Der neue Roman

Der neue Roman

"Das ist eine wirklich spannende und mitreißende Geschichte, Herr Föbel. Ihre begnadete Art zu schreiben und wie treffsicher Sie die passenden Wörter finden, begeistert meine Freundinnen und mich immer wieder aufs Neue. Meinem Mann darf ich gar nicht erzählen, wie sehr ich Sie verehre, geschweige denn, dass ich Sie inzwischen viel lieber mit in unser Ehebett nehme als ihn. Herr Föbel, wie gelingt es Ihnen bloß, uns so subtil und heftig in Bann zu ziehen?"

Ein leichtes Grinsen konnte ich mir in diesem Augenblick nicht verkneifen und stellte mir meine adrette Gesprächspartnerin in stilvoller Reizwäsche vor, während sie sich gierig sabbernd nach mir verzehrte. Ihr Lobgesang war Balsam für meine Autorenseele, tat meinem ohnehin grenzenlosen Ego unendlich gut und ließ mein Selbstvertrauen noch schneller wachsen, als meine Gedanken es mit dem pulsierenden Inhalt meiner Bundfaltenhose taten.

"Wissen Sie, gnädige Frau, der Erfolg meiner Geschichten beruht auf einem einfachen, aber äußerst wirkungsvollen Prinzip. Es geht dabei ausschließlich um die Themen und deren Findung. Der Rest kommt dann von ganz alleine. Wirklich gute Geschichten haben nämlich eines gemein: Sie handeln allesamt von wichtigen Begebenheiten. Nur so gelingt es einem Autor, Sie als Leserin zu begeistern. Und zwar so sehr, dass Sie sich - mit Verlaub - an Ihr eigenes Bett gefesselt fühlen. Die Anregungen hierzu finde ich in der Ideenbörse, einer Internetplattform, auf der einfallslose Schriftsteller meistbietend um die besten aller Themen ringen. Auf diese Weise entstanden auch meine Erfolgsromane "Lionel und der Aufstieg in die Götterliga" oder "Nimm mich, und du kannst das Nachdenken endgültig abschalten."

Ich konnte die Neugierde förmlich spüren, welche nun in dieser hingebungsvoll anmutenden Frau emporstieg und kam ihrer Frage nach dem Titel meines nächsten Romans selbstbewusst zuvor.

"Vorausgesetzt, ich bekomme den Zuschlag, Gnädigste, garantiere ich für eine Erfolgsstory der Extraklasse. Ein Meisterwerk, einmalig und voll im heutigen Trend liegend. Sicherlich haben Sie Verständnis dafür, dass ich den Titel vor der Veröffentlichung des Romans nicht preisgeben möchte."

Ihr Augenaufschlag war von der Sorte, der kein Mann zu widerstehen imstande ist. Damit konnte sie einem mühelos den Hunger abgewöhnen. Und so kam ich nicht umhin, ihr mein streng gehütetes Geheimnis preiszugeben:

"Möchtegern-Doms sind Pinguine"

Tomboy (3.April 2017)