Frag einen Sadisten/Ask a sadist
Vorwort:Ich bekomme immer wieder Fragen dazu, was einen Sadisten ausmacht, wo die Grenzen zu Doms und Reaktionsfetischisten ist, und ähnliches. Solche Fragen tauchen auch öfter hier im Forum auf. Deswegen wollte ich mal einen Diskussionsrunde starten, wo Ihr Eure Fragen loswerden könnt. Ein paar habe ich schon gesammelt und fange mit denen an.
Wichtig: Sadisten existieren auf verschiedenste Art und Weise, manche sind mehr empathisch, manche mehr psychopathisch. Schlussendlich ist der darunterliegende Sadismus der gleiche oder sehr ähnlich, aber die Sozialisierung macht hier große Unterschiede, wie sich der Sadismus jeden Tag äußert. Nicht alle werden diesem zustimmen, und manche werden es anders sehen, und Ihr könnt gerne Eure abweichenden Antworten dazuposten. Meinungsfreiheit FTW (for the win).
1. "Was sind die Unterschiede zwischen Dom und Sadist? (Bonusfrage: Abgrenzung zum Jäger/Primal Hunter)":
Doms sind organisiert und strukturiert. Sie lieben Machtgefälle.
Sadisten sind chaotisch und kreativ. Sie lieben das Spiel.
Wer den MBTI (z.B.: https://www.16personalities.com/de) ? Die Leute mit J hinten sind eher organisiert, die Leute mit P hinten sind eher chaotisch.
Dem Sadisten geht es nicht um das warum, sondern nur um das wie oder was. Was kann er mit Dir spielen. Wie bekommt er die Reaktionen.
Meiner Ansicht nach, und aus meiner eigenen Erfahrungen, sind Sadisten und Reaktionsfetischisten ein und dasselbe. Man darf beim Sadisten nie vergessen, dass dabei ja auch (Selbst-)Konditionierung eine riesige Rolle spielt, bzw. will man ja auch sein Spielzeug nicht "kaputtmachen". Die meisten Sadisten hadern ja mit dem was sie sind und wollen es sich nicht eingestehen. Selbst wenn sie es tun, ist dann der Kontrast zwischen einem netten Menschen und einem Sadisten in einer Person sehr groß. Daher ist sehr oft auch eine Caregiver Seite dabei, auch weil Sadisten (meiner Meinung nach) oft recht intelligent sind, genau so wie die Brats und kreativen Masos, mit denen sie sich gerne assoziieren.
Lexikalische Definition: "Sadismus ist eine Persönlichkeitseigenschaft, bei der ein Mensch Lust dabei empfindet, die physische oder psychische Integrität eines anderen Lebewesens zu verletzen."
Ja, da ist sicher etwas wahres dran. Aber man hat ja auch Respekt vor den anderen Menschen.
In der Vergangenheit, wo sinnlose Brutalität an "Sub-"Menschen, also echten Sklaven, soziologisch akzeptiert war, kannten diese Sadisten ja keine Grenzen. Es ist auch nicht so, dass diese Art von Gewalt einem heutigen Sadisten mit vernünftigen Regeln wirklich abgeht. Im Spiel mit einem Masochisten ist ja sehr viel möglich.
Oft sind es ja gerade die kleinen Grenzausflüge, die am meisten Spaß machen, wenn eine Masochistin dem Lustschmerz frönt, aber dann ein Stück weiter gepusht wird, wo es sie noch mehr kickt, aber nicht für lange, und dann kommst Du wieder zurück in die Komfortzone.
Diese Kontraste reichen ja völlig aus.
Deswegen sind Seile ja auch so toll, wenn man die Ukete (Ropebunny) in Positionen bringt, wo sie z.B. zwischen Komfort in den Haaren (die mit dem Seil hoch befestigt sind) und den Füßen (wo sie trotz High Heels auf den Zehenspitzen stehen muss) abwägt.
Ein pathologischer Sadist, ja, der will wohl immer mehr Gewalt ausüben, und das ist nicht okay. Das ist für mich auch keine vernünftige Diskussionsbasis.
Ein normaler Sadist, der freut sich an den Reaktionen wenn es vom Lustbereich ins Grenzgebiet und wieder zurück geht. Immer wieder an die Grenze.
Jäger/Primal Hunter: Der Jäger arbeitet sich noch viel mehr in einen Blutrausch, und seine Gewalt ist intimer als die des Sadisten. Oft gibt es einen großen Überlapp zwischen den beiden. Der Jäger macht viele Geräusche, arbeitet mit Händen und Zähnen um zu dominieren, und ist aber sonst ebenfalls sehr verspielt. Sucht die Nähe zum/r Gejagten/Prey.
2. "Was sind unabsichtliche Zeichen des Sadismus"
Als Kind hatte ich eine Blutblase im Gesicht und Warzen am Fuß. Ich habe beides als Fremdkörper wahrgenommen, die ich verachtete. Da normale "Mittelchen" gegen Warzen für mich zu langsam waren, habe ich sie mit einer kleinen Schere rausgeschnitten, die Blutblase am Kinn habe ich immer wieder weggekratzt (ja, das blutet dann ordentlich). Ja, das war schmerzhaft und ja, ich hab eine gute Schmerztoleranz. Aber ich habe es als Genugtuung gesehen, den "Fremdkörpern" auf meinem Körper zu schaden und diese zu entfernen. Da man gegen sich selbst Gewalt sehr genau dosieren kann, kommt dort nicht die Sozialisierung zum Tragen und der Sadist ist frei.
3. "Kann ich ein guter Mensch und ein Sadist gleichzeitig sein?"
Die alte Frage, die sich jeder (nicht-psychopathische) Sadist irgendwann stellt.
Erstmal ist Sadismus und die Neigung dazu genetisch, und wohl in den meisten Menschen in irgendeiner Form vorhanden. Viele Masochisten entdecken irgendwann den Sadisten in sich selbst, und sind oft sogar sehr gut darin, weil sie sich in den anderen hineinversetzen können.
Wir merken: Empathische Sadisten sind nicht nur die angenehmeren Sadisten, da sie andere nicht sinnlos und grenzenlos quälen wollen, nur so ein bisschen über den Punkt bringen, wo es beide "kickt".
Die meisten Sadisten können gut Menschen lesen und damit auch ein Stück weit manipulieren. Es obliegt daher dem Sadisten, dies nicht auszunutzen und möglichst ehrlich zu sein. Dieser Aspekt kann sehr schnell im psychologischen Sadismus enden. In der Tat tendieren (physisch) unerfüllte Sadisten genau zu diesem emotionalen Sadismus, der, falls nicht von beiden Seiten besprochen und akzeptiert, in das psychopathische abgleitet und absolut zu vermeiden ist.
Jeder Sadist wird deswegen irgendwann in seinem Leben in Therapie sein.
Wenn er/sie dann gelernt haben, auf die Bedürfnisse anderer einzugehen, den anderen nicht (nur) als Objekt zu sehen, und vor allem Erwartungen ehrlich zu kommunizeren, nur dann kann er/sie zum empathischen Sadisten werden.
4. "st es mir wichtig Tränen zu sehen? Spuren zu sehen?"
Ja. Nein. Vielleicht Jein?
Eine schwierige Frage. Einerseits steht das Spiel im Vordergrund, und die Spuren/Tränen sind nebensächlich. Andererseits hinterlässt das Spiel des Sadisten meistens (nicht bleibende) Spuren, und das ist zum Teil auch die Intention. Der Kontrast zwischen Versehrtheit und Freiheit des Geistes, den es gemeinsam zu erlangen gilt - bringt meistens Spuren. Ich kann mich nicht selbst neu erleben, ohne dass dabei Spuren hinterlassen werden könnten, am Körper oder im Geist.
Okay, hier ein Beispiel: Wenn ich eine Rückenmassage mache und merke, dass die Muskeln sehr angespannt sind, möchte ich den Muskel reiben, damit er weicher wird. Ich kann die Schmerzgrenze von Menschen leicht überschreiten und ja vielleicht erfordert das Safewords. Aber wenn ich weiss, dass diese Person das absolut nicht will, nehme ich mich auch zurück, respektiere die Grenzen. Wenn der Sadist sich in vielen Punkten deswegen einschränken muss, ist man vielleicht nicht kompatibel.
Oder jemaden bitten, dich für einen öffentlichen Auftritt so zu kleiden, dass du dich unwohl fühlst.
Aber ich habe nur flüchtige Einblicke in meine sadistische Seite bekommen, ich muss noch erforschen, womit ich mich wohlfühle.
Aber dazu bräuchte ich einen willigen Masochisten, denn ich würde niemandem Schmerzen zufügen wollen, der sie als Sub nur toleriert - als Service. Das ist eher die Domäne von Doms.