Im Kern scheint mir das Eingangspost auf eine generelle Herausforderung für den Begriff "Polyamor" (ja, vielleicht sogar schlicht auch nur auf "amor") - also letztendlich auf eine Grundsatzdiskussion - zurück zu gehen. Denn "polyamor":
1.) ist ja nicht wirklich genau definiert und schon gar nicht allgemein bekannt
2.) leidet darunter, dass es schon für den Begriff "Liebe" viele verschiedene, differenzierende Worte geben müßte
3.) in Ermangelung dieser vielen Worte aber dasselbe für alles mögliche verwendet wird
Die möglicherweise massiven Unterschiede ("ich liebe meine Frau, meine Kinder, mein Auto, meinen Hund und mein Geld" - waaas?) ergeben sich dann bestenfalls aus dem Kontext, schlechtestenfalls durch Interpretation beim Zuhörer/Zuschauer. Wie schief das gehen kann, zeigen simple Versuche, z.B. sich "rot" von mehreren Personen beschreiben zu lassen.
Hinzu kommt die m.E. immer noch massive "Unfreiheit" beim Thema Sex, welches doch recht überwiegend (zumindest in der Zeit der Erziehung) an Liebe gebunden wird, aber immer mal wieder Ausbruchsversuche a la Kolle stattfinden.
Ich denke, dass erst dann diese unsägliche Vergleicherei und vor allem: Abwerterei aufhört, wenn die Sexualität einen Grad an liberaler Betrachtung erfährt, die jeder anderen "Freizeitbeschäftigung" nahe kommt.
Wenn es also tatsächlich mal soweit kommen sollte, dass "ein Quicky" ähnlich gesehen wird wie ein Burgerlokal, nämlich der kurzen Befriedigung eines "Mangels" (hier: Lust) ohne sofort einen Vergleich zum Sternekoch zu provozieren, dann wird sich auch auf anderer Ebene eine größere Leichtigkeit ergeben.
Solange also beim Thema Sex diese - häufig stark polarisierten und bei Promiskuität zumeist abwertenden bis ablehnenden - Meinungen vorherrschen wird ein Begriff wie Polyamor gerne zur abwertenden Kategorisierung herangezogen.
Ich selbst mißbrauche möglicherweise in den Augen des TE und anderer hier den Begriff Polyamor. Und zwar mangels anderer Begriffe.
Für mich ist Sex etwas sehr wichtiges. Ich stehe einem Quicky grundsätzlich offen gegenüber, verliebe mich aber sehr leicht (oder habe jedenfalls Gefühle, die ich als Verliebtheit interpretiere) und stemme mich nicht dagegen. Dem entsprechend strebe ich OnS nicht an, schließe sie aber auch nicht aus ... jede Beziehung fängt ja genau genommen mal mit der ersten Nacht an, und nicht wenige sind vielleicht sogar entstanden, ohne dass die Absicht "No-OnS" vorlag. Dabei "verdünnen" neue Erlebnisse nicht die Liebe zu meinen anderen Kontakten - nennen wir sie Beziehungen.
Und wenn ich auf meine Beziehungen schaue, dann haben die meisten einen sexuellen Grund oder jedenfalls Anfang gehabt, sich dann aber in langfristige Beziehungen entwickelt, die auch mit Freundschaft+ nicht zu beschreiben sind, weil ich und meine Partnerinnen (und hoffentlich auch deren weitere Partner) bereit sind (und das zuweilen auch schon bewiesen haben) mehr zu geben, mehr da zu sein. Finanziell, zeitlich, auf Gefühlsebene. Vieles wie in einer "festen" (klassisch monogamen) Partnerschaft eben.
Polyamor?