Was ist Fear Play?Das Spiel mit der Angst

Fear Play heißt frei übersetzt Angst- oder Furchtspiel. Sprich, das Spiel mit der Angst. In der BDSM-Szene ist klar, dass es beim BDSM um Vertrauen und Einvernehmlichkeit geht. Eine Person kann einvernehmlich die Entscheidung treffen, sich zu unterwerfen. Genauso kann einvernehmlich mit der Angst gespielt werden. Was macht den Reiz aus?

Von Kat Kristall

Fear Play – Angstspiele oder Mutprobe?

Es gibt genügend Menschen, die Angst anmacht. Sie ist eines unserer stärksten Gefühle, sie ist psychisch und körperlich fühlbar. Empfinden wir Angst, wird eine ganze Menge ausgelöst. Unser Körper schüttet Adrenalin und Noradrenalin aus. Das steigert unsere Konzentration. Gleichzeitig werden Endorphine freigesetzt, machen uns wach und hemmen die Schmerzwahrnehmung.

Angst versetzt den gesamten Körper in Alarmbereitschaft. Ähnlich wie beim Fallschirmspringen wirbelt uns der Cocktail aus Endorphinen und Adrenalin wild durch. Authentische Angst macht uns die eigene Sterblichkeit bewusst. Sie pusht oder lähmt uns. Macht uns machtlos.

Doch wie kann man sich Fear Play als BDSM-Praxis vorstellen? Erschreckt der dominante Part den oder die Sub mit Clownsmaske und erfreut sich an dem vor Angst verzerrtem Gesicht? Nicht wirklich – aber doch schon! Denn Fear Play ist eine ganze Palette an Spielarten und im Endeffekt musst du deinen individuellen Zugang finden. Das kann das besagte Rollenspiel mit einer Clownsmaske oder der inszenierte Überfall in den eigenen vier Wänden sein. Manchmal reicht auch etwas Subtileres, wie ein Streichholz, das über die Haut tanzt.

Was genau ist Fear Play?

Beim Fear Play geht es also darum, in der unten spielenden Person Angst und extreme Reaktionen auszulösen. Hier fällt auch gerne der Begriff "Mindfuck" – erneut frei übersetzt – der Gehirnfick. Denn das Spiel mit der Angst ist zuallererst ein Spiel mit Erwartungen und Befürchtungen. Der dominante Part kann schon Wochen vor der Session andeuten, was der oder die Sub zu erwarten hat. Ob es eintrifft, ist den Spielenden überlassen, aber die Vorstellung allein reicht aus, um das Gedankenkarussell in Gang zu setzen.

In einer Fear-Play-Session soll in einem abgesteckten Rahmen Angst erlebt werden. Was Teil der Session ist und auf welchen Zeitraum sie sich erstreckt, könnt ihr für euch festlegen. Bei einer so intensiven Praxis wie Fear Play ist ausgiebige Kommunikation davor, danach und währenddessen unabdingbar!

Unter Fear Play fallen eine Menge Spielarten: Atemreduktion, Rollenspiele, Rape Play oder auch Wachsspiele sind Möglichkeiten. Interessant wird es besonders dort, wo persönliche Ängste wie zum Beispiel Klaustrophobie oder auch Angst vor Messern oder Nadeln Teil der Erfahrung werden. Hierbei können eigene Szenarien geschaffen werden.

Das setzt ein großes Vertrauen voraus. Bereits das bloße Teilen von persönlichen Ängsten, ist eine intensive und emotionale Erfahrung, mit der respektvoll umgegangen werden muss. Je nach Spielart bedeutet es auch, das Fear Play eine Praxis ist, welche Gefahren und Risiken mit sich bringt. Angst kann etwa einen Schock auslösen. Daher ist es besonders wichtig, sich den Risiken bewusst zu sein und sich abzusichern.

Wie sieht Fear Play aus?

Fear Play ist ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Praktiken, wobei typisch ist, dass sie mit extremen Empfindungen spielen. Angst führt oft zu schwankender Körpertemperatur, schnellerer Atmung und einem erhöhtem Puls. Diese körperlichen Reaktionen werden ganz unterschiedlich hervorgerufen, daher sind die aufgezählten Beispiele nur ein Bruchteil der Möglichkeiten.

Eine beliebte Praktik im Fear Play sind Rollenspiele. Dabei kannst du die klassischen Rollenspiele mit festgelegtem Machtgefälle ausbauen und statt einer sexy Bestrafung mit der Ungewissheit taktieren.

Lesetipp:

Es gibt aber auch Rollenspiele mit konkretem Angstfaktor: Entführungen, Verhörspiele, Rape Play, oder bestimmte Doktorspiele. Beim Fear Play kann zu allen möglichen Hilfsmitteln gegriffen werden. Ganz nach dem Motto: "Messer, Schere, Feuer, Licht sind für kleine Kinder nicht" – dafür aber für BDSMler. Nadelspiele, Messerspiele, Feuer, selbst Kerzen können je nach individueller Neigung beängstigend sein.

Du kannst mit dem Gefühl auf der Haut, der Optik, dem Geräusch oder dem Gesamtpaket davon spielen. Schmerzreize können einen Teil vom Fear Play sein, müssen sie aber nicht.

Würgespiele oder auch Atemreduktion mit Erstickungsgefahr gehören im BDSM ebenfalls oft dazu. Extreme Formen davon sind Strangulation oder auch Waterboarding. Hier tritt neben der physisch merkbaren Erstickungsangst auch die psychische Angst ohnmächtig zu werden ein und damit die Erfahrung einer deutlichen Hilflosigkeit. Bei diesen extremen Praktiken ist auch extreme Vorsicht geboten. Unerfahrenen rate ich ganz klar davon ab. Der gesunde Menschenverstand muss beim dominanten Part Teil der Fear-Play-Erfahrung sein.

Warum steht man auf Fear Play?

Ich als Femdom stehe darauf, wenn jemand Angst vor mir hat. Doch worin liegt die Erregung in einem verängstigten Gesicht, das mich anschaut? Die einfache Antwort ist: Macht. Denn Angst auszulösen, macht mächtig. Angst hat man vor gefährlichen Dingen, vor Dingen die Kraft haben. Dieses Gefühl finde ich sexy. Ich löse damit etwas aus, was außerhalb vom Alltäglichen ist. Es macht mir auch das Vertrauen bewusst, welches mein:e Sub in mich hat.

Diese Person gibt mir ihre körperliche Unversehrtheit in die Hände, manchmal sogar ihr Leben. Hier wird sich keiner Angst gestellt, sondern ich stelle die Person ihrer Angst, die ich auslöse. Die Hingabe, die diese Geste des Vertrauens mit sich bringt, ist für mich eine Bestätigung meiner Machtposition.

Für die Person, die Angst erfährt, ist es genauso berauschend. Der Hormoncocktail wirkt. Der Alltag fällt ab. Der Moment und das Spiel zählen. Die Angst löst entweder einen Flight-, Fight- oder Freezereflex aus. Diese jeweilige Reaktion kann dann von einer aufmerksamen dominanten Person weiter in das Spiel eingebunden werden. Der oder die Sub bringt den eigenen Körper an Grenzen und begibt sich in eine Gefühlswelt, die die eigene Sterblichkeit vor Augen führt.

Es muss, wie gesagt, nicht immer wirklich gefährlich im Bereich des Fear Plays werden, sondern nur maßgeblich intensiv. Diese Intime Verbindung basiert auf Vertrauen und auch auf dem Machtgefälle, das durch dieses Spiel verdeutlicht wird.

Was es zu beachten gilt:

Der BDSM Grundsatz von SSC – also "Safe, Sane and Consensual" – greift beim Fear Play nur bedingt, denn Angst ist kein kontrollierbares Gefühl. In einer Situation starker Angst kann die oder der Sub Grenzen oft nicht klar kommunizieren. Deshalb ist es so wichtig, vorher über Risiken und Konsequenzen zu sprechen. Der dominante Part muss sich regelmäßig fragen, ob sich die Situation noch im vereinbarten Rahmen bewegt oder Grenzen überschritten werden.

Natürlich sollte auch immer ein Safeword oder ein nonverbales Zeichen bestehen, das den sofortigen Abbruch ermöglicht. Wenn der Ausgang einer Situation im Spiel bekannt ist und beide dies auch bewusst in Kauf nehmen, spricht man von RACK – "Risk Aware Consensual Kink". Für die eigene physische Sicherheit gilt es, alle erdenklichen Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen und sich auch auf eine intensive Aftercare vorzubereiten. Nehmt euch nach dem Spiel ausgiebig Zeit, um euch gegenseitig aufzufangen.

Lesetipp:

Egal auf welche Praktik ihr für Fear Play setzt, es ist wichtig, sich über diese umfassend zu informieren und zu bilden. Ein großes Angebot an Workshops und Lernmaterialien erleichtert den Zugang auch zu den ungewöhnlichsten Vorlieben. Um einem schlimmen Ende vorzubeugen, empfiehlt es sich, die Situation durchzusprechen und auch den Worst-Case
vorzubereiten, also auch den Notruf im Telefon vorzuwählen.

Beim Fear Play geht es um die extremen Empfindungen, die sich in uns abspielen. Genau deswegen ist es wichtig, sich nach dem Spielen der Situation und eventuell sogar dem Ort des Spiels zu entziehen. Dabei geht es darum, Spiel und Aftercare klar voneinander zu trennen. Da die Erfahrung so intensiv ist, kann es danach zu einer starken emotionalen Situation oder einem Sub-Drop kommen. Auch von dem dominanten Part fällt eine enorme Verantwortung nach dem Spiel ab.

Fear Play ist nichts für den Anfang einer Spielbeziehung. Fehlt das Vertrauen oder die
Kenntnis der anderen Person, wird aus dem Angstspiel schnell ein Horrortrip. Doch sind die Grundvoraussetzungen von Vertrauen, Erfahrung und offener Kommunikation gesetzt, bietet Fear Play die Möglichkeit für Grenzerfahrungen, die das Leben intensivieren.

 

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