Mehr brandheiße Inhalte
zur Gruppe
Easter Fetish Meeting
221 Mitglieder
Das Thema ist für dich interessant? Jetzt JOYclub entdecken

Gedanken zum Tag der Pressefreiheit am 3. Mai 2022

*******sima Frau
2.524 Beiträge
Themenersteller 
Gedanken zum Tag der Pressefreiheit am 3. Mai 2022
Bernhard Pörksen (53), Professor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen, veröffentlichte einen interessanten Artikel zum Thema, der in zahlreichen Medien zeitgleich abgedruckt wurde und u.a. auch hier nachlesbar ist:

<a href="https://www.badische-zeitung.de/warum-desinformation-toetet-und-nur-medienbildung-dagegen-hilft" target="_top"><strong>       Warum Desinformation tötet</strong> (veröffentlicht am Di, 03. Mai 2022 auf badische-zeitung.de)</a>

Pörksen beginnt mit der Frage:
Manchmal, in dunklen, pessimistischen Momenten, denke ich: Was muss eigentlich noch passieren, bevor eine lethargische Bildungspolitik – trotz des Desinformationsgewitters der Gegenwart – aus ihrem Tiefschlaf erwacht? Was braucht es, bevor die Medienpädagogik ihr oft anspruchsloses, verdruckst-opportunistisches Herumgefloskel über irgendwelche Digitalkompetenzen einstellt und endlich zu einer klaren Sprache findet? Und was muss geschehen, bevor die offene Gesellschaft begreift, dass sie mit ihrer Weigerung, Medienbildung mit normativer Entschiedenheit zu betreiben, sehenden Auges ihre eigenen Grundlagen zerstört?

Und zum Schluss des Artikels ergeht folgende Aufforderung an die Lesenden, die sich in meinen Augen auch genausogut für eine Diskussion des Themas - auf der Grundlage jenes Artikels - in dieser Gruppe hier anbietet:

Vielleicht haben Sie, liebe Leserin und lieber Leser, also Lust, am heutigen Tag der Pressefreiheit mit ein paar Menschen Ihrer Wahl über die neuartige Macht der Propaganda, den Wert des unabhängigen Journalismus und die besten Wege zur Medienmündigkeit zu debattieren? Damit wäre viel gewonnen, denke ich. Die Idee der redaktionellen Gesellschaft wäre dann, und sei es nur für einen Tag, ein Stück gelebte Wirklichkeit.

*****_Us Paar
173 Beiträge
Ich sehe die sozialen Medien auch zwiegespalten. Traditionelle Medien hatten früher sicherlich einen höheren Qualitätsstandard als das was heute jeder ungeprüft und unprüfbar bloggt und tweetet.
Da die Medienlandschaft aber inzwischen immens stark konzentriert ist, und daher nur noch wenige Leute den Ton angeben und kontrollieren könnten was wir sehen, sind die sozialen Medien auch ein wichtiges Korrektiv der klassischen und institurionalisierten Medien.

Fakenews gibt's leider nicht nur von Idioten oder konspirativen Elementen auf Facebook, sondern oft auch von staatlichen Medien. Ich versuche (nicht immer erfolgreich) für wichtigere Meldungen erstmal eine andere Quelle zu finden bevor ich die Meldung an meine Bekannten verteile. Allerdings habe ich zum Glück auch einen kritisch denkenden Freundeskreis, und wir hinterfragen oft auch Meinungen unserer Freunde. Rutscht ja jedem mal was durch.
*****e_1 Paar
196 Beiträge
Soziale Medien sind Segen und Fluch zugleich.

Und gerade die, die von Leerdenkern und anderen Abgeglittenen als "Lügenpresse" bezeichnet werden sind doch Garant für recht gute und ausgewogene Informationen.
*********chen Frau
396 Beiträge
ein bisschen widersinnig, dass der obige artikel nur gegen bezahlung unter dem link verfügbar ist...
mir fällt da leider zum thema pressefreiheit halt immer als erstes ein, dass sog. qualitätsjournalismus und -zeitungen online nur gegen entgelt zur verfügung steht, hingegen die massen mit gratis-schund-journalismus versorgt werden. ist ja nicht hilfreich.
ja, klar, muss und soll journalismus auch etwas kosten. nur sollte das anders finanziert sein und für alle gratis zur verfügung stehen.
*****_Us Paar
173 Beiträge
Die Finanzierung ist ein schwieriges Thema. Gute Qualität kostet eben. Früher hat jeder eben die Tageszeitung abonniert. Heute sparen sich die meisten das Geld, dann sinkt die Qualität. Es gibt Vorschläge in der Politik die privaten (!) Medien über eine Art Zeitungs-GEZ zu finanzieren, aber da bin ich gar kein Freund von. Ich habe gar keine Lust noch mehr Geld für Leistungen zu zahlen die ich nicht brauche, zumal das was die Öffis da abliefern auch sehr durchwachsen ist.
Da überwinde ich mich lieber und abbonniere die NZZ oder was ich sonst gut finde und drücke dafür was ab.
*******sima Frau
2.524 Beiträge
Themenersteller 
Okay, hier der gesamte Text als Zitat, da er über den link offenbar nicht für alle zugänglich ist. Mir wäre es wichtig, auch Pörksens Argumente nachzuvollziehen und sie hier in der Diskussion zu berücksichtigen:

Warum Desinformation tötet

Journalismus ist mehr als ein Beruf. In den journalistischen Grundprinzipien steckt auch eine Praxis der Kommunikation, die in Zeiten von Fake-News alle angeht. Einige Gedanken zum Tag der Pressefreiheit.


Manchmal, in dunklen, pessimistischen Momenten, denke ich: Was muss eigentlich noch passieren, bevor eine lethargische Bildungspolitik – trotz des Desinformationsgewitters der Gegenwart – aus ihrem Tiefschlaf erwacht? Was braucht es, bevor die Medienpädagogik ihr oft anspruchsloses, verdruckst-opportunistisches Herumgefloskel über irgendwelche Digitalkompetenzen einstellt und endlich zu einer klaren Sprache findet? Und was muss geschehen, bevor die offene Gesellschaft begreift, dass sie mit ihrer Weigerung, Medienbildung mit normativer Entschiedenheit zu betreiben, sehenden Auges ihre eigenen Grundlagen zerstört?

Nach den Pro-Brexit-Feldzügen, dem Wahlsieg Donald Trumps mit Hilfe von Putins Trollen, nach der Pandemie-Infodemie und im Gewirbel der Fake-News zum Ukraine-Krieg sind drei Befunde unabweisbar.

Erstens destabilisiert die systematische Verschmutzung der Informationskreisläufe überall auf der Welt Demokratien und verleiht Antiliberalen Auftrieb, wie zahlreiche Studien im Detail zeigen.

Zweitens sind die asymmetrischen Wahrheitskriege skrupelloser Populisten im Verbund mit den Fehlanreizen der sozialen Netzwerke – Dissens schüren, aufpeitschen, emotionalisieren – geeignet, die Fähigkeit von Politik und Gesellschaft zu untergraben, aktuelle Großkrisen zu lösen. Denn diese Krisen (man denke beispielhaft an den Klimawandel) setzen einen basalen Realitätskonsens, einen gemeinsamen Fokus und ein Denken in der langen Linie voraus. Wenig ist also gerade jetzt so nötig wie die Kombination von Konsens, Kompromissfähigkeit, Konzentration und langfristiger Strategiebildung. Und doch wird genau diese Gesprächs- und Strategiefähigkeit ganzer Gesellschaften im Zusammenspiel von gezielter Propaganda und algorithmischer Plattform-Logik unterminiert.

Drittens ist längst offensichtlich, dass Desinformation tötet, und zwar ganz direkt und unmittelbar. Denn irgendwann greifen die QAnon-Spinner zu den Waffen oder stürmen das Kapitol. Irgendwann schießen die Reichsbürger um sich.

Und nur mal nebenbei: Durchschnittlich 40 Minuten nach der Installation der Tiktok-App sind die Userinnen und User das erste Mal mit Falschmeldungen und russischer Propaganda aus dem Ukraine-Krieg konfrontiert. Sie sehen Video-Fakes, aber natürlich auch viele authentische Bilder des Schreckens, Explosionen, Erschießungen. Tiktok liefert aktuell hoch emotionales Echtzeit-Fernsehen im Schnipsel-Format für junge Menschen, ein Mischprogramm aus Lüge, Wahrheit und Gewalt, ungefiltert, ohne klärende Einordnung.

Was folgt aus all dem? Muss man den Kampf gegen Desinformation verloren geben? Ich denke nicht. Was mir Hoffnung macht: Es zeichnet sich, von der Öffentlichkeit noch weitgehend unbemerkt, seit ein paar Jahren eine Art Graswurzelrevolution der Medienbildung ab, die aus dem Journalismus kommt.

Seit 2019, so berichtet beispielsweise der Verein "Journalismus macht Schule", war man in Tausenden von Schulen überall in Deutschland. Es gab Schüler- und Lehrermedientage, Online-Workshops, Podcasts, Medien-Projekte und Lehrer-Fortbildungen und Seminare an Volkshochschulen und Unis in gewaltiger Zahl. Dabei sind jede Menge neue, faszinierende Initiativen und Kooperationen entstanden – zwischen regionalen und überregionalen Zeitungen und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, den verschiedensten Stiftungen, Bildungseinrichtungen und Medienhäusern. Viele prominente Journalistinnen und Journalisten machen mit, engagierte Lehrerinnen und Lehrer sind dabei, einfach so, oft in ihrer Freizeit, ehrenamtlich. Auch heute, am Tag der internationalen Pressefreiheit, finden verschiedenste Veranstaltungen statt.

Zum Autor: Bernhard Pörksen (53) ist Professor für Medienwissenschaft an der Universität
Tübingen. 2020 veröffentlichte er gemeinsam mit Friedemann Schulz von Thun "Die Kunst des Miteinander-Redens" bei Hanser.


Die Grundidee dieser Medienbildungsoffensive von unten ist bestechend einfach. Sie besagt: Journalismus ist viel mehr als ein Beruf. Denn in den journalistischen Idealen und Maximen – "Prüfe erst, publiziere später!", "Analysiere Deine Quellen!", "Höre auch die andere Seite!", "Orientiere Dich an Relevanz und Proportionalität!", "Sei skeptisch!" – liegt eine konkrete Kommunikationsethik, die heute alle angeht.

Natürlich gibt es auch schlechten Journalismus, Herden- und Meutenverhalten, doofes Clickbaiting, sinnlose Skandalisierung, klar. Aber in der Kenntnis der basalen journalistischen Regeln der Informations- und Quellenprüfung steckt tatsächlich eine Chance. Hier sind die Anfänge einer praktischen Utopie zu entdecken. Hier findet sich ein Ausweg aus dem Desinformationsspektakel in Richtung einer redaktionellen Gesellschaft von Bürgerinnen und Bürgern, die medienmächtig sind und medienmündig.

Es fehlen Konzepte zur Plattformregulierung

Ist damit alles gelöst? Gewiss nicht. Denn noch fehlen erprobte Konzepte der Plattformregulierung, die einerseits die Kommunikationsfreiheit und den Mündigkeitsgedanken schützen, aber es andererseits erlauben, Hassrede und Falschnachrichten wirklich massiv zu begrenzen.

Noch fehlt die effektive Handhabe im Umgang mit professionellen Bullshittern, Spin-Doktoren oder auch Spin-Diktatoren, die ihr eigenes Volk mit einer Kombination aus Propaganda und Terror in eine riesenhafte Sekte verwandeln wollen, eine Gemeinschaft der fanatisiert Gläubigen, die entweder auf Bestellung jubeln oder nach ein paar Schauprozessen in einer Gefängniszelle zum Schweigen gebracht werden.

Ja, es stimmt: Die gewaltigen Desinformationskosten, die in den letzten Jahren offensichtlich geworden sind, erfordern eine entschiedenere, schärfere Gegenwehr der offenen Gesellschaft. Und die Gewaltaufrufe in den Katakomben der Telegram-Kanäle müssen mit anderer Härte und Geschwindigkeit verfolgt werden. Aber im Akt der Bekämpfung von Desinformation verteidigt eine Demokratie immer auch ihre eigene Würde und ihre eigenen Werte.

Die Kraft des Diskurses

Sie muss also schon in der Art der Auseinandersetzung zeigen, dass sie den Aufklärungsgedanken nicht verloren gibt. Und eben darin liegt die eigentümliche Schönheit jeder Bildungsidee: Sie setzt bis zum absolut endgültigen Beweis des Gegenteils auf das bessere Argument, die Kraft des Diskurses. Was bleibt also anderes, als auf die Mündigkeit des Einzelnen und die Stärkung der Urteilskraft zu vertrauen, die in den Schulen trainiert werden muss, aber eben nicht nur hier?

Aus meiner Sicht wäre es, auch jenseits der Schulgebäude, lange schon ein Gebot der Stunde, ein großes Gespräch über publizistische Maßstäbe und die Schulung der Urteilskraft zu initiieren. Es wäre ein Austausch und eine Debatte, die auch dem Journalismus nützen könnte und die eine bestenfalls verschlafene Bildungspolitik inspiriert; diese braucht – jenseits einer bloß naiv-modischen Technikfaszination und des allgemeinen Digi-Blabla – dringend normative Klarheit.

Vielleicht haben Sie, liebe Leserin und lieber Leser, also Lust, am heutigen Tag der Pressefreiheit mit ein paar Menschen Ihrer Wahl über die neuartige Macht der Propaganda, den Wert des unabhängigen Journalismus und die besten Wege zur Medienmündigkeit zu debattieren? Damit wäre viel gewonnen, denke ich. Die Idee der redaktionellen Gesellschaft wäre dann, und sei es nur für einen Tag, ein Stück gelebte Wirklichkeit.

*****_Us Paar
173 Beiträge
Danke für den vollen Text. Hätte ich dafür gezahlt würde ich mich jetzt verhohnepiepelt fühlen.
Ich finde da zum Text schwer Stellung zu nehmen. Er macht ja nur einige recht banale Aussagen, die an sich unbestritten sind. Fake-News schaden der Demokratie, und soziale Medien sind anfällig für Fake-News. Eine wirkliche Forderung außerhalb von "wir müssen da jetzt mal Tacheles reden" hat er auch nicht.
Also ja, er hat durchaus recht, das Thema ist auch wichtig. Aber einen wirklichen Mehrwert sehe ich in dem Artikel nun nicht, auf den man argumentativ aufbauen könnte.

Son bisschen, "Krebs ist scheiße" - "Stimmt!"
**********henke Mann
9.663 Beiträge
Gruppen-Mod 
Liebe Diskutant:innen, bitte achtet darauf, dass die Diskussion nicht ins politische abdriftet. *modda*
*****_Us Paar
173 Beiträge
Es ist ein politisches Thema, wieso sollte man da nicht Politik diskutieren? @**********henke
Der Themenkreis Fakenews hängt eben eng mit Demokratie, Autokratie und Trump/Putin zusammen. Man sollte auf persönliche Beleidigungen verzichten, aber ohne politische Diskussion wird das Thema nicht zu diskutieren sein.
**********henke Mann
9.663 Beiträge
Gruppen-Mod 
Leider muss ich den Thread dann schließen.
Anmelden und mitreden
Du willst mitdiskutieren?
Werde kostenlos Mitglied, um mit anderen über heiße Themen zu diskutieren oder deine eigene Frage zu stellen.