Secretary - BDSM im BüroFetisch-Bilderwelt über weibliche Bürokräfte von Giorgio Zambelli

"Secretary", zu Deutsch Sekretärin, nennt sich das neue Foto-Projekt von Giorgio Zambelli, das nicht aus reinem Zufall den gleichen Namen wie der US-amerikanische Film des Regisseurs Steven Shainberg trägt. Der Fotograf ließ sich bei seiner jüngsten Arbeit von dem Spielfilm "Secretary" aus dem Jahr 2002 inspirieren. Wir stellen euch erste Aufnahmen aus der Fotostrecke vor.

Das Foto-Projekt "Hommage à Secretary" von Giorgio Zambelli spielt mit Klischees.
Das Foto-Projekt "Hommage à Secretary" von Giorgio Zambelli spielt mit Klischees.
 

BDSM in der Arbeitswelt

Die Sekretärin wurde bereits als Lara Croft des Büros bezeichnet. Etwa eine halbe Millionen Frauen arbeiten in Deutschland als Assistentin oder Büromanagerin.

Die neuen Bezeichnungen für den Beruf Sekretärin scheinen bedeutsamer zu klingen. Doch obwohl weibliche Bürokräfte vorzugsweise einen erfolgreichen Studienabschluss, mehrere Fremdsprachen und Erfahrungen in Controlling, PR sowie Personaladministration vorweisen sollen, bleibt die Rollenverteilung der Geschlechter im Büro klar geregelt. Der Chef und die Sekretärin führen eine Beziehung, die von Dominanz und Submission bestimmt wird.

"Hommage à Secretary"

Zambellis Fotografien verkörpern Dominanz und Submission, zentrale Probleme aus der Arbeitswelt einer Sekretärin.
Zambellis Fotografien verkörpern Dominanz und Submission, zentrale Probleme aus der Arbeitswelt einer Sekretärin.

Fotograf Giorgio Zambelli scheint diese Ansicht zu teilen. In seinen Schwarz-Weiß-Aufnahmen vereint der Künstler eine Vielzahl an Klischees, die auch heute noch mit dem Berufsbild der Sekretärin assoziiert werden: Die Fotoserie "Secretary" spiegelt die sexuelle Vorliebe für BDSM inmitten des Berufsalltags weiblicher Bürokräfte wider. Es entstand die "Hommage à Secretary", eine Fetisch-Bilderwelt, die Giorgio Zambelli all den Sekretärinnen widmet, die täglich gegen die in den Fotografien verkörperten Vorurteile kämpfen.

Giorgio Zambelli über sein Projekt "Secretary"

Im Interview berichtet Giorgio Zambelli über die Hintergründe seiner Fotostrecke "Secretary" und dem politisch inkorrektem Spiel mit Klischees.

Herr Zambelli und seine Sekretärin

Herr Zambelli, Sie widmen Ihren Bildband "Secretary" den Sekretärinnen. Beschäftigen Sie selbst eine Sekretärin?

Giorgio Zambelli setzt auf Schwarz-Weiß-Fotografie.
Giorgio Zambelli setzt auf Schwarz-Weiß-Fotografie.

Giorgio Zambelli: Ja, ich habe eine Sekretärin, wobei ich aber strikt zwischen realer Welt und Bilderwelt trennen möchte. Meine reale Sekretärin ist von zentraler Bedeutung für meine Arbeit und erleichtert meinen Arbeitsalltag ungemein.

Mit welchen Vorurteilen werden Sekretärinnen denn in der realen Welt konfrontiert?

Giorgio Zambelli: Grundsätzlich leiden Sekretärinnen ganz allgemein unter den mit ihrer Arbeit verbundenen Klischees, die der realen Arbeitswelt absolut nicht mehr entsprechen, so sie es jemals getan haben. Mit dem Begriff Sekretärin verbinden wir spontan eine Menge von Vorurteilen: übervolle Terminkalender, Zeitdruck und überquellende Schreibtische, aber auch – politische Korrektheit hin oder her – Nagellack, Lippenstift, Miniröcke und Stöckelschuhe.

Die Verbindung zum Film "Secretary"

Ihr Projekt ist an den Film "Secretary" angelehnt. Auf welche Art hat Sie dieser Film inspiriert?

Giorgio Zambelli: Der Film hat, im Gegensatz zur Kurzgeschichte, auf der er beruht, eine sehr romantische Komponente. Er zeigt die Liebe zwischen zwei Menschen, die sich finden, die vor allem aber ihre speziellen SM-Neigungen erst mal vor sich selbst eingestehen müssen.

Man sollte auch bei dieser Thematik die ironische Distanz nicht ganz verlieren.

Ich fand vor allem die Bedingungslosigkeit, mit der die Hauptdarstellerin an das Thema herangeht, sehr inspirierend, auch in all der Komik, die damit verbunden ist. Man sollte auch bei dieser Thematik die ironische Distanz nicht ganz verlieren.

Wie entstand die finale Idee, Sekretärinnen, wie sie Maggie Gyllenhaal im Film "Secretary" verkörpert, zu fotografieren?

Fotograf Zambelli greift in seinen Arbeiten das Thema Fetisch auf.
Fotograf Zambelli greift in seinen Arbeiten das Thema Fetisch auf.

Giorgio Zambelli: Einerseits spielte das Thema Fetisch in meinen Bildern immer schon eine wichtige Rolle. Andererseits arbeite ich gerne nach bestimmten Themen, da es die Arbeit erleichtert und eine gewisse Struktur schafft. Meine letzte Ausstellung beschäftigte sich beispielsweise mit der Erotik der Frauengestalten in Grimms Märchen.

Nicht zuletzt empfinde ich den "Secretary"-Kleidungsstil persönlich als sehr feminin und attraktiv. Da kommt also vieles zusammen. Der Film war somit nur ein Auslöser, da der Boden schon vorbereitet war.

Dominanz und Unterordnung in "Secretary"

Die Models auf Ihren Bildern verkörpern eindeutige BDSM-Szenen. Inwiefern stehen Sekretärinnen mit BDSM in Verbindung?

Giorgio Zambelli: Sekretärinnen sind per Definition Frauen, die in einem meist immer noch sehr männerdominierten Arbeitsumfeld arbeiten – wir reden ja in erster Linie vom Managementbereich. Damit ist automatisch eine Hierarchiefrage verbunden: Chef (meist Mann) hier, Sekretärin (meist Frau) da.

Eine attraktive Frau kann auf Knien unter Umständen sehr viel mehr Macht ausüben als ein Mann hinter dem Schreibtisch.
Unverkennbar: In "Secretary" nimmt die Sekretärin die untergeordnete Rolle ein.
Unverkennbar: In "Secretary" nimmt die Sekretärin die untergeordnete Rolle ein.

Der Ausgangspunkt ist daher für mich weniger die reine BDSM-Thematik, als eher die Frage nach der jeweiligen Rolle in einem Spiel von Dominanz und Unterordnung. Wobei weibliche Schönheit ein Faktor für sich ist, der das Spiel erst richtig spannend macht. Eine attraktive Frau kann auf Knien unter Umständen sehr viel mehr Macht ausüben als ein Mann hinter dem Schreibtisch.

Ausstellung "Secretary" in Hamburg

Was dürfen Besucher Ihrer Ausstellung "Secretary" in Hamburg erwarten?

Giorgio Zambelli: Eine Serie von etwa 35 SW-Fotos in Format 40x50 cm, die das Thema "Secretary" auf hoffentlich anregende Weise durchspielen, wobei auch die Machtspielchen der Frauen untereinander nicht zu kurz kommen. Und, wie bereits angedeutet, sollte man die Bilder, auch wenn sie natürlich fetischlastig sind, durchaus mit einem ironischen Augenzwinkern betrachten.

Die "Hommage à Secretary – Ein politisch inkorrektes Spiel mit Klischees" kann erstmals ab dem 29. Juni 2013 im Hamburger Catonium besucht werden. Dort wird die Ausstellung bis zum 2. August 2013 verweilen, bis sie anschließend am 12. Oktober 2013 für drei Wochen ins Münchener Casa Luminis zieht.

Hommage à Secretary

Weitere Einblicke in die Fetisch-Bilderwelt von Giorgio Zambelli findet ihr in seiner Ausstellungsankündigung.

zu den Ausstellungsinfos

 

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