Unsere Kolumnistin gönnt sich eine Auszeit in einem Romantikhotel. Warum sie Hotelsex so mag, was sie bei ihren Hotelaufenthalten alles erlebt und wieso ihr Romantikhotels letztlich nicht zusagen, erfahrt ihr hier.
von JOYclub-Kolumnistin Sophie Andresky | Mehr Kolumnen: Entdecke Sophies Welt
Hotelsex ist einfach heiß
Hotelsex ist ein Geschenk der Fraugöttin an die gebeutelte Menschheit. Wenn ich ein Hotel betrete, gebe ich allen Ärger und Stress beim Rezeptionisten ab und begebe mich auf flauschigen Teppichen in eine Welt schnurrigen Wohlbehagens. Abends ein Glas eiskalter Weißwein im Jacuzzi, frisch gebackene Pancakes zum Frühstück, gefolgt von einer Lomi-Lomi-Massage und Angestellten, die mit der Demut eines latexknirschenden Sklavius auf fast jede Frage mit "ja gern" oder "ja sofort" antworten.
Und als wäre das alles nicht schon schön genug, gibt es dazu noch den Hotelsex, der so wunderbar entspannt und leichtfüßig, experimentierfreudig und ganz auf die Lust konzentriert ist. Dabei ist es übrigens fast egal, ob man im Ritz absteigt, wo es einen Badebutler gibt, der Rosenblüten in die Wanne streut, oder das Etap an der Autobahnausfahrt, in dessen Plastikcharme ich mich immer fühle wie ein zum Leben erwachtes Playmobilmännchen.
Hotelsex hat zwei entscheidende Vorteile: Erstens passiert er nicht zu Hause, und zweitens kann man sonst in Hotelzimmern eigentlich nichts Gescheites machen. Das ist die aphrodisierende Wirkung von Heterotopien! Und wenn dann nebenan noch ein Paar schreit, fiept und grunzt wie ein ganzer Streichelzoo, dann freue ich mich über Architekten, die Hotelzimmer eben nicht schalldicht konzipieren.
Ich dachte mir also, wenn mir "normale" Hotelzimmer schon so viel Spaß machen, dann müsste doch ein Romantikhotel der Brüller werden. Also stattete ich mich mit dem Nötigsten aus: neue Sextoys, einige Pornos und einen Mann, der nicht nur gut fickt, sondern auch noch in der Bar schick aussieht und mich beim Frühstück nicht langweilen wird.
Gemeinsames Verreisen – Zerreißprobe für Beziehungen
Verreisen stellt ja eine Zerreißprobe für jede Beziehung dar. Wellness ist z.B. mit den wenigsten Männern entspannt möglich. Bei Massagen diskutieren sie mit ihrem Knetknecht über die richtige Presstechnik. Weder Sauna noch Dampfbad noch Eisdusche machen sie hart und heiß. Beim Rasulbad beschweren sie sich, sie sähen aus wie ein mit Kreide eingeschlammtes Gürteltier (stimmt ja auch), und Kosmetikanwendungen finden sie unmännlich – als wäre es männlich, Mitesser auf dem Kinn und eine Haarraupe über der Nase zu haben.
In der Hotelbar wollen sie nicht tanzen, dafür futtern sie Erdnüsse, was zusammen mit Bier einen fürchterlichen Verwesungs-Geschmack beim Küssen gibt, und beim festlichen Essen zerren sie wie Gehängte an ihren Krawattenknoten, während wir Frauen korsettiert und bestrapst auf halsbrecherischen Highheels alle Klamottenqualen aushalten, um einen erbaulichen Anblick zu bieten.
Sexspielzeugtests im Romantikhotel
Wir checkten in einem Hotel ein, das alle Voraussetzungen für erregende Nächte und Tage bot: eine große Blubberbadewanne, ein Kamin, ein riesiges Bett. Jacuzzis, das möchte ich mal allen Hotelplanern zurufen, werden leider überschätzt. Sie machen nur Spaß, wenn sie groß genug sind, dass man darin auch vögeln könnte. Einander eingetuppert gegenüberzusitzen, hat in etwa denselben Thrill, wie seinen Hintern in eine Schüssel Mineralwasser zu halten. Und die Bubbles müssen richtig warm sein! Laue Luft im Whirlpool ist nicht libidofördernd.
Eine sexy Beleuchtung suchte man auch in diesem Zimmer vergebens, obwohl es wenig kosten kann, einfach mal eine rote Glühbirne irgendwo einzuschrauben, aber als Hotelsex-Fan hat man so was griffbereit im Gepäck. Natürlich gab es auch in diesem "Romantik"-Hotelzimmer keinen Sextoy-Automaten. In japanischen Love-Hotels gehört das zum Standard und das sollten wir in Europa uns abgucken! Unterwegs zu sein, erhöht die Neugier auf exotische Dinge und wieso sollte frau nicht den eigenen Elektrozoo komplettieren.
Pornöse Hotelunterhaltung
Dann die mitgebrachten Pornos: "9 Songs", als Frauenporno angepriesen. Schöne Menschen, schöne Liebesgeschichte, nicht sehr erregend. "A real swinger’s orgy": Das hätte geil werden können. Leider plant ein Typ im Morgenmantel stundenlang eine Party und telefoniert dutzende seiner Kontaktdaten durch, bevor es überhaupt losgeht. Dann wird zwar Ewigkeiten gefickt, aber es bleibt trotzdem langweilig.
Und schließlich "9 to 5. Days in porn": eine Dokumentation über den Alltag von Hardcore-Darstellern, in der man wirklich etwas Neues erfährt und nicht immer die gleichen abgenudelten Klischees zu sehen bekommt. Faszinierend und höllisch interessant, aber leider echt abturnend. Einige Szenen sind so ekelerregend, dass ich hoffe, ich muss zukünftig beim Vögeln nicht daran denken. Wenn man diese Doku sieht, weiß man, worüber sich Alice Schwarzer aufregt.
Für mich sind ja Pornofilme einfach Filme, in denen gefickt wird, und in diesem Sinn bin ich eine überzeugte Pornographin. Aber einige aus diesem Genre haben mit Menschenwürde oder Lust nichts mehr zu tun, und dafür fehlt mir jedes Verständnis. Cineastisch ist "9 to 5" unbedingt zu empfehlen, libidinös eher nicht.
Verkrampfte Erotik im Romantikhotel
Zurück zum Romantikhotel. Wer kennt das Gefühl, im Kino neben einem heftig stöhnenden, schlabbernden, offensichtlich kurz vor dem Knockout knutschenden Pärchen zu sitzen? Zuerst ist das ganz lustig, sexy vielleicht auch, wie der Typ unter dem Rock seiner Freundin rumfummelt. Aber dann beschleicht einen das schale Gefühl, dass nebenan die Post abgeht und bei einem selbst das Popcorn das Heißeste während dieses Films bleiben wird.
So in etwa sind Pärchenhotels. Händchen haltende Middleager, wohin man sieht. Tief ins Gespräch und in die Augen des anderen versunken, sich gegenseitig mit Dessert fütternd oder kichernd und giggelnd im Whirlpool - ziemlich verkrampft und inszeniert. Guckt alle her, wir haben noch Spaß miteinander! Und dabei wirkt die vom Hotel angebotene Romantik so keimfrei und keusch, denn es gibt ausgewiesene "Kuschelinseln" am Pool, weinblätterumflorte Sitzecken, Partnermassage im Hamam, aber der Nacktbadebereich ist dann so groß wie ein Kaninchenstall und streng abgeschirmt vom Rest der Gäste.
Pärchenhotels sind eine für mich unbefriedigende Zwitterform: nicht richtig sexy und nicht entspannt. Wieso gibt es z. B. kein Massageöl bei den Kosmetik-Goodies auf den Zimmern oder Gleitgelproben oder ein Toy auf dem Kopfkissen statt der unvermeidlichen Gummibärchen? Wieso wird im Wellnessbereich nicht neben Ayurveda und Shiatsu auch Tantra angeboten?
Wieso überlässt man es nicht einfach den Gästen, ob sie mit oder ohne Textil ins Wasser gehen? Wieso hängen an den Wänden Landschaftsaquarelle und keine erotischen Fotografien? Wieso gibt es weder sexy Bücher noch eine vernünftige Auswahl an Pornofilmen? Ich glaube, ich muss einfach einen Gang hochschalten und die nächste Reise in ein erotisches "Hideaway" buchen, in eine explizite S/M-Wohnung vielleicht oder eines dieser Swinger-Hotels, in denen es statt Disco einen Darkroom gibt.
Oder ich schnappe mir einfach einen scharfen Mann oder eine heiße Freundin und checke in irgendeinem schönen luxuriösen Hotel ein, das nicht groß mit "Romantik" wirbt. Denn letztendlich macht man sich die immer noch selbst.
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