In dem Comicband "Süße Versuchung" wetten zwei Freundinnen, welcher der beiden es wohl gelingen wird, einen reichen Mann derart zu becircen, dass er für sie seine Ehefrau verlässt.
Die unmoralische Wette, die zu Beginn eher witzig gemeint ist, entwickelt bald eine unvorhergesehene Eigendynamik ...
Das Ergebnis ist ein französisches Lustspiel mit melancholischer Grundstimmung, das wir euch etwas näher vorstellen wollen.
Neue amouröse Verwicklungen aus der Feder von Jim
Das Thema Erotik und Beziehungen kann man auf verschiedene Arten beleuchten. Einer der Autoren, die in dieser Hinsicht sehr kreative Ideen entwickeln, ist Jim. Von ihm haben wir hier schon zwei Comics vorgestellt – sein spritziges Album "Sonnenfinsternis" und den Zweiteiler "Eine Nacht in Rom".
In "Sonnenfinsternis" landen drei Pärchen, die in einem abgelegenen Haus in der Provinz ihre Freundschaft auffrischen und dort die Finsternis gemeinsam erleben möchten, in einem ziemlichen erotischen Durcheinander.
In "Eine Nacht in Rom" bekommt ein fest liierter Mann in mittleren Jahren ein unmoralisches Angebot: Seine Ex lädt ihn ein, seinen 40. Geburtstag mit ihr im Bett zu feiern.
Jims neuester Coup heißt "Süße Versuchung". Darin geht es um die Frage, ob man Sex dazu benutzen kann, um einige mühselige Stufen auf der Karriereleiter zu überspringen.
Die Babysitterin und ihre unkonventionelle Freundin
Calistra studiert Literatur und das Studentenleben ist teuer. Also jobbt sie nebenher als Babysitterin bei der Familie Mercier. Die Merciers sind ein gut verdienendes Ehepaar – fünf- bis sechstausend Euro gehen jeden Monat auf dem Konto von Jean Mercier ein. Entsprechend luxuriös ist ihre 160 qm große Wohnung eingerichtet. Sie bietet alles, was frau zum Leben braucht: TV mit allen Kanälen, selbstverständlich digital. Eine exquisite Küche mit einem gut gefüllten Weinregal. Und dann natürlich das supercoole Schlafzimmer mit dem riesigen Wandschrank.
Mit der kleinen Emma, die sie in der großen Wohnung beaufsichtigen muss, kommt Calistra gut klar. Nachdem sie ihr eine Geschichte vorgelesen und sie anschließend ins Bett gebracht hat, hat Calistra nichts mehr zu tun. Sie wartet auf die Rückkehr von Emmas Eltern, knabbert Schokolade und sieht fern. Da klingelt ihr Handy. Ihre Freundin Anna fragt, ob sie mal vorbeischauen könne? Calistra sagt zu, und Anna inspiziert staunend das Appartement. Wow! So würde sie auch gerne leben!
Ein lockeres Sexleben
Dieser Wunsch bringt Anna auf eine Idee: Wie wäre es, den 40jährigen Ehemann zu verführen, ihn zur Scheidung zu überreden und den Platz seiner Ehefrau einzunehmen?
Das dürfte doch nicht schwer sein. Schließlich sind die Merciers beide um die vierzig. Da wird der Herr des Hauses doch irgendwann mal Lust auf knackigen Nachschub haben, oder?
Calistra findet die Idee zunächst nur witzig. Doch dann schließen die beiden kichernd eine Wette ab: Welche von ihnen schafft es als Erste, den Ehemann zu verführen?
Vor allem Anna hat dabei keine Bedenken. Sie hat zwar einen Freund, doch den betrügt sie ohnehin regelmäßig mit einem gut gebauten Lover – da kommt es auf einen mehr auch nicht an. Vor allem, wenn frau hinterher eventuell in dieses todschicke Appartement einziehen kann.
Wer verführt den Ehemann als Erste?
Aber zunächst hat Calistra in diesem Spiel die besseren Karten. Schließlich hat sie als Babysitterin regelmäßig Kontakt zum Herrn des Hauses, während Anna ihn nicht einmal persönlich kennt. Doch Anna ist ein einfallsreiches Mädchen und was sie sich einmal vorgenommen hat, das zieht sie auch durch. So nutzt sie die Gelegenheit, Mercier online in einem Chat-Portal zu treffen und kommt dabei gleich zur Sache. "Ich schlafe zur Zeit mit vielen Männern, weil ich auf der Suche bin", lockt sie ihn. Und tippt gleich hinterher, was sie mag: "Lecken, schlucken, fesseln." Keine Frage, dass Jean diese Frau interessant findet.
Doch auch Calistra möchte ihre Möglichkeiten nutzen und versucht, verführerische Situationen zu provozieren, um Jean ins Bett zu kriegen. So entwickelt sich eine Geschichte voller raffinierter Winkelzüge, die allerdings nicht immer so ablaufen, wie sie geplant sind.
Verführerische Story mit elegantem Strich
Wie in seinen anderen Alben arbeitet Jim auch hier wieder mit einem neuen Zeichner. Diesmal hat er sich Grelin ausgesucht, dessen Strich Jim im Nachwort als "frisch und elegant" bezeichnet, seine Frauenbilder als "sexy, jung, stark und trotzdem unnahbar". Das kann man so sehen, denn auf den ersten Blick hat die Linienführung von Grelin tatsächlich viel Esprit. Mit Details und Hintergründen hat Grelin es allerdings nicht so sehr, und so wirken seine Zeichnungen auf den ersten Blick etwas leer und erinnern entfernt an eine Mischung aus französischem Stil und Manga.
Dieser Eindruck gibt sich im Laufe der Geschichte allerdings ziemlich schnell. Je mehr man liest, umso besser scheint Grelins Strich zu dieser flott erzählten und ebenso flott gezeichneten Story zu passen. Am Ende wirkt alles rund und très français.
Alle Infos zu "Süße Versuchung"
Das Album ist, wie auch die anderen Comics von Jim, im Splitter-Verlag im handlichen Book-Format erschienen. Auf der Website von Splitter kann man sich wie immer einige Vorschauseiten ansehen. Von Jim gibt es außer den hier beschriebenen Alben noch den Comic "Die Einladung", in dem er die Grenzen einer Männerfreundschaft auslotet.
Süße Versuchung
Von: Jim (Autor), Grelin (Zeichner)
Erschienen im: Splitter-Verlag
160 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-86869-756-8
Der Autor und sein Comic-Blog:
Dieser Beitrag stammt von Peter Hetzler, Kopf hinter dem Blog "Comickunst", der noch viel mehr interessante Informationen rund um die Comic-Welt bereithält.
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