Sex - Verliebtheit oder Liebe - Beziehung - soziales Umfeld
Also mich wundert es nicht, dass die Polyamorie so vielfältig ist und dass es diesbezüglich immer wieder Streitigkeiten gibt.
Sex - Liebe - Beziehungen
Das sind drei verschiedene Dinge, die in unterschiedlichsten Kombinationen auftreten können. Unter Poly-Beziehung verstehe ich die grundsätzliche Bereitschaft, selbst zwei oder mehr Beziehungsarten mit Liebe & Sex zu leben und leben zu lassen.
1) Sex: Sex ist toll.
Sex und Beziehung:
Ich glaube nicht daran, dass man eine Freundschaft oder Partnerschaft herbeivögeln kann.
Sex und/ oder Liebe:
"Ich kann nur vögeln, wenn ich auch liebe oder zumindest die Illusion von Liebe habe (Verliebtheit).", ist meines Erachtens kein zwingendes Merkmal eines Polyamoren Menschen.
Kann sein. Muss aber nicht. Und tritt auch bei monogam lebenden Menschen auf.
Jedenfalls finde ich diese Abgrenzungsversuche, dass Menschen, die sowohl mit als auch ohne Liebe den Sex genießen können keine "echten Polys" seien, absurd.
Genau genommen erleichtert es den Aufbau von Poly-Beziehungen doch. Es gibt weniger Drama, wenn man die Selbst-Täuschung (Verliebtheit), nicht aufrecht erhalten muss, um der sexuellen Lust zu frönen.
2) Verliebtheit oder Liebe?
Für Polyamorie braucht es meines Erachtens Liebe. Nicht die Illusion davon (Verliebtheit).
Vielen Realisten fällt es relativ leicht, das zu leben.
Viele Träumer können dem zwar in der Theorie zustimmen, in der Praxis empfinden sie dies jedoch als unerwünschte Haarspalterei.
Da der Übergang von der Verliebtheit zur Liebe fließend ist, doch nicht zwangsläufig aus jeder Verliebtheit eine Liebe wird, ist das Timing ausschlaggebend...
• Wie lange stehen Projektionen, Realitäts-Verleugnung und/ oder Angst vor dem Alleine-Sein dem Kennenlernen eines Menschen im Wege?
• Wie lange will der Mensch seine Rosarote Brille aufbehalten?
• Ein paar Wochen, Monate oder Jahre?
Manches Mal hat man sich getäuscht: Außer sexueller Anziehungskraft + Verliebtheitsrausch war da nichts. Man liebt diesen Menschen nicht. Man hat diesen Menschen nie geliebt. Und weil sich dieser Mensch in eine unerwünschte Richtung entwickeln will, wird man ihn auch in der Zukunft nicht lieben. - Dasselbe mit dem Geliebt-Werden.
Zu Beginn hat man sich nun mal getäuscht und gehofft.
Das heißt aber doch nicht, dass man die ersten Wochen oder Monate des Kennenlernens nicht trotzdem genießen konnte. Und wenn beide das authentisch leben wollen & können, kann man auch ohne Verliebtheit oder Liebe noch eine Weile weitervögeln.
Sicherlich ist das dann keine polyamore Beziehung. Aber das war es bevor man die Rosarote Brille abgenommen hat, doch auch nicht.
Nun macht es aber einen Riesen Unterschied, ob ich
meinem Bezugspartner im weiteren Verlauf des Kennenlernens sage: "Hallo. Du siehst mich nicht. Du geisterst da in irgendeiner Phantasiewelt herum. Ich bin nicht das, was du dir wünscht. Ich bin ich. Eine Freundschaft+ (ggf. sogar Partnerschaft) haben wir zwar angestrebt. Doch der Aufbau einer Freundschaft braucht einige Monate. Im Augenblick sind wir noch bei einer Bekanntschaft+. Also tue nicht so als ob wir bereits Freunde wären."
Oder ob ich
einem anderen Menschen sage: "Sei doch Realistisch. Du bist gerade voll im Verliebtheitsrausch. Das, was du da gerade lebst, ist doch noch lange keine Poly-Beziehung."
Selbstverständlich könnte sich im Zuge des weiteren Kennenlernens auch tatsächlich Liebe einstellen. Ab und an geschieht das.
3) Beziehungsformen mit Liebe:
Ideal fände ich eine Poly-Partnerschaft ergänzt durch Poly-Freundschaften.
Doch wenn man einen Menschen so liebt wie er ist, obendrein auch noch sexuell attraktiv findet, aber für eine Partnerschaft wären es viel zu viele Unstimmigkeiten und eine Freundschaft+ zu leben, wäre mindestens einem von beiden auf qualvolle Art und Weise zu wenig, ja, dann sind auch
a) Trennung in Liebe
b) eine platonische Freundschaft.
c) Oder (über ein Jahrzehnt gelebt): Eine lockere Bekanntschaft+ möglich. Da hatten wir max zwei Mal im Jahr überhaupt Kontakt. Treffen (inklusive Sex) nur pi Mal Daumen alle 2 bis 3 Jahre. Das könnte man auch unter "Sex mit dem Ex" einordnen. Wobei der Partnerschaftsversuch nur zweieinhalb Monate andauerte. Also nie eine wirkliche Partnerschaft erreicht wurde.
...
Mein Poly-Beziehungs-Ideal ist definitiv was anderes als a), b) oder c).
Doch ich stand bereits häufiger vor der Entscheidung, was für mich oberste Priorität hat: Mein Beziehungsideal oder der erlebten Liebe einen Bezugsrahmen zu geben, der sie für beide erträglich macht?
Der Liebe einen erträglichen Rahmen zu geben ist für mich stimmiger.
Dementsprechend zählen Trennung in Liebe, platonische Freundschaft sowie Bekanntschaft+ für mich ebenso zu meiner polyamoren Lebenseinstellung wie Freundschaft+ und Partnerschaft. (Auch wenn ich nur einen Teil davon zu Poly-Beziehungen zähle.)