Beim Fetischismus wird sexuelle Erregung aus einem Gegenstand, einem Körperteil oder bestimmten Praktiken gezogen. Für viele sind Sex und Fetisch eiene untrennbare Kombination zur lustvollen Erfüllung der eigenen Bedürfnisse. Wir geben dir hier einen umfassenden Überblick über verschiedene Fetische und zeigen dir, wie sie funktionieren!
Was bedeutet "Fetisch"?
Der Begriff "Fetisch" lässt sich auf das lateinische Wort facere (= machen) und das portugiesische Wort feitiço (= Zauber) zurückführen. Bei den Entdeckungsfahrten im 15. Jahrhundert nach Westafrika stießen portugiesische Seefahrer auf Naturvölker, die einen religiösen Objektkult praktizierten – ihren heiligen Objekten schrieben sie magische Kräfte zu.
1887 brachte der französische Psychologe Alfred Binet den Begriff "Fetisch" in Zusammenhang mit sexuellen Vorlieben, die sich auf Objekte oder spezifische Körperteile beziehen. Populär wurde der Begriff schließlich im 20. Jahrhundert durch Sigmund Freud. Er verstand den sexuellen Fetischismus als krankhafte Abweichung, die es zu therapieren galt. Dadurch hat der einstmals magische Begriff einiges von seinem ursprünglichen Zauber eingebüßt.
Bis heute hält sich die Annahme ein Fetisch sei eine Abweichung, die es zu verneinen gilt oder, wenn sie schon ausgeübt werden muss, dann im Geheimen. Doch mittlerweile ist ein Umbruch im Denken festzustellen. Das Interesse an der Auseinandersetzung mit Fetischismus wächst.
In der BDSM-Szene wird anstelle von Fetisch auch oft von Vorlieben, Neigungen oder Kink gesprochen.
Fetisch und Kink: Was sind die Unterschiede?
Legt man einen Fetisch in seiner Bedeutung soft aus, dann sind Kink und Fetisch tatsächlich synonym. Beide Worte stehen für spezielle sexuelle Präferenzen. So ist ein Kink etwas, das eine Person sexuell erregt und dabei von konventionellen Sexualpraktiken abweicht. Das kann beispielsweise das Tragen von erotischen Netzstrumpfhosen sein oder die Vorliebe für eine bestimmte Rollendynamik.
In seiner ursprünglichen Bedeutung beschriebe Fetisch aber keine reine Vorliebe. Ein Fetisch wäre zwingend notwendig, um sexuelle Befriedigung zu erleben. Ein Kink ist sozusagen lediglich nice-to-have für mehr Abwechslung im Sexualleben.
Bei einem Fetisch hingegen ist ein Objekt, ein Körperteil oder eine bestimmte Handlung fast immer erforderlich, um sexuelle Erregung auszulösen.
BDSM und Fetisch
Obwohl BDSM und Fetisch häufig miteinander verwoben sind, muss ein Fetisch jedoch nicht zwangsläufig Teil einer BDSM-Session sein. BDSM bezeichnet drei Spielarten (Bondage & Disziplin, Dominanz & Submission, Sadismus & Masochismus), die meist mit einem Machtgefälle innerhalb der BDSM-Rollen verknüpft werden.
Beim Bondage & Disziplin werden Fesselspiele und Disziplinierung praktiziert. In DS-Sessions findet eine Machtdynamik zwischen Dom und Sub statt. Und im SM-Spiel wird sexuelle Lust durch das Zufügen oder das Erhalten von Schmerzen gewonnen. Innerhalb dieser Spielarten können Fetische eine Rolle spielen, müssen sie aber nicht.
So kann beispielsweise ein Serf von seiner Mistress sexuell erniedrigt werden, indem er ihre Stiefel ablecken muss. Empfindet der Serf hauptsächlich Erregung durch die Erniedrigung wird noch kein Fetisch praktiziert. Ist die Lust des Serfs jedoch an das Objekt Stiefel geknüpft, dann fänden hier innerhalb eines SM-Spiels ein Fetisch statt.
Gleiches gilt, wenn eine Person jegliche Art von Sex genießt, aber besondere Lust aus SM-Spielen zieht. Hier kann bereits von einem Fetisch gesprochen werden. Eine Person, die sexuelle Erregung nur in Zusammenhang mit SM-Praktiken empfinden kann, hat definitiv einen SM-Fetisch.
Den eigenen Fetisch ausleben
Es ist nicht eindeutig wissenschaftlich erforscht, wie sich Fetische entwickeln und ausprägen. Außerdem äußern sich diese intensiven sexuelle Vorliebe auf unterschiedliche Arten und vielen ist (noch) gar nicht bewusst, dass sie einen Fetisch haben. Wenn ein Fetisch jedoch entdeckt wird, kann er lustvoll ins Liebesspiel eingebunden werden.
Erwin Häberle, Leiter des Magnus-Hirschfeld-Archivs für Sexualwissenschaft, Humboldt-Universität Berlin
Das lustvolle Ausleben eines Fetischs setzt immer das gegenseitige Einverständnis voraus. Sind beide Partner:innen offen für Neues und kommunizieren ihre Vorlieben auf Augenhöhe, kann das Sexualleben völlig individuell gestaltet werden. Die goldene BDSM-Regel SCC (safe, sane, consensual) bedeutet nichts anderes, als dass Sex sicher, vernünftig und einvernehmlich geschehen soll. Gleiches gilt für jeden Fetisch.
Die wichtigsten Fetische im Überblick
Fetische sind so mannigfaltig und vielfältig, wie die Menschen selbst. Deswegen wollen wir dir hier einen Überblick über einige der wichtigsten Fetische geben.
Fußfetisch
Hierbei richtet sich die sexuelle Begierde beinahe ausschließlich auf die Füße. Die Podophilie, also die Leidenschaft für Füße, ist ein weit verbreiteter Fetisch. Er kann bei sinnliche Fußmassagen oder erotische Footjobs ausgelebt werden. Ebenso kann die Erniedrigung durch das Säubern oder Ablecken von ungewaschenen oder verschwitzten Füßen als lustvoll empfunden werden.
Natursekt
Bei der Urophilie, also der Vorliebe für Urin, wird urinieren als sexuell erregend empfunden. Dabei ist der Reiz am Natursekt-Fetisch äußerst breit: Manche lieben den Geruch, andere die warm-feuchte Flüssigkeit auf dem Körper und wieder andere das hemmungslose Gefühl des Urinierens. Im DS-Machtgefälle trinkt der Sub häufig den Urin des Doms oder der Femdom.
Cuckolding
Beim Cuckolding handelt es sich um ein sexuelles Rollenspiel mit Machtgefälle. Der Cuckold oder die Cuckquean sieht dabei zu, wie der eigene Partner mit einem Dritten Geschlechtsverkehr hat. Für alle Beteiligten kann diese Machtdynamik einen Fetisch darstellen. Der Cuckold zieht Lust aus der Erniedrigung – der Bull oder die Cuckcake und die Hotwife aus der Machtposition.
CMNF
Diesen Fetisch gibt es als CMNF (= Clothed Male, Naked Female) oder CFNM (= Clothed Female, Naked Male). In beiden Fällen ist einer der Partner bekleidet und der andere nackt. Durch das Machtgefälle zählen CMNF und CFNM zum BDSM. Der bekleidete Part genießt die Machtposition und der entkleidete Part zieht Lust aus der Tatsache, den Blicken des Gegenübers sozusagen schutzlos ausgeliefert zu sein.
Voyeurismus
Hierbei tritt sexuelle Erregung beim Beobachten einer Person ein, die sich entweder entkleidet, bereits nackt ist oder Geschlechtsverkehr hat. Ein Voyeur oder eine Voyeurin liebt es zu beobachten und beteiligt sich nicht am sexuellen Geschehen.
Erotische Laktation
Beim Muttermilchfetisch wird eine erwachsene Person dadurch sexuell erregt, wenn sie gestillt wird. Dahinter steckt häufig ein emotionales Bedürfnis, das durch die Erwachsenen-Stillbeziehung befriedigt werden kann, da sich beide Partner sehr intim annähern.
Crossdressing
Wie der Name schon sagt, kleiden sich Crossdresser gerne gegensätzlich zum eigenen biologischen Geschlecht. So treten männliche Crossdresser gerne in Frauenkleidung auf und umgekehrt. Die Kleidung kann dabei zeitweise im Rahmen einer BDSM-Session getragen werden oder dauerhaft in den Lebensstil integriert werden. Von einem Fetisch ist nur dann die Rede, wenn Crossdressing sexuelle Lust bereitet.
Schuhfetisch
Beim Schuhfetisch handelt es sich um einen Objektfetisch, bei dem Schuhe den sexuellen Reiz auslösen. Dieser Fetisch geht innerhalb einer BDSM-Session häufig mit verschiedenen Praktiken einher. Die Schuhe können berührt, gerochen und abgeleckt werden. Auch extremere Praktiken wie Heel-Popping, Crushing oder Ball-Busting werden mit dem Fetisch verbunden. Viele männliche Schuhfetischisten genießen es, auf Schuhe zu ejakulieren.
Body Worship
Dabei werden einzelne Körperteile oder Körperzonen vom Fetischisten regelrecht verehrt. Im BDSM-Machtgefälle liebkost der oder die Sub Körperteile der Mistress oder des Masters. Klassischerweise geht es hierbei um Körperteile abseits der primären Geschlechtsmerkmale.
Looning
Looning ist eine Abwandlung des Latexfetischs, bei dem das Material von aufgeblasenen Luftballons als sexuell erregend empfunden wird. Gerade das quietschende Geräusch, das bei Reibung der Ballons am Körper entsteht oder die generelle Befriedigung durch das Reibung der erogenen Zonen am Luftballon können hier den Kick geben.
Windelfetisch
Das bloße Gefühl von weicher Watte auf nackter Haut oder die angenehme Wärme des Urins in der prallen Windel: Windelfetischisten genießen das lustvolle Tragen von Windeln an sich selbst und dem Partner. Der Fetisch kann in einer DS-Beziehung mit Erniedrigung einhergehen. Klassischerweise muss der Subs seine Notdurft vor den Augen des Doms oder der Femdom in die Windel verrichten und empfindet dies als lustvoll.
Vampirismus
Bei diesem Fetisch stehen die Anhänger:innen auf das Trinken und Spielen mit Blut. In einer BDSM-Session kann sich der oder die Sub dem Dom oder der Femdom sozusagen als Zapfhahn zur Verfügung stellen.
Feeding
Hierbei wird einer der Partner vom anderen regelrecht gemästet. Durch außergewöhnlich große Mengen an Nahrung und eine hohe Anzahl an Kalorien nimmt der devote Partner schnell an Gewicht, Umfang und Masse zu. Die Kontrolle am Körper des Feedies ist der Kick für Feeder. Und der Feedie genießt es seine körperliche Autonomie abzugeben. Bestimmte Lebensmittel können bei diesem Fetisch eine besondere Rolle spielen.
Anfassen erlaubt: Materialfetische
Eine Unterart der Objektfetische bilden die Materialfetische. Hier wird die Beschaffenheit des Materials und das Gefühl bei Berührung auf nackter Haut als besonders erotisch empfunden.
Nylonfetisch
Strümpfe, Strumpfhosen und bestrumpfte Beine üben eine erotische Faszination aus. Mit oder ohne Strapse, als Kleidungsstück, als Fessel, als Knebel oder als Kondomersatz: Das zarte Material erregt den Fetischisten oder die Fetischistin.
Latexfetisch
Beim Latex- oder Rubberfetisch wird der Kick aus dem glänzenden Material gezogen, das sich wie eine zweite Haut an den Körper schmiegt. Ob als Maske, Catsuit oder Handschuhe – Latex kann vielseitig ins Sexualleben integriert werden.
Lederfetisch
Der Lederfetisch hat seinen Ursprung in der Homosexuellen-Szene, wird jedoch auch zunehmend außerhalb von ihr praktiziert. Das feste Material strahlt Stärke, Dominanz und Überlegenheit aus. Gerade im BDSM kleiden sich sowohl Sub wie Dom gerne in Leder. Auch hier wird das Tragen des Materials zum Fetisch, wenn es explizit zum Lustgewinn beiträgt.
Gipsfetisch
Hierbei wird entweder das Einbandagieren des Partners oder der Partnerin als sexuell erregend empfunden oder das Tragen des Gips, der die Bewegungsfreiheit einschränkt. Der Gipsfetisch kann aufgrund seiner medizinischen Aspekte gut in Klinik-Rollenspiele integriert werden.
[text_slide title="Wollfetisch"]Woolies genießen das flauschig-kratzige Gefühl von Wolle auf nackter Haut oder im Intimbereich. Besonders intensiv wird der Wollfetisch mit einem engen Catsuit aus Wolle oder mehreren Schichten Wollpullover, die übereinander getragen werden. Die eingeschränkte Bewegungsfreiheit gibt hier den Extrakick.
Wie können Fetische ausgelebt werden?
Wenn du jetzt Lust bekommen hast, deinen Fetisch gemeinsam mit einem Partner deiner Wahl im Rahmen innerhalb einer BDSM-Session auszuleben, haben wir hier noch einige Tipps für dich gesammelt:
- Kommuniziere offen: Teile deinem Gegenüber klar mit, worin deine sexuellen Vorlieben liegen und wie du diese gerne ausleben würdest. Dazu gehören nicht nur deine Neigungen und Leidenschaften, sondern auch deine körperlichen und psychischen Grenzen.
- Die SCC-Regel: Sind dein Partner und du sexuell auf einer Wellenlänge, gilt es, euch einvernehmlich auf eine gesunde und sichere Durchführung eures Fetischs zu verständigen. Gegenseitiges Vertrauen und das Akzeptieren der jeweiligen Grenzen sind Grundvoraussetzung für eine gelungene Session.
- Gemeinsamkeit schaffen: Ist dein Partner deinem Fetisch noch skeptisch gegenüber, solltest du eine solide Basis schaffen, die es deinem Partner ermöglicht, sich gemeinsam mit dir Schritt für Schritt an deine Vorliebe heranzutasten. Erkläre deinem Partner am besten bei einem ruhigen Gespräch, was dich an deinem Fetisch reizt und wieso du ihn mit deinem Partner teilen willst.
- Ohne Beziehung: Fetische können natürlich auch solo ausgelebt werden. Doch besteht der Wunsch seine sexuelle Leidenschaften gemeinsam auszuleben, findest du auf JOYclub jede Menge Gleichgesinnte. Schau doch mal in unsere Foren. Ein Fetischist kommt selten allein!
- Events und Partys: Natürlich kann es lustvoll sein, den eigenen Fetisch im Rahmen einer Session zu Hause oder in einem Studio zu erleben. Für mehr Abwechslung und neue Impulse sorgen Fetischpartys und Swingerclubs. Hier triffst du nicht nur Gleichgesinnte, du kannst dich auch in kreativen Spielecken und spannenden Playrooms austoben.
Erfahre mehr!
Wie du siehst, sind Fetische vielfältig und lassen sich unterschiedlich ins Sexleben integrieren. Sie reichen von der Vorliebe für Gegenstände, über Materialien, Körperteile bis hin zu bestimmten sexuellen Praktiken. Solange sich alle Beteiligten and die SCC-Regel halten, ist erlaubt, was gefällt. Vielleicht hast du deine Vorlieben in einem Fetisch wiedererkannt oder bist neugierig geworden? Dann tausch dich in der Community aus.
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