„"Ach ihr, ihr habt ja nur eine Spielbeziehung" oder "Ihr spielt ja nur miteinander - Ich will es ja leben".
Das einzige was mich hier stört ist das Wort "nur". Das impliziert, dass das eine weniger Wert ist als das andere und das ist in meiner Welt vollkommen unpassend. Und wenn ein Pärchen nur einmal im Jahr ein bisschen BDSM "spielt" und daran Spaß hat, dann ist das wertvoll. Sie machen bestimmt andere Dinge, die das Hardcore-Female-Lead-Relationship-Paar nicht macht. Extremer ist nicht besser (oder schlechter). Es ist einfach was es ist.
Und zur Wortverwendung: Ich finde es angenehm das Wort zu verwenden um Grenzen zu setzen, also um einen definierten Beginn und ein definiertes Ende zu haben und "danach" wieder auf Augenhöhe zu sein. Ich kann mir vorstellen, dass es andere Menschen anders sehen, wenn sie diese Grenze nicht haben wollen. Ist für mich OK.
Die Verwendung des Wortes "nur" impliziert eine von dir selbst gewählte Bewertung. "Nur" hat automatisch weder eine positive noch negative Konnotation, es drückt neutral einen Grundsatz aus. Wenn ich sage " Ich fahre nur mit der Bahn und fliege nicht", bedeutet das auch nicht, dass ich das Bahnfahren abwerte, sondern meine Art der Fortbewegung von einer anderen abgrenze. Wenn du BDSM nur spielst, sagt das insofern weder etwas über die Qualität der Sessions noch darüber, ob BDSM zu spielen etwas besseres ist als es zu leben, es ist lediglich etwas anderes.
Und unsere Erfahrung, was eine Bewertung von "es spielen" vs "es leben" angeht, deckt sich auch nicht mit deiner. Vielmehr bringen viele Menschen zwar Verständnis dafür auf, wenn jemand sich durch solche Spiele einen zusätzlichen sexuellen Kick holt. Sie reagieren allerdings mit Unverständnis und Abwertung, wenn man ihnen erläutert, dass es kein Spiel, sondern eine permanente Haltung innerhalb der Beziehung ist. Dann kommt Kopfschütteln und regelmäßig Sprüche nach dem Motto: "Wie kann eine eigentlich intelligente Frau sich sowas im aufgeklärten 21. Jahrhundert, im Zeitalter der Emanzipation gefallen lassen?!" Die Unverschämtheit, die in einem solchen Satz steckt, muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.
Und diese Sprüche kommen nicht von Menschen, die mit einem BDSM-Kontext gar nichts zu tun haben und sich nicht auskennen. Solche Abwertungen geschehen weit überwiegend explizit durch solche Menschen, die BDSM nicht im Alltag leben aber in Sessions D/s spielen. Warum glaubst du, ist es den "Spielern" so unglaublich wichtig stets in besonderem Maße hervorzuheben und zu betonen, danach wieder auf Augenhöhe mit dem Partner zu sein, wenn genau das doch im 21. Jahrhundert eine Selbstverständlichkeit sein sollte? Warum betont jemand eine Selbstverständlichkeit so massiv?
࿋ 𝑉𝑖𝑑𝑎𝑟𝑖𝑢𝑠 𝑢. 𝑠𝑒𝑖𝑛𝑒𝑆 ࿋