Aufgewachsen bin ich auf dem Land in einer Zeit, wo der Hund ein reines Nutztier als Bewacher und Kettenhund war in der Gesellschaft von Aufsichts- und Berufsjäger und führte damals eine Deutsche Wachtel jagdlich. Eigentlich war es vollkommen klar, dass ich einmal einen Chien des Saint-Hubert, fachlich Bloodhound oder schlichtweg den alten „Hubertushund“ importieren und jagdlich führen würde, nachdem ich den Jagdprüfungsbehelf und den „Steirischen Lehrprinz“ (Jagdgebräuche) schon fast auswendig kannte.
Die eine Seite des Lebens schreiben wir mit unseren Wünschen und Vorstellungen, die andere schreibt das Schicksal.
Im fortgeschrittenen Teenageralter erkrankte ich an einer schweren fortschreitenden Erkrankung mit einhergehender Körperbehinderung und der Traum von Jagd, Forst und meinem Hubertushund war ausgeträumt.
Ich zog aus Mobilitätsgründen in die Stadt und wollte eigentlich nie mehr einen Hund.
Schließlich waren wir gezwungen ein barrierefreies Haus zu bauen und mussten feststellen, dass sich einfach Leute über den Zaun auf unser Grundstück zwecks Einbruchsorientierung schlichen oder gleich einbrachen. Mein Gatte arbeitet als Workoholic fast immer, unser Söhnchen ist in der Schule und ich alleine und wehrlos. So forderte mein Gatte die Anschaffung eines entsprechend großen Wach- und Schutzhundes von mir.
Ein Frühjahrswurf musste es sein, da mein Gatte in den ersten Hauptferienwochen Urlaub hatte, damit er mir beim Stubenreinwerden des Hundes behilflich sein könne.
Der Hund dürfe kein Beller sein, denn sonst wird er uns hier in der Stadt vergiftet. Langhaarig durfte er nicht sein, da würde ich im Rolli mit der Pflege nicht klar kommen. Mit nassem Fell einen strengen Eigengeruch haben durfte er auch nicht und optisch ansprechen sollte er uns auch. Zudem sollte er charakterlich so freundlich sein, dass jederzeit dienstbare Geister mir zu Hilfe kommen können, aber auch so wachsam und wehrhaft, um mich auf Befehl sofort zu verteidigen.
Die Jagdhunde fielen aus, die Windhunde genauso, der Deutsche Schäfer wegen des strengen Eigengeruches bei nassem Fell ebenso, der Mali wegen seines Temperamentes. Die Dogge sagte uns sehr zu, doch bei den 3-4 Jahren für mich mühsamer Ausbildung hatte sie erfahrungsgemäß eine zu kurze Lebensdauer. Rotti und Dobi fielen aus, da sie Angstrassen in der Stadtbevölkerung sind und der Hund mein ständiger Begleiter sein sollte. Der Große Schweizer Sennenhund eines Prager Tierarztes und Züchters hatte es mir wahrlich angetan, doch sah ich mich geistig schon mit kleinem Mistanhänger und Hundekotschauferl überfordert.
Schließlich landete ich charakterlich bei den Herdenschutzhunden und Hunden mit herdenschutzcharakterlicher Veranlagung, ausschließlichen Arbeitshunden und auf der Hundeausstellung fanden wir uns und mein Herz schlug drei Etagen höher: Der Beauceron.
Es folgten unzählige Gespräche, Besuche und Telefonate mit Beauceron- Clubmitgliedern betreffend seines Wesens, Charakters und meinen zu erwartenden Schwierigkeiten betreffend des Hundeerwerbes und meiner Führungsqualitäten für diese keinesfalls unkomplizierte Rasse. Tatsächlich bekam ich dann über Club-Interventionen einen Nicht-anbezahlt-gewesenen vergebenen Welpen ausgehändigt.
Drei Tage später war ich beim ersten Welpentreffen eines Hundesportclubs. Mit sechs Monaten besuchte ich parallell bei zwei Vereinen zwei Welpenkurse, danach zwei Junghundekurse, danach der Reihe bei beiden Vereinen die Begleithundeprüfungen und zur Förderung von Dicos Gutmütigkeit zu den Menschen die „Tiergestützte Therapiehundeausbildung“ über die Veterinäruni in Wien. Solange es mir gesundheitlich möglich war gingen wir etliche Male auf Therapieeinsätze.
Vier Jahre lang besuchte ich an jedem Wochentag mindestens einen Kurs, plagte mich danach 1-2 Stunden alleine mit meinem Dico am Abrichteplatz, bewegte ihn täglich 5-7 km im Stadtgebiet und ließ ihn täglich zur Sozialisation mit bis zu 10 Hunden auf den Feldern einer Landwirtschaftsschule spielen.
Da ich täglich auf die Benützung von bis zu sieben öffentlichen Verkehrslinien angewiesen war, wurde Dico recht bald strassenverkehrstauglich und der Liebling dieser Bus-Driver und Benützer, des Personals unserer Großkaufhäuser und Einkaufszentren und wurde ruhiges stundenlanges Warten an meiner Seite in Cafe- und Gasthäusern gewohnt.
Da ich die Erziehungsverantwortung habe, zog ich daheim ein striktes Rudelregelment durch, zumal ich Angst hatte und eindringlichst gewarnt worden war, Dico könne meinen damals 9-jährigen Buben oder unserem Kater massive Probleme bringen.
Mit vier Jahren – nach den Flegeljahren – machte ich schließlich bei unserem Hundeflüsterer eine auf meine Gegebenheiten bezogene Personenschutzausbildung. Ein absolut gutmütiger Hund, der allerdings auf ein paar Kommandos spezifisch ungemütlich reagiert.
Dico ist seit Jahren „Diensthund“ als mein amtlich anerkannter Rollstuhlbegleit- und Personenschutzhund und ich bin laut französischem Hunderichter weltweit die einzige Rollstuhlfahrerin, die einen Beauceron führt. Daneben beschützt Dico außer unserem Haus auch noch gleich drei Nachbarhäuser mit.
Eine tolle Rasse, ein toller Hund, wenn du langjähriges unermüdliches und ausdauerndes Engagement zeigst und fast unbeschränkt Zeit für die Erziehung übrig, für ihn als reinen Arbeitshund ein konkretes Betätigungsfeld hast und in den Flegeljahren bereit bist, den Kampf um die Rudelführerposition mit einem anerkannten Sturschädel und schwer „Hörbeeinträchtigten“ aufzunehmen.
Aber nun ist Dico mein absoluter "Traumhund".