IV
„Hi.“ Er sah mich an. Überrascht, neugierig. Sein Zimmer war am Ende des Flurs, am Ende des Gebäudes - jeder andere Gast, der aus dem Fahrstuhl stieg, würde uns sehen: Mich, die vor der Tür steht, er der in der Tür steht.
„Kathrin, wir können auch einfach runter gehen und etwas trinken gehen“, sagte er. Er meinte es ehrlich.
Hatte er kalte Füsse bekommen? Keine Lust mehr auf mich? Hatte ich etwas falsch gemacht? Zu lange gewartet?
Meine Lust war jedenfalls ungebrochen, ich hatte mich im Zimmer nach dem Duschen eingecremt und gespürt, wie mein Körper vibrierte. Ich war feucht, meine Nippel hart - und der Gang zu seinem Zimmer, den ich fast als „walk of shame“ wahrnahm, hatte sein Übriges getan. Ich wollte weiter gehen, hatte mich überwunden und spürte jetzt - Zögern?
Ich habe keine Ahnung mehr, was mich dazu trieb, aber ich beschloss ihm zu zeigen, wie sehr ich jetzt weitermachen wollte. Ich hatte so viele Grenzen überwunden, in mir selber, um hier zu stehen, bereit, gefickt zu werden.
Ich beschloss, die nächste Grenze zu überschreiten. Er sah mich verwundert an, als ich mein Telefon aus der Bademanteltasche holte. Ich öffnete den Messenger und sah seine Nachricht. Ich antwortete nur „Nein.“. Dann rief ich meinen Freund an. Es dauerte nur einen Moment, bis ich sein Gesicht im Videocall sah.
„Kathrin?“. Ich fing direkt an. „Du hast Dir doch immer vorgestellt, dass ich mit einem anderen Mann Sex habe?“. Seine Reaktion war ratlos. Er konnte sehen, dass ich in einem Hotelflur stand, im Bademantel. „Du erzählst es mir immer wieder. Ich spüre, wie sehr es Dich anmacht und ich wollte es nie. Bis jetzt“. Er sah mich mit grossen Augen an und schwieg. Er setzte an „Kathrin, ich ..“ - ich unterbrach ihn. „Macht Dich das immernoch an, Dir vorzustellen, dass ein anderer Mann mich nimmt?“. Er schwieg. „Kathrin, Du..“. Wieder unterbrach ich ihn. „Jetzt ist der Moment..“.
Er war sprachlos. Ich sah, wie er rot wurde. Kein Rot der Wut, das Rot der Erregung. Sein Hals bekam die Farbe, die er sonst beim Sex manchmal hatte. Ich hörte seinen Atem schwer werden.
Ich beschloss, direkt zu werden: „Jetzt. Jetzt oder nie. Soll ich?“. Sein Gesicht spiegelte alle Gedanken wieder, die durch seinen Kopf gehen. „Ich verlasse Dich nicht“, sagte ich ihm, „aber ich erfülle Deine Phantasie..und ich habe Lust“.
„Oh Gott, Kathrin..“..wieder brachte er den Satz nicht zu Ende. „Mach es’“.
Er war auf Lautsprecher gewesen, der Mann, der mir gegenüber stand, hatte alles mitgehört. Ich sah ihn an und fragte: „Reicht Dir das?“.
Er streckte seine Hand aus, verlangte nach dem Telefon. Und machte ein Bild von mir, im Bademantel, im Hotelflur. Harmlos.
„Zeig’ Dich“. Ich öffnete den Bademantel und spürte seinen Blick. Er begutachtete mich. „Die Männer begaffen mich wie ein Stück Fleisch“ beschwerten sich meine Freundinnen ab und zu. Genau das geschah gerade. Ich konnte genau sehen, wie seine Augen meinen gesamten Körper abtasteten. Meine Beine. Meine Scham, auf der ein dichter Busch dunkler Haare thronte, meine Brüste mit ihren harten Nippeln..mein Gesicht. In diesem Moment passte das, erregte mich. Es würde mich auch in den kommenden Wochen immer wieder erregen, wenn er mich so ansah, hungrig, lustvoll. Wissend, dass nur wir beide wussten, was geschehen war, als ich diesen Blick das erste Mal sah.
Er machte ein weiteres Bild und streckte seine Hand wieder aus. „Der Bademantel“.
Ich hörte Stimmen im Gang hinter mir und hielt die Luft an. Dann eine Zimmertür, die geöffnet wurde und ins Schloss fiel.
Ich streifte den Bademantel ab, gab ihn in seine Hand. Er warf ihn achtlos hinter sich ins Zimmer. Ein weiteres Bild. In dem Moment wurde mir bewusst, dass mein Freund Zugriff auf mein Fotoalbum in der Cloud hatte.