Es gibt einen Aspekt, der die angesprochenen Texte ausmacht, den ich bemerkenswert finde. Es ist der Aspekt der Wortfelder.
In diesen Texten wird plakativ und ohne Hemmungen Schlüsselwörter verwendet. Das "Hemmungslose" ist ein Prinzip und Selbstzweck und der springende Punkt. Denn die Wörter, um die es geht, drehen sich um Sex und Genitalien und das jemand diese Wörter ohne Hemmungen gebraucht und jemanderine ohne Hemmungen sie liest, sind schon die halbe Miete.
Der Kick diese Wörter gelesen zu sehen ist schon eine Stimulanz. Sie zu schreiben wohl auch. Es ist was für die Fans von Exhibitionsismus, Voyeurismus und dirty talk. Beide Seiten, die lesende und die schreibende, stimulieren sich damit. Wie bei dickpics, falls das beiden gefiele. Der eine wird schon stimuliert, wenn er bestimmte Wörter schreibt und weiß, dass eine Frau sie lesen wird, die andere findet es stimulierend bestimmte Wörter zu lesen und sich vorstellen, wie ein Mann sie ausspricht oder sie "nur mitfühlt". Sind die Wörter in wie auch immer gearteten Zusammenhang in einer Geschichte zu lesen, die mit Sex zu tun hat, umso besser.
Dazu kommt der Gruppencode. Mit solchen Wörtern kann man sich deutlich von der Stinowelt abgrenzen und ein heimeliges Gefühl von Nacktheit und Swingerclubatmo kreieren. Und ein Gruppengefühl. Wenn die Verwendung dieser Wörter zur Gruppenkultur gehört wird mit dem Gruppencode dieser Kultur referiert. Die andere Hälfte der Miete wäre auch zusammen.
Zwei Gruppen von Schlüsselwörtern, bzw. Wortfeldern finde ich besonders auffallend. Die erste Gruppe sind Wörter, deren Heimat die Wände von Bahnhofstoiletten sind. Fotze, Titten, Arschficken und dergleichen. Wörter, die man im Alltag vielleicht auf Schulhöfen hört, die aber schockierten, hörte man sie in der Familie, bei der Arbeit, im Verein oder im Radio. Gossensprache, Gettorsprache, dreckige, verbotene Sprache. Stinosprache.
Auch sieht man solche Wörter kaum geschrieben, allenthalben wo hingeschmiert, aber nicht in der Zeitung, nicht in Briefen, privaten Stinonachrichten oder in Arztromanen. À propos Arztromane.
Arztroman ist die Heimat der anderen Gruppe von Schlüsselwörtern. Um genau zu sein der erotisierende Arztroman. Ich benutz das Wort Arztroman einfach mal als Überbegriff. Was ich meine sind Wörter, die weniger deutlich, aber deutlich und eindeutig genug sind, um zu stimulieren. Sie umschreiben mehr, sind oft bildhaft und leider oft abgegriffen.
Wörter wie Lanze, Lustgrotte, Lustknospen, Luststab, einfach alles mit Lust und ganz besonders Lustschmerz fallen in diese Kategorie. Venushügel, fast alles mit Venus und dergleichen Es ist offenbar schwer diese Wörter zu umgehen, als schreibende und auch als lesende Person, wenn es "zur Sache" geht. Und es ist offenbar auch schwer mit diesen Wörtern so umzugehen, daß ein Text herauskommt, der dieses Wort verdient, aber machen gelingt dies.
Und manche wollen sie offenbar gar nicht umgehen, sie wollen genau diese Wörter in einem Text stehen sehen oder reinschreiben. Dann spielt der Text, die Geschichte, die Klasse eine untergeordnete, bzw. keine Rolle mehr.
Diese einschlägigen Texte sind dann sozusagen "Gebrauchsliteratur", ein Text der noch weniger mit Literatur zu tun hat, als ein entsprechender Porno mit erotischem Autorenkino.