Leseprobe: Ratgeber für Mommys, Daddys und CGs
Du hast also nun ein Little – Anleitung für angehende Mommys, Daddys und CaregiverGut, du hast es also erfahren. Dein Partner hat sich dir geöffnet und dir gestanden, dass er ABDL ist – ein erwachsener Mensch, der Windeln tragen will und vielleicht sogar eine „Little“-Rolle einnimmt, sich wie ein kleines Kind fühlt oder so behandelt werden möchte. Klingt ungewohnt, vielleicht sogar absurd? Ja, das dachte ich auch, als mein Mann mir zum ersten Mal davon erzählt hat. Glaub mir, ich weiß genau, wie das in deinem Kopf rattert. „Warum in aller Welt sollte ein Erwachsener Windeln tragen wollen?“ Aber bevor du jetzt die Nase rümpfst, lass mich dir erzählen, wie ich damals begonnen habe, dieses neue Universum zu verstehen – und wie es letztlich unsere Beziehung auf eine völlig neue Ebene gehoben hat.
Als mein Mann mir das erste Mal gebeichtet hat, dass er Windeln tragen möchte, saß ich wie vom Donner gerührt da. Ich erinnere mich noch genau, wie ich ihn fassungslos ansah und versuchte, die Worte zu verarbeiten. Aber da war mehr. Ich sah die Unsicherheit in seinen Augen, die Angst vor meiner Reaktion. Und in dem Moment wusste ich: Das hier ist größer als nur eine seltsame Vorliebe. Es geht um Vertrauen, um Offenheit – und darum, wie wir als Paar damit umgehen.
ABDL ist kein einfacher Fetisch oder eine Laune, es ist tief verwurzelt in emotionalen Bedürfnissen. Manche mögen Windeln tragen, um sich sicher zu fühlen, um Verantwortung abzugeben, um in eine einfachere, sorglosere Welt zurückzukehren. Für meinen Mann waren Windeln mehr als nur ein Fetisch – sie gaben ihm Geborgenheit, erinnerten ihn an eine Zeit, in der er sich keine Sorgen machen musste, als alles einfacher war. Und ja, es war seltsam für mich. Am Anfang konnte ich kaum fassen, was er mir da erzählte. Aber ich wusste auch, dass ich nicht sofort ablehnen durfte. Er hatte den Mut gehabt, mir diesen tief verborgenen Teil von sich zu offenbaren – und das verdiente Respekt.
Das weiß ich jetzt, rückblickend betrachtet. Am Anfang war ich allerdings weit weg davon, ich war verunsichert und verwirrt und hatte keine Ahnung, wie ich damit umgehen sollte. Ich hatte das Gefühl, dass mit dem Geständnis unser komplettes Beziehungskonstrukt infrage stand. In meinem Kopf sah unsere Partnerschaft zwar nicht unbedingt nach dem klassischen Klischee aus, der starke Beschützer und sein Frauchen am Arm. Darüber sind wir auch als Gesellschaft hoffentlich schon länger hinaus. Aber etwas in mir hatte sich meinen Partner trotzdem als starkes Gegenüber vorgestellt, mit beiden Beinen im Leben, an den ich mich anlehnen konnte, wenn ich mal ein Tief hatte. Und nun? Was kommt jetzt auf mich zu? Soll ich ihm wirklich eine Windel anziehen? Ihn wie ein kleines Kind behandeln? Keinesfalls, das klang irrsinnig. Das war weit weg von dem, was ich bis dahin als „normal“ empfand. Das musstedoch therapiewürdig sein.
to be continued ...