Grundsätzlich kam die "Zündung" durch eine frühere Freundin, die wesentlich Seilbegeisterter war, als ich es damals war. Angefangen haben wir beide irgendwie zusammen, ich zumindest, auch wenn wir nur einen halben ersten Schritt gemeinsam gingen.
Das war 2017.
Als BDSMler war "Bondage" für mich vorher nur etwas, um eine Person zu fixieren.
Das war der einzige Zweck, der mir damals durch den Kopf ging, den ich mit "Bondage" verband.
Ich wusste es nicht besser, weil ich es aus meinem Szeneumfeld nie anders erlebte.
Dazu mischte sich Ungeduld und mangelnde Fingerfertigkeiten. Wenn ich Shibari sah, dann wirkte das auf mich stets unfassbar kompliziert und komplex. Allein die Mühe, dies zu erlernen, nur um jemanden zu fixieren, war mir zu viel.
Dann erlebte ich, dass der Weg hier das Ziel ist.
Ich sprach mit meiner damaligen Freundin darüber, was sie daran reizte und so eröffnete sich mir ein komplett anderer Blickwinkel auf das Thema, auf diese Welt. Und diese Welt wollte ich selbst einmal erleben und betreten.
Und dann brach ich mir auf dem Weg in diese Welt direkt beide Beine, weil ich es, aus heutiger Sicht, falsch anging:
Ich schnappte mir Seile - natürlich die billigen aus den typischen Shops, Baumwolle gar - und so saßen wir zusammen vor Youtube-Videos. Und ich verzweifelte, weil die Stimmung natürlich überhaupt nicht aufkam, noch irgendetwas wirklich gelernt wurde. Man sieht kaum etwas, man bekommt wenige Erklärungen, das Seil "labert" an der Hand herum, die Knoten lösen sich wieder, nichts hält und dabei springt man zwischen der Partnerin und dem Rechner hin und her um rumzuspulen, sich Dinge noch einmal anzusehen, zu zoomen, mit der Geschwindigkeit zu spielen. Ach, was hätte ich dieses Baumwollseil gerne angezündet.
Mit Videos wurde das nichts, also kaufte ich mir das erste Buch: Shibaku.
Zuerst war ich euphorisch. Damit würde es klappen! Man kann schließlich an den detaillierten Zeichnungen viel mehr erkennen und nachvollziehen. Ja, von wegen. Natürlich ging es etwas besser, aber viele Aspekte wurden noch immer nicht klar. Was ist mit der Tension? Wie führe ich das Seil idealerweise? Nein, damit meine ich nicht, wo es "entlang geführt" werden soll, sondern wie führe ich es idealerweise in meiner Hand, ohne mir selbige gefühlt zu brechen und ohne, dass es auf meine Partnerin wie "Gefrickel" wirkt? Wie schaffe ich es, dass die Seile nicht lasch herunterbaumeln? Worauf muss ich körperlich achten?
Und das Wichtigste: Wie schaffe ich es Emotionalität dabei zu wahren und mich nicht in der Technik zu verlieren? Meine Partnerin ist schließlich kein vertäutes Segelboot, sondern ein Mensch, der dabei selbst Spaß haben, Nähe erleben und sich fallen lassen können möchte. Die Seile sollen ihrerseits kein Selbstzweck sein, sondern eine Erweiterung meiner Selbst, ein Werkzeug, das uns verbindet.
Mit dem Buch kamen all diese Dinge nicht an. Das Buch konnte das nicht vermitteln und die Frustration setzte erneut ein.
Weil ich es nicht sein lassen wollte, gingen wir zu meinem ersten Einsteigerworkshop.
Das Tempo nahm ab. Es wurde strukturierter und fundierter. Es machte Spaß.
Am Ende bereute ich, dass wir nicht gleich den nächsten Workshop mit buchten.
Wir buchten danach einen Workshop woanders, der viel zu lang ging und zu viel vermitteln wollte, was, zusammen mit anderen Faktoren, ebenfalls wieder einen Dämpfer bescherte.
Daraus nahm ich folgende Punkte mit:
1. Bücher und Videos sind Nachschlagequellen zur Wissensvertiefung, nicht zur initialen Wissensvermittlung
2. Lerne strukturiert und fundiert bei jemandem, der oder die deinem Lerntypus entspricht.
Du bist selbst im Bildungsbereich tätig und kennst die Do`s und Do`nts der Didaktik.
3. Nur weil jemand selbst gut fesselt, lehrt diese Person nicht zwangsweise gut.
4. Nimm dir nicht zu viel vor. Gehe Schritt für Schritt.
5. Fessele niemals, wenn du gerade mit Personen im Konflikt bist, etwa weil mit deiner Partnerin irgendein Elefant im Raum steht. Das sollte sich eigentlich von selbst verstehen, aber manchmal ist Mensch dumm.
6. Alles, was du hier tust, tust du aus Spaß. Das ist kein Job. Es gibt hier keinen Leistungsanspruch. Dennoch soll es fundiert und sicher sein.
7. Dinge brauchen Übung. Ohne beständige Übung und Wiederholung vergessen wir Dinge.