

„Wenn ein Krieger nicht mehr weiß, welcher Weg der Richtige ist, geht er in die Geisterwelt und befragt die Götter.“

Ich hab nichts von den Stoffen bei mir, die die Reise zu den Göttern unterstützen können und behelfe mir mit etwas Grün, das mir Damian freundlicherweise überlassen hat. Es bringt mich – den Gewohnheitsraucher – zwar zum Husten, aber irgendwie funktioniert es nicht richtig. Ich fühle mich eher deprimiert als den Göttern nah.

Fakten.

Hohe Mutter ist vergiftet worden. Die Heiler wissen nicht, ob sie durchkommen wird.

Vier meiner Männer sind tot. Ich habe wieder vier Männer verloren. Erneut bin ich schuld am Tod von vier Männern. Fast meine gesamte Einheit. Das reißt alte Wunden auf. – Stop – das wird ein unheiliges Karussell. Raus da.

Was hatte der alte Shaolin gesagt, wieder und wieder?

„Kläre Deinen Geist. Erhebe Dich über die Dinge. Sieh und versteh. Und dann: Handele. Entscheidungen werden durch die Handlung getroffen, nicht durch Gedanken.“

Okay, ich bastele mir die dritte Zigarette mit Füllung. Vielleicht muss ich einfach höher dosieren. Um meinen Geist zu klären. Denn immer noch tanzen die Gedanken in meinem Kopf herum, wie sie grad wollen. Unsortiert. Chaotisch. Viel zu viel.

Ich rauche an und wieder muss ich husten. Aber ich spüre im selben Moment, dass sich etwas tut. Ich sitze hier zwar vor der alten Fischerhütte im Dreck, aber tatsächlich scheine ich über den Dingen zu schweben, ganz unvermittelt. Ein guter Platz, flüstert er mir zu, kraftvoll und beruhigend zugleich.

Ich wage einen Blick nach unten.

Hohe Mutter. Liegt im Sterben, möglicherweise. Ich verstehe. Welche Entscheidung steht für mich an, manifestiert als Handlung? Keine. Ich kann nichts für sie tun. Und der Gedanke an sie darf mich nicht lähmen.

Gut, nächster Punkt. Vier tote Männer. Alle vergiftet. Handlung? Sie müssen verschwinden! Keinesfalls darf die Polizei davon erfahren. Ich muss dafür sorgen, dass sie ein anständiges Begräbnis erhalten, ohne dass die Staatsmacht sich einmischt. Das wird die nächste Aktion sein.

Die Assassine von Insomnium Verum ist bereits in Elfengarten, mit hoher Wahrscheinlichkeit: Die Frau im Heilerhaus, die sich ‚Blackbird‘ nennt. Offenbar hat sie ihr Gedächtnis verloren, kein Mensch weiß, ob und wann sie es zurückerlangt. Handlung: Sie darf nicht mehr unbeobachtet sein. Jemand muss bei ihr sein, Tag und Nacht. Und: Sie muss aus dem Heilerhaus raus, so schnell wie möglich – aus der Nähe von Hohe Mutter.

Vergifteter Wein, gezielt verabreicht, um zu töten. Hohe Mutter und alle Sicherheitskräfte. Wer war das? Handlung: Ermitteln. Detektiv spielen. Befragen, Kameraaufzeichnungen ansehen, kombinieren. Der Mörder muss gefunden werden. Wenn es nicht die verschwundene Heilerin war, sind alle immer noch in höchster Gefahr.

Im See liegt etwas in sechzehn Meter Tiefe. Nicht vorrangig wichtig, aber wer weiß? Ich habe meinen Taucher verloren. Dann muss ich da selbst hinunter. Mist. Handlung? Ja, später.

Ellen. Mist, Mist. Ellen. Ich war ja schon im See. Oh, was mache ich bloß? Wer kann mir da helfen? Handlung: Ausweichen, vertagen! Ich habe genug Anderes zu tun. Wichtigeres? Nein. Doch. Ach, Scheiße.

Macro. Ja, er hat Recht: Es gibt keinen Sicherheitsdienst mehr und ergo auch keinen Anführer. Er und ich sind der letzte Schutzwall für diese kleine Siedlung. Handlung: Macro fragen, ob er mir helfen wird. Vielleicht taucht er ja gern? Oder zumindest nicht so ungern wie ich? Und er kann Blackbird beobachten. Und dafür sorgen, dass vier Leichen verschwinden. Aber mit einem angemessenen Begräbnis. Ja, er kann mir helfen. Wir müssen uns zusammenraufen. Handlung? Ach, das hatte ich schon.

Cheops. Zentrale. Da muss ich auch hin. Mit denen reden. Worüber? Verdammt, verdammt. Mir schwirrt der Kopf. Und ich muss in Zukunft die Finger vom Alkohol lassen. Derzeit bin ich auch ohne den Göttern nah genug, vielleicht zu nah. Irgendwie dreht sich alles. Und es wird kalt. Und ich habe Hunger. Zeit, in meine Hütte zu gehen. Morgen, morgen werde ich… handeln. All das. So viel.
*********2016 Mann
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Leitner Planspiele ( zeitlos )

Karl Eisenkopf Leitner hockt wie eine fette Qualle hinter dem pompösen Mahagoni Schreibtisch. Er ist alleine in seinem großzügig eingerichteten Büro und hat sich jedwede Störung strikt verboten. Edler Anzugstoff verleiht 212 Pfund Masse mondänen Stil. Sein eisgraues, militärisch kurz gehaltenes Haar scheint wie Wildschweinborsten von dem Quadratschädel abzustehen. Die kürzlich zurückliegende Begegnung mit Holderbaum, Kampfname Macro, geht ihm durch den Sinn. Es gab diverse Episoden zwischen Holderbaum und Leitner, immer irgendwie unschön, fast immer von Blut und Tod behaftet. Die persönlichste war der Tod von Holderbaums Kumpel Svenje. Ein düsteres Kapitel welches bis heute unvergessen ist und nur dazu diente seine, Leitners Rachsucht zu befriedigen.

"Holderbaum ist ein knallharter Kämpfer, immer gewesen. Strategisch geschickt, erfahren und machtvoll wie ein Panzer. Nun ist er bereit mir die alte Blutschuld gegen Informationen zu erlassen. Ihm scheint sehr viel am Wissen über Insomnium Verum zu liegen, warum?"

Leise perlen die Worte durch den Raum, schwebenden Tropfen gleich, nachdenklich jeden Buchstaben betonend ausgesprochen. Eine knifflige Denksportaufgabe. Der Blick dazu, fragend und bedenklich.

Leitner taucht tief ein in die Vergangenheit, die erste Begegnung mit Hartmuth Holderbaum.

Leitner als junger Lieutenant der Legion, Hartmuth Holderbaum als Offiziersanwärter kurzfristig unter seinem Kommando. Schon damals war zu spüren, dass diese beiden Männer nicht miteinander konnten.

Dann Jahre später. Ein gemeinsamer Einsatz im Kongo unter dem Banner der Legion. Beide als Offiziere, Leitner allerdings ranghöher und von daher Kommandeur.
Das Ding ging einigermaßen in die Hose, seine Leitners Schuld, aber er konnte es abwiegeln. Nur Holderbaum hätte ihn damals reinreiten können, aus Kameradschaft hielt er allerdings die Klappe.

Wieder Jahre später in Faso. Als Söldnerführer auf verfeindeten Fronten. Das blutige Gefecht welches Leitner für sich entschied. Nicht weil er besser war, ehrlich gesagt. Nein, mehr Männer, mehr Material, mehr Munition und ein Quäntchen Glück. Der Kampftag endete mit der Hinrichtung Svenjes. Leitner Hass auf die kleinere Truppe Holderbaums war die Ursache, der Auslöser dass Svenje seine Waffe eine Sekunde zu lange in der Hand hielt, leergeschossen wohlgemerkt.

Danach trennte das Schicksal die Wege der beiden. Aus der Ferne bekam man so einiges mit was der andere so tat. Holderbaum blieb Söldner, kämpfte an den Brennpunkten der Welt. Leitner landete als Belohnung für besondere Verdienste im Staatsdienst. Heutzutage ist er dort wer, hat seit Jahren eine leitende Position inne. Protegiert von Leuten welche noch mehr Dreck am Stecken haben als er selbst. Direktor der Abteilung welche das Treiben der Geheimbünde, Logen und Freimaurer beobachten, aufdecken und verhindern soll. Keiner der treuen Staatsbediensteten ahnt auch nur im Geringsten das der Eisenkopf selbst beste Verbindungen zu diesen Gruppierungen unterhält und in einigen sogar Mitglied ist. Den Bock zum Gärtner gemacht. Gute Bedingungen um bei der Installation der NWO zu mindesten im Mittelfeld mitzumischen. Karl Leitner ist also ein sprichwörtliches U-Boot.

"Ich könnte dir sehr viel über Insomnium Verum erzählen, Holderbaum, du würdest mit den Ohren schlackern. Vielleicht sogar das eine Assassine möglicherweise schon in deiner Nähe agiert," ein hämisches Lachen begleitet diese Worte.

Versteckt liegende Verbindungen gewinnen an Wahrscheinlichkeit. Holderbaum und Leitner scheinen ein weiteres Mal aufeinander treffen zu wollen. Ein schwedischer Wissenschaftler kommt ihm in den Sinn, Tjerson... war da nicht was, Holderbaum und Tjerson. Finger huschen über die Tastatur... Treffer!

Die Assassine fällt ihm wieder ein. Die Dame hat schon einige Tage nichts mehr von sich hören lassen. Nicht so ganz ungewöhnlich. Andererseits... die letzte Nachricht kam aus Illigdorfen, danach nichts mehr.
Wenn allerdings Holderbaum in der Aussteiger- und Flüchtlingssiedlung in Oberbayern mitmischt, gewinnt diese Tatsache eventuell sehr an Bedeutung und es würde Holderbaums Frage nach dem Orden erklären.

Dem alerten Ex-Legionär ist nämlich durchaus die Ausschaltung auch einer Ordens Assassine zuzutrauen.
Das heißt im Klartext, er, Leitner muss agieren, herausfinden was da läuft.

Sein Auftrag lautet Cheops und die Hohe Mutter, was für lächerliche Decknamen, auszuschalten, zu liquidieren. Als weltweites Signal das man Insomnium Verum nicht verlässt und verrät. Leitner hat eine sehr zuverlässige Ordensschwester ausgesandt, nie gab es eine Klage, einen Makel an der Ausübung ihres tödlichen Handwerks. Wenn sich allerdings Holderbaum in Elfengarten aufhalten sollte sind die Karten neu gemischt. Die mögliche Verbindung wäre Holderbaums letzter Auftraggeber gewesen. Ingmar Tjerson, auch so ein Abtrünniger, aber der hat ja seine gerechte Strafe bereits erhalten.

Wusste Tjerson von Elfengarten? Was hat er Holderbaum eventuell erzählt?

Holderbaum wäre mehr als erstaunt, wenn er wüsste wer dem schwedischen Verräter den Weg ins Jenseits gewiesen hat. Leitner selbst, als Kaplan der Executive tauchte seine Hände ein weiteres Mal in Blut und fast wäre er auch in Versuchung geraten Tjersons Bodyguard auszuschalten. Ein letzter Rest rohe Kriegsehre, sowie der leidige Punkt dass Holderbaum seinen alten Fauxpas nie verraten hatte, hielt ihn letztendlich davon ab. Vielleicht ein Fehler, aber noch ausmerzbar.

Ein süffisantes, hinterhältiges Grinsen zieht sich über Leitners narbiges Prochnow Gesicht. Der Bundesbulle greift zum abhörsicheren Telefon, es gilt ein paar Dinge klarzustellen!
2020_08_28: ich war shoppen. ; )
********elle Frau
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15.03.2029, morgens - Siopi
Aua…

Die Kopfschmerzen, die mich überfallartig packen, als ich erwache, wecken in mir den Wunsch, gleich wieder einzuschlafen. Aber das geht nicht, denn ich spüre, dass etwas nicht in Ordnung ist. Nicht nur eine Sache, nein. Gleich mehrere.

Wo bin ich? Was ist nur passiert? ich blinzele und wage einen Blick. Das ist eines der Zimmer im Heilerhaus. Warum bin ich im Heilerhaus? Hatte ich einen Unfall? ich schließe wieder meine Augen und versuche nachzudenken, soweit es die Kopfschmerzen zulassen.

Weggelaufen. Ja, stimmt. Da war der Tumult im Gemeinschaftsraum gewesen. Die Spaghettis. Walburga, die so ungerecht zu mir gewesen war. ich hatte Teller vom Tisch geworfen. Und dann war ich fortgelaufen, hin zu dem einzigen Versteck, das ich noch hatte, seit der Dugann in meine Fischerhütte eingezogen war.

Moment… Da war noch etwas. Dugann! Er ist weg. Hat mich allein gelassen und Pokus mitgenommen, Pokus, der einzige Freund, den ich in Elfengarten hatte. Woher weiß ich das? Hat man mir das gesagt? ich war doch gar nicht wach, seit ich im Versteck eingeschlafen bin.

Aber dennoch bin ich mir sicher. ich muss es im Traum gesehen haben.

Geträumt habe ich viel. Was davon Wirklichkeit ist, werde ich wohl bald feststellen. Subotai, der besorgt durch den Flur des Heilerhauses ging. Besorgt und… bestürzt, aber nicht wegen mir. Etwas Anderes hatte ihn erschüttert. Und dann hatte er zu mir gesprochen, aber ich hatte mich wieder zurückgezogen, denn ich war ihm nicht willkommen, als ich ihm von Duganns Verrat erzählen wollte.

„Hilf mir, verdammt, oder lass mich frei!“ hatte er gesagt. Wie sollte ich ihm helfen? ich bin nur ein Kind, wie sollte ich bei einem Angriff…

Moment! Was für ein Angriff? Weitere Bilder blitzen in meinem Kopf auf. Oder… nicht so sehr Bilder, eher die Erinnerung an… Geräusche. Und wieder dieses Gefühl, dass etwas nicht stimmt.

Noch jemand ist hier im Heilerhaus, krank, ganz schlimm krank. Aber ich kann nicht erkennen, wer. Jemand, den ich sehr mag. Subotai? Nein, ihn habe ich gespürt, er hat zu mir gesprochen. Wer sonst? Zeit, wirklich wach zu werden. ich öffne meine Augen und setze mich auf.

Uff. Damian steht an meinem Bett. Den will ich gerade wirklich nicht sehen, aber er kann mir sagen, was hier los ist. ich räuspere mich.

„Was ist passiert?“ Dumm, Siopi, wirklich dumm. Er wird gleich wieder annehmen, dass du dich einmischen willst…

„Ah, wieder wach, ja?“ Er greift nach meinem Handgelenk, fühlt meinen Puls. Der müsste rasen, so schlimm sind die Kopfschmerzen, so sehr hat mich die Unruhe gepackt. „Du hast mal wieder ganz schön für Aufruhr gesorgt. Aber nun geht es dir wieder besser und bald kannst du zurück in dein Zimmer im Kinderhaus.“

Ins Kinderhaus? Niemals! Dahin gehe ich auf keinen Fall zurück, lieber laufe ich wieder weg!

„Wer…“ Nein! Nicht zeigen, dass du etwas weißt, dumme Kuh! Stell dich dumm, so erfährst du mehr! Sorg dafür, dass er weiterredet, vielleicht erzählt er dir alles von alleine!

„Wie bin ich hierhergekommen?“

Damian gibt einen abschätzigen Laut von sich. Er mag mich nicht, das weiß ich. Hohe Mutter meint, dass er Angst vor mir hat, weil ich viel mehr kann als er. Aber aufgepasst nun, er redet!

„Nachdem du im Gemeinschaftsraum randaliert hast, hast du dich versteckt. Hast dich wohl nicht zurück ins Kinderhaus getraut, weil du wusstest, dass du dafür eine empfindliche Strafe zu erwarten hast. Na, die wird wohl immer noch auf dich warten, wenn wir dich endlich dahin zurückschicken können. Man hat dich natürlich gefunden und weil du dich zu allem Überfluss auch noch unterkühlt hast, musstest du erst einmal hier bleiben.“ Er fühlt meine Stirn, hört meine Brust ab, macht all diese Dinge, von denen ich weiß, dass sie gar nicht nötig sind. Es geht mir gut, bis auf die Kopfschmerzen.

„Kann ich etwas gegen meine Kopfschmerzen haben? Es tut so schrecklich weh“, frage ich und sein grimmiger Blick lässt mich fast zurückschrecken, aber ich halte seinem Blick stand.

„Für so etwas haben wir gerade keine Zeit“, erwidert er streng. „Wir müssen uns um die hohe Mutter kümmern, der geht es viel schlechter als dir, da wirst du dein bisschen Kopfweh mal aushalten müssen. Bleib im Bett und ruh dich aus. Ich schaue später nach dir, dann werden wir weitersehen.“

Er verlässt mein Zimmer, bevor ich noch weitere Fragen stellen kann.

Hohe Mutter! Und sie ist es, die so krank ist, dass ich sie nicht einmal erkennen konnte? Geschweige denn erreichen! Mir wird angst und bange.

„ich muss mal!“ rufe ich Damian noch hinterher und zucke zusammen, denn meine eigene Lautstärke lässt den Kopfschmerz wieder anschwellen. „Ich schicke dir Lerau mit einer Bettpfanne“, wirft er mir über die Schulter zurück. „Bleib in deinem Zimmer!“ Und dann ist er ganz verschwunden.

Mürrisch liege ich da, verärgert über Damian und seine unmögliche Art mir gegenüber. Auch wenn er mich nicht mag, so benimmt sich doch kein Heiler einer Kranken gegenüber! Aber dann fällt mir sofort wieder ein, dass es hohe Mutter bestimmt schlimmer als mir geht. ich muss wissen, wie es um sie steht!

Lerau kommt herein lächelt flüchtig und reicht mir die Bettpfanne – und ein Glas, in dem eine blassfarbige Flüssigkeit schwappt. Dann hat Damian wohl doch etwas für meine Kopfschmerzen bringen lassen. ich lächele zurück und bedeute ihr, dass ich für mein „Geschäft“ lieber allein wäre. Dann warte ich, bis sie endlich aus meinem Zimmer ist. ich stehe leise auf, schleiche zur Tür, horche. Ob sie wohl hinter der Türe darauf wartet, dass ich mich melde?

„Lerau, ich brauche dich hier!“ Damians Worte bestätigen meinen Verdacht, aber die raschen Schritte, die sich entfernen, bedeuten mir, dass ich es wagen kann, mein Zimmer zu verlassen. Also öffne ich die Türe, schlüpfe hinaus auf den Flur und achte darauf, dass die Tür noch nicht einmal ein Klicken von sich gibt, als ich sie schließe. Damians Stimme war weiter entfernt gewesen und ich erinnere mich, dass in dem Zimmer direkt mir diese Frau mit der fürchterlichen Verletzung im Gesicht liegt. ich war ja einmal da gewesen, als die hohe Mutter mir erlaubt hatte zu helfen.

Wie es ihr wohl geht? Vielleicht sollte ich einmal ganz kurz dort hineinschauen…

Sie sitzt in ihrem Bett, der Blick zur Tür, zu mir gewandt. Offensichtlich geht es ihr wieder sehr gut. Die Narben heilen schneller als es gut für sie sind. Je langsamer sie heilen, desto leichter wären sie mit Salben zu behandeln, denke ich mir. Dann würden sie nicht ganz so schrecklich aussehen.

„Du bist wieder wach, das ist gut“, plappere ich los, ganz entgegen meiner üblichen Gewohnheiten. „Dann müssen sich die Heiler nicht so viel um dich kümmern, jetzt, wo es hohe Mutter so schlecht geht. Jemand hat sie angegriffen, aber mehr weiß ich nicht.“ ich stocke, denn es fällt mir ein, dass ich doch mehr weiß. „Aber ich weiß auch, dass sie nicht nur schläft… sie… sie ist weiter weg als im Schlaf.“

Die Augenbraue auf der gesunden Hälfte ihres Gesichtes zieht sich hoch, aber sie erwidert nichts.

„Ach ja, der Kieferbruch, du kannst ja nicht sprechen“, entfährt es mir. „ich kann hohe Mutter spüren, ob sie nun wach ist oder schläft. Und ich kann dann auch mit ihr reden, verstehst Du?“

Wieder diese hochgezogene Augenbraue, dann ein zögerndes Nicken. „Dachte ich mir“, und es ist tatsächlich so. Die Frau weiß, was ich meine.

„Mit Dugann ging das nicht, aber mit Pokus, seinem Hund. Der hat mich immer verstanden. Pokus ist…“ ich stocke wieder. „Er war mein Freund. Aber Dugann ist gegangen und hat ihn mitgenommen und ich bin wieder ganz allein.“ ich muss mich anstrengen, damit ich nicht anfange zu weinen.

Irgendwie scheint die verletzte Seite ihres Gesichtes mir mehr zugewandt zu sein und weicher zu werden. Noch ein Rätsel.

„ich sollte gar nicht hier sein. Eigentlich wollte ich zur hohen Mutter um zu sehen, was ihr passiert ist, vielleicht kann ich helfen, aber Damian will das nicht. Er hat mir sogar befohlen auf meinem Zimmer zu bleiben.“

„Was du offensichtlich missachtet hast!“ Beim anklagenden Ton von Damians Stimme fahre ich herum. Verdammt! Er hat mich erwischt, während ich hier meine Zeit bei dieser Frau verschwendet habe, statt nach der hohen Mutter zu sehen. Er hat sich vor mir aufgebaut, die Hände in die Hüfte gestemmt. In der einen hat er die Bettpfanne, die Lerau mir gebracht hatte. Das war es…

„ich wollte lieber auf die richtige Toilette gehen“, maule ich trotzig, aber er packt mich grob am Arm und zerrt mich zu meinem Zimmer zurück.

"Das hast du dir jetzt gründlich verdorben, du ungezogenes Gör!“ Er schimpft weiter, schiebt mich in mein Zimmer und drückt mir die Bettpfanne in die Hand. Dann wirft er die Tür zu. ich höre einen Schlüssel, der sich ins Schloss schiebt, ein Schnappen von Schließmechanismen – er hat mich eingeschlossen!

„Das kannst du doch nicht tun!“ brülle ich und rüttle an der Tür. „Das ist…“ mir fällt das Wort nicht ein, „verboten! Dafür gibt es ein Gesetz! Freiheitsberaubung, ja, genau!“ Wir hatten das in der Schule gelernt. Wenn man jemanden ohne Berechtigung einsperrt, ist das verboten. Aber auf der anderen Seite der Tür bleibt es still. Offenbar hat Damian beschlossen, dass ich seine Zeit verschwende.

Wieder werde ich ausgeschlossen. Ausgeschlossen durch Einschließen, fährt es mir durch den Kopf und ich lache bitter auf. Dann entfährt mir ein wütendes Brüllen, das mich selbst erschreckt.

Wer ist das da, in mir? Schon wieder werde ich so wütend, dass ich mich nicht beherrschen kann! Das bin doch nicht ich…

Verzagt setze ich mich auf mein Bett. Was passiert hier gerade? Was passiert mit Elfengarten, der mir immer als ein sicherer Ort vorgekommen war? Was passiert mit mir, von der immer alle als Sonnenschein reden?

„Wir werden angegriffen!“ Subotais Stimme klingt in meinem Kopf.

Offensichtlich ist der Angriff, den er meint, nicht der einzige.
Müde rolle ich mich auf dem Bett zusammen. ich suche nach der hohen Mutter, aber ich kann sie nicht finden. Sie ist zwar da, aber so weit entfernt, dass ich sie nicht rufen, nicht erreichen kann. Es ist so, wie ich es der Frau im Nebenzimmer erklärt habe. Sie ist weiter weg als sie es je zuvor war. Sie ist an einer Schwelle, kämpft mit sich, ob sie hinübergehen oder umkehren soll.

„Kehr um! Wir brauchen dich hier!“ ich rufe es ihr in Gedanken zu, aber sie scheint es nicht zu hören. Vielleicht, wenn ich meine Hand auf sie legen könnte, dann. Aber das geht gerade nicht, denn Damian hat mich hier eingeschlossen und wacht wie ein Schießhund darüber, dass ich nicht in ihre Nähe komme.

Meine Gedanken schweifen zu der Frau mit den Narben im Gesicht. Als die eine Seite so weich geworden war, hatte ich den Wunsch gehabt, meine Hand darauf zu legen. Sie zu streicheln, zu halten. Vielleicht könnte ich ihr ein bisschen von dem Schmerz nehmen, den ich bei ihr gespürt habe, allein dadurch, dass ich meine Hand auf ihre Wange lege?

„Tu das nicht.“

Erschrocken fahre ich auf. ich kann sie hören! Eine raue Stimme, die das Sprechen nicht mehr gewöhnt ist. Aber angenehm wird sie sein, sobald das Kratzen fort ist, dessen bin ich mir sicher.

„Warum nicht? ich will dir doch nur die Schmerzen nehmen.“

„Schmerzen sind nicht mein Problem, kleines Mädchen. Du hast schon genug für mich getan.“

Sie weiß also, dass ich ihr geholfen hatte, damals, als alle um ihr Leben kämpften.

ich zucke mit den Schultern, so, als könne sie das sehen. „Es gibt immer noch etwas zu tun.“

„Und was?“ Nun klingt die Stimme belustigt. “Willst Du mir vielleicht, erklären, warum mir unsere `Unterhaltung` hier mehr als seltsam vorkommt? Ich meine, ich unterhalte mich mit einem Kind …in Gedanken!“


„Naja, ich wollte eigentlich bei der hohen Mutter helfen“, entgegne ich traurig. „Aber Damian hat mich eingeschlossen.“

„Er hat was?“ Ungläubigkeit, Empörung.

„Er hat mich eingeschlossen und will mich erst wieder herauslassen, wenn jemand vom Kinderhaus mich abholt. Aber dahin gehe ich nicht zurück!“ erkläre ich ihr entschlossen. „Die Kinder dort hassen mich. Sie sind gemein zu mir und Walburga tut immer so, als würde ich es sein, die gemein zu den Kindern ist, nicht umgekehrt!“

Und außerdem hat sie mir meine Freunde weggenommen, denke ich. Obwohl sie bei einer solchen Anklage höhnisch auflachen würde. „Freunde?“ würde sie mir sagen, „Du hast keine Freunde. Das sind erwachsene Menschen, die Mitleid mit einer kleinen verwahrlosten Göre haben und du stielst ihnen ihre Zeit!“

Vermutlich hatte sie recht.

„Nein, hat sie nicht.“ Die Gewissheit in der Stimme der Frau nebenan erschreckt mich. Hat sie meine Gedanken belauscht? Kann sie das?

„Kleine, ich weiß zwar nicht, was da zwischen uns beiden ist, aber im Moment redest du mit mir in deinen Gedanken, also höre ich alles, was du denkst“, erklärt sie mir und fährt dann fort: „Keine Ahnung, wie jemand darauf kommt, dass Du zu anderen gemein sein könntest. Ich kenne Dich nicht, aber ich weiß, dass Du helfen willst. Ganz uneigennützig. Und wenn´s Dir hilft: Ich habe mitbekommen, in welch großer Sorge alle um dich waren, als du krank warst. Es kamen oft Menschen um zu sehen, wie es dir geht. Das macht niemand, der dich nicht mag.“

Vielleicht hat sie recht. Wenn das so ist, habe ich vielleicht doch noch eine Chance. ich lächele.

„Wie heißt du überhaupt? ich bin Siopi“, sage ich. ich kann ja nicht immer von „der Frau“ reden oder denken.

„Ich bin mir nicht sicher“, antwortet sie ausweichend. „Nenn´ mich einfach Blackbird.“

„Oh, das ist hier völlig okay! Alle hier haben solche Spitznamen!“

„Siopi, was willst Du jetzt machen?“ Sie klingt interessiert.

„Erst einmal muss ich hier heraus. Und dann suche ich…“ Subotai, durchfährt es mich. Wenn hohe Mutter krank ist, bleiben nur Fiona oder er. Fiona hat nicht seine Macht; wenn mir also jemand helfen kann, dann er!

Kurzes Schweigen, dann antwortet mir die Frau, die sich den Namen Blackbird gegeben hat.

„Ich könnte dich aus deinem Zimmer holen, Kleines. Du könntest mit mir einen Rundgang durch Euer Dorf machen, das hilft mir, mich hier zurechtzufinden und du könntest sehen, ob du diesen Subotai findest.“

Hoffnung steigt in mir auf.

„Abgemacht! Dem doofen Damian zeigen wir’s!“ jubele ich innerlich und wir besiegeln den Pakt durch ein gedankliches Lachen.
*********2016 Mann
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Macro 15.03.2029 später am Morgen

Macro befindet sich im Verschlusszustand, dass heißt er sitzt in seiner Nummer 17, hält die Schotten dicht, absolut dicht.
Erstmal sammeln, nachdenken, Lage analysieren, Gegenmaßnahmen eruieren!
Tageszeit spielt keine Rolle. Jedwedes Außengeräusch wird völlig ignoriert. Faktencheck ist angesagt!

Ein Schreibblock liegt vor ihm auf der groben Tischplatte. Im übervollen Ascher verglimmt unbeachtet eine Filterlose. Kaffee dampft im Blechbecher. Schockbekämpfung alla Macro.

Um ein Haar wäre er ebenfalls draufgegangen. Der Warnruf des Mädchens Fiona und Subotais schnelle und richtige Reaktion haben seinen verdammten Arsch gerettet.
Danke dafür!
Er wird sich mit Sicherheit bald dafür revanchieren können, es versprechen lustige Zeiten zu werden.

Buchstaben reihen sich zu Worten. Worte sortieren sich zu kurzen Sätzen. Militärisch knapp, zutreffend, Soldatendeutsch eben!

Fakt 01: Die Schutzgarde ist nicht mehr, ausgelöscht, vier Tote durch einen perfiden Anschlag!
Kommentar: Die Verteidigung Elfengartens steht in Frage!

Fakt 02: Die Hohe Mutter liegt wahrscheinlich zu Tode darnieder!
Kommentar: Ein herber Verlust wenn es so kommt, potentielle Opfer Sinus Pax, Cheops

Fakt 03: Zaun und Tor von Elfengarten kein wesentliches Hindernis!
Kommentar: Einfachste Werkzeuge reichen um sich Einlass zu verschaffen!

Fakt 04: Der beste Schutz der Siedlung war das Nichtwissen, die Existenz unter dem Radar!
Kommentar: Es war einmal!

Fakt 05: Ein Assassine ist mit größter Wahrscheinlichkeit hier!
Kommentar: Blackbird, sie erkundet die Siedlung, brandgefährlich!

Fakt 06: Offiziell keine Waffen in der Siedlung!
Kommentar: Sein kleines Sortiment unter der doppelten Ladefläche!

Fakt 07: Es gibt nur noch Subotai und Macro!
Kommentar: Magere Mannstärke, Zuwenig für all die Aufgaben!

Fakt 08: Wann liefert das verdammte Arschloch Leitner!
Kommentar: Toten Briefkasten checken, notfalls Leitner hart angehen!

Fakt 09: Wer kann kämpfen, welche Möglichkeiten bieten Technik und Bautrupp!
Kommentar: Nachwuchskämpfer, technisches know how, Zaun verstärken!

Fakt 10: Hilfe von außen!
Kommentar: Ernie und Bert!


Atemlos schaut Macro auf seinen Block. Eine präzise Auflistung von Fragen, Problemen und Tatsachen.
Lösungen? Macros graue Zellen rotieren auf Hochtouren, die Zeit wird mehr als knapp.
Millionen Gedanken wirbeln, definieren sich zu glasklarer Analyse.
Die dräuenden Schatten von Insomnium Verum nehmen gefährliche Formen an, drohen die Siedlung zu verschlingen. Der Orden befindet sich gewaltig im Vormarsch!

Schlusswort: Finger weg vom Alkohol, klaren Kopf behalten, Kriegszustand!

Ich bin Macro... Meine Kämpfe dauern immer bis zum Ende, oft darüber hinaus!
2020_08_28: ich war shoppen. ; )
********elle Frau
3.308 Beiträge
So, nachdem nun alles soweit steht und nur noch der Text sukzessiv umziehen wird, erkläre ich mal hier, was mit "Renegades" gerade passiert.

Die Geschichte geht definitiv weiter, sie ruht zurzeit nur, denn:

Wir, die verbliebenen fünf Autoren, haben gemeinsam beschlossen, Renegades in eine eigene kleine Gruppe zu überführen.

Das hat ausschließlich praktische Gründe: Die Überlegung, dass wir uns wesentlich naher miteinander abstimmen können, dass wir eigene Regeln aufstellen können und auch ein gewisses Maß an Kontrolle darüber haben, wer sich in welcher Form an der Geschichte beteiligt.

Gleichzeitig können sich so aber auch Mitschreiber einbringen, die – aus welchen Gründen auch immer – kein Mitglied in der Kurzgeschichtengruppe sind.

Das Ganze ist im Vorfeld mit den Moderatoren besprochen worden und auch die tragen unsere Entscheidung mit.

Letztendlich werden unserer Überzeugung nach sowohl das Projekt „Renegades“ als auch die Kurzgeschichten-Gruppe durch diesen Schritt nur gewinnen, denn:

Wir fünf hängen mit unserem ganzen Herzen an der Kurzgeschichtengruppe und das wird auch so bleiben. *love2*

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