„Dieses Zwischenmenschliche ist, denke ich, bei den meisten die Schwierigkeit.
Zwischenmenschliches und Beziehungen als besondere Form der sozialen Interaktion, ja da stimme ich zu. Mir hat das zeitlebens Schwierigkeiten bereitet. Die Angst vor Ablehnung und Zurückweisung ist latent immer da, mein ständiger Begleiter. Mit zunehmender Therapieerfahrung und steigender Selbstsicherheit aber ist das wirklich nur noch ein kleiner Dorn, der ab und an mal mein Ego kratzt und mich an alte Verhaltensmuster erinnert, denen ich dann bewusst das Erlernte entgegensetzen kann. Und dann funktioniert auch das Zwischenmenschliche. Wirklich niemand, der es nicht weiß, würde von sich aus darauf kommen, dass ich einst BL als Diagnose erhielt. Dazu habe ich das dafür typische Fehlverhalten zu effektiv ver-lernt.
Ja, man kann wirklich lernen, "normal" und sozial zu handeln, zu fühlen, Beziehungen zu führen, sich mit anderen zu verständigen, ohne dass es weh tut. Für mich war es ein weiter, schmerzhafter Weg, an vielen Stellen wäre ich lieber gerne umgekehrt. Manche Dinge fallen mir heute noch schwer. In einer Beziehung Bedürfnisse äußern. Geliebte Menschen kritisieren. Zurückweisung auf die Situation, nicht mich beziehen. Manchmal muss ich mir selber auf die Finger klopfen, mich überwinden und den Mund aufmachen, denn man kann mir nur bis vor die Stirn schauen. Ich kann nicht erwarten, dass andere meine Gedanken lesen und Gefühle und Bedürfnisse unausgesprochen erkennen. Ich muss es sagen, ich! Und ich gewinne so viel und verliere so wenig, wenn ich das tue. Selbst Zurückweisungen von Bitten tun nicht mehr wirklich weh, oft denke ich mir: Dann rutsch mir doch den Buckel runter... und morgen ist immer auch noch ein Tag. Dann probiere ich es von Neuem.