Versuch Numero Dos
„Es liegt allein bei dir“, hörte Madlen den elegant gekleideten Mann auf der Empore am gegenüberliegenden Ende des Saals sagen. Er sprach mit fester Stimme zu ihr. In ruhigem, eindringlichen Tonfall. Obwohl sein Gesicht in tiefe Schatten gehüllt war, meinte sie die Andeutung eines Lächelns zu erkennen.
Es handelte sich um jenen Mann, den sie ab jetzt mit Herranzureden hatte. Gestatten: Eric Meunier.Zweiunddreißig Jahre, sportlich gebaut, elegantes Auftreten. Ein Selfmademan, der als aufstrebende Kraft in einem der erfolgreichsten Medienunternehmen des Landes galt, zu dem neben diversen Zeitungsverlagen auch ein eigener Fernsehsender gehörte. In Zukunft würde er die Entscheidungen für sie treffen. So lautete der Deal. Er befahl, und sie hatte zu gehorchen. Beim Gedanken daran spürte Madlen einen Kloß im Hals.
„Ich ... hi-hier?“, begann sie zu stottern, wobei ihr das Licht der im Parkettboden eingelassenen Scheinwerfer mit einem Mal unnatürlich grell vorkam. Wie weit aufgerissene Augen glotzten die Scheinwerfer zu ihr auf. Vier an der Zahl. Im Halbkreis vor dem Podest postiert, auf dem sie sich mit jeder Minute mehr wie ein Stück Vieh vorkam, das man zur Begutachtung freigegeben hatte.
Madlen machte sich klar, welches Bild sie für die Anwesenden auf der Empore abgeben musste. Eine Frau von Anfang vierzig, keine 1,65m groß und bestenfalls durchschnittlich gebaut, die in knappem Top und enganliegenden Hotpants in der Mitte eines riesigen Ballsaals stand, in dem man gut und gerne zwei Fußballfelder untergebracht hätte, und dabei nervös auf den Absätzen ihrer High-Heels wippte.
Fuck,dachte sie. Bin das wirklich ich?
Ihr blondes Haar trug sie zu Zöpfen gebunden. Ganz nach Erics Geschmack. Sie selbst kam sich damit wie die misslungene Karikatur eines Schulmädchens vor. Der Ausschnitt des Tops entblößte einen Großteil ihres Busens, wobei groß in diesem Zusammenhang auf eine falsche Fährte führte. Mehr als ein dezentes B-Körbchen hatte sie an Oberweite nicht zu bieten. Auch ihre Beine – nach Gesicht, Brüsten und Po ihrer Erfahrung nach das vierte, wichtige Kriterium, wenn es um die Bewertung eines Frauenkörpers ging – waren alles andere als perfekt.
Viel zu dürr,dachte sie. Was wirklich nicht die besten Voraussetzungen sind, um sich in einem schmalen Fetzen Stoff zu präsentieren, der einem gerade mal bis über den Hintern geht!
Die Mitglieder des Zirkels mussten ihr anmerken, wie verloren sie sich fühlte. Bis vor zwei Wochen war Madlen die unscheinbare Hausfrau von nebenan gewesen. Geschieden, halbtags als Sekretärin angestellt, Mutter eines erwachsenen Sohns. Nicht im Traum hätte sie sich vorstellen können, einmal in der Aufmachung einer Prostituierten vor einem Dutzend stierender Augenpaare zu posieren, von denen elf ihr so fremd waren, dass sie Mühe hatte, ihnen Namen zuzuordnen.
Hilflos zuckte ihr Blick durch den weitläufigen Ballsaal. Der Bühne ihrer heutigen Zurschaustellung. Die Wände des Saals wuchsen wie steile Gebirgshänge in die Höhe. Über ihr war die Decke nur vage zu erahnen; ein in Düsternis gehülltes Gebilde, so weit oben, dass einem schwindlig wurde, wenn man den Kopf in den Nacken legte. Es gab keine Fenster. Der Saal war unterirdisch erbaut worden. Um zu ihm zu gelangen, musste man eine endlos lange Wendeltreppe im Kellergeschoss einer Villa nach unten steigen. Dreiundsiebzig Stufen.Sie hatte mitgezählt. Für die notdürftige Beleuchtung waren Kerzen zuständig, die auf Halterungen im Mauerwerk angebracht waren. Und natürlich die Scheinwerfer. Doch die waren nur auf sie gerichtet: Die Attraktion des heutigen Abends.
„Es liegt allein bei dir“, hörte Madlen den elegant gekleideten Mann auf der Empore am gegenüberliegenden Ende des Saals sagen. Er sprach mit fester Stimme zu ihr. In ruhigem, eindringlichen Tonfall. Obwohl sein Gesicht in tiefe Schatten gehüllt war, meinte sie die Andeutung eines Lächelns zu erkennen.
Es handelte sich um jenen Mann, den sie ab jetzt mit Herranzureden hatte. Gestatten: Eric Meunier.Zweiunddreißig Jahre, sportlich gebaut, elegantes Auftreten. Ein Selfmademan, der als aufstrebende Kraft in einem der erfolgreichsten Medienunternehmen des Landes galt, zu dem neben diversen Zeitungsverlagen auch ein eigener Fernsehsender gehörte. In Zukunft würde er die Entscheidungen für sie treffen. So lautete der Deal. Er befahl, und sie hatte zu gehorchen. Beim Gedanken daran spürte Madlen einen Kloß im Hals.
„Ich ... hi-hier?“, begann sie zu stottern, wobei ihr das Licht der im Parkettboden eingelassenen Scheinwerfer mit einem Mal unnatürlich grell vorkam. Wie weit aufgerissene Augen glotzten die Scheinwerfer zu ihr auf. Vier an der Zahl. Im Halbkreis vor dem Podest postiert, auf dem sie sich mit jeder Minute mehr wie ein Stück Vieh vorkam, das man zur Begutachtung freigegeben hatte.
Madlen machte sich klar, welches Bild sie für die Anwesenden auf der Empore abgeben musste. Eine Frau von Anfang vierzig, keine 1,65m groß und bestenfalls durchschnittlich gebaut, die in knappem Top und enganliegenden Hotpants in der Mitte eines riesigen Ballsaals stand, in dem man gut und gerne zwei Fußballfelder untergebracht hätte, und dabei nervös auf den Absätzen ihrer High-Heels wippte.
Fuck,dachte sie. Bin das wirklich ich?
Ihr blondes Haar trug sie zu Zöpfen gebunden. Ganz nach Erics Geschmack. Sie selbst kam sich damit wie die misslungene Karikatur eines Schulmädchens vor. Der Ausschnitt des Tops entblößte einen Großteil ihres Busens, wobei groß in diesem Zusammenhang auf eine falsche Fährte führte. Mehr als ein dezentes B-Körbchen hatte sie an Oberweite nicht zu bieten. Auch ihre Beine – nach Gesicht, Brüsten und Po ihrer Erfahrung nach das vierte, wichtige Kriterium, wenn es um die Bewertung eines Frauenkörpers ging – waren alles andere als perfekt.
Viel zu dürr,dachte sie. Was wirklich nicht die besten Voraussetzungen sind, um sich in einem schmalen Fetzen Stoff zu präsentieren, der einem gerade mal bis über den Hintern geht!
Die Mitglieder des Zirkels mussten ihr anmerken, wie verloren sie sich fühlte. Bis vor zwei Wochen war Madlen die unscheinbare Hausfrau von nebenan gewesen. Geschieden, halbtags als Sekretärin angestellt, Mutter eines erwachsenen Sohns. Nicht im Traum hätte sie sich vorstellen können, einmal in der Aufmachung einer Prostituierten vor einem Dutzend stierender Augenpaare zu posieren, von denen elf ihr so fremd waren, dass sie Mühe hatte, ihnen Namen zuzuordnen.
Hilflos zuckte ihr Blick durch den weitläufigen Ballsaal. Der Bühne ihrer heutigen Zurschaustellung. Die Wände des Saals wuchsen wie steile Gebirgshänge in die Höhe. Über ihr war die Decke nur vage zu erahnen; ein in Düsternis gehülltes Gebilde, so weit oben, dass einem schwindlig wurde, wenn man den Kopf in den Nacken legte. Es gab keine Fenster. Der Saal war unterirdisch erbaut worden. Um zu ihm zu gelangen, musste man eine endlos lange Wendeltreppe im Kellergeschoss einer Villa nach unten steigen. Dreiundsiebzig Stufen.Sie hatte mitgezählt. Für die notdürftige Beleuchtung waren Kerzen zuständig, die auf Halterungen im Mauerwerk angebracht waren. Und natürlich die Scheinwerfer. Doch die waren nur auf sie gerichtet: Die Attraktion des heutigen Abends.